Protokoll der Sitzung vom 21.01.2005

(Beifall bei der FDP, der PDS, den GRÜNEN und der Abg. Karl Nolle, SPD, und Uwe Leichsenring, NPD)

Sie haben vorhin gesagt, Sie würden sich immer vor das SEK und vor Ihre Beamten stellen. Richtig!

(Staatsminister Dr. Thomas de Maizière: Im Zweifel – nicht immer!)

Ich hätte Zweifel, denn die beiden, die in Loschwitz unschuldig zu Opfern geworden sind, sind auch Ihre Angestellten. Sie sind deren persönlicher Dienstherr. Der eine ist ein Polizist, der im vergangenen Jahr für 25 Jahre gute Dienste ausgezeichnet worden ist, und die andere ist eine unbescholtene Mitarbeiterin des Innenministeriums. Auch für sie haben Sie eine Fürsorgepflicht. Auch daran möchte ich Sie erinnern.

Ich erwarte von einem Menschen mit Größe, dass er auch Größe zeigt, wenn er einen Fehler gemacht hat. Ich glaube – und das sage ich Ihnen nicht deshalb, weil Sie heute Geburtstag haben, sondern generell –, dass Sie zu den Menschen in diesem Land gehören, die dieses Land führen und die diese Größe besitzen. Deswegen wünsche ich mir von Ihnen und ich fordere Sie dazu auf, doch zu den Familien zu gehen, sich bei diesen Familien vielleicht mit einem Blumenstrauß oder wie auch immer zu entschuldigen, den Fall zu bedauern und den Betroffenen alle nötige Hilfe zuteil werden zu lassen.

Bitte zum Schluss kommen!

Ich erinnere nur an die Tochter der Familie aus der Wilder-Mann-Straße, die immer noch in psychologischer Behandlung ist. Geben Sie sich einen Ruck, gehen Sie dorthin und helfen Sie den Betroffenen! Zeigen Sie in diesem Fall Größe!

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der PDS, der NPD, den GRÜNEN – und des Abg. Karl Nolle, SPD)

Ich erteile der Fraktion der CDU das Wort, Herrn Bandmann.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag für diese Ak

tuelle Debatte hat sich auch mir nach den zweiten Ausführungen der FDP noch nicht richtig erschlossen.

(Dr. André Hahn, PDS: Das muss ja nicht an der FDP liegen!)

Meine Damen und Herren! Wir leben in keiner sicheren Welt. Nach wie vor ist der Bundesinnenminister der Meinung, dass auch in Deutschland eine sehr hohe abstrakte Gefährdungslage in Bezug auf internationalen Tourismus –

(Heiterkeit)

Terrorismus gegeben ist. Dass wir in Sachsen sicher leben, haben wir maßgeblich den Männern und Frauen des Spezialeinsatzkommandos mit zu verdanken.

(Beifall des Abg. Marko Schiemann, CDU)

Das ist keine Selbstverständlichkeit, sondern diese Männer und Frauen tragen eben täglich ihre Haut zu Markte.

Herr Zastrow, bei Ihren Ausführungen sind mir die Bilder von Beslan vor Augen gekommen, wo eine Schule von Terroristen in Beschlag genommen wurde und unschuldige Kinder ums Leben gekommen sind. Was wollen Sie denn mit dieser Debatte erreichen, Herr Lichdi? Ich habe gehört, dass es offensichtlich völlig legitim ist, dass ein Bordellbesitzer, der als Zielperson bereits mehrfach mit der Polizei in Konflikt gekommen ist, einen Sprengstoffanschlag, also einen Anschlag mit der Handgranate, angestiftet hat und dass das die Tochter möglicherweise überhaupt nicht zur Kenntnis genommen hat.

(Zuruf des Abg. Klaus Bartl, PDS)

Über welche Leute reden wir denn hier? Ist das die Normalität in unserem Lande, dass ein Bordellbesitzer mit einem Polizisten unter einem Dach wohnt, faktisch in der gleichen Wohnung,

(Zuruf von der FDP)

und die Schwester im Innenministerium arbeitet? Ich sage: Da stinkt etwas, und zwar stinkt es absolut.

(Zuruf des Abg. Sebastian Scheel, PDS)

Aber es geht Ihnen gar nicht um diese Frage; es geht Ihnen darum, aus dieser Debatte politisches Kapital zu ziehen.

(Unruhe)

Ich bitte um Ruhe!

Es geht Ihnen darum, politisch Kapital daraus zu ziehen! Mein Kollege von der SPD hat die Sondereinsätze benannt. Wie sind denn die Spezialeinsatzkommandos entstanden? Die GSG 9 wurde genannt. Wann ist denn die GSG 9 in der Öffentlichkeit neben den Einsätzen in München das erste Mal richtig bekannt geworden? Das war der Einsatz bei der Geiselbefreiung in Mogadischu, das waren Flugzeugentführungen.

Genau auf solche Einsatzlagen müssen diese Leute mental vorbereitet werden und es müssen auch die Führungskräfte mental vorbereitet werden, nämlich zum einen den Einsatz durchzuführen und zum anderen in jedem Fall möglicherweise hinterher politisch an den Pranger gestellt zu werden, weil eventuell einiges nicht gut gelaufen ist.

Herr Leichsenring, wenn Sie hier solche Behauptungen in die Welt setzen, dann haben Sie die Möglichkeit, damit vor Gericht zu gehen und Anzeige zu erstatten.

(Uwe Leichsenring, NPD: Ist geschehen!)

Wenn Sie das nicht machen oder möglicherweise vor Gericht nicht Recht bekommen haben, dann sollten Sie diese Verdächtigungen und Behauptungen unterlassen. Das ist die Position, die die CDU dazu vertritt.

Ich denke, wir haben überhaupt keinen Grund, an den bisherigen Einsatzkonzepten zu zweifeln. Gerade Herr Spang als Inspekteur der Polizei ist ein sehr erfahrener Mann, der Führungsqualität besitzt und der diesen Freistaat und diese Polizei von Anfang an mit aufgebaut hat. Ich empfinde es als eine Zumutung, in welcher Weise hier von einigen Fraktionen eine Debatte losgetreten worden ist,

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Da haben Sie Recht, Herr Bandmann, Sie sind eine Zumutung!)

bei der man den Eindruck hatte, dass man pro domo spricht.

Herr Lichdi, ich habe noch gut den Antrag Ihrer Kollegin Matzke aus der 1. Legislaturperiode im Hohen Hause vor Augen, als es darum ging, Prostituierte zu Landesbediensteten zu machen, weil man damit mehr Prävention erzeugen würde. Genau in diese Richtung ging offensichtlich Ihre Debatte.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Wird von der PDS-Fraktion das Wort gewünscht? – Herr Bartl, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Bräunig aus Klingenthal, als Oberwiesenthaler sage ich Ihnen: Das Leben in den Bergen ist hart. Das bestreite ich überhaupt nicht.

(Beifall bei der PDS – Heiterkeit)

Ich gehe gern mit Ihnen mit, dass die Mitglieder des SEK keine Chorknaben sind. Sie sind weder der Poznaner Kinderchor noch der Kreuzchor oder welcher Chor auch immer. Es ist aber auch nicht lauter, das SEK mit „Serviceeinheit“ zu beschreiben. Sonst kommt noch jemand auf die Idee, sie demnächst zur Ausgestaltung einer Hochzeit oder dergleichen mehr einzuladen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Zur Hochzeit gehört eine Schlägerei, da kommt das SEK!)

Zweitens, Herr Bräunig: Ich verbitte mir mit allem Nachdruck Unterstellungen und üble Nachrede. Ich habe zu keinem Zeitpunkt gesagt – weder am Mittwoch noch

heute –, dass das SEK eine Horde martialischer Rambos sei. (Staatsminister Dr. Thomas de Maiziére: „Rambo“ haben Sie gesagt! – Zuruf von der PDS: „In Rambomanier“!)

„In Rambomanier“ habe ich gesagt. Ich verbitte mir solche Tatsachenbehauptungen, das sage ich Ihnen. Herr Bandmann, wenn ich der Rechtsanwalt-König wäre, wären Sie aber, nachdem Sie heute gesagt haben, dass der Meister angeblich einen Überfall mit Sprengstoff durchgeführt habe – da war noch vor zwei Tagen die Rede davon, dass er 1993 zu einem Sprengstoffanschlag angestiftet haben soll –, ganz dick in der Verleumdung drin. Da schützt die Indemnität nicht, da haben Sie ein richtiges Problem. So wie Sie, Herr Staatsminister, in einem Fort vergessen, dass unabhängig von dem, was Sie für Kinderstube halten – ob mit preußischem Ansatz oder hugenottischem, das sei nun egal –,

(Gunter Bolick, CDU: Mehr preußisch!)

mehr preußisch, richtig –, dass daneben auch noch ein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung besteht. Sie haben die Daten der Menschen zu schützen, die Unbeteiligte waren, auch wenn sie im Staatsministerium des Innern arbeiten oder Polizist sind. Sie haben nicht zu offenbaren, wo sie arbeiten, in der Poststelle oder nicht. Wäre ich dort, würde ich Sie anfassen, aber sehr heftig. Wo sind wir denn, wo leben dir denn?

(Ja, ja! bei der CDU und der FDP)

Ja, ja. – Herr Leichsenring, Sie wissen offenkundig nicht, worüber Sie reden. Ich bin schon dafür, dass man dort, wo etwas falsch gelaufen ist, die Betreffenden benennt. Aber das SEK hatte mit Schildau nichts zu tun. In Schildau war im Jahr 1997 vom 23. zum 24.8. bei dieser „Geburtstagsfeier“, wie Sie sagten, eine Woche nach dem Hess-Todestag mit 150 Teilnehmern, die normale Bepo im Einsatz, die Leipziger Bepo und nicht das SEK. So ein Unfug! Nebenbei bemerkt waren unter Ihren Geburtstagsgästen in zweistelliger Zahl Personen, die nach § 86a vorbestraft waren. Mit wem gehen Sie denn um, um mit den Worten des Herrn Staatsministers zu reden? Zum Herrn Staatsminister selbst: Ich kann nichts dafür, dass Sie heute Geburtstag haben. Dafür alles Gute.

(Heiterkeit)