Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache erteilt. Die Reihenfolge in der ersten Runde lautet: GRÜNE, CDU, Linksfraktion.PDS, SPD, NPD, FDP und die Staatsregierung, wenn sie das wünscht.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir legen Ihnen als Fraktion GRÜNE nunmehr den zweiten Gesetzentwurf des heutigen Tages vor. Es geht darum, dass wir die Fehler und die bewussten Lücken, die die Koalition bei der Novellierung des Sächsischen Ausführungsgesetzes zum Lebenspartnerschaftsgesetz im Frühjahr 2005 gelassen hat, ausbügeln wollen. Es war damals schon ein großer mentaler Fortschritt, wenigstens für die größte Koalitionsfraktion, dass sie zugestehen musste – ein großer Sieg der SPD in der Koalition –, dass die Verpartnerung jetzt nicht mehr auf dem Regierungspräsidium, sondern auch auf dem Standesamt stattfinden kann. Wir begrüßen das sehr und sind auch dem sozialdemokratischen Koalitionspartner sehr dankbar, dass er das durchgesetzt hat. Nur hat er – und das ist das Fatale dabei – in diese Novellierung schon die nächste, ich muss schon sagen, hinterfotzige Diskriminierung eingebaut.
Er hat nämlich formal offengelassen, wie die Kosten zu tragen sind. Das klingt ganz gut: Wir respektieren die Selbstverwaltung der Kommunen, die sollen das doch selbst regeln. – Das klingt toll. Was da nicht mit gesagt
wird, wohl aber, denke ich, in der CDU-Fraktion durchaus mitgedacht wird, ist, dass wir nach Bundesrecht eine kostenrechtliche Privilegierung der Eheschließung haben. Wenn ich also diese Privilegierung des Bundesrechts jetzt nicht ausdrücklich in sächsisches Landesrecht übernehme, dann wird es, weil die Gemeinden an den Kostendeckungsgrundsatz gebunden sind, zu höheren Gebühren bei der Verpartnerung kommen.
Das haben wir schon im Gesetzgebungsverfahren im Jahr 2005 per Änderungsantrag moniert und wollten es beheben. Wir haben leider keine Mehrheit gefunden und es wurde dann mit großer Geste wieder weggewischt und gesagt, dass das alles wieder irgendwelche Hirngespinste wären.
Nun gut, wir sind nachhaltig in unserem Arbeiten. Nach einem Jahr haben wir nachgefragt: Wie sieht es aus in Sachsen? – Und siehe da, es ist so eingetreten, wie wir es prophezeit haben: Tatsächlich werden wesentlich höhere Gebühren – und dann auch noch unterschiedliche; Sachsen ist ein kostenrechtlicher Flickenteppich – erhoben. Wir haben das zum Anlass genommen, im Lebenspartnerschaftsgesetz jetzt tatsächlich die Gleichstellung vorzuschreiben und im Kostenverzeichnis ausdrücklich eine Tarifierung entsprechend der bundesrechtlichen Vorgabe der Ehe einzuführen.
Da die CDU nie müde wird, vom Schutz von Ehe und Familie zu sprechen, zu dem auch wir uns ausdrücklich bekennen, auch wenn Sie uns das vielleicht nicht abnehmen mögen, berufen wir uns locker auf die Entscheidung
des Bundesverfassungsgerichts, die es immer wieder wert ist, hier mal zitiert zu werden. Ich glaube, ich habe es schon zweimal getan, ich werde es noch einmal tun. Zitat:
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Juli 2002: „Aus der Zulässigkeit, in Erfüllung und Ausgestaltung des Förderauftrags der Ehe, die Ehe gegenüber anderen Lebensformen zu privilegieren, lässt sich jedoch kein in Artikel 6 Abs. 1 enthaltenes Gebot herleiten, andere Lebensformen gegenüber der Ehe zu benachteiligen. Es ist verfassungsrechtlich auch nicht begründbar, aus dem besonderen Schutz der Ehe abzuleiten, dass solche anderen Lebensgemeinschaften im Abstand zur Ehe auszugestalten und mit geringeren Rechten zu versehen sind.“
Herr Kollege Bandmann, der jetzt aufmerksam die „Freie Presse“ liest, hat sicherlich trotzdem ausführlich zugehört. Denn ich vermute, dass er in seinem Redebeitrag, falls er sprechen wird, wieder dieses Abstandsgebot, falsch verstanden, hervorheben wird oder – was die neueste Variante ist – irgendein Urteil des BGH, das er im Ausschuss angezogen hat, das dort aber auch nicht passt, weil es eine völlig andere Situation betrifft.
Weil die Verfassungsrechtslage so ist und weil genau das zu einer Ungleichbehandlung führt, sind wir der Überzeugung, dass wir aus verfassungsrechtlichen Gründen, aus Gründen des Gleichheitsgrundsatzes, daran gebunden sind, diese Gesetzesnovellierung umzusetzen.
Ich möchte noch darauf hinweisen, dass der Sächsische Städte- und Gemeindetag sogar – was ich ehrlicherweise zugestanden von ihm gar nicht erwartet hätte – ausdrücklich begrüßt hat, dass er auch diese Notwendigkeit sieht, dass er verfahrensrechtliche Bedenken an anderer Stelle sieht. Aber wenn der SSG mal etwas Positives beiträgt, dann erwähne ich das hier gern.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Lichdi, ich muss Sie enttäuschen, ich bin nicht Herr Bandmann.
Kommen wir zum Thema! – Meine Damen und Herren! Wenn sich zwei Menschen zueinander bekennen und wenn sie sich entscheiden, füreinander einstehen zu wollen, dann ist das eine gewichtige Entscheidung, und diese erkenne ich sehr hoch an, gleich, in welcher Form sich diese Menschen dafür entscheiden.
Mit dem Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften vom 16. Februar 2001 wurde dieser Form des Zusammenlebens ein rechtlicher Rahmen gegeben. An die Begründung einer Lebenspartnerschaft knüpfen sich vielfältige Rechtsfolgen im Zivilrecht und im öffentlichen Recht, die sowohl im Lebenspartnerschaftsgesetz als auch im Bürgerlichen Gesetzbuch und in zahlreichen Bundesgesetzen verankert sind. Das Lebenspartnerschaftsgesetz vom August 2001 ist ein zeitgemäßer Schritt, den wir respektieren.
Erstens. Unser Grundgesetz stellt – und dies ist völlig richtig – die Ehe unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Die CDU-Fraktion wird sich einer Nivellierung dieser Grundlage immer entgegenstellen.
Im Grundsatzprogramm sprechen wir bezüglich Ehe und Familie von einem Fundament der Gesellschaft. Dies gilt es zu stärken. Wir, die CDU-Fraktion, respektieren die Entscheidung von Männern und Frauen, andere Formen der dauerhaften Partnerschaft für sich zu verantworten und zu verwirklichen. Unser Staat gibt jedoch ganz bewusst der Ehe und den daraus resultierenden Familien besondere Rechte zum Schutz der Kinder, um ihnen Fürsorge, Vertrauen und Verlässlichkeit zu gewähren, denn die Familien sind der unverzichtbare Garant für den Fortbestand unserer Gesellschaft.
Deshalb kann auch keine Gleichbehandlung gefordert werden, denn der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet Gleichbehandlung dessen, was wesentlich gleich ist.
Zweitens. Die Übertragung der Zuständigkeit für die Beurkundung von eingetragenen Lebenspartnerschaften von den Regierungspräsidien an die Kommunen fand hier große Zustimmung. Sie sprachen schon davon, Herr Lichdi. Damit ging die Aufgabe in die kommunale Selbstverwaltung über, die wohl von niemandem hier im Haus infrage gestellt wird. Deshalb halte ich es auch unter dem Gesichtspunkt der kommunalen Selbstverwaltung für nahe liegend und verantwortungsvoll, wenn wir es den Kommunen überlassen, die Höhe der Kosten festzusetzen. Einerseits ist bei der Festlegung der Gebühren der Grundsatz der Angemessenheit besonders zu berücksichtigen, andererseits können die Gebühren nicht uneingeschränkt an die der Standesämter angeglichen werden, welche nicht kostendeckend arbeiten.
Die dem Gesetzentwurf zugrunde liegende Kleine Anfrage von Herrn Lichdi hat lediglich zutage gebracht, dass
die Kommunen im Freistaat keine einheitlichen Kosten erheben. Die Festsetzung der Gebühren erfolgt entweder in einer kommunalen Kostensatzung bzw. durch eine kostendeckende Kalkulation nach dem Sächsischen Verwaltungskostengesetz oder aber durch Orientierung an den Regelungen der Personenstandsverordnungen. Es kann nicht sein, dass die kommunale Selbstverwaltung keinen Wert mehr darstellen soll und die Kommunen nur auf staatlichen Auftrag tätig werden müssen. Die Kommunen dürfen als eigenständige Handlungsebene unseres Staates nicht geschwächt werden, sondern wir müssen sie stärken. Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wollen das ja auch, wenn ich mich an frühere Diskussionen erinnere. Nur hier, wo Sie meinen, eine höhere Handlungsebene erkannt zu haben, darf es nicht so sein. Diese Doppelzüngigkeit tragen wir keinesfalls mit.
Nun lassen Sie mich noch ein Wort zu den Dimensionen sagen, Herr Lichdi: Wir haben in ganz Sachsen 265 Standesämter. Aus der Antwort auf Ihre Kleine Anfrage geht hervor, dass bisher fünf Kommunen bei der Begründung eingetragener Lebenspartnerschaften höhere Gebühren als bei einer Eheschließung festgesetzt haben; zehn weitere Standesämter würden für den Fall der Begründung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft Gebühren kostendeckend erheben. Und über die verbleibenden 250 wird hier niemand reden; von Ihnen ganz bestimmt niemand.
Da Ehe und Familie für uns das Fundament der Gesellschaft sind und die kommunale Selbstverwaltung Vorrang hat, wird es Sie nicht verwundern, dass die CDU-Fraktion diesem Gesetzentwurf nicht zustimmt.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich könnten wir heute ohne Not diesen Gesetzentwurf der GRÜNEN beschließen, und zwar einstimmig.
Wir könnten das auch ohne Debatte tun, weil es sich um eine ganz schlichte Angelegenheit handelt. Der Entwurf behandelt nämlich etwas ganz Simples. Da geht es um Gebühren, um eine Gebührenfestsetzung in einem konkreten Fall. Er geht von dem schlichten, bekannten Satz aus, dass Gebühren nur so hoch sein dürfen wie der geleistete reale Aufwand. Im konkreten Fall – mit der Ehe verglichen – ist das so. Und er sagt, dass Gebühren landesweit gleich zu regeln sind; also ganz simple Sachen.
Schaue ich mir einmal an, was Gebühren nach der Finanzverwaltung beinhalten, so geht es dabei um Geld
leistungen, die aus Anlass individuell zurechenbarer öffentlicher Leistungen dem Gebührenschuldner einseitig auferlegt werden und dazu bestimmt sind, in Anknüpfung an diese Leistungen deren Kosten ganz oder teilweise zu decken. Für die Festsetzung von Gebühren ist es zwingend nötig, liest man weiter, den durchschnittlichen Verwaltungsaufwand zu ermitteln. Der wirtschaftliche Wert und Nutzen der Amtshandlung sind bei der Gebührenfestsetzung mit zu berücksichtigen.
Um nichts anderes geht es, wenn ich Sie alle beruhigen darf. Über diesen allgemeingültigen und logischen Grundsatz, der aber der CDU-Fraktion natürlich überhaupt nicht allgemeingültig und schon gar nicht logisch ist, möchte ich gern sprechen. Denn im vorliegenden Fall handelt es sich ärgerlicherweise um die kostenrechtliche Gleichstellung von Eheschließungen mit der Schließung von Lebenspartnerschaften. Da hört es dann auf, obwohl der Aufwand kein bisschen größer wäre als beispielsweise bei der Ehe.
Da kommen all die wunderhübschen Rituale aus der Mottenkiste der CDU wieder auf, und zwar nach dem Motto Geschichte und Alltag der Homophobie.
Alles ist munter wieder da. Sehr geehrte Frau Matthes, glauben Sie mir bitte: Die Lebenspartnerschaft zwischen zwei Männern ist genauso viel wert wie jede Ehe.