Die Studiengebührenfreiheit ist auch nur noch die halbe Wahrheit. Der Rechtsanspruch auf einen marktfreien Studiengang ist nicht aufgeführt. Für alle möglichen Leistungen können und sollen die Hochschulen nun Gebühren nehmen. Das kann bei Gebühren für die Hochschulzulassung anfangen und würde bei der Benutzung von Laboren nicht aufhören.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion! Ich möchte mich trotzdem bei Ihnen bedanken. Sie haben verstanden, dass die Hochschule mehr ist als die Meinung vereinzelter Rektoren oder Kanzler. Hochschulen leben eben von ordentlich entlohnten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Deswegen halten Sie am Flächentarifvertrag fest.
Die Hochschule lebt von Studierenden, die eben unabhängig von ihrer Herkunft – Studiengebührenfreiheit ist dafür der erste Garant – an unseren Hochschulen studieren können. Aber sie lebt vor allem von der Kreativität, von den Kompetenzen, der Einsatzbereitschaft der gesamten Wissenschaftsgemeinschaft. Ein modernes Hochschulgesetz muss dies befördern und dazu braucht es entsprechende Formen der Mitbestimmung, wie sie bereits von einigen Professorinnen und Professoren der Universität Leipzig gefordert wurden. Auch die Linksfraktion.PDS unterstützt dieses Leitbild der selbstbestimmten, demokratischen, offenen und darum innovativen Hochschulen. Dazu stehen wir.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Koalitionspartner arbeiten – das wurde auch gerade von der PDS zugestanden – seit Monaten intensiv an einem neuen, zeitgemäßen und in diesem Sinne auch modernen Hochschulgesetz.
In den zentralen Zielen – insofern will ich mich nicht auf den Weg in die Details begeben, sondern zunächst erst einmal darstellen und deutlich machen, warum wir ein zeitgemäßes Hochschulgesetz brauchen; das geht oftmals in der gesamten Debatte verloren – besteht Einigkeit innerhalb der Koalition.
Erstens. Wir wollen eine exzellente Qualität von Bildung und Ausbildung an allen Hochschulen unseres Landes und eine hohe Erfolgsquote beim Studium.
Drittens. Wir wollen erfolgreiche Grundlagenforschung und erfolgreiche angewandte Forschung an den Hochschulen und dass von unseren Kunsthochschulen eine hohe künstlerische Strahlkraft ausgeht.
Wir sind uns auch einig: Dazu braucht jede Hochschule in Sachsen ein klar erkennbares fachliches Profil und ein mittel- und langfristiges Entwicklungskonzept. Dazu brauchen die Hochschulen ein weitreichendes eigenes Gestaltungsrecht und Eigenverantwortung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Leistungsfähigkeit und die Qualität der Hochschulen sind ein wesentliches Potenzial für die Zukunft des Freistaates. Deshalb steht auch der Staat in der Pflicht, die gesetzlichen Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass Qualität und Leistungsfähigkeit kontinuierlich verbessert werden können. Welche gesetzlichen Rahmenbedingungen muss also ein zeitgemäßes Hochschulgesetz setzen? Ein Hochschulgesetz muss die besondere Stellung, die Hochschulen in unserer Gesellschaft haben, berücksichtigen. Hochschulen sind danach Orte der Bewahrung des gesellschaftlichen Gedächtnisses und zugleich Stätten des innovativen Wandels. Das heißt, sie sind wichtig für unsere kulturelle Identität und für die Fortentwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft.
Ein gutes Hochschulgesetz stellt deshalb sicher, dass sich jede Hochschule innerhalb der staatlichen Entwicklungsplanung so organisieren und weiterentwickeln kann, wie es ihrem eigenen Selbstverständnis, ihrer Strategie und der fachlichen Ausrichtung jeweils am besten entspricht, sodass sie ihre besonderen Aufgaben in der Gesellschaft, in Wissenschaft und Kunst sowie in der Wirtschaft erfüllen kann.
Ein gutes Hochschulgesetz befördert zugleich auf der einen Seite ein fruchtbares Klima in der Lehre und auf der anderen Seite in der Forschung. Es sichert die innere demokratische und zugleich akademische Kultur der Hochschulen, und es gewährleistet Professionalität und Qualität in allen Aufgabengebieten und gleichzeitig in Spitzengebieten.
Bereits das Sächsische Hochschulgesetz von 1999 enthält erste Weichenstellungen hin zu mehr Gestaltungsspielraum für unsere Hochschulen. Diese gilt es jetzt weiter auszubauen, denn inzwischen hat sich das Umfeld der
Hochschulen in Deutschland und in der Welt insgesamt grundlegend verändert. Insbesondere hat sich der Wettbewerb der Hochschulen um die besten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, um die besten Studierenden und um Geld für die Forschung bundesweit erheblich verschärft. Er wird sich angesichts der zunehmenden Ressourcenknappheit einerseits und des föderalen Wettbewerbs, der gerade dabei ist, das Hochschulrahmengesetz zu beerdigen, andererseits weiter verschärfen.
Im Hinblick auf die veränderten Rahmenbedingungen besitzt das bestehende Hochschulgesetz Nachteile und dringende Entwicklungsnotwendigkeiten, die durch die Erfahrungen der letzten Jahre offengelegt worden sind. Hochschulen sind aber auch überaus komplexe Institutionen, übrigens unabhängig von ihrer Größe. Dennoch müssen Entwicklungsprozesse und zentrale Entscheidungen in immer kürzeren Fristen vollzogen werden. Das heißt, die Balance zwischen der Selbstverantwortung und Selbstverwaltung auf der einen Seite und zwischen der Wahrung der grundgesetzlich geschützten Freiheit von Lehre, Forschung und Studium und der Umsetzung von notwendigen Reformen zur Qualitätssicherung und Steigerung der Leistungsfähigkeit auf der anderen Seite ist nur gemeinsam mit den Mitgliedern einer Hochschule bei der Straffung der Entscheidungswege und Klärung der Kompetenzverteilung, die es leider in Hochschulen heute so nicht gibt, realisierbar.
Der bisherige umfangreiche staatliche Einfluss auf die Belange der Hochschulen wird den heutigen Anforderungen an deren Steuerung nicht mehr gerecht und schwächt die Eigenverantwortlichkeit der Hochschulen. Ich entsinne mich, dass auch im Gesetzentwurf der Linksfraktion.PDS die Eigenverantwortung und Selbstverantwortung der Hochschulen ein hohes Gut und ein wichtiges Ziel der Weiterentwicklung der Hochschulen ist. Ich denke, in diesem Punkt sind wir uns sogar einig.
Mit der Hochschulvereinbarung vom Juli 2003 hat die Staatsregierung im Verhältnis zwischen Hochschulen und Staat einen Paradigmenwechsel eingeleitet, nämlich den Übergang von der staatlichen Detailsteuerung hin zu einer modernen Leistungs- und Organisationsstruktur. Mit dem neuen Hochschulgesetz werden wir diesen Weg konsequent weitergehen. Der Staat wird die Steuerung der Hochschulen künftig an den Ergebnissen ausrichten und auf Einzelsteuerungen verzichten. Die Hochschulen sollen deshalb künftig keine nachgeordneten staatlichen Einrichtungen mehr sein, sondern sie sollen als Körperschaften des öffentlichen Rechts eigenverantwortlich handeln können. Die Staatsregierung nimmt sich damit so weit wie möglich aus der Fachaufsicht über die Hochschulen zurück und übt die Rechtsaufsicht in vollem Umfang aus.
Die staatliche Steuerung der Hochschulen wird grundsätzlich durch einvernehmlich zwischen Hochschulen und Staat getroffene Vereinbarungen abgelöst. Das gilt sowohl für die mittelfristige Aufgabenfestlegung für alle Hoch
schulen – damit ist ja mit der Hochschulvereinbarung bereits ein erster Schritt gegangen worden – als auch für die grundsätzliche Verwendung der dafür vom Freistaat Sachsen vorgesehenen Haushaltsmittel.
Hochschulpolitische Vorgaben, die der Staat im Hochschulbereich zur Sicherung der Interessen des Gemeinwohls trifft, bilden den Ausgangspunkt von Zielvereinbarungen, die mit den Hochschulen abgeschlossen werden. Das betrifft insbesondere das anzubietende Fächerspektrum und die Sicherung der Qualität von Lehre und Forschung. Das werden maßgebliche Gegenstände der Zielvereinbarungen sein. Die Hochschule übernimmt mit den Zielvereinbarungen damit auch bindende Verpflichtungen im Sinne ihrer gesellschaftlichen Verpflichtung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die konkrete Umsetzung dieser gemeinsamen Ziele der Koalitionspartner in einem Gesetzentwurf ist weit vorangekommen, auch wenn es noch nicht so weit ist, dass wir bereits einen Referentengesetzentwurf haben, der schon kursieren könnte, wie es hieß, sondern es gibt einen Arbeitsentwurf. Er ist bereits breit mit den Hochschulen und den Studierenden in seinen Eckpunkten besprochen worden.
1. Der Senat bleibt das wichtigste akademische Entscheidungsgremium und ist zugleich die Interessenvertretung aller Hochschulgruppen. Die Dekane gehören ohne Stimmrecht ebenfalls dem Senat an. Die Kompetenzen des Senats sollen sich künftig stärker als bisher auf die akademischen Angelegenheiten konzentrieren.
2. Das Rektorat wird zu einem wirklich verantwortlichen Leitungsorgan, das seine Führungsaufgaben wirkungsvoll wahrnehmen und notwendige Entscheidungen treffen kann. Das ist auch zwingend notwendig, wenn staatliche Verantwortung auf die Hochschulen verlagert wird. Der Rektor soll künftig Dienstvorgesetzter des gesamten wissenschaftlichen Personals sein. Dem Rektorat soll die Vergabe von Leistungsbezügen von Professorinnen und Professoren im Rahmen der Umsetzung der leistungsorientierten Professorenbesoldung übertragen werden, also nahe daran, wo auch die Entscheidungen aus der Sachkenntnis heraus getroffen werden können.
3. Durch eine klare Trennung der Aufgaben und Kompetenzen von Senat und Rektorat werden die Entscheidungswege schneller und die Verantwortlichkeiten deutlicher und überschaubarer.
4. Die Fakultäten werden gestärkt, um auch künftig ihre Interessen gegenüber der Hochschulleitung vertreten zu können; und sie erhalten dadurch eine höhere Eigenverantwortung ebenfalls auf der Sachebene.
5. In der Konsequenz soll es deshalb künftig Konzil und Kuratorium nicht mehr geben. An dieser Stelle sei mir zum Kuratorium eine Bemerkung gestattet. Wenn ein Konzil mit über 450 Leuten tagt und nicht einmal die Hälfte der Mitglieder des Konzils bei zentralen bedeutsamen Entscheidungen anwesend ist, dann muss man die Frage stellen dürfen, ob die Mitglieder des Konzils dieses Gremium tatsächlich ernst nehmen.
6. Die Berufung von Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern wollen wir vom Ministerium für Wissenschaft und Kunst weitestgehend an die Hochschulen übertragen. Dieses „weitestgehend“ hat etwas mit unserer Sächsischen Verfassung zu tun, die hier eine gewisse Einschränkung vorsieht. Mit dem Recht zur Berufung räumen wir den Hochschulen im akademischen Bereich die weitgehende Selbstbestimmung ihrer Angelegenheiten ein.
7. Der neu eingerichtete Hochschulrat ist Beratungs- und Kontrollorgan der Hochschulen. Er wird zu drei vierteln mit hochschulexternen Mitgliedern besetzt werden. Die Staatsregierung benennt mehr als die Hälfte seiner Mitglieder, die weiteren der Senat. Dadurch erreichen wir eine Besetzung des Hochschulrates mit sachkundigen Persönlichkeiten. Es liegt mit in der Verantwortung der Hochschulen, das zu entscheiden, und zugleich ist das eine Legitimation des Hochschulrates in der Hochschule selbst.
8. Die Hochschulen erhalten ein deutlich erweitertes Satzungsrecht, indem sie zahlreiche Ordnungen in eigener Kompetenz – mit Ausnahme der Grundordnung, die einer Zustimmung bedarf – erlassen dürfen.
9. Die Haushalts- und Wirtschaftsführung wollen wir grundsätzlich von der bisherigen kameralen Haushalts- auf die kaufmännische Wirtschaftsführung umstellen – ein Prozess, der überall in der Gesellschaft stattfindet. Angestrebt wird eine Finanz- und Personalautonomie der Hochschulen durch Globalhaushalte. Das ist ein wichtiges Element innerhalb dieses Reformprozesses. Mit dieser weitreichenden Flexibilisierung würden die sächsischen Hochschulen in einem Maße handlungsfähig, das über das der meisten deutschen Hochschulen hinausgeht. Die staatliche Kontrolle würde dazu teilweise auf den Hochschulrat in der besagten Zusammensetzung verlagert.
10. Wir wollen durch die verschiedenen Regelungen die Instrumente zur Sicherung von Qualität in Lehre und Forschung verbessern, denn die eigenverantwortliche Qualitätssicherung ist ein zentrales Element neuer eigenverantwortlicher Hochschulverantwortung. Dabei sind selbstverständlich die Studierenden verbindlich in diesen Qualitätssicherungsprozess einzubeziehen.
11. Die Selbstverwaltungskompetenz der Studierenden und ihre Mitwirkung bei der Studienorganisation werden durch das neue Hochschulgesetz gestärkt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie sehen, die Regierungsfraktionen sind sich in nahezu allen notwendigen Reformmaßnahmen und insbesondere in den Zielen der Reform dieses Hochschulgesetzes grundsätzlich einig. Offen bleibt die Frage der vollständigen Personalautonomie. Dazu gehören Arbeitgeberfunktion und Tarifautonomie, die heute beim Land liegen, und die Frage steht, ob sie zukünftig bei den Hochschulen liegen sollen. Diese Punkte werden in weiteren Gesprächen abschließend zu
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Die Unfähigkeit der CDU/SPD-Koalition, ein modernes Hochschulgesetz für Sachsen vorzulegen“ ist das Thema dieser Aktuellen Debatte. Und wirklich: Das, was wohl als Paradebeispiel großkoalitionärer Regierungskunst gedacht war und Vorbildcharakter für die Hochschulpolitik im ganzen Land haben sollte, geriet zu einem wochenlangen Gewürge und Gehänge und damit zu einem abschreckenden Beispiel politischen Leerlaufs im parlamentarischen System. Auch das ist der Stoff, aus dem sich Politikerverachtung, Parteienverdruss und Wahlverweigerung speisen, wie sie sich bei dem zweiten Wahlgang der sachsenanhaltinischen Kommunalwahlen zeigten, als gerade noch 20 % der Wahlberechtigten an die Wahlurnen trotteten, um einem Vertreter der Blockparteien ihr Restvertrauen zu schenken.
Dass selbst die ansonsten so nüchterne Hochschulpolitik die Wogen so hochschlagen ließ und in den Niederungen der Parteipolitik verendete, haben die CDU/SPDKoalitionäre nun über viele Wochen einer staunenden Öffentlichkeit vorgeführt.
Im März hatte man sich immerhin auf einige mühsamst ausgehandelte Eckpunkte für das Sächsische Hochschulgesetz geeinigt. Die Generallinie war im Sinne des Bologna-Prozesses und der Umwandlung der Universitäten in wirtschaftsorientierte Bildungseinrichtungen abgesteckt. Der Staat soll sich aus seiner Hochschulverantwortung zugunsten finanziell, organisatorisch und personell weitgehend autonom agierender Hochschulen zurückziehen. Die Hochschulen sollen – so die damaligen Eckpunkte – ihre Professoren ausschließlich selbst berufen dürfen, keine verbindlichen Stellenpläne mehr haben und ihre Zuschüsse vom Land global erhalten, ohne an feste Haushaltstitel gebunden zu sein. Dem Staat und damit der Allgemeinheit würde lediglich eine Steuerungsmöglichkeit über Zielvereinbarungen bleiben und Regierung und Landtag würden die Ergebnisse nur noch sichten und formal kontrollieren können.
Mit dem Hochschulgesetz sollen die Universitäten eine weitgehende Finanz- und Personalautonomie nach grundsätzlich betriebswirtschaftlichen Kriterien erhalten, obwohl sie doch weiterhin massiv öffentliche Gelder beziehen und ohne diese auch gar nicht existenzfähig sind. Wenn, was ja völlig richtig ist, in Milliardenhöhe Steuergelder in die Hochschulen fließen, dann muss der Staat und damit die Allgemeinheit aber auch die Verwendung der Hochschulmittel weiterhin mitbestimmen können und darf diese nicht interessengeleiteten Hoch
schulmanagern und ihren nachgeordneten Entscheidungsgremien überlassen, die die Universitäten dann nach subjektiven Vorstellungen durchreformieren.
Nach NPD-Auffassung darf es eine solche Privatisierung der universitären Entscheidungshoheit bei gleichzeitiger Vergesellschaftung der Kosten nicht geben.