Protokoll der Sitzung vom 07.06.2007

Ihre Haltung zu unserem Änderungsantrag kann ich nicht verstehen. Ich finde es sehr schade, dass Sie immer auf die Parteiebene abstellen. Hier geht es doch um das Thema, das wir zu bewältigen haben. Die Pflege wird in allererster Linie von den Pflegekräften geleistet und diesen Personenkreis gilt es zu qualifizieren – natürlich auch die Ärzte. Dass Sie das mit unserem Änderungsantrag insoweit nicht gesehen haben, ist schade. Sie sollten die Gelegenheit nutzen, in sich zu gehen und Ihre Haltung noch einmal zu überdenken. Wenn die Ministerin heute hier erklärt, dass entsprechende Weiterbildungsordnungen auf den Weg gebracht worden sind, wenn Sie, Frau Nicolaus, aufmerksam zugehört haben, dann bleibt Ihnen gar nichts anderes übrig, als diesem, unserem Änderungsantrag zuzustimmen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und vereinzelt bei der FDP sowie Beifall der Abg. Elke Herrmann, GRÜNE)

Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Änderungsantrag der Linksfraktion.PDS in Drucksache 4/8982. Herr Abg. Wehner, wollen Sie dazu noch einmal sprechen? – Er ist jetzt so

eingebracht. In Ordnung. Wünscht noch jemand aus den Fraktionen zum Änderungsantrag zu sprechen? – Das ist nicht der Fall.

Ich lasse abstimmen über den Änderungsantrag der Linksfraktion.PDS, Drucksache 4/8982. Wer dieser Drucksache die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer Stimmenthaltung und Stimmen dafür ist der Antrag mit Mehrheit abgelehnt worden.

Ich lasse abstimmen über den Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD in Drucksache 4/5951. Wer die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Ich sehe Einstimmigkeit. Damit ist der Antrag beschlossen.

Ich lasse abstimmen über die Drucksache 4/6008, Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme?

(Zurufe von der CDU)

Ist etwas schiefgelaufen? – Ich habe zwei Anträge vorliegen. Das können wir aber noch korrigieren. Herr Lehmann, bitte schön.

Frau Präsidentin! Ich gehe davon aus, dass die Redner der Koalition deutlich gemacht haben, dass der Antrag in Drucksache 4/6008 nach § 37 Abs. 3 der Geschäftsordnung als erledigt zu betrachten ist.

Gut, dann habe ich es sicherlich so nicht verstanden und ich bitte um Entschuldigung. Dann brauchen wir über den Antrag in Drucksache 4/6008 nicht abzustimmen. Über die Drucksache 4/8045 wurde ebenfalls keine Abstimmung gewünscht. Ist jetzt alles korrekt?

(Kerstin Nicolaus, CDU: Alles in Ordnung!)

Ich sehe, es ist Ruhe im Raum.

(Heiterkeit bei der CDU und der FDP)

Damit kann ich den Tagesordnungspunkt beenden.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 4

Aussetzung des Anbaus von gentechnisch verändertem Mais der Linie MON 810 bis zum Jahre 2010 – gv-Mais-Moratorium

Drucksache 4/8809, Antrag der Linksfraktion.PDS

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde lautet: Linksfraktion.PDS, CDU, SPD, NPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Staatsregierung, wenn gewünscht.

Ich erteile nun der einreichenden Linksfraktion.PDS das Wort. Frau Abg. Altmann, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am vergangenen Sonntag waren in und um Rostock Tausende Menschen, darunter

viele Landwirte, zum Agraraktionstag im Rahmen der G8Proteste auf der Straße.

(Heinz Lehmann, CDU: Da war der schwarze Block unterwegs!)

Waren Sie dabei? – Ich war dabei. Wenn Sie dabei gewesen wären, würden Sie nicht solche dummen Fragen stellen.

(Rita Henke, CDU: Er hat keine Frage gestellt!)

Hören Sie mir einfach weiter zu!

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS – Zurufe von der CDU)

Wenn er dabei gewesen wäre, hätte er das nicht sagen müssen. – Diese Menschen kamen aus Europa, aus Lateinamerika, aus Asien und aus Afrika. Jetzt hören Sie genau zu: Mit Musik und Straßentheater, mit Traktoren und Fahrrädern demonstrierten sie dort für Ernährungssouveränität und eine stabile Entwicklung ländlicher Räume in allen Teilen der Welt statt monopolisierter Produktion und Freihandel mit Lebensmitteln.

Durch alle Redebeiträge und Diskussionen zog sich wie ein roter Faden die Frage: Kann die Anwendung von gentechnisch veränderten Nutzpflanzen einen Beitrag zur Erreichung dieser Forderung leisten? Die Antwort war eindeutig Nein, keinen einzigen, im Gegenteil. Statt einen Beitrag zur Eindämmung oder gar zur Beseitigung des Welthungers zu leisten, wird die Anwendung von Gentechnik in der Landwirtschaft Millionen Bauern weltweit in die Abhängigkeit einer Handvoll Saatgutkonzerne treiben. Nicht nur die Bauern in Lateinamerika, in Asien oder in Afrika, sondern auch größere, weitgehend stabilere landwirtschaftliche Unternehmen in Sachsen sind davor nicht sicher, wenn sie sich auf diese vermeintliche Zukunftstechnologie einlassen.

(Beifall der Abg. Kathrin Kagelmann, Linksfraktion.PDS)

Mit den Landwirten kann somit die Bevölkerung ganzer Länder ihre Ernährungssouveränität verlieren, wenn wir den schlimmsten Fall annehmen. Zusätzlich zu diesen Risiken ist bisher völlig unzureichend geklärt, welche Auswirkung gentechnisch veränderte Organismen, wie zum Beispiel Mais der Linie MON 810, auf die menschliche Gesundheit, die Umwelt oder auf andere Lebewesen als den zu bekämpfenden Maiszünsler oder auf den Boden haben.

Ebenso ist nicht geklärt, ob das Toxin, welches der MON810-Mais bildet, in die Nahrungskette geraten kann. Zumindest diese Erkenntnis zu den Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt scheint inzwischen bei einigen Landratsämtern, Verwaltungsgerichten, Landesregierungen, verschiedenen Bundesinstitutionen bis hin zu Bundeslandwirtschaftsminister Seehofer gereift zu sein. Diese Risiken werden nicht mehr nur von Umweltverbänden und anderen Kritikern der grünen Gen

technik, wie der Linksfraktion.PDS im Sächsischen Landtag, gesehen.

Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen dafür einige Beispiele nennen. Auf Weisung des brandenburgischen Landwirtschaftsministers forderte der Landkreis Märkisch-Oderland einen Bauern auf, seinen in einem Naturschutzgebiet wachsenden Genmais unterzupflügen.

Zu der speziellen Thematik Genmais in Naturschutz- und FFH-Gebieten usw. wird meine Kollegin Kathrin Kagelmann in einem weiteren Redebeitrag sprechen.

Das Verwaltungsgericht Augsburg gab der Klage eines Bio-Imkers statt. Dieser stellte bereits 2005 in den Pollen, die seine Bienen gesammelt hatten, Erbgut von genmanipuliertem Mais fest. Das Verwaltungsgericht verpflichtet nun die bayerische Landwirtschaftsverwaltung, für 2007 eine solche Verunreinigung zu verhindern. In der Urteilsbegründung hebt es darauf ab, dass Honig, der Pollen von Maispflanzen der Linie MON 810 enthalte, ein genetisch verändertes Lebensmittel im Sinne der einschlägigen EU-Verordnung ist. Damit ist er weder verkehrs- noch verbrauchsfähig.

Nicht zuletzt hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit die Firma Monsanto Europe mit Bescheid vom 27.04.2007 angewiesen, ein umfassendes Beobachtungsprogramm für alle beantragten MON810-Flächen vorzulegen. Das Bundesamt begründet die Entscheidung mit neuen oder zusätzlichen Informationen auf der Grundlage neuer oder zusätzlicher wissenschaftlicher Erkenntnisse, die Auswirkungen auf die Risikobewertung haben und berechtigten Grund zu der Annahme geben, dass der Anbau von MON 810 eine Gefahr für die Umwelt darstellt. Daraus ergebe sich die Notwendigkeit einer eingehenderen Überwachung, als es bisher der Fall ist. Monsanto lässt nämlich Landwirte, die diesen Mais anbauen, bisher lediglich Fragebögen ausfüllen, in denen allgemeine Anbaudaten sowie verschiedene andere Parameter abgefragt werden. Diese Fragebögen seien zwar nützliche Instrumente für eine rein visuelle Erfassung agrochemisch relevanter Aspekte; sie seien jedoch nicht geeignet, statistisch auswertbare Daten zur Umweltwirkung auf Agrarflächen und deren Umgebung, zum Beispiel auf Nichtzielorganismen, zu liefern. Fragebögen stellten somit ein ergänzendes Element dar, könnten aber ein Monitoring nach der entsprechenden EU-Richtlinie nicht ersetzen.

Meine Damen und Herren! Selbst nach Angaben der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft liegt zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu den Auswirkungen auf Flora und Fauna, auf den Boden sowie für die Festlegung der Sicherheitsabstände zwischen den Feldern, auf denen BtMais und konventioneller Mais angebaut wird, keine ausreichende Datenbasis vor. Diese Einschätzung hat das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz veranlasst, ein für die Jahre 2006 bis 2010 angelegtes Forschungsprogramm in Auftrag zu geben, um genau diese Datenbasis zu schaffen.

Als Ergebnis der von mir eben geschilderten Entwicklung erleben wir auch hier in Sachsen eine sonderbare Situation: Auf der einen Seite haben wir die Naturschutzverbände. Sie bestehen auf einem Unterpflügen der bereits heranwachsenden Maiskulturen dieses Jahres. Aus der Sicht der Naturschutzverbände als außerparlamentarische Interessenvertretung ist diese Forderung völlig legitim, und wir unterstützen die Forderung der Umweltverbände, weisen diese doch seit Jahren auf die ungeklärten Anbaurisiken hin. Auf der anderen Seite haben wir die Landwirte, die Mais der Linie MON 810 anbauen – manche seit Jahren. Sie vertrauten auf die Entscheidung der zuständigen Bundesbehörde; schließlich war der kommerzielle Anbau dieser Maissorte seit 1998 EU-weit genehmigt.

Im Juni 1999 beschloss dann der EU-Ministerrat, dass der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen durch Beobachtungsprogramme zu begleiten ist. Gleichzeitig waren bestehende Genehmigungen ohne Monitoring bis zum 17. Oktober des vergangenen Jahres begrenzt, und das, meine Damen und Herren, wusste Monsanto, und das wusste auch das BVL sehr genau. Warum auch immer, beide spielten auf Zeit – wie sich heute zeigt, zulasten der Agrarbetriebe und des Naturschutzes gleichermaßen. Die Linksfraktion findet beides äußerst unverantwortlich.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Für die konkrete Situation stellt sich nun allerdings die Frage: Wie kann dieses Knäuel für uns in Sachsen sinnvoll entwirrt werden? Die Antwort, meine Damen und Herren, finden Sie im vorliegenden Antrag der Linksfraktion. Unserer Auffassung nach kann aus dem Landtag heraus eben nicht die Forderung nach Unterpflügen der bisherigen Maiskulturen gestellt werden. Sollte dies allerdings aus Sicherheitserwägungen doch notwendig sein, ist dazu ein rechtsstaatliches Verfahren notwendig, in dem dieses Unterpflügen von den zuständigen Behörden über Bundes-, Landes- und Landkreisebene angeordnet wird.

Darum fordert unser vorliegender Ursprungsantrag nicht mehr, aber auch nicht weniger, als dass die Staatsregierung

erstens – sich gemeinsam mit den anderen interessierten Bundesländern über den Bundesrat sowie unmittelbar bei der Bundesregierung für die Aussetzung des Anbaues von Mais der Linie MON 810 einsetzt, bis die Ergebnisse des von mir vorhin genannten Forschungsprogramms vorliegen,

zweitens – sich im Genehmigungsverfahren als zuständige Landesbehörde gegenüber dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit gegen die weitere Freisetzung und das In-Verkehr-Bringen von MON-810-Mais ausspricht und

drittens – bei den Landwirten, die weiterhin daran interessiert sind, diesen Mais anzubauen, darauf hinwirkt, dass sie zumindest so lange auf den Anbau verzichten, bis die Ergebnisse des Forschungsprogramms vorliegen. Dabei sollen die Landwirte insbesondere auf die unerforschten

Risiken und Gefahren des Anbaues sowie auf mögliche Haftungsrisiken hingewiesen werden.

Meine Damen und Herren! Aus unserer Sicht gibt es zu dieser Herangehensweise keine vernünftige Alternative; denn auch wenn Monsanto ein Beobachtungsprogramm vorlegt, bestehen doch die Probleme weiter. Es fehlen wissenschaftliche Grundlagen über das Was und Wie der Beobachtung. Diese sollen erst mit dem besagten Forschungsprogramm geschaffen werden.

Also, meine Damen und Herren, stimmen Sie unserem Antrag zu! Damit geben Sie der Staatsregierung und ganz speziell Staatsminister Tillich die Möglichkeit, ihre Verantwortung wahrzunehmen, die sich aus der geänderten Risiko- und Sicherheitsbewertung für den Anbau und das In-Verkehr-Bringen von MON-810-Mais ergibt. Herr Tillich – – Herr Tillich?