Protokoll der Sitzung vom 06.06.2007

Drucksache 4/8094, Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der SPD

Drucksache 4/8820, Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt und Landwirtschaft

Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache erteilt.

(Staatsminister Thomas Jurk: Um Gottes willen!, bezieht sich auf die geringe Zahl der anwesenden Abgeordneten)

Es beginnt die CDU-Fraktion. Herr Abg. Kupfer, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt angenehme Themen, über die man im Sächsischen Landtag sprechen kann. Ein solch angenehmes Thema besprechen wir jetzt, nämlich die Novellierung des Sächsischen Fischereigesetzes. Es gibt auch Leute, die sagen, es ist eine Sternstunde des Parlaments.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich bedauere nur, dass so wenige Kollegen diese Sternstunde des Parlaments auch live miterleben wollen.

(Beifall des Abg. Gunther Hatzsch, SPD – Zuruf des Staatsministers Thomas Jurk)

Der heutige Tag, meine Damen und Herren, ist ein guter Tag für das Fischerei- und das Angelwesen im Freistaat Sachsen. Mit der Novellierung des Sächsischen Fischereigesetzes setzt der Freistaat Sachsen Maßstäbe in puncto Bürokratieabbau.

Das Fischereigesetz aus dem Jahre 1993 wurde einer gründlichen Prüfung unterzogen und in der Folge in seinen Paragrafen gestrafft und in seiner Handhabung

vereinfacht. Deutlich wird dies unter anderem in der Zahl der Paragrafen: Von ehemals 52 sind noch 36 übrig geblieben.

Die Verbesserungen im neuen Gesetz sind dabei alles andere als abstrakter Natur. Die Erleichterungen sind für jeden Angler unmittelbar nachvollziehbar. So wird die Geltungsdauer der Fischereischeine in Zukunft nicht mehr auf maximal fünf Jahre begrenzt, sondern flexibel gestaltet. Man kann also wählen zwischen einem Jahr, einer beliebigen Anzahl von Jahren bis hin zu einem lebenslangen Fischereischein. Das ist aus meiner Sicht gelebter Bürokratieabbau.

(Beifall bei der CDU – Heinz Lehmann, CDU: Lebenslanges Angeln!)

Das neue Sächsische Fischereigesetz ist modern, flexibel und verständlich.

Ein wichtiger Aspekt im Gesetz ist der Natur- und Umweltschutz. Der Erhalt möglichst natürlicher Lebensräume mit gesunden und biotopgerechten Fischbeständen sowie einer ausgewogenen Artenvielfalt ist die Grundvoraussetzung für eine nachhaltige Angelfischerei.

Angler sind Naturschützer. Das zeigt sich nicht nur in der Anerkennung der beiden großen sächsischen Angelverbände als anerkannte Naturschutzverbände. Diese Anerkennung ist zum einen Ehre und zum anderen auch eine Verpflichtung. Wird die Kraft der Angler geschwächt, wird auch die Kraft der Gesellschaft im Hinblick auf den Naturerhalt geschwächt.

Es gibt nur wenige andere gesellschaftliche Gruppierungen, die ein so großes Potenzial für den Natur- und Umweltschutz haben.

Auf diese Aspekte nimmt das neue Gesetz ausdrücklich Rücksicht. Ökonomie und Ökologie in den Gewässern des Freistaates bilden eine Einheit. Deshalb haben wir uns für die Einbeziehung des aus der Landwirtschaft bekannten Begriffes der „guten fachlichen Praxis“ eingesetzt. Die Verpflichtung von Anglern und Berufsfischern zur Einhaltung der Anforderungen an die gute fachliche Praxis soll zur ökologischen und zur ökonomisch verträglichen Bewirtschaftung der Gewässer beitragen. Zur Erreichung dieser Zielsetzung erstellen die Fischereiausübungsberechtigten einen Hegeplan für die ihnen anvertrauten Gewässer. Die Nachhaltigkeit umfasst dabei nicht nur den gesunden und fortpflanzungsfähigen Bestand an Fischen, Krebsen und sonstigen Lebewesen, die unter Wasser leben, sondern vor allem den Schutz und die Pflege der Natur und Umwelt an den Ufern der Gewässer.

Gleichzeitig bedeutet Nachhaltigkeit die Gewinnung weiterer Mitglieder, insbesondere junger Menschen, für die Angelvereine; denn nur eine erfolgreiche Jugendarbeit sichert den Bestand der Vereine, die wiederum die Hege und Pflege der Gewässer und der in ihnen lebenden Tiere garantieren.

Angeln hat jedoch nicht nur einen wirtschaftlichen, sondern auch einen sozialen Wert. Der Angelsport stellt eine sinnvolle Beschäftigung für Kinder und Jugendliche dar. Der Kontakt mit der Natur erweitert den Horizont. Das Erlebnis, Wasservögel und Fische zu beobachten, Fische zu angeln und sie zu verzehren, schafft eine dauerhafte, emotionale und rationale Bindung der Kinder an die Natur. Nur aus dem Kontakt mit der Natur entsteht Verständnis für die Natur.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Tino Günther, FDP)

Die Herabsetzung des Mindestalters für den Jugendfischereischein von zehn auf neun Jahre stärkt dieses Anliegen nachhaltig. Den Angelvereinen werden damit mehr Möglichkeiten für die Kinder- und Jugendarbeit gegeben. Die künftige Möglichkeit, dass Kinder und Jugendliche mit Jugendfischereischein und einjähriger Mitgliedschaft in einem Angelverein ohne Begleitung eines erwachsenen Fischereischeininhabers ihrem Hobby nachgehen dürfen, ist ein Vertrauensvorschuss an die jüngere Generation und an die Vereine.

Beim gestrigen parlamentarischen Abend des Landesjagdverbandes, des Fischereiverbandes und der beiden Angelverbände konnten wir hören, wie erfolgreich Jugendarbeit organisiert ist und durchgeführt wird. Im letzten Jahr beim parlamentarischen Abend an der Elbe konnten wir es auch sehen. Nicht zuletzt wurde gestern die Bedeutung des hochwertigen und gesunden Nahrungsmittels Fisch herausgestellt. Die Anwesenden waren dafür sehr dankbar.

Das vorliegende Gesetz, meine Damen und Herren, ist ein wertvoller Beitrag für die Weiterentwicklung und Verbesserung des Fischereistandortes in Sachsen. Wir hatten dazu eine hervorragende Anhörung, haben aus dieser Anhörung eine Reihe von Vorschlägen der Sachverständigen aufgegriffen, diese in den Gesetzentwurf eingearbeitet und im Ausschuss das Gesetz als Beschlussempfehlung mit sehr großer Zustimmung an den Landtag zurücküberwiesen. Meine Damen und Herren, Sie machen keinen Fehler, wenn Sie dem vorliegenden Gesetz Ihre Zustimmung geben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Die SPD-Fraktion; Herr Pecher, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Nutzung unserer Gewässer ist bekanntlich vielseitig: Wasserwirtschaft, Trink- und Brauchwasser, Wasserstraßen, Hochwasserschutz, Energiegewinnung, Naherholung und nicht zuletzt Berufsfischerei und Angelsport.

Die Berufsfischerei ist in diesem Gesetz auch bedient worden. Details wie das Ablassen von Gewässern zur Bewirtschaftung wurden geregelt. Im Mittelpunkt des Gesetzes steht natürlich der Angelsport, der durch die großen Verbände forciert wird. Ziel muss es immer sein, jedwede Art der menschlichen Nutzung in Einklang mit den Interessen der Natur zu bringen, besonders dem Schutz, dem Erhalt und der Entwicklung unserer Flora und Fauna an und in unseren Gewässern. Diese wesentlichen Zielsetzungen sind im Vorblatt des Gesetzes nachzulesen. Zusätzlich wurde ein großes Maß an Deregulierung, Entbürokratisierung und Modernisierung erreicht. Kurz gesagt: Dieses Gesetz ist schlichtweg praxistauglich und lebensnah.

Das wurde letztendlich im Ergebnis der Anhörung erreicht. Ich habe selten eine Anhörung erlebt, die so viele fachdetaillierte, konkrete Vorschläge zur Verbesserung gebracht hat. Diese wurden fraktionsübergreifend sachlich diskutiert, in einem umfangreichen Paket von Änderungsanträgen diskutiert und letztendlich eingearbeitet. Ein Dank geht an die Verbände, die dort zahlreich vertreten waren, und auch an jene, die in der Anhörung mitgewirkt und das letztlich mit eingearbeitet haben.

Die Stichworte wurden genannt, zum Beispiel Einführung der guten fachlichen Praxis. Es wurde herausgestellt, dass die Fischereischeinprüfung eine Grundlage ist, die gute fachliche Praxis herzustellen. Hegeplan ist ein Stichwort. Er ist jetzt für Gewässer ab einer bestimmten Größenordnung verpflichtend. Die Geltungsdauer des Fischereischeines wurde erwähnt. Wichtig – insbesondere für uns – war die Möglichkeit, dass Jugendliche ohne Fischereischein in bestimmten Veranstaltungen sehr unbürokratisch an den Angelsport herangeführt werden, was in der

Vergangenheit immer eine juristische Grauzone war. Des Weiteren ist das Angeln ohne Begleitung ab einem Jahr Verbandsmitgliedschaft zu nennen.

Circa 40 000 Angler betätigen sich in Sachsen. Davon sind 10 % Jugendliche unter zehn Jahren. Die Tendenz ist steigend. Wir haben einen ausgesprochen wirtschaftlichen Aspekt. Der Jahresumsatz der Branche beträgt über 10 Millionen Euro. Wir haben den erzieherischen Aspekt: die Jugendarbeit. Wir haben natürlich den Umweltschutzaspekt, weil sich Angler – insbesondere durch ihre Arbeitsleistung am Gewässer, aber auch durch ihre Überwachungsfunktion, die sie dort wahrnehmen – aktiv für den Umweltschutz einsetzen.

Es gibt keinen Grund, gegen dieses Gesetz zu sein. Ich möchte trotzdem die Gelegenheit nutzen, an vier Dinge zu appellieren, die noch vor uns stehen, die a) in Richtung Durchführungsbestimmungen zu regeln bzw. b) einfach im bürokratischen Vollzug sind. Bei der Gewässerausschreibung ist in Zukunft unbedingt auf die Qualität der Bewerber zu achten und die Vorgaben der Ausschreibung sind einzuhalten. Das bevorteilt eindeutig unsere Verbände und verhindert in Zukunft solche Pannen, wie sie bei der Vergabe des Zwickauer Muldenloses passiert sind.

Die Pachtverträge mit unseren Verbänden sind mit langen Laufzeiten zu versehen und mit Verlängerungsoptionen, damit ein gesunder Fischbestand langfristig aufgebaut werden kann. Das muss auch so sein, damit nicht kurz vor Auslaufen des Pachtvertrages das Gewässer leer gefischt wird, was leider die Praxis ist.

Bei Wasserkraftanlagen gibt es das Problem des auf- und absteigenden Aals. Dort werden sie nach wie vor gehäckselt, weil es keine technische Möglichkeit gibt, den Aal entsprechend abzuleiten. Wer die Fachpublikationen verfolgt, weiß, dass wir Bestandsverluste von über 90 % haben. Es ist darauf zu achten, dass die Ausgleichsabgaben, die erhoben werden, a) richtig erhoben und b) vordringlich zu Besatzzwecken eingesetzt werden. §§ 26 und 28 – insgesamt ist die Fischereibehörde gefordert, den wirtschaftlichen Aspekt sehr genau gegen den Fischereischaden, der entsteht, abzuwägen.

In Auswertung des parlamentarischen Abends, der wirklich sehr konstruktiv war, müssen wir sehen, dass wir noch einiges vor uns haben. Durch neue Gewässer, insbesondere durch die Flutung der Tagebaulöcher, kommen auf uns neue Fischbestände und damit neue Angel- und Bewirtschaftungsarten zu. Die Schonzeiten und Mindestmaße sowie Art und Umfang des Besatzes in den Gewässern müssen noch einmal angeschaut werden. Das sind Aufgaben, mit denen wir uns nach wie vor beschäftigen müssen.

Insgesamt steht vor uns die Aufgabe, die notwendigen Verordnungen sehr zeitnah anzugehen. In konkreter Zusammenarbeit mit dem Ministerium, den Verbänden und den Fraktionen sind sie zu erarbeiten und zeitnah zu verabschieden. Ich bitte um Zustimmung zu diesem Gesetz.

(Beifall bei der SPD, der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Die Linksfraktion.PDS. Frau Abg. Altmann, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kupfer, man kann es auch übertreiben:

(Frank Kupfer, CDU: Nein, nein!)

vom „Highlight des Parlamentarismus“ und „Maßstäben im Bürokratieabbau setzen und „die Angler sind die größten Naturschützer hier auf dieser Erde“ zu sprechen.

(Frank Kupfer, CDU: Sehen Sie das anders?)

Ich will ja gar nicht in Abrede stellen, meine Damen und Herren, dass das neue Sächsische Fischereigesetz notwendig gewesen ist. Das alte stammt von 1993. Es entsprach in vielen Dingen einfach nicht mehr der Realität und den gestiegenen Umweltanforderungen. Das neue Sächsische Fischereigesetz ist im Großen und Ganzen in Ordnung und entspricht den veränderten Ansprüchen.

(Mario Pecher, SPD: Also doch nicht in den Sternen!)

Warten Sie noch etwas, die Sterne werden dann vielleicht nicht mehr ganz so hell leuchten.

(Gottfried Teubner, CDU: Die leuchten immer hell, ob Sie es wollen oder nicht!)

Schauen wir mal. Wenn die Schatten zu dunkel sind, dann leuchten auch die Sterne nicht mehr so hell.