Weiterhin sollten wir in dem Bereich des medizinischen und pflegerischen Personals unsere Kräfte bündeln und vielleicht verstärkt Angebote vor Ort bereitstellen. Das ist eine Aufgabe für die Zukunft.
Entscheidend muss für uns sein, die fachliche Qualifikation der Ärzte und des Personals weiterhin zu erhöhen, wie eben beschrieben. Wir sind auf dem Weg, aber wir haben unser Ziel noch nicht erreicht.
Die Qualifizierung hängt natürlich auch schon von der originären Ausbildung ab, nicht nur von der weiteren Qualifizierung. Das bedeutet, dass das Studium vom Grundsatz her für die Ärzte zu schärfen ist.
In unserem Antrag, zu dem ich um Zustimmung bitte, haben wir niedergeschrieben, dass es eine Pflicht für ein Lehr- und Prüfungsfach im originären Studium der Ärzte werden soll. Das ist eine Forderung, die durchaus begründbar ist. Ich bin den Vorrednern sehr dankbar, dass sie aus einer fachgerechten Diskussion heraus dies einmütig auch so feststellen konnten.
An den sächsischen Universitäten wird die Palliativmedizin in der Ausbildung in den verschiedenen Fachgebieten behandelt und auch als Lehrfach sichergestellt. So stehen den Medizinstudenten der Medizinischen Fakultät Dresden verschiedene Grundkurse zur Verfügung, die palliativmedizinische Schwerpunkte enthalten. Weiterhin wird auch das Fach Palliativmedizin als Wahlfach im zweiten Abschnitt der ärztlichen Prüfung angeboten. Ähnliches gilt für die medizinische universitäre Ausbildung in Dresden. So wird dort in allen klinischen Fächern sowie in Vorlesungen und Seminaren im Unterrichtsfach am Krankenbett auf die entsprechenden Lehrinhalte eingegangen. Ferner ist es in den mündlichen Prüfungen zu berücksichtigen. Ebenso wird in Dresden die Palliativmedizin als Wahlfach angeboten, ein Fach, das von den Studenten zunehmend angenommen wird.
Neben der universitären Ausbildung bietet eine Vielzahl der Hospizdienste Praktika an. Auf Facharztabschnitte und ähnliche Fortbildungen ist zu reflektieren. Sie sind weiterhin auszubauen und zu fundamentieren und dementsprechend palliativ zu untersetzen. Das ist ein Gerüst, auf das wir in der Zukunft sehr gut aufbauen können.
Wir müssen erreichen, dass die Ausbildung in der Palliativmedizin im Freistaat Sachsen einen gleichen Stellenwert wie in den anderen angrenzenden europäischen Ländern erhält. Da haben wir noch einiges zu tun. Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, ist die stete Fort- und Weiterbildung aller Beteiligten. Durch den Erwerb der entsprechenden Zusatzqualifikationen wird es immer mehr Aufgabe der Ärzte und Pflegekräfte sein, den Betroffenen die Hilfe stärker zugute kommen zu lassen, um in der letzten Lebensphase begleitend zu wirken und natürlich auch angemessen dementsprechend am Patienten agieren zu können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit möchte ich zum Schluss kommen. Sie sehen, in Sachsen ist schon viel erreicht worden. Auf der anderen Seite liegen noch sehr große Aufgaben vor uns, die wir nur gemeinsam bewältigen können. Wir werden mit dem vorliegenden Antrag einen weiteren Schritt nach vorn gehen. Ich bitte nochmals um Zustimmung.
Wird von den Fraktionen weiter das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann bitte ich jetzt Frau Staatsministerin Orosz.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Das sächsische Sozialministerium, Vertreter der Liga der Spitzenverbände der freien Wohlfahrt, die Hospizträgereinrichtungen und die Landesarbeitsgemeinschaft Hospiz Sachsen haben gemeinsam die Konzeption zur Hospiz- und Palliativarbeit im Freistaat Sachsen erarbeitet, die uns jetzt als Broschüre vorliegt. Die Konzeption enthält unter anderem die wesentlichen Schwerpunkte für die Weiterentwicklung der Hospizarbeit und die Palliativversorgung in Sachsen. Es ist ja schon viel von meinen Vorrednern dazu gesagt worden. Lassen Sie mich aber noch kurz auf einige Schwerpunkte eingehen.
Zunächst zu den bereits vorhandenen Einrichtungen: In Sachsen gibt es derzeit 34 ambulante Hospizdienste, ein nahezu flächendeckendes Netz ambulanter Hospizangebote. Dieses Netz wird sich in den Jahren weiter verdichten, denn die meisten Menschen – das ist ja unisono heute vorgetragen worden – wünschen sich natürlich, zu Hause und in Ruhe und in Geborgenheit sterben zu können. Deshalb streben auch wir an, überall in Sachsen möglichst wohnortnahe ambulante Angebote zu schaffen. Wir setzen auch hier, in der Hospizarbeit, auf unseren Grundsatz „ambulant vor stationär“.
Daneben brauchen wir natürlich auch stationäre Angebote. Derzeit arbeiten in Sachsen bekanntermaßen vier Hospize mit 56 Plätzen. Das neu entstehende in Herrnhut hat meine Kollegin Nicolaus schon erwähnt. Ein bedarfsgerechter Ausbau der stationären Hospizstruktur in weiteren Einzugsbereichen ist vorgesehen. Deshalb wurde auch die Richtlinie zur Förderung von Hospizeinrichtungen bearbeitet, neu gefasst und bereits verabschiedet.
Allerdings – auch das lassen Sie mich noch einmal erwähnen – sterben die meisten Menschen, wie gesagt, nach wie vor weder zu Hause noch im Hospiz, sondern in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Auch hierauf müssen wir reagieren.
Daraus folgt, dass wir uns – und damit komme ich zum zweiten Punkt – auch in der Palliativmedizin und in der Palliativbetreuung weiter starkmachen müssen. Auf diesem Gebiet sind wir in der Tat in den vergangenen Jahren einen großen Schritt vorangekommen. Palliativbetreuung gehört zunächst einmal zu den regulären Aufgaben eines jeden Krankenhauses. Darüber hinaus sind zur Sicherung einer spezialisierten Versorgung in ausgewählten sächsischen Krankenhäusern Palliativstationen entstanden.
Frau Herrmann, ich darf noch einmal auf Ihre Befürchtung eingehen, dass in der Tat für die Leistungen auf diesen Stationen die DRGs im Moment nicht die realistische Finanzierung abbilden. Es gibt einige besorgniserregende Kritiken. Wir sind, wie Sie wissen, in der Konvergenzphase der DRGs, die 2009 ausläuft. Ich hoffe, dass
die berechtigten Kritiken zu diesem Thema nach Auslaufen der Konvergenzphase aufgenommen werden und dass wir dort auch eine bessere Situation bei der Finanzierung erhalten.
Aber die Infrastruktur ist ja nur das eine. Sterben kann nicht geheilt werden. Die Palliativmedizin setzt auf Linderung, nicht auf Heilung. Das, meine Damen und Herren, erfordert aus meiner Sicht auch einen Perspektivwechsel beim Arzt und bei den Pflegenden, der nicht unbedingt selbstverständlich gelingen wird. Deshalb brauchen wir eine darauf abgestimmte differenzierte und verbesserte Qualifikation aller beteiligten Fachkräfte.
Es ist schon ausgeführt worden: Auch da sind wir auf einem guten Weg. Dresden und Leipzig bieten in der studentischen Ausbildung schon einiges. In der Tat wurde gerade die Bundesratsinitiative vertagt, nach der Palliativmedizin als Pflichtlehr- und Prüfungsfach in der Approbationsordnung für Ärzte verankert werden sollte. Der Grund für diese Vertagung liegt vor allem in der erst kürzlich geänderten Ärzteapprobationsordnung. Aber ich kann Ihnen versichern, dass wir uns nach wie vor dieses Themas annehmen und dafür Sorge tragen, dass es nicht mehr auf die längere Bank geschoben wird und wir hier ein Stück weiterkommen.
Herr Wehner, ich darf Ihnen in diesem Zusammenhang sagen, dass die entsprechende Weiterbildungsverordnung, die Sie vorhin in Ihrem Redebeitrag angesprochen haben und die in der Tat schon etwas älter ist, vor ungefähr 14 Tagen von mir unterzeichnet worden ist und bei der nächsten Gelegenheit zur Veröffentlichung gelangt.
Mein dritter Punkt betrifft den ambulanten palliativmedizinischen und palliativpflegerischen Bereich. Derzeit gibt es in Sachsen neun ambulante Hospizdienste, die eine Palliativberatung für betreuende Angehörige und zur Unterstützung des ambulanten Pflegedienstes sowie der Haus- und Fachärzte anbieten. Außerdem sind in diesem Bereich die Modelle zur sogenannten Brückenbetreuung zu nennen. Bei dieser Brückenbetreuung erleichtert eine entsprechende medizinische und pflegerische psychosoziale Begleitung individuell den Übergang von der stationären in die häusliche Betreuung. In Dresden läuft dieses hervorragende Brückenmodell mit Erfolg zum einen für Kinder, ausgehend vom Universitätsklinikum, zum anderen für Erwachsene, ausgehend vom Krankenhaus Sankt Joseph-Stift.
Ich hoffe, dass sich diese Modelle, die sich bereits jetzt bewährt haben, auch flächendeckend ausdehnen. Die Finanzierung der Kassen ist schon sichergestellt.
Ein Brücken-Schwesternmodell gibt es im stationären Hospiz Villa Auguste in Leipzig und am Klinikum Erlabrunn. Auch hier sind weitere Modelle geplant. Ich glaube, an der Stelle sagen zu können: Das Verständnis für diese neu ausgerichtete Palliativmedizin und pflegerische Leistung ist bei den Verantwortungsträgern angekommen. Ich bin sehr dankbar, dass man diese Dinge innovativ begleitet.
Neben diesen Projekten gibt es noch andere Organisations- und Umsetzungsformen, die speziell auf palliativmedizinische Angebote ausgerichtet sind. Ich nenne zum Beispiel die ambulanten Hospiz- und Palliativberatungsdienste, die ambulanten Hospiz- und Palliativpflegedienste, die ambulanten Palliativdienste, sogenannte PalliativCare-Teams und palliativmedizinische Konsiliardienste, also ein buntes Feld von tatsächlich adäquaten Leistungen für besonders sensible Fälle.
Eine flächendeckende Versorgung ist in diesem Bereich jedoch tatsächlich noch nicht erreicht, wird aber auch aus Sicht der Staatsregierung für dringend erforderlich gehalten.
Seit dem 1. April 2007 wird die spezialisierte ambulante Palliativversorgung als Kassenleistung anerkannt. Das wird sich auch auf den weiteren Ausbau solcher Angebote positiv auswirken.
Der vierte und letzte Punkt betrifft die Vernetzung. Ich bin überzeugt, dass wir nur dann einen wirklichen Qualitätsfortschritt machen können, wenn es uns gelingt, das Versorgungssystem insgesamt zu vernetzen und aufeinander abzustimmen. Unsere Anstrengungen zielen auf ein Versorgungssystem, in dem die unterschiedlichen ambulanten und stationären Leistungsbereiche der hospizlichen und palliativmedizinischen Betreuung sowie alle Bereiche der Pflege und die niedergelassenen Ärzte zusammenarbeiten. Besonderes Augenmerk richten wir dabei auf die ambulante Kinderhospizarbeit und die pädiatrische Palliativversorgung, um Kindern und Eltern den unendlich schweren letzten Weg zumindest durch die äußeren Umstände zu erleichtern.
Abschließend noch zur Frage nach einem Hospiz- und Palliativbeauftragten in Sachsen. Das SMS ist gerade dabei, einen thematischen Facharbeitskreis zur Weiterentwicklung der Hospiz- und Palliativarbeit im Freistaat Sachsen ins Leben zu rufen. In diesem Arbeitskreis sollen neben meinem Haus die Liga der Freien Wohlfahrtsverbände, die Landesarbeitsgemeinschaft Hospiz Sachsen und andere thematisch zugehörige Einrichtungen und Institutionen zusammenwirken.
Ziel dieser Plattform ist eine kontinuierliche Fachzusammenarbeit am Thema. Ziel ist auch, die eben angesprochene Vernetzung voranzutreiben. Das Gremium wird darüber hinaus die Aufgabe haben, das Thema Sterbearbeit positiv zu kommunizieren. Aus unserer Sicht ist deshalb die zusätzliche Berufung eines Hospiz- und Palliativbeauftragten für den Freistaat Sachsen nicht erforderlich.
Ich rufe nun das Schlusswort auf. Das erste Schlusswort hat die Koalition, danach folgt die Linksfraktion.PDS.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, die Debatte hat gezeigt, dass dieses – auch wenn es noch kein Mehrheitsthema in dieser Gesellschaft ist – ein sehr wichtiges und von uns zu bearbeitendes Thema ist.
Ich beginne mit dem Antrag der Linksfraktion.PDS. Ich denke, dass die dort geforderten Punkte a) die Konzeption, zu der gesagt wurde, dass sie inzwischen vorliegt und b) was den Bericht betrifft, sowohl mit dem schriftlichen Bericht als auch mit dem, was die Ministerin heute hier gesagt hat bzw. was an Diskussionen war, erledigt sind.
Wir haben weiterhin die beiden anderen Anträge von uns, in denen es schwerpunktmäßig um die Problematik „Palliativmedizin als Pflichtlehr- und Prüfungsfach im Medizinstudium“ geht. Ich denke, hier hat die Debatte gezeigt, dass man das natürlich nicht übers Knie brechen kann, dass man das – ich hatte es angedeutet – im Kontext dessen, was Medizinstudenten heute alles zu lernen haben, sehen muss. Es ist aber durchaus an der Zeit, sich dieser Thematik wieder anzunehmen, auch wenn im Bundesrat an dieser Stelle erst einmal eine Verschiebung beantragt wurde und der niedersächsische Antrag entsprechend ruht. Aber wir haben ja unsere eigenen Vorstellungen. Wir sind bereit, für unsere eigenen Vorstellungen einzutreten.
Wichtig ist es, auf die gesamte Vernetzung hinzuweisen. Die Ministerin hatte das, glaube ich, als letzten Punkt angesprochen.
Wir müssen uns aber über eines im Klaren sein: Wenn wir heute diese wunderschönen hehren Ziele formulieren, dann kann es nicht sein, dass wir uns in der übernächsten Landtagssitzung darüber beklagen, dass das alles Geld kostet. Das eine ist, dass wir die Menschenwürde in entsprechender Weise begleiten wollen. Wir haben das in der Debatte über die Altenpflege sehr deutlich gesagt, ich möchte es auch heute wiederholen: Wir stehen zu diesem Anspruch als Koalition, wir stehen aber auch dazu, dass das nicht nebenbei mit irgendeinem kleinen Förderprogramm zu machen ist. So einfach ist das nicht.
Einen Satz zu Ihrem Änderungsantrag. In der Koalition gibt es unterschiedliche Meinungen dazu, ob man es auf diese Art und Weise machen kann. Die Koalition wird deshalb diesem Änderungsantrag nicht folgen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Gerlach, ich stimme Ihnen zu: Unser Antrag hat sich durch die Stellungnahme der Staatsregierung, durch die Vorlage der Konzeption, durch die Veröffentlichung der Richtlinie und durch den heute abgegebenen Bericht der Staatsministerin erledigt.
Ich möchte aber die Gelegenheit nutzen, mich für die sehr sachliche und würdevolle Debatte herzlich zu bedanken, und den Dankesäußerungen anschließen, die von Frau Nicolaus, Herrn Gerlach und vielen anderen gekommen sind.
Ich möchte all jenen danken, die auf dem schwierigen Weg der Sterbebegleitung beteiligt sind und dort eine sehr aufopferungsvolle Arbeit leisten. Meine Damen und Herren, glauben Sie mir, ich habe persönliche Erfahrungen und weiß, was dahintersteckt.