Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Damen und Herren! Frau Dr. Runge und Frau Dr. Raatz, Sie hätten einfach mal versuchen sollen, die hier im Hause zugänglichen Unterlagen zu lesen, dann hätten Sie heute nicht so am Thema vorbeigeredet.
Sie fragten, wie wir auf die Idee kämen, dass es sich hier um eine Kürzung handle. Herr Staatsminister Jurk hat Herrn Bolick im April auf die Anfrage, wie hoch die Kürzungen 2007 insgesamt seien, geantwortet – ich zitiere: „Gegenüber den Ist-Ausgaben der Bundesfernstraßen in Sachsen im Jahr 2006 wurden die Vorgaben des Bundes für das Jahr 2007 um rund 40 % abgesenkt.“ – Aussage Minister Jurk, also bitte, das ist nicht die Aussage von irgendjemandem von der FDP; das ist die Aussage Ihres Parteivorsitzenden und Ministers; darauf kann man ja wohl vertrauen, oder nicht?
Wenn Sie fragen, wie wir zu unseren Projekten kommen – wir kommen genau zu den Projekten, die uns Herr Minister Jurk genannt hat, die genau durch diese Kürzung nicht finanzierbar sind. Das sind genau diese Projekte, die nicht die FDP oder irgendwer aufgeschrieben hat, sondern Ihr Minister.
Selbstverständlich gehen wir nicht davon aus, dass, wenn ich eine Vorfinanzierung mit dem Bund mache, wenn ich eine Vereinbarung abschließe, ich auch eine Sicherheit über den Mittelrückfluss habe. Wenn ich auch kein Jurist bin, so bin ich inzwischen so bewandert zu wissen, dass man solche Sachen nicht per Handschlag macht, sondern eher per schriftliche Vereinbarung.
Sie sollten nicht dazwischenrufen mit Ihrem Scheinwissen, weil Sie ja nachher das Problem haben werden, dass Sie erkennen müssen, dass Sie falsch liegen – genauso falsch wie Frau Dr. Runge und – ihr aufgesessen – Frau Dr. Raatz mit der Frage der Planfeststellung.
Es wurde hier in den Raum gestellt, es wären nur zwei planfestgestellt. Das ist einfach nicht wahr. Im April erklärte der bekannte Minister Jurk, dass von diesen genannten sieben fünf planfestgestellt sind. – Herr Jurk, bitte korrigieren Sie mich, wenn ich etwas Falsches sage. – Auf eine entsprechende Nachfrage haben Sie erklärt, dass die Planfeststellungsbeschlüsse für die anderen beiden Projekte noch im Jahr 2007 zu erwarten sind und dass 2008 mit dem Bau begonnen werden kann. Das ist doch so, oder nicht? Haben Sie es nicht geschrieben? Das ist doch wirklich die Aussage, das sind doch die Fakten. Da können Sie nicht einfach behaupten, es stimme nicht.
Ich weiß sehr wohl, dass durch die Pressesprecherin des Hauses von Herrn Tiefensee eine andere Aussage gemacht worden ist, aber ich gehe davon aus, dass dem Minister in diesem Fall mehr Glauben zu schenken ist als der Sprecherin.
Das war ein Redebeitrag der FDP-Fraktion. Gibt es von den anderen Fraktionen noch Redebedarf? – Das kann ich momentan nicht erkennen. Dann frage ich Herrn Staatsminister Jurk. – Bitte, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Forderungen an das Land, es möge vordringliche Neubauprojekte bei Bundesstraßen in Sachsen vorfinanzieren, weil sie ansonsten nicht begonnen werden könnten, sind auf jeden Fall populär. Der Abg. Morlok hat eine solche Forderung über die Presse relativ gut verkauft, aber Pressemitteilungen nach dem Motto „Wünsch dir was“ sind schnell geschrieben; praktische Politik muss sich mit der Wirklichkeit beschäftigen.
Ich darf feststellen, dass wir im vergangenen Jahr sehr erfreuliche Abschlüsse von Baumaßnahmen in Sachsen verzeichnen konnten, wenn ich beispielsweise an die A 38 im Süden von Leipzig denke, die vollständig fertiggestellt wurde,
auch an die so dringend erforderliche A 17, die zur Entlastung der Anwohner an der B 170 geführt hat, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir konnten uns in diesem Jahr bereits darüber freuen, dass die Ortsunterführung der B 6, der Schottenbergtunnel in Meißen, fertiggestellt wurde und vor Kurzem die Ortsumgehung der B 6 in Bennewitz. Wir freuen uns auch darüber, dass die sehnlichst in der Region gewünschte Maßnahme der Ortsumgehung Marienberg der B 174 zum Abschluss gebracht werden kann.
In Sachsen wird also gebaut und wir können uns freuen, dass wir mit diesen Maßnahmen die Bevölkerung vom Verkehr entlasten und gleichzeitig der Wirtschaft Angebote machen können, zügig voranzukommen, ohne die Ortsdurchfahrten nutzen zu müssen.
Mit dem zweiten Bauabschnitt der B 169 zwischen Riesa und Seerhausen haben Sie, sehr geehrter Herr Morlok, eine sicher wichtige Maßnahme für den Raum Riesa/Großenhain benannt.
Über die Verkehrsverhältnisse in und um Bischofswerda bin ich sehr gut unterrichtet. Ich sage Ihnen ausdrücklich: Die Notwendigkeit der Ortsumgehung der B 98 ist unbestritten. Deshalb verstehe ich nur allzu gut den Wunsch der Anwohner, schnellstmöglich Entlastung vom Schwerlastverkehr zu erfahren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor der Abstimmung sollten wir uns jedoch fragen, welches erstens die intelligenten Möglichkeiten sind, die erfreulicherweise für 2007 und 2008 zu erwartenden Steuermehreinnahmen beim Freistaat zu verwenden. Die Vorfinanzierung einzelner Bundesfernstraßenprojekte ist keine dieser Möglichkeiten. Was ich mir vorstellen kann, – –
Was ich mir vorstellen kann – und das möchte ich ganz klar von der Forderung in Ihrem Antrag abgrenzen –, ist eine kurzfristige Zwischenfinanzierung von Bundesmitteln über den Wechsel eines Haushaltsjahres hinweg, auch „SWING“ genannt. Eine solche Zwischenfinanzierung bietet die Gewähr, die Aufträge besonders bei laufenden Maßnahmen so zu steuern, dass die vom Bund zusätzlich in Aussicht gestellten Mittel von Sachsen abgenommen werden können, auch wenn sie der Bund leider erst häufig kurz vor Weihnachten bereitstellt. Sie wissen, wie man dann noch Straßen bauen kann.
Die grundsätzliche Anerkennung eines Mehrbedarfs für 2007 von 30 Millionen Euro durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung ist als Ermächtigung nicht hinreichend, zulasten dieser Mittel bereits Bauaufträge zu erteilen. Genau diese Lücke soll durch eine Zwischenfinanzierung des Freistaates überbrückt werden. Das ist eine in meinen Augen sehr sinnvolle Sache, weil damit erreicht wird, dass Sachsen auch bei der Verteilung von zusätzlichen Bundesmitteln mitreden kann. Eine damit mögliche zügige Abfinanzierung der laufenden Projekte erhöht in jedem Fall die Chance, im Jahr 2008 mit neuen Projekten, so wie sie unter anderem in der Liste genannt wurden, beginnen zu können. Bei einer Vorfinanzierung der von Ihnen genannten Projekte, sehr verehrter Herr Morlok, beträgt der Zinsverlust bei Baukosten von rund 120 Millionen Euro nach aktuellen Zinsen schon in einem Jahr rund 5 Millionen Euro.
Sehr verehrte Damen und Herren! Zweitens sollten wir uns fragen, ob das, was dieser Antrag will, zum gewünschten Ziel führt. Ist er klug? Ich frage mich, ob wir mit einem solchen Antrag das richtige Signal aus Sachsen an den Bundesverkehrsminister in Berlin senden. Ich meine, nein.
Wenn Sachsen in Vorleistung geht, lässt gleichzeitig der Druck an den Bund nach, seinen originären Aufgaben und Verpflichtungen, für den Bau von neuen Ortsumgehungen in Sachsen zu sorgen, nachzukommen.
Auch wäre das im Hinblick auf die immer wieder aufflackernde Diskussion um die Notwendigkeit des Solidarpaktes II kontraproduktiv.
Sie sehen also, meine sehr verehrten Herren von der FDPFraktion, nicht alles, was populär scheint, ist es wert, weiterverfolgt zu werden.
Unbedingt berücksichtigt werden muss, da bin ich der Abg. Frau Dr. Raatz sehr dankbar, die Finanzverfassung der Bundesrepublik Deutschland. Ich sage ausdrücklich, da greifen Sie mit einer Änderung der Sächsischen Haushaltsordnung wahrhaftig viel, viel zu kurz. Deshalb ist vielleicht der Kollege Martens gegangen, weil er es hätte erklären können. Klar ist, bei den Bundesfernstraßen gibt es – zum Glück – eine strikte Zuständigkeitsregelung über die Aufgaben- und Finanzverantwortung. Das ist ein Verfassungsgebot, an dem Bund, Länder und Kommunen nicht vorbeikommen. Die weitere Diskussion zur Vorfinanzierung bei Einzelprojekten führt in eine Sackgasse.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie können versichert sein, dass ich als Verkehrsminister des Freistaates Sachsen weiterhin alles unternehmen werde, damit zusätzliche Gelder für so dringend notwendige Ortsumgehungen an Bundesstraßen und Autobahnen nach Sachsen fließen.
Ich danke für die Unterstützung, die ich bei vielen Rednern heute vernommen habe. Ich hoffe mit Ihnen gemeinsam, dass wir erfolgreich sein mögen.
(Beifall bei der SPD, der CDU, der Abg. Dr. Monika Runge, Linksfraktion.PDS, und der Staatsregierung)