Herr Tillich, wir sagen Ihnen ganz deutlich: In der entstandenen Situation haben Sie als Staatsminister natürlich eine Verantwortung sowohl gegenüber den Verbrauchern als auch gegenüber den Landwirten sowie gegenüber Natur und Umwelt.
Meine Damen und Herren! Zu unserem eigenen Änderungsantrag werde ich später sprechen. Ich bedanke mich erst einmal für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Linksfraktion hat unter der Drucksachennummer 4/8809 einen im Grunde in sich unschlüssigen Antrag vorgelegt.
(Widerspruch bei der Linksfraktion.PDS – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Noch mal lesen!)
Warum, das werde ich Ihnen gleich begründen. Allerdings, dass wir das Thema Pflanzenbiotechnologie in diesem Hohen Hause wieder einmal diskutieren, halte ich für gut. Ich finde aber, wir sollten es unter Betrachtung von Risiken und Chancen diskutieren und nicht als Einbahnstraße einer Pauschalablehnung.
Zu den einzelnen Punkten des Antrages: Unter 1. fordern Sie, den Anbau von gentechnisch verändertem Mais so lange auszusetzen, bis das von Frau Altmann angesprochene Forschungsprogramm des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, kurz: BMELV, Ergebnisse über mögliche Gefahren gebracht
hat. Nochmals zum Verständnis: Der Anbau soll so lange ausgesetzt werden, bis Erkenntnisse vorliegen, die aber nur durch den Anbau gewonnen werden können. Also, das ist in sich wirklich unschlüssig.
Unter 2. fordern Sie den Landtag auf, sich für ein generelles Verbot des Freisetzens und In-Verkehr-Bringens von gentechnisch verändertem Mais einzusetzen. Noch einmal zur Erinnerung: Unter 1. sollte der Anbau ausgesetzt werden, bis Ergebnisse vorliegen. Das heißt doch, wenn Sie den zweiten Punkt Ihres Antrages ernst meinen, hätten Sie sich den ersten Punkt gänzlich sparen können. Wenn Sie, wie unter 1., nur ein zeitlich begrenztes Aussetzen des Anbaues anstreben, macht allerdings Punkt 2 wiederum keinen Sinn mehr.
Unter Punkt 3 bringen Sie zum Ausdruck, wie Sie im Grunde die Arbeit der sächsischen Landwirtschaftsbetriebe einschätzen. Glauben Sie bei der augenblicklichen Medienlage und Diskussion wirklich im Ernst, dass es auch nur einen Landwirtschaftsbetrieb in Sachsen geben könnte, der sich vor seiner Anbauentscheidung zu GVO nicht ausreichend und umfassend über dieses Thema informiert? Glauben Sie wirklich, dass erst das Landwirtschaftsministerium sagen muss, worum es dabei geht? Also, ich habe dazu eine andere Meinung.
Unter Punkt 4 des Änderungsantrages sprechen Sie an, dass die Landesbehörde handeln soll. Aber auch dafür braucht man gesicherte Datengrundlagen, wozu Sie selbst sagen, dass diese wohl nicht vorhanden wären. Nur mit konjunktiven Begründungen kann auch eine Landesbehörde diesen Anbau nicht verbieten.
Nicht zuletzt ist die bisher zeitlich begrenzte Zulassung des Anbaus des Mais MON 810 auch ohne den angesprochenen Erlass oder Bescheid im April dieses Jahres ausgelaufen. Sie haben es selbst schon gesagt: Für eine weitere Zulassung ist ein Monitoring der Firma Monsanto notwendig und wenn es dort zu negativen Ergebnissen kommen sollte, wird es auch keine Wiederzulassung geben.
Meine Damen und Herren! Im Grunde geht es der Linksfraktion.PDS mit ihrem Antrag doch darum – da sind wir uns, denke ich, einig –, die generelle Problematik des Anbaus genveränderter Organismen und speziell von BtMais zu thematisieren, was ich durchaus für legitim und notwendig halte. Es gibt zweifellos in der Bevölkerung eine große Verunsicherung, wenn es um das Thema Pflanzenbiotechnologie geht. Wenn man jedoch die Horrorszenarien kennt, die von GVO-Gegnern ohne jegliche Bereitschaft auf eine sachliche Auseinanderset
Wenn gesagt wird, dass eine Mehrheit der Landwirte den Anbau von GVO ablehnt, dann liegt das doch in erster Linie daran, dass sie Angst haben vor Angriffen der GVOGegner auf ihre Betriebe oder ihre Mitarbeiter. Zumindest von diesem Vandalismus sollten sich alle Fraktionen im Landtag distanzieren. Sie haben heute alle die Gelegenheit dazu.
Was ist aber der im Antrag so verteufelte Bt-Mais und das von ihm produzierte Bt-Toxin? Der angesprochene Mais ist in der Lage, ein Toxin zu produzieren, welches in der freien Natur durch das Bodenbakterium Bacillus thuringiensis ebenfalls produziert wird. Dieses Bakterium kommt überall im Boden vor und dieses produzierte BtToxin ist für Säugetiere und Menschen harmlos. Es ist in Bt-Präparaten enthalten, welche seit 1964 in Deutschland als Pflanzenschutzmittel zugelassen sind, und zwar sogar im ökologischen Landbau.
Auch der Anwendungsschwerpunkt dieser Bt-Präparate liegt im ökologischen Landbau. Genau dieses Bt-Toxin produziert auch dieser im Antrag kritisierte Mais, um sich gegen den Maiszünsler zu schützen, welcher in Deutschland pro Jahr Schäden in Höhe zwischen 10 und 12 Millionen Euro – mit steigender Tendenz – verursacht. Dieser Schutz vor dem wohl bedeutendsten Schädling für den Maisanbau wird ohne weitere Anwendung von Pflanzenschutzmitteln erreicht, wobei man dazusagen muss, dass es in Deutschland gar kein zugelassenes Pflanzenschutzmittel für die Bekämpfung des Maiszünslers gibt, sondern nur Ausnahmegenehmigungen für Mittel, die im Grunde in Deutschland verboten sind.
Dabei geht es nicht nur um eine Vermeidung von Ertragsdepressionen, die bis zu 30 % betragen können. Es wird durch Komplementäreffekte auch die Ansiedlung von Fusariosen ausgelöst, die dann Mykotoxine erzeugen, die wirklich hochgiftig sind für Mensch und Tier. Wenn hier Grenzwerte überschritten werden, sind die damit produzierten Nahrungs- oder Futtermittel zu verwerfen. Sie sind auf Deutsch gesagt Sondermüll. Ob dies für die Gesundheit oder für die Umwelt der bessere Weg ist, wage ich zumindest zu bezweifeln.
Meine Damen und Herren, verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich bin voll und ganz der Meinung, dass man bei der Einführung neuer Technologien in allen Bereichen der Gesellschaft mit der höchstmöglichen Sorgfalt zum Schutz von Mensch und Umwelt vorzugehen hat, und wenn es um die Ernährung geht, ganz besonders. Die Standards, die wir dabei in Deutschland haben, gehören bereits zu den höchsten in der Welt. Man sollte aber auch eine realistische Abwägung von Chancen und Risiken zulassen. Der Verbraucher sollte selbst entscheiden
zwischen konventionell, ökologisch oder gentechnisch hergestellten Produkten, was in der Europäischen Union durch Kennzeichnungspflichten geregelt ist.
Verbraucher sind aber nicht nur Nahrungsmittelkonsumenten, Verbraucher sind in zunehmendem Maße die Industrie, die Rohstoffe aus der Landwirtschaft bezieht, und die Biomasseproduktion zur Energiegewinnung, was wir immer wieder fordern. In der Welt werden bereits 100 Millionen Hektar an gentechnisch veränderten Pflanzen angebaut. In der Summe der Jahre ist die EinMilliarden-Hektar-Grenze nicht mehr weit. Ich bin überzeugt, wenn es dabei zu erheblichen Problemen für die Umwelt, zum Beispiel durch das Anreichern des BtToxins, gekommen wäre, welche auf gentechnisch veränderte Pflanzen und nicht auf andere Anbaueffekte zurückzuführen sind, hätten uns dies Umweltverbände längst sehr medienwirksam mitgeteilt.
Der bisherige Anbau von GVO-Pflanzen bezieht sich vor allem auf die erste Generation dieser Organismen, also mit Schädlings-, Krankheits- und Herbizidtoleranz. Wir stehen aber erst am Anfang der Entwicklung. Zukünftig geht es um die Herausbildung bestimmter Qualitätseigenschaften sowie um Trockenheits-, Feuchtigkeits- oder auch Salztoleranz, was in vielen Gebieten der Erde eine große Rolle spielt.
Wir haben in der Welt zurzeit eine weiter wachsende Bevölkerung mit sich vor allem in Schwellenländern ändernden Ernährungsgewohnheiten, was einen überproportional starken Nahrungsmittelbedarf nach sich zieht, wir haben einen schier explodierenden Bedarf an Biomasse für die Energiegewinnung, wir haben aber auch eine zunehmende Tendenz zu Missernten durch Wetterextreme und gleichzeitig eine stetig abnehmende Anbaufläche, wenn man einmal von den in Brasilien stattfindenden Urwaldrodungen absieht. Hinzu kommt, dass wir bereits heute – was allgemein vielleicht gar nicht bekannt ist – Getreidelagerbestände in der Welt haben, die auf einem bedenklichen Tiefstand sind.
Ja, es ist richtig, wir müssen verantwortungsvoll mit der Biotechnologie umgehen. Aber es ist unter den genannten Rahmenbedingungen speziell in Bezug auf den fortschreitenden Klimawandel genauso verantwortungslos, eine Technologie, die entscheidend dazu beitragen kann, die Versorgung mit pflanzlichen Produkten zu stabilisieren, ohne Kompromiss abzulehnen.
Meine Damen und Herren, ich bin der Linksfraktion.PDS für die heute zu diskutierende Thematik durchaus dankbar.
Die CDU-Fraktion des Sächsischen Landtags hat sich auch in der Vergangenheit stets dafür eingesetzt, in der grünen Gentechnik die Chancen zu sehen, ohne die
Risiken zu vergessen. Panik und Ängste, wie von Teilen der Opposition in diesem Haus gegenüber der Bevölkerung geschürt, helfen nicht weiter. Wir werden den Antrag der Linksfraktion.PDS selbstverständlich ablehnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gentechnisch veränderter Mais der Linie MON 810 ist seit Langem umstritten. Durch ein eingebautes Gen ist dieser sogenannte Bt-Mais in der Lage, ein Insektengift zu produzieren, welches die Pflanzen vor dem Maiszünsler schützt. Bt-Mais-Gegner sagen, dass die Folgen nicht abschätzbar seien und neben den Zielinsekten auch noch andere Insekten vergiftet werden können. Außerdem sehen sie in der Ausbreitung der Maispollen eine Gefahr.
Die Vorteile, die Befürworter ins Feld führen, sind: höhere Erträge, Verzicht auf Insektenvernichtungsmittel und damit verbunden eine Umweltentlastung sowie ein wirtschaftliches Plus. Dabei muss man wissen – das hat mein Kollege Schmidt auch schon gesagt –, dass es im Moment kein zugelassenes Insektizid gegen den Maiszünsler gibt und die konventionelle Schädlingsbekämpfung sehr aufwendig wäre.
Derzeit ist Mais der Linie MON 810 die einzige gentechnisch veränderte Pflanze, die in Deutschland zu kommerziellen Zwecken angebaut werden darf. Vor einem praktischen Anbau sind saatguttechnische sowie lebensmittel- und futtermittelrechtliche Anforderungen durch den In-Verkehr-Bringer zu erfüllen. Über die Zulassung von gentechnisch veränderten Pflanzen wird auf europäischer Ebene rechtskräftig entschieden.
Die Prüfung im Bundessortenamt kann erst beginnen, wenn keine Gefahr für Umwelt und Gesundheit von Menschen und Tieren zu erwarten ist, also eine Genehmigung nach dem Gentechnikgesetz vorliegt. Anfang 2006 hat Bundesminister Seehofer als eine seiner ersten Amtshandlungen den Bt-Mais der Linie MON 810 sortenrechtlich zugelassen. Am 27.04.2007 wurde jedoch vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit ein Inverkehrbringungsverbot verfügt. Praktisch aber hat dieses Verbot keine über das Gesetz hinausgehenden Konsequenzen.
Die EU-Freisetzungsrichtlinie, auf deren Grundlage im Jahre 1998 die EU-rechtliche Zulassung von Bt-Mais erfolgte, ist inzwischen durch eine neue EU-Richtlinie abgelöst worden. Die neue Richtlinie schreibt einen Plan zur Beobachtung der Umweltauswirkungen vor. Hier hat der amerikanische Saatguthersteller Monsanto seine Hausaufgaben noch nicht erledigt. Das BVL sieht aufgrund von neuen Informationen und zusätzlichen wissenschaftlichen Erkenntnissen, wie es in dem BVL-Bescheid im April heißt, berechtigten Grund zu der Annahme, dass
der Anbau von MON 810 eine Gefahr für die Umwelt darstellt. Dabei beruft sich das BVL auf Untersuchungen, die in zwei Bereichen Gefahren durch den Anbau von Genmais sehen, und zwar die Wirkungen auf Nichtzielorganismen und die Einlagerung des Bt-Wirkstoffes in den Boden.
Die Naturverträglichkeit des Bt-Maisanbaus ist in mehreren Studien aber nachgewiesen worden. Zum Beispiel belegt eine bayerische Studie zum Monitoring von BtMais aus dem Jahre 2005, dass Bt-Mais naturverträglicher ist als die Bekämpfung des Maiszünslers mit chemischen Insektenvertilgungsmitteln. Außerdem enthält er weniger krebserzeugende Pilzgifte als herkömmlich gezüchteter Mais. Insgesamt hat der BVL-Bescheid mehr zur Verwirrung als zur Klarstellung beigetragen. So müssen sich das Bundesministerium bzw. das BVL fragen lassen, warum man sich auf neue Informationen und Erkenntnisse stützt, die bei näherem Hinsehen bereits vor der sortenrechtlichen Zulassung, die im Jahr 2006 erfolgte, bekannt waren.