Protokoll der Sitzung vom 07.06.2007

Meine Damen und Herren, ich stelle die Beschlussfähigkeit fest. Wir können in der Beratung fortfahren.

(Holger Apfel, NPD: Wie viele sind es denn?)

Ich habe soeben 65 gezählt.

(Jürgen Gansel, NPD: Es sind aber „Kollegen“ nachgekommen!)

Es sind aber inzwischen mehr.

(Holger Apfel, NPD: 65 von 124!)

Wir können in der Beratung fortfahren. Ich hatte die NPD gefragt; ein Schlusswort war nicht gewünscht. Wir waren kurz vor der Abstimmung. Also stelle ich die Drucksache 4/8343 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Danke schön. Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen, Stimmen dafür. Der Antrag ist dennoch mehrheitlich abgelehnt worden und der Tagesordnungspunkt 5 kann beendet werden.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, ich sage es nicht gern, aber ein bisschen ernst sollten Sie sich auch nehmen.

Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 6

Sächsische Bundesfernstraßenprojekte vorfinanzieren

Drucksache 4/8830, Antrag der Fraktion der FDP

Hierzu können selbstverständlich die Fraktionen Stellung nehmen. Es beginnt die einreichende Fraktion der FDP. Danach die Fraktionen in der gewohnten Reihenfolge. – Bitte, Herr Morlok, Sie haben das Wort.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Alles betonieren, ist gut gegen Unkraut!)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sind konfrontiert mit erheblichen Mittelkürzungen des Bundes für den Bau von Bundesfernstraßen. Wichtige Verkehrsinfrastrukturschwerpunkte in Sachsen bleiben daher auf der Strecke. Herr Prof. Bolick, Sie haben bereits vor einigen Wochen dazu Stellung genommen. Sie haben gesagt – ich zitiere –: „Minister Tiefensee lässt Sachsen bei den Verkehrsprojekten im Regen stehen.“ Richtig, Ihre Aussage. Des Weiteren haben Sie gesagt: „Herr Tiefensee koppelt den Osten von der Entwicklung einer leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur ab.“

Wiederum richtig, Herr Prof. Bolick. Nur reicht es nicht, Herr Prof. Bolick, die Situation zu beklagen. Wir als gewählte Abgeordnete sind aufgerufen, die Probleme zu

lösen. Beklagen allein ist viel zu wenig, ist vollkommen unzureichend.

(Beifall bei der FDP)

Insgesamt sind von der aktuellen Mittelkürzung sieben Projekte betroffen, sieben Projekte mit einem Gesamtfinanzierungsvolumen von 122 Millionen Euro, sieben Projekte, für die der Baubeginn im Jahr 2007 geplant war und die aufgrund der Mittelkürzung von Herrn Tiefensee nun auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben sind. Ich will die Projekte nicht im Einzelnen aufführen, ich will nur ein paar Beispiele nennen:

Es handelt sich zum einen um die B 96, Westtangente Bautzen. Hiermit soll die Stadt Bautzen dringend von dem Schwerlastverkehr durch die Stadt entlastet werden.

Weiteres Beispiel ist die B 98, Ortsumgehung in Bischofswerda. Hier haben wir das Problem, dass es zwei Eisenbahnunterführungen mit einer relativ geringen Höhe gibt mit der Folge, dass Lkws dort nicht durchfahren können und diese dann in die Wohngebiete in den Nachbarorten ausweichen. Das ist ein untragbarer Zustand. Ich

weiß nicht, ob der Kollege Brangs noch im Hause ist. Ich sehe ihn nicht mehr. Sonst hätte er uns darüber auch informieren können, denn der Kollege Brangs engagiert sich in der Bürgerinitiative, die sich vor Ort für diese Ortsumgehung in Bischofswerda einsetzt. Das heißt, ich gehe davon aus, dass zumindest die SPD-Fraktion unserem Antrag zustimmen wird.

(Beifall bei der FDP)

Weiteres Beispiel ist die B 169. Hier geht es um den Bau der Verbindung von Riesa bis zur Autobahn. Da sind eigentlich zwei Bauabschnitte sehr dringlich. Wir hatten jetzt den zweiten Bauabschnitt in der Finanzierung, der aufgrund der Mittelkürzung herausgeflogen ist. Aber eigentlich ist der dritte Bauabschnitt viel wichtiger. Ich muss, weil einige Bürgerinnen und Bürger aus der Gegend hier sind, auch sagen: Es ist verwunderlich, dass auf Initiative des damaligen lokalen CDU-Abgeordneten und ehemaligen Oberbürgermeisters von Riesa der zweite Bauabschnitt, der letztlich über die grüne Wiese und durch Wälder verläuft, vor dem dritten Bauabschnitt gebaut wird, von dem, weil diese Streckenführung durch die Städte, durch die Dörfer hindurch geht, die Bevölkerung betroffen ist. Aber es ist wieder typische CDUKirchturmpolitik, die zu solchen Ergebnissen führt.

(Beifall bei der FDP)

Diese Straßeninfrastrukturprogramme bewirken zum einen eine Entlastung der Anwohner von Lärm, sie bewirken zum anderen eine Reduzierung von Schadstoffen und sie schaffen die Infrastruktur für die Wirtschaft.

Zu den einzelnen Punkten: Wenn Sie sich einmal vorstellen – ich bin vor Ort gewesen –, was passiert, wenn die Lkws in den Städten und Gemeinden durch enge, kurvenreiche Straßen fahren und die dort wohnende Bevölkerung dem Lärm ausgesetzt ist: Die Brummis, die da im Stau stehen und in den Kommunen, in den Dörfern abbremsen und anfahren müssen, haben eine sehr, sehr hohe Schadstoffemission. Ich habe vernommen, dass wir in diesem Hohen Hause schon des Öfteren über das Thema Umweltschutz, über das Thema Schadstoffminimierung, über das Thema Feinstaub diskutiert haben. Ich möchte nicht wissen, wenn wir an der Kreuzung der B 169 zur B 6 in Seehausen eine Messstelle aufstellen würden, welche Feinstaubbelastung wir hätten. Angesichts der gültigen Regeln wäre vermutlich irgendwann nach zwei Monaten eine Sperrung dieser Verbindung sowieso notwendig. Hier ist eine erhebliche Umweltbelastung vorhanden, der wir Rechnung tragen müssen.

Die Infrastrukturprojekte sind auch wichtig für die Wirtschaft. Wir haben in diesem Hause schon des Öfteren über Unternehmensansiedlungen im ländlichen Raum diskutiert, wir haben auch schon darüber diskutiert, wie schwer es ist, gerade im ländlichen Raum Unternehmen anzusiedeln – im Gegensatz zu den drei Großstädten Dresden, Chemnitz, Leipzig. Wenn wir hier eine Ansiedlung haben wollen, dann müssen wir auch die entsprechende Ver

kehrsinfrastruktur schaffen, sonst gehen die Unternehmen nicht dorthin.

(Beifall bei der FDP)

Letztendlich hat das Prof. Bolick in seiner Pressemitteilung bereits dargestellt. Von daher verwundert mich angesichts meiner Feststellung die große Aufgeregtheit bei der CDU. Ich kann nur einmal empfehlen, dass Sie sich fraktionsintern zusammensetzen und informieren, bevor Sie sich hier so aufregen.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben zur Kenntnis genommen, dass wir momentan eine positive wirtschaftliche Entwicklung haben. Der Ministerpräsident und der stellvertretende Ministerpräsident haben heute Morgen in der Regierungserklärung auch darauf hingewiesen. Investitionsentscheidungen von Unternehmen fallen gerade in Aufschwungzeiten und nicht in Abschwungzeiten. Wir haben momentan eine Aufschwungzeit. Deswegen ist es so wichtig, dass wir jetzt, da Unternehmen über Investitionen, über Standortverlagerungen oder Neueröffnungen von Unternehmenssitzen, von Fabrikationsanlagen nachdenken, das Signal setzen, diese Verkehrsinfrastruktur im ländlichen Raum zu verbessern. Deswegen ist es jetzt notwendig und nicht später.

Herr Jurk, Sie machen es sich zu einfach, wenn Sie in einer Antwort auf meine Kleine Anfrage erklären, Vorfinanzierung ginge nicht, da die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen fehlen. Sie, die Koalitionsfraktionen von CDU und SPD, haben in diesem Hause noch die Mehrheit. Sie haben die Möglichkeit, die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, wenn Sie es wirklich wollen.

(Beifall bei der FDP)

Der Ministerpräsident hat heute Morgen – ich habe die Worte noch im Ohr – in seiner Regierungserklärung vollmundig gesagt: Wir werden die Infrastrukturlücken schließen. Das waren die Worte des Ministerpräsidenten von heute Morgen. Ich hoffe, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Koalitionsfraktionen, Sie können sich noch daran erinnern und handeln entsprechend dieser Vorgabe des Ministerpräsidenten, den Sie gewählt haben und unterstützen.

Aber anstatt tatsächlich zu handeln, Herr Jurk, reden Sie sich mit Hindernissen heraus, zu deren Beseitigung Sie selbst in der Lage wären.

(Staatsminister Thomas Jurk: Nein!)

Das ist eine Verhöhnung der betroffenen Bürger und Unternehmen. Ich kann Sie nur bitten, liebe Kolleginnen und Kollegen in diesem Haus: Setzen Sie dem ein Ende und stimmen Sie unserem Antrag zu!

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Für die CDUFraktion Herr Prof. Bolick, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in diesem Haus an dieser Stelle schon des Öfteren festgestellt, dass Sachsen spitze ist. Das trifft ganz besonders auf unseren Straßenbau zu.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Herr Morlok, ich hatte anfangs eine gewisse Sympathie für Ihren Antrag. Aber nachdem ich Ihren Vortrag gehört habe, muss ich doch erst einmal auf diesen eingehen.

Wir haben schon ein Vierteljahr früher mit unserer Pressemitteilung die Fahne in der Sache hochgezogen. Ich konnte feststellen, dass dadurch einige auf der Bundesebene und vom Bundestag aufgewacht sind. Die wussten das vorher nämlich gar nicht. Da sind Sie schon ein bisschen spät dran, aber werfen uns vor, dass wir Populismus betreiben.

(Zurufe von der FDP: Was?)

Wir machen in Sachsen keine Kirchturmpolitik, sondern Leuchtturmpolitik. Sachsen ist insgesamt ein Leuchtturm. Wir jammern nicht, sondern haben in Sachsen mittlerweile die bestausgebaute Verkehrsinfrastruktur der neuen Bundesländer.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Das können Sie uns auch nicht zerreden.