Protokoll der Sitzung vom 05.06.2007

Drittens. Das Justizministerium wird sich genau über die Dinge berichten lassen und gegebenenfalls – auch unter Beiziehung von Akten – die Ergebnisse der Staatsanwaltschaft prüfen.

Viertens. Wir werden uns bei der Arbeit helfen lassen – Unterstützung von Experten außerhalb Sachsens. Die

Anwendung des Mehr-Augen-Prinzips bedeutet kein Misstrauen – dies sehen die Richter- und Staatsanwaltsvertretungen, mit denen ich vorab gesprochen habe, durchaus genauso –, sondern auch dies dient der umfassenden Aufklärung und damit letztlich dem Schutz der Betroffenen und der Institutionen.

Fünftens und letztens. Ein Team in meinem Haus wird dafür sorgen, dass die Dienstaufsicht in allen betroffenen Bereichen und auf allen Ebenen die notwendigen Überprüfungen angeht. Der Präsident des Oberlandesgerichtes hat – wofür ich ihm ebenfalls dankbar bin –, bereits eine Arbeitsgruppe gebildet und Strukturen geschaffen, die die disziplinarrechtlich relevanten Vorwürfe klären.

Ich fasse zusammen. Jetzt beginnt die Arbeit der Staatsanwaltschaft. Ich appelliere: Lassen wir sie ihre Arbeit tun! Es schlägt die Stunde unserer rechtsstaatlichen Sicherungssysteme, die eben nicht nur bei schönem Wetter funktionieren, sondern sich gerade in stürmischen Zeiten bewähren müssen und werden.

In Leipzig, wo die Vorwürfe seit dem letzten Wochenende nur so niederprasseln, haben die Sachsen in den Montagsdemonstrationen den Rechtsstaat erkämpft. Nun sollten wir ihm die Chance geben, seine Kraft zu zeigen. Noch einmal: Die Zeiten sind vorbei, in denen hier ohne Entscheidung eines unabhängigen Gerichtes, allein gegründet auf Vermutungen, Hinweise und Gerüchte, Existenzen vernichtet werden. Ich wiederhole auch: Genau damit hat unser Rechtsstaat seine größte Bewährungsprobe bereits bestanden. Auch die aktuellen Probleme kann und wird er bewältigen.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU, des Abg. Prof. Dr. Cornelius Weiss, SPD, und der Staatsregierung)

Das Schlusswort haben nun die Linksfraktion.PDS und die Koalitionsfraktionen. – Herr Abg. Dr. Hahn, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Staatsminister Mackenroth, ich bin ziemlich sicher, Sie haben Ihre Bewährungsprobe in dieser Angelegenheit noch nicht bestanden. Das werden Sie erst beweisen müssen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Wenn Sie sich hier hinstellen und sagen, Sie wollen umfassend aufklären, dann begrüßen wir das natürlich. Aber ich frage nach wie vor: Warum gibt es dann keine Abgabe an das Bundeskriminalamt? Dort werden die Ermittlungen nach BKA-Gesetz übernommen – ich wiederhole es –, sofern eine Landesbehörde darum ersucht. Warum, Herr Mackenroth, fehlt ein solches Ersuchen bis zum heutigen Tag? Wovor haben Sie Angst? Es geht nicht darum, ob die Generalbundesanwältin die Dinge übernimmt. Jede Landesbehörde kann das BKA einschalten; wir können dies also von uns aus tun. Das

steht im Gesetz, und ich erwarte von Ihnen, dass Sie dieses Ersuchen stellen; denn wenn Sie wirklich wollen, dass aufgeklärt wird, können Sie das heute noch tun.

Nun in aller Kürze zu den vorliegenden Anträgen. Unser Antrag enthält sechs Punkte. Er liegt Ihnen vor. Ich verzichte darauf, die einzelnen Punkte zu wiederholen. Jeder hat es nachlesen können. Es wird Sie nicht wundern, dass ich Sie herzlich darum bitte, unserem Antrag die Zustimmung zu geben, denn er basiert im Wesentlichen auf einstimmigen Entscheidungen der Parlamentarischen Kontrollkommission. Ich muss natürlich schon sagen, dass der Antrag der Koalition offenbar nur einen einzigen Grund hat: Sie wollten sich die Peinlichkeit ersparen, unserem Antrag zustimmen zu müssen – aus Ihrer Sicht; denn Sie konnten ja schlecht die PKKEntscheidungen, die mit Vertretern der CDU und der SPD einstimmig getroffen worden sind, heute hier ablehnen.

Also haben Sie in Eile einen eigenen, deutlich schlechteren Antrag zusammengeschustert, den Sie uns heute vorgelegt haben, Herr Kollege Lehmann.

Deshalb möchte ich auch für das Protokoll noch einmal betonen: Wir halten diesen Antrag in der heutigen Sitzung für unzulässig, der Präsident hat den Antrag zugelassen. Das wird gegebenenfalls juristisch zu prüfen sein. Wir werden uns unter diesem Vorbehalt dennoch an der Abstimmung über diesen Antrag beteiligen, die rechtliche Prüfung wird aber das Ergebnis bringen.

Was den Koalitionsantrag betrifft, so ist dieser in einigen Punkten unschädlich, auch wenn er nicht weit genug geht. Wir werden deshalb den Punkten 1, 3, 5 und 6 unsere Zustimmung geben. Den Punkten 2 und 4 können wir nicht zustimmen. Hierin geht es darum, dass die Generalbundesanwaltschaft selbst prüfen soll, ob sie die Ermittlungen an sich zieht. Wir hatten einen anderen Weg vorgeschlagen. Deshalb können wir diesen Punkten nicht zustimmen. Was den Punkt 4 betrifft, ist die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft Dresden festgeschrieben. Auch das halten wir für keinen geeigneten Weg.

Zum Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir sind dafür, dass die Punkte in diesem Antrag abgefragt werden und der Bericht der Staatsregierung geleistet wird. Das Problem besteht nunmehr darin, dass der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unseren Antrag komplett ersetzt. Ich schlage daher vor und bitte die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ausdrücklich, dass unser Antrag „A“ wird und der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu „B“ wird. Dann würden wir dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unsere Zustimmung geben.

Gestatten Sie mir abschließend ein Fazit am Ende der heutigen Debatte. Es ist festzuhalten: Die Übergabe der Ermittlungsführung an das Bundeskriminalamt steht weiterhin aus, vorhandene Widersprüche sind in keiner Weise ausgeräumt worden, zahlreiche Fragen von allen Fraktionen sind durch die Staatsregierung auch heute unbeantwortet geblieben.

(Zuruf des Abg. Dr. Fritz Hähle, CDU)

Bisher ist von der Regierung offenbar niemand bereit, die politische Verantwortung für die Pannen der Vergangenheit, für die Rechtsbeugung und auch für den Gesetzesbruch gegenüber der Parlamentarischen Kontrollkommission zu übernehmen. Ich bin ganz sicher: In dieser Sache ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Die heutige Debatte war ein notwendiger Auftakt. Das Parlament bleibt weiterhin gefordert, auch im politischen Raum Aufklärung zu leisten und dafür Sorge zu tragen, dass sich derartige Skandale möglichst nie wiederholen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Für die Koalitionsfraktionen hat der Abg. Kupfer das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Diskussion hat für mich eindeutig die Aussage bestätigt: Im Kern geht es gegen den Verfassungsschutz.

(Lachen bei der Linksfraktion.PDS – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Und dann gegen die Parlamentarische Kontrollkommission und dann gegen Sie!)

Sie wollen den Verfassungsschutz in Sachsen abschaffen

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Wir wollen Straftaten aufklären! Das kann doch nicht wahr sein!)

und führen dazu das Vehikel der Beobachtung der Organisierten Kriminalität ins Feld.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Jetzt machen Sie sich wirklich lächerlich! – Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Außer Unterstellungen – wider besseres Wissen, muss ich bei einigen Rednern der Opposition sagen – ist hier nichts gekommen. Ich hatte es bereits in meiner Rede gesagt, dass das, was wir hier betreiben, eine sehr sensible Angelegenheit ist. Das Vertrauen in den Rechtsstaat ist durch diese Diskussion, die wir hier geführt haben, nicht unbedingt gestärkt worden. Ich möchte betonen, dass ich Vertrauen in den Rechtsstaat und in die sächsische Justiz habe.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold und Quatschen ist …! – Zuruf der Abg. Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS)

Ich bin der festen Überzeugung, dass mit rechtsstaatlichen Mitteln eine rückhaltlose Aufklärung der in Rede stehenden Vorwürfe erfolgen wird.

Die Ablehnung des Antrages der Linksfraktion.PDS hatte ich in meiner Rede schon begründet. Dem gibt es nichts hinzuzufügen. Wir haben einen eigenen Antrag gestellt, der aus meiner Sicht eine Grundlage dafür bietet, dass die

rückhaltlose Aufarbeitung der Aktenbestände des Landesamtes für Verfassungsschutz gewährleistet ist.

Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der CDU)

Bevor wir zur Abstimmung kommen, erteile ich dem Abg. Herbst das Wort.

Ich bitte zum Antrag der Linksfraktion.PDS, über den wir nachher abstimmen werden, um punktweise Abstimmung.

In Ordnung. – Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Linksfraktion.PDS, Drucksache 4/8822. Dazu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor. Diesen möchten Sie, Herr Lichdi, jetzt einbringen? – Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir halten den Antrag der Linksfraktion.PDS durchaus für geeignet und halten auch den Antrag der Koalition in seiner Hauptaussage durchaus für in die richtige Richtung zielend. Wir haben uns aber trotzdem entschlossen, einen eigenen Antrag einzubringen, und zwar aus zwei Gründen, die ich Ihnen kurz erläutern möchte.

Erstens. Im Antrag der Koalition fehlt der Anspruch, dass die Aufsicht des Landesamtes für Verfassungsschutz im Innenministerium dringend einer Revision und der Aufklärung über die dort stattgefundenen Vorgänge bedarf. Deshalb werden wir dem Koalitionsantrag nicht zustimmen, sondern uns in Gänze enthalten.

Zweitens. Es ist in dieser Debatte aus unserer Sicht zu sehr aus dem Blickfeld geraten, dass schwere Vorwürfe zur Kinderprostitution im Raum stehen. Sie wissen vielleicht, dass sich unsere Fraktion schon längere Zeit mit diesem Thema beschäftigt und wir bisher Antworten bezüglich der Verfolgung dieser schrecklichen Straftaten von der Staatsregierung bekommen haben, die uns nicht befriedigt haben. Deswegen haben wir in Punkt II.6 Nachfragen zu den Umständen der Aufklärung bzw. der Nichtaufklärung der Straftaten rund um dieses Bordell „Jasmin“ gestellt. Ich denke, wir sollten bei aller politischen Auseinandersetzung diese Frage nicht völlig aus den Augen verlieren. Es war uns wichtig, das bei der heutigen Debatte zu beantragen.

Zum Antrag der Linksfraktion.PDS. Diesbezüglich werden wir uns der Stimme enthalten. Es trifft, wie gesagt, das Richtige, aber wir wollten gern einen eigenen Antrag einbringen. Nunmehr in eine Einzeldebatte einzutreten mit Komma hin oder her, das brauchen wir, glaube ich, nicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich habe das jetzt so verstanden, dass die Fraktion der GRÜNEN dem Wunsch der Linksfraktion.PDS nicht nachkommt, diesen Antrag als Ergänzungsantrag zu behandeln, sondern als separaten Antrag.

Dann verfahren wir so. – Gibt es zum Änderungsantrag der Fraktion der GRÜNEN noch Diskussionsbedarf? – Herr Dr. Müller, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt keinen Diskussionsbedarf, sondern ich würde namens meiner Fraktion punktweise Abstimmung beantragen. Das betrifft die Punkte II und III des Antrages der Fraktion der GRÜNEN. Wir halten den Termin 30. Juni 2007 zur Information nicht für den richtigen Weg. Ich denke, wir beantragen morgen die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, und das ist das einzig probate Mittel, die Antworten von der Staatsregierung zu bekommen, die notwendig sind. Deswegen möchten wir uns bei den Punkten II und III enthalten. Dem Punkt I können wir zustimmen.

Herr Kupfer, bitte.