Protokoll der Sitzung vom 06.06.2007

Alles ist munter wieder da. Sehr geehrte Frau Matthes, glauben Sie mir bitte: Die Lebenspartnerschaft zwischen zwei Männern ist genauso viel wert wie jede Ehe.

(Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion.PDS und Beifall des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE, Lachen der Abg. Rita Henke, CDU – Dr. Fritz Hähle, CDU: Kein Kindersegen!)

Ich erinnere Sie, dass das Leben Sie schon lange mit sehr vielen Dingen überrollt hat. Sie mussten sich schon mit manchem abfinden. Ich erinnere nur an Ihren abenteuerlichen Widerstand gegen das Lebenspartnerschaftsgesetz. Was haben Sie da alles zelebriert: Sie haben den Untergang des Abendlandes vorausgesagt. Dann mussten Sie doch hinnehmen, dass es dieses Gesetz gibt.

Um wenigstens ein bisschen in Sachsen zu zecken – ich kann das ja auch irgendwie verstehen –, haben Sie jahrelang verhindert, dass man die Lebenspartnerschaft auf dem Standesamt bestätigt; man musste sie sich gewissermaßen auf den Regierungspräsidien anerkennen lassen.

Jetzt muss ich ganz ehrlich sagen: Als damals die Debatte lief, habe ich schon gedacht, es ist ja kein Wunder, wie das hier läuft. Mich persönlich hätte auch nicht verwundert, wenn man darauf abgestellt hätte, das Innenministerium zum Ort zu machen,

(Beifall des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

vielleicht den Innenminister oder den Landespolizeipräsidenten. Das wäre auch eine gute Idee gewesen. Darauf sind Sie alle Gott sei Dank nicht gekommen. Dank des schon genannten Gesetzes, das die SPD im Land mit

durchgeboxt hat, sind wir wieder bei den Standesämtern gelandet, also genau dort, wo es hingehört.

Übrig bleibt nur noch diese Ungleichbehandlung bei der Gebührenerhebung, an der Sie sich nun tapfer festhalten, die Sie verteidigen wie eine „feste Burg“. Ich sage Ihnen ganz offen: Ich kann darüber eigentlich nur lachen. Was Sie hier zelebrieren, darüber kann man nur lachen. Ich möchte Ihnen einen Rat geben, sehr geehrte Frau Matthes, Herr Bandmann und wie Sie alle heißen: Werden Sie gelassener! Werden Sie gelassener in dieser Frage.

(Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion.PDS und Beifall bei den GRÜNEN)

Auch in Ihrer Partei ist gewissermaßen die Wirklichkeit angekommen, dass sich Mutter Natur von der Vielfalt leiten ließ, nicht nur bei Tieren und Pflanzen, sondern auch bei uns Menschen. So ist es halt.

(Zuruf der Abg. Gitta Schüßler, NPD)

Immerhin habe ich auf der Internetseite der CDU – ich habe heute Vormittag noch einmal gegoogelt – die Arbeitsgemeinschaft Lesben und Schwule in der CDU gefunden.

(Holger Zastrow, FDP: Nein!)

Die gibt es.

Jetzt kommt es: Sie hat auch eine Programmatik. Da wird der Herr Lichdi begeistert sein, genauso wie ich. Sie schreiben nämlich in ihrer Programmatik, dass die gesetzliche Gleichstellung der Lebenspartnerschaft als eigenständige Institution neben der Ehe gefordert werden muss und sie dafür stehen.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Bravo!)

Also bitte, klasse!

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Nähern Sie sich einfach in Ihrer eigenen Partei ein wenig an. Ich habe übrigens nirgendwo gelesen, dass Angela Merkel das verboten hätte. Also kein Hausarrest, nichts, wir können ganz gelassen damit umgehen.

Lassen Sie uns also über die Gebührenfrage reden. Denn es geht wirklich nur um die Gebühren. Wir wollen heute also nicht die Ehe abschaffen, auch nicht die Lebenspartnerschaft irgendwie ummodeln. Wir wollen das alles nicht tun. Wir wollen über die Gebührenfrage reden und keine ideologischen Scharmützel austragen. Stimmen Sie dem Gesetzentwurf zu; wie ich sagte, ganz gelassen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und den GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion der Abg. Brangs.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Stichwort Gelassenheit gefällt mir gut. Denn auch ich kann es an dieser Stelle dem Koalitionspartner nicht ersparen, ein paar Punkte zu nennen,

warum wir damals schon bei der Debatte um das Lebenspartnerschaftsausführungsgesetz sehr emotional gestritten haben.

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Herr Brangs, Sie ersparen uns auch nichts!)

Bitte, Kollege Hähle?

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Sie ersparen uns in letzter Zeit nichts!)

Wir ersparen uns gegenseitig nichts. Oder was habe ich jetzt verstanden? Ich verstehe Sie nicht. Für eine Zwischenfrage würde für Sie ein Mikrofon bereitstehen.

Dieses Gesetz sagt in der Tat nichts anderes aus, als dass, was wir damals diskutiert haben: dass Lesben und Schwule auf dem Standesamt ihre Lebenspartnerschaft schließen können. In der Tat ist es so, dass es eine heiße Debatte darum gab, ob es möglich ist oder nicht. Letztendlich haben wir eine solche Regelung geschaffen. Ich glaube wirklich, dass es auch etwas damit zu tun hat, dass man das Leben um sich herum einfach zur Kenntnis nehmen muss. Es gibt eine veränderte Gesellschaft und es gibt ein verändertes Bild innerhalb dieser Gesellschaft. Ich glaube, die Ehe allein als das Gut hochzuhalten, das es zu verteidigen gilt, passt eben nicht mehr in bestimmte Lebensplanungen bestimmter Menschen.

Wenn wir von selbstbestimmten Menschen und vom selbstbestimmten Leben sprechen, dann müssen wir konsequenterweise dafür auch die Rahmenbedingungen schaffen. Insofern glaube ich, dass das Gesetz damals ein deutliches Signal dafür war. Wenn man von Toleranz reden möchte, dann muss man Toleranz auch praktizieren.

Was wir damals leider nicht in unserem Sinne regeln konnten – und was auch schon oft angesprochen worden ist –, ist in der Tat die Frage der Kosten. Ich sage es ganz offen: Das ist nach wie vor eine unbefriedigende Lösung.

Wir hatten damals Vertrauen in die kommunale Selbstverwaltung, dass die Kosten auch nur adäquat erhoben werden. Im Moment ist es aber so, dass es unterschiedliche Gebühren gibt und dass Gebührendifferenzen bestehen, die fast zu einem Wildwuchs geführt haben. Es gibt örtliche Vergleiche, die, wenn man sich einmal ansieht, was man an Verwaltungsaufwand für eine Eheschließung oder eine Verpartnerung technisch an Voraussetzungen braucht, in der Tat nicht klarmachen können, warum es da zu unterschiedlichen Gebühren kommt.

Insofern ist für mich die Kernfrage nicht eine inhaltliche Gleichsetzung zwischen Ehe und Partnerschaft, sondern eigentlich nur die Kostenbetrachtung.

Die Aufgabe bei der Erhebung von Verwaltungskosten ist, die Deckung des damit entstehenden Verwaltungsaufwandes umzusetzen, und keine Privilegierung der Ehe.

Insofern überrascht es mich schon, dass wir an dieser Stelle bis heute keine Einigung erzielen konnten. Denn es hat für mich auch etwas mit einheitlichem Kostenrecht und Harmonisierung von Kostenrecht zu tun, wenn man

eine Vergleichbarkeit zwischen vergleichbaren Tätigkeiten der Verwaltung herstellt. Ein Unterschied zwischen einer Eheschließung und einer Verpartnerung, was den Verwaltungsaufwand anbelangt, ist eigentlich schwer nachzuvollziehen.

(Beifall des Abg. Prof. Dr. Cornelius Weiss, SPD, und bei den GRÜNEN)

Wahrscheinlich geht es im Kern darum, dass es Berührungsängste mit dem Bild gibt, dass Frauen Frauen lieben oder Männer Männer lieben und dafür vielleicht noch den Segen des Staates haben möchten. Das mag manchem hier im Hause seltsam vorkommen, Aber – das ist auch ein Teil der Wahrheit – es hat auch bei unserem Koalitionspartner ein vorsichtiger Wandel eingesetzt; ich möchte es einmal so formulieren. In dem neuen CDU-Grundsatzprogramm gibt es ganz zaghafte Ansätze für ein neues Familienbild. Besonders gefreut hat mich die Tatsache, dass die sächsische Sozialministerin, Helma Orosz – sie ist im Moment nicht anwesend –, dieses Jahr erstmalig Schirmherrin des Dresdner Christopher-Street-Days

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Zuruf von der NPD: Super, super!)

unter dem Motto „Regenbogenfamilie – entdecke die Vielfalt!“ wird. Das ist die Kernforderung des CSD.

Eine weitere Kernforderung ist natürlich, dass die Kostenfrage bei der Partnerschaft, Begründung oder Verpartnerung endlich geklärt wird. Ich denke, wenn wir gesellschaftliche Akzeptanz für unterschiedliche Lebensformen und Bilder predigen, wie man das Leben miteinander gestalten will, dann sollte man alles daransetzen, dass es nicht über die Kostenregelung zu indirekten Diskriminierungen bei Schwulen und Lesben kommt. Das hat nichts mit einer Ab- oder Aufwertung von Ehe oder Familie zu tun, sondern es hat etwas damit zu tun, dass man Diskriminierungen von anderen Lebensformen und Lebenspartnerschaften im Kern bekämpfen sollte. Ich denke, dass das im Interesse derer ist, die eine Ehe schließen.

Wenn man sagen sollte, das alles ist – weil es ein Abstandsgebot gäbe – verfassungsrechtlich nicht möglich, dann sollte man sich das genau ansehen. Wenn man betrachtet, wie viele Politiker beklagen, dass wir in einer bindungsarmen Zeit leben, dann sollten alle froh sein – auch Konservative –, wenn sich Menschen dauerhaft füreinander entscheiden und wechselseitig Verantwortung und Pflichten übernehmen wollen. Über die Form des Zusammenlebens sollten die Menschen selbst entscheiden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD, der Linksfraktion.PDS und den GRÜNEN)

Die NPD-Fraktion; Herr Gansel, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Manchmal ist es schon traurig,

mit welchen wirklich randständigen Themen sich dieser Landtag zu beschäftigen hat. Heute auf der Agenda steht Rosarotes, beantragt von den GRÜNEN, das „Gesetz zur kostenrechtlichen Gleichstellung der Begründung eingetragener Lebenspartnerschaften und Eheschließungen“.

Die Sachsen – in ihrer überwiegenden Mehrzahl wohl immer noch „altmodisch“ heterosexuell – werden begeistert sein, gibt es doch im Freistaat kein drängenderes Problem als die minimale kostenrechtliche Benachteiligung unnatürlicher Lebensgemeinschaften.

(Widerspruch bei den GRÜNEN)