Zu den einzelnen Kolleginnen und Kollegen. Dass die Verordnung erst nach epidemischer Erkrankung möglich ist – das heißt, wir müssen erst eine Erkrankung erreichen, um zu einer Impfung zu kommen –: Ich denke, wie weit muss dann unsere Durchimpfungsrate hier in Sachsen noch sinken, um dies zu erreichen? Zum Glück brauchen wir noch keine Masernepidemie zu fürchten, aber bis auf welchen Wert müsste die Rate sinken?
Herr Gerlach, noch einmal an Sie: Erwachsene können für sich selbst entscheiden, von heute auf morgen, ob sie sich impfen lassen wollen oder nicht. Kinder können dies nicht, sie sind von der Entscheidung der Eltern, vor allem in den ersten sechs Lebensjahren, abhängig und ich denke, gerade dort ist die Aufklärung mit einer gewissen Verpflichtung – dazu stehe ich nach wie vor – durchzuführen.
An Frau Herrmann gerichtet: Durch wen wurde denn die Masernepidemie in Nordrhein-Westfalen ausgelöst? Sicher nicht durch die geimpften Kinder, die letztlich aber, da zum Beispiel die Auffrischungsimpfung gefehlt
hat, mit zu Leidtragenden wurden, und trotz des Bestandes des Grundgesetzes gab es in der BRD bis 1975 auch eine allgemeine Impfpflicht bei Pocken. Also, das dürfte hier nicht der wesentliche Grund sein.
Frau Nicolaus, an Sie gerichtet – das Beispiel der PDS wurde gerade von Frau Lauterbach genannt –: Auf welcher Grundlage wurde denn die Gurtpflicht – auch hier ist die Einschränkung der persönlichen Freiheit gegeben – in Kraftfahrzeugen eingeführt? Um die körperliche Unversehrtheit zum Schutz vor einer möglichen größeren gesundheitlichen Gefährdung zu gewährleisten, und darum geht es letztlich auch grundsätzlich bei Schutzimpfungen. Ich kann daher nur noch einmal für Ihre Unterstützung unseres Antrages werben. Sprechen Sie sich mit dafür aus. Wir haben daher die punktweise Abstimmung beantragt.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, wir haben uns umfänglich in diesem Hohen Hause dafür ausgesprochen, dass die Durchimmunisierung im Freistaat Sachsen nicht nur gehalten, sondern erhöht werden soll. Darauf drängt auch unser Antrag als CDU-Fraktion. Ich hatte vorhin bereits ausgeführt, dass wir den ersten Teil für erledigt erklären lassen wollen, jedoch den zweiten Teil zum Beschluss erheben wollen und hierfür um Zustimmung werben. Wir möchten die Staatsregierung bitten, weiterhin Publikationen zum Beispiel an die Kindertagesstätten oder die Schulen auszugeben, um die Eltern zu ermutigen, die Kinder impfen zu lassen.
In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung und ich hoffe, dass wir die entsprechende Zustimmung von allen erhalten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Epidemien waren über Jahrhunderte die größte Geißel der Menschheit. Einer der größten Fortschritte der Medizin ist die Entwicklung von Impfstoffen. Das ist ein riesiges Verdienst der Forschung.
Aufklärende und überzeugende Erläuterungen über Risiken der verhinderbaren Infektionskrankheiten, über den Nutzen, die Sicherheit und Effizienz der Impfstoffe sowie die Begründung der öffentlich empfohlenen Impfungen haben bisher nicht gereicht, die notwendigen Impfraten durchgängig zu sichern. Eine Impfpflicht ist
Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Abstimmung. Wir stimmen zunächst über den Antrag der Fraktion der FDP mit der Drucksachennummer 4/8185 ab.
Ich schaue auf die linke Seite des Saales. Meine Damen und Herren, ich wollte gern abstimmen lassen.
Wir stimmen also über den FDP-Antrag ab. Es war beantragt worden, punktweise abzustimmen. Ich rufe Punkt 1 auf. Wer stimmt zu? – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Keine Stimmenthaltungen und eine größere Anzahl von Für-Stimmen. Dennoch ist Punkt 1 mehrheitlich abgelehnt worden.
Ich rufe Punkt 2 auf. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist Punkt 2 mehrheitlich abgelehnt worden.
Ich rufe Punkt 3 auf. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Gleiches Stimmverhalten: Für-Stimmen und Stimmenthaltungen. Dennoch ist Punkt 3 mehrheitlich abgelehnt worden.
Ich rufe Punkt 4 auf. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Gleiches Stimmverhalten. Punkt 4 ist mehrheitlich abgelehnt worden. – Damit erübrigt sich die Gesamtabstimmung zum Antrag.
Nun kommen wir zur Drucksachennummer 4/7002, Antrag der Fraktionen von CDU und SPD. Punkt I ist nach Geschäftsordnung als erledigt erklärt worden. Wir stimmen ab über Punkt II. Ich rufe ihn auf. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Keine Stimmenthaltungen und eine größere Anzahl von Gegenstimmen. Damit ist Punkt II mehrheitlich beschlossen worden.
Nun rufe ich den dritten Antrag mit der Drucksachennummer 4/5969 auf, den Antrag der Linksfraktion.PDS. Dazu gab es inzwischen einen Änderungsantrag der Linksfraktion.PDS in Drucksache 4/8318, Punkt IV aufgrund der Gesetzeslage entfallen zu lassen.
Ich lasse zunächst über diesen Punkt abstimmen. Wer kann ihm zustimmen? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Das ist jetzt etwas seltsam. Ich verstehe es nicht, aber es ist so.
Diesem Änderungsantrag, den Punkt IV zu streichen, ist nicht gefolgt worden. Also stimmen wir ab über den Ursprungsantrag in seiner Gesamtheit in den Punkten I bis IV. Wer kann diesem Antrag folgen? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Bei keinen Stimmenthal
tungen und einer größeren Anzahl von Stimmen dafür ist der Antrag in Summe mehrheitlich abgelehnt worden. Damit ist der Tagesordnungspunkt 12 beendet.
Entlassung des Staatsministers des Innern durch den Ministerpräsidenten und öffentliche Stellungnahme des Ministerpräsidenten zum weiteren Umgang mit den verfassungswidrigen Äußerungen des Staatsministers des Innern und dessen Folgen
Die Dringlichkeit wurde zu Beginn der Sitzung festgestellt. Zu diesem Antrag können die Fraktionen und natürlich auch die Staatsregierung Stellung nehmen. Es beginnt die Linksfraktion.PDS. Herr Bartl, bitte.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Befassung mit Anträgen, den Ministerpräsidenten aufzufordern, einen seiner Minister zu entlassen, gehört nicht zum Alltagsgeschäft dieses Hohen Hauses – zum Glück auch –, erst recht nicht, wenn dies mit der Begründung geschieht: Der betreffende Minister, zudem Chef des von Natur aus sensiblen Innenressorts, in dem besonders häufig über den Einsatz staatlicher, auch staatlich-repressiver Machtmittel zu entscheiden ist, hat offenkundig ein generelles Problem mit den in der eigenen Verfassung festgeschriebenen Staatsgrundsätzen und den von ihr geschützten Grund- und Freiheitsrechten der Bürger.
So aber liegt hier der Fall. Es besteht mehr als nur der böse Anschein, Herr Ministerpräsident, dass Ihr Innenminister, dass Sie, sehr geehrter Herr Staatsminister Buttolo, die verfestigte Meinung vertreten, dass geschriebenes Verfassungsrecht und gefestigte Rechtsprechung der Verfassungsgerichte zu dessen Auslegung Sie – den Innenminister – nicht binden, jedenfalls dann nicht, wenn Sie gerade auf dem Feldzug gegen die selbstempfundene allgegenwärtige Bedrohung durch Terroristen, durch sexuelle Triebtäter, organisierte oder andere Schwerkriminelle sind.
Dreimal hintereinander, quasi im Quartalstakt, sind Sie, Herr Innenminister, mit Erklärungen und Aktionen in die Öffentlichkeit gegangen, die von Leuten, die hiervon etwas verstehen – dem Bundes- oder Landesdatenschutzbeauftragten etwa, den Berufsverbänden der Richter und Staatsanwälte, führenden Vertretern des Deutschen Anwaltsvereins, wie auch von hoch dotierten Wissenschaft
lern und Vertretern der mit Ihrem Ressort in Verbindung stehenden Verbände und Gewerkschaften –, als verfassungsrechtlich abwegig qualifiziert worden sind, mithin als Aufforderung zum Verfassungsbruch.
Es ist keine fünf Monate her, dass Sie schon einmal Gegenstand der Befassung im Sächsischen Landtag wegen Ihres Auftretens und Ihrer Äußerung im Zusammenhang mit jener Sonderkonferenz der Landesinnenminister Mitte September des vergangenen Jahres in Berlin waren, die zur inzwischen etablierten Einrichtung der höchst umstrittenen sogenannten gemeinsamen Antiterrordatei von Polizei und Verfassungsschutz führte. Vorangehend durch den Sächsischen Datenschutzbeauftragten, immerhin dem aufgrund des Artikels 57 der Sächsischen Verfassung vom Landtag eigens zur Wahrung des Rechts auf Datenschutz berufenen unabhängigen Verfassungsorgans, wurden Sie gerüffelt, dass die zugesagte Beteiligung Sachsens an der sogenannten gemeinsamen Antiterrordatei einen klaren Bruch der Sächsischen Verfassung, im Konkreten des Artikels 83 Abs. 3 Satz 1 der Sächsischen Verfassung, darstellt. Die Landtagsdebatte vom 11. Oktober 2006 griff dies auf. Null Einsicht, null Umkehr, null Intervention gegenüber dem Bund.
Anfang November vergangenen Jahres kam den Mitgliedern des Hohen Hauses Ihr Referentenentwurf für ein Viertes Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes des Freistaates Sachsen in die Hände – nicht ganz freiwillig, wie geneigte Medien vermelden, vielmehr durch ein kleines Organisationsversehen unserer verehrten Frau Vorsitzenden des Innenausschusses, für die allein der besagte Referentenentwurf und die beigefügte Synopse zu den geplanten Änderungen des Polizeigesetzes des Freistaates Sachsen zunächst gedacht gewesen sein sollten. So bekamen es eben alle. Solche Versehen passieren. So kommt manches ans Licht der Welt. Vielleicht sollte die Frau Vorsitzende auch ein wenig als Einfallstor ins Parlament fungieren.
Wer nun diesen Referentenentwurf liest und ein wenig von Verfassungsrecht und verfassungsrechtlichen Schutzgütern versteht, pfeift durch die Zähne. Unter dem Deckmantel der vorgeblichen – ja, auch dringlichen – Umsetzung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zum Großen Lauschangriff und zur Rasterfahndung
wollen Sie via dieser wirklich grausigen Novelle auf den Punkt gebracht das gesamte Kompendium der in der Strafprozessordnung vorgesehenen Eingriffsmittel, dort gebunden an einen vorliegenden konkreten Tatverdacht, an einen staatsanwaltschaftlichen Antrag und an eine richterliche Entscheidung, eins zu eins auf den sächsischen Polizeivollzugsdienst übertragen, quasi jeden Polizeiführer richtergleich ermächtigen, die Überwachung der Telekommunikation, die Durchsuchung von Wohnungen, die längerfristige Observation ins Visier geratener Bürger, die Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen sowie Aufzeichnungen anzuordnen.
Zur, wie es heißt, „Optimierung der Aufgabenerfülllung des Polizeivollzugsdienstes“ soll die Berechtigung für Polizisten etabliert werden, unter Nutzung automatischer Kennzeichenerkennungssysteme die Kennzeichen vorbeifahrender Kraftfahrzeuge zu erfassen und zum Abgleich mit bestimmten Polizeidateien zu nutzen, jedem Polizisten also die Macht zur Erstellung des ständigen Bewegungsprofils ihm dubios vorkommender Bürger zu geben. Personenbezogene Daten, die der Polizeivollzugsdienst gesammelt hat, sollen mit Gesetzesermächtigung allzeit auch an Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs ermittelt werden dürfen,
was immer Ihnen da außerhalb des öffentlichen Bereichs vorschwebt. Die Rede an dieser Stelle der Begründung ist zum Beispiel von der Fußballweltmeisterschaft 2006, also von den Mustern, die man dort angewandt hat.