Nein, Sie schwingen sich hier auch noch zum Gralshüter der kommunalen Selbstbestimmung und der Demokratie auf. Da kann man eher unsere Lausitzer Wölfe als Schafhirten anlernen, als Sie zum Wächter über das Grundgesetz zu machen.
Meine Damen und Herren! Die Tatsache der Ausschreibung als solche und die Steuerung des Prozesses der Teilprivatisierung ist allein Angelegenheit der demokratisch legitimierten Vertreterinnen und Vertreter der Leipziger Bürgerschaft, und als deren Vertreter sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit: Auf die Ratschläge der NPDLandtagsfraktion können wir – nicht nur in Leipzig – gut und gerne verzichten.
Meine Damen und Herren! Die Stadt Leipzig war eine der Kommunen, die nach 1990 gegen den Einigungsvertrag geklagt und eine Vereinbarung mit den Energieversorgern erreicht haben. Das heißt, wir haben uns das Recht, eigene Stadtwerke zu gründen und zu betreiben, selbst erkämpft. Wir haben danach die Stadtwerke Leipzig gegründet und bereits zweimal teilprivatisiert. Beide Male haben wir die Anteile von RWE wieder zurückgekauft, und ich darf Ihnen hier versichern: Die Stadt Leipzig hat in beiden Fällen kein schlechtes Geschäft damit gemacht.
Warum erzähle ich das hier? All das – die Wiedergründung der Stadtwerke, den zweifachen Verkauf und den zweifachen Rückkauf – haben wir in Leipzig allein hinbekommen. Die Hilfe der NPD haben wir dazu nicht gebraucht.
Auch wenn wir im Leipziger Rat über das Ob und das Wie der Teilveräußerung nicht einer Meinung sind, darf ich Ihnen eines versichern: In der Ablehnung der Einmischung durch die NPD sind wir uns über Fraktionsgrenzen hinweg einig.
(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU, der Linksfraktion.PDS, der SPD und der FDP – Jürgen Gansel, NPD: Das glauben wir Ihnen!)
Sie unterstellen in Ihrem Antrag ein Bestreben der Kommunen, unabhängige kommunale Strukturen zu erhalten oder wiederherzustellen. Leider haben Sie uns nicht verraten, auf welchen Tatsachen diese Behauptung beruht. Die Erfahrungen, die die Kommunen in der Zusammenarbeit mit privaten Partnern gemacht haben oder machen, sind durchaus unterschiedlich. Dies hier über einen Kamm zu scheren ist sachlich völlig unbegründet. Dazu braucht es keine von Ihnen verlangte Gesetzesinitiative oder Finanzhilfen des Landes. Den Stadtwerken des Landes geht es – bis auf einige Ausnahmen – ganz gut. Sie haben ja selbst die Gewinne aufgeführt, die wir in Leipzig mit den Stadtwerken machen.
Die Stadtwerke in Leipzig sind ein gut aufgestelltes Unternehmen. Auch dies haben wir in Leipzig aus eigener Kraft geschafft. Bedarf an Hilfe durch Sie hatten wir weder in der Vergangenheit, und auch für die Zukunft schließe ich aus, dass wir Ihre Unterstützung brauchen.
Zweitens. Die NPD will sich als Wahrer des Selbstbestimmungsrechtes der Kommunen aufspielen. Das taugt noch nicht einmal als schlechter Witz.
Drittens. Ihren Versuch, die Meinungsverschiedenheiten über die Zukunft der Leipziger Stadtwerke zu nutzen, um einen Streit der demokratischen Parteien hier im Landtag oder auch im Stadtrat von Leipzig zu entfachen, können Sie getrost als gescheitert ansehen.
Viertens. Die deutsche und auch die europäische Geschichte lehren uns: Sogenannte nationale Parteien haben noch in keinem einzigen Fall das Selbstbestimmungsrecht von Kommunen gewahrt.
Nicht nur in Deutschland bis 1945 galt, dass der Wille des Führers über dem Recht steht. Ihre Bezüge auf das Selbstbestimmungsrecht der Kommunen sind daher nur scheinheilig.
Fünftens. Auch Ihre europafeindliche Haltung, die in diesem Antrag wieder einmal zum Ausdruck kommt, hat
in der Realität keine Basis. Die Bevorzugung von Gesellschaften, die sich mehrheitlich in kommunalem Eigentum befinden, wird integraler Bestandteil des europäischen Wettbewerbsrechts werden. Die EU setzt hier ein Zeichen für die kommunale Daseinsvorsorge.
Meine Damen und Herren! Weder formal noch inhaltlich kann dem Antrag der NPD entsprochen werden. Er ist einfach nur grottenschlecht.
Von der Staatsregierung wünscht niemand zu sprechen. Dann frage ich, ob es aus den Fraktionen noch Redebedarf gibt. – Herr Apfel, bitte.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Gegensatz zu den etablierten Blockparteien – einschließlich der Pseudosozialisten von der PDS, die sich wieder einmal der Diskussion entziehen, wenn es um Bürgerinteressen geht – vertritt die NPD die Auffassung, dass Infrastrukturbereiche von existenzieller Bedeutung für unser Volk unter nationalstaatlicher und demokratischer Kontrolle verbleiben und dorthin zurückgeführt werden müssen. Das gilt für die Energie- und Wasserwirtschaft wie auch für den Nahverkehr im Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge. Es gilt aber grundsätzlich auch für alle Energieversorgungsnetze, für zentrale Energieversorgungsanlagen und Verbindungen der Trink- und Abwasserwirtschaft, für Straßen, Schienen und Wasserwege sowie für das Postwesen und die festen Einrichtungen der Fernmeldeeinrichtungen.
Diese Forderung gilt umso mehr, da immer deutlicher wird, dass am Ende die Abhängigkeit vom internationalen Kapital als einzige realistische Alternative zur demokratischen, staatlichen oder kommunalen Kontrolle infrage kommt, und fremden Geldvögten wollen wir unsere existenziellen Lebensgrundlagen nicht freiwillig unterwerfen, meine Damen und Herren. Wir sind vor allem dagegen, dass man unter der fadenscheinigen Berufung auf irgendeine momentane Konjunkturlage die demokratische Kontrolle über die Grundlagen eines selbstbestimmten nationalen Lebens aufgibt, sei es auf kommunaler, regionaler oder nationalstaatlicher Ebene, und zwar auch dann, wenn dadurch die Kilowattstunde vorübergehend etwas billiger werden könnte; denn Konjunkturen sind per Definition unbeständig und nicht planbar, während im Gegensatz dazu Nachhaltigkeit und Planungssicherheit das Fundament unserer existenziellen Lebensgrundlagen bilden sollten.
Auf mittlere Sicht werden Weltwirtschaft und Weltpolitik von extremer Energieknappheit geprägt sein, und wer dann nicht durch eigenständige, dezentrale und demokratisch kontrollierte Strukturen vorgesorgt hat, der wird von den Konzernen wie eine Weihnachtsgans ausgenommen. Davor, meine Damen und Herren, möchten wir unser Volk bewahren.
Im Übrigen weise ich darauf hin, dass die bisherige Liberalisierung des Strommarktes keineswegs die Strompreise in Deutschland gesenkt hat. Ganz im Gegenteil: Seit Beginn der Liberalisierung im Jahre 1998, also seit der ersten von der EU erzwungenen Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes, müssen die privaten Haushalte sogar über ein Viertel mehr für ihre Stromrechnung bezahlen. Deswegen sind wir vor allem gegen die Privatisierung bzw. Teilprivatisierung von Stadtwerken; denn dies bedeutet nichts anderes als die Privatisierung von Gewinnen und die Kommunalisierung von Verlusten.
In Zittau beispielsweise gehen 47,73 % des Gewinnes an die städtische Beteiligungs GmbH und 52,27 % an private Gesellschafter. Diesen ist aber laut Vertrag ein Gewinn von 863 320 Euro garantiert. Fällt der Gesamtgewinn niedriger aus, muss die Stadt Geld aus dem Haushalt zuschießen, das heißt, sie macht Verlust.
Wenn andererseits, wie bei den Leipziger Stadtwerken, ein kräftiger Gewinn zu verzeichnen ist, 54 Millionen Euro vor Steuern, ist es ein Diebstahl am Bürger, wenn dieses Geld zu 50 %, wie bei der vorgesehenen Teilprivatisierung, in die internationalen Kapitalmärkte fließen soll; denn die Stadtwerke sind von den Leipziger Bürgern bezahlt worden und gehören somit ihnen.
Wenn die erhobenen Gebühren so angesetzt werden, dass ein Reingewinn entsteht, so handelt es sich dabei im Prinzip – bis auf Abschreibungen und die betriebsnotwendige Verzinsung des Kapitals – um nichts anderes als eine Steuer. Wird diese zur Querfinanzierung anderer wichtiger kommunaler Vorhaben verwendet, bleibt die entsprechende Kaufkraft in der Stadt und sichert städtische Arbeitsplätze. Wird sie hingegen in den internationalen Kapitalkreislauf geleitet, bedeutet dies für die Stadt einen ständigen Aderlass an Kauf- und Investitionskraft.
Was die Leipziger Stadtwerke betrifft, will ich noch Folgendes feststellen: Wir sind gegen jede Form von Privatisierung der Stadtwerke und bedauern, dass von den angeblichen Privatisierungsgegnern im Stadtrat, vor allem auch von der Linksfraktion.PDS, so wenig Widerstand geleistet wird.
Nachdem die Teilprivatisierung nun aber leider beschlossen ist, sollte zumindest an dem anvisierten Bieterkonsortium von Verbundnetz Gas AG und Sachsen LB festgehalten werden, denn diese Unternehmen haben beide wenigstens ihren Stammsitz in Leipzig und haben beide eine starke kommunale Verankerung. Doch selbst diese Lösung scheint gefährdet, da der LVV-Vorsitzende HansJoachim Klein nicht nur Mitglied der Ausschreibungskommission, sondern auch noch Mitglied des Aufsichtsrats der VNG ist. Damit ist Herr Klein einerseits Vertreter des Bieters, andererseits Vorstandsvorsitzender der Holding, der die zu verkaufenden Stadtwerkeanteile
Meine Damen und Herren, will man so ganz bewusst den Einspruch der EU-Kommission provozieren, oder wird hier nur ein weiterer Pferdefuß der inzwischen ruchbar gewordenen Leipziger Korruptionsgesellschaft sichtbar? Beide Möglichkeiten sind in hohem Maße beunruhigend, und genau deshalb bitten wir um Ihre Unterstützung zu unserem Antrag.
Ein Geschäftsordnungsantrag nach § 83 Abs. 1 der Geschäftsordnung: Feststellung der Beschlussfähigkeit.
Meine Damen und Herren! Ich bitte die Parlamentarischen Geschäftsführer zu mir und unterbreche für einige Minuten.
Meine Damen und Herren, ich stelle die Beschlussfähigkeit fest. Wir können in der Beratung fortfahren.