So etwa nach dem Stil: Da komme ich ganz in den äußersten Osten Deutschlands und dort ist eine Provinz namens Plauen, wo die Frauen häkelnd sitzen und Plauener Spitzen herstellen. Dann ist die Rede von Prostitution an der tschechischen Grenze, von einem ganzen Wust usw.
Es hätte irgendwelche Firmen gegeben, deren Chefs heute noch dort leben. Manche hätten sich auch umgebracht usw.
Es ist genau das gleiche Strickmuster wie jenes, welches seit Wochen hier vorgelegt wird. Man muss sich wirklich fragen, wo der wahre Kern der Angelegenheit ist. Ich frage mich: Was müssen wir uns noch alles antun?
(Beifall bei der CDU – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Da haben Sie recht! Hören Sie doch auf, Herr Hähle!)
Ich bitte doch, dass Sie jetzt die Disziplin aufbringen und mir bis zum Ende zuhören. Uns wird es bei Herrn Bartl genauso schwer fallen und er wird schneller reden und die Stenografen werden es noch schwerer haben.
Meine Damen und Herren! Wir haben uns lange überlegt – auch zusammen mit unserem Koalitionspartner –, wie wir denn nun auf den Antrag zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses reagieren sollen. Einerseits – so unsere Überlegung – wollen wir nicht den Eindruck erwecken, wir wollten irgendetwas verschleiern oder verzögern. Hinzu kommt, dass wir natürlich nicht das Minderheitenrecht der Opposition beschneiden können,
indem wir den Antrag ablehnen. Nach unserer Rechtsauffassung ist jedoch der Untersuchungsauftrag so, wie dieser formuliert ist, durch die Bank verfassungswidrig.
Sie unterstellen mir immer, Herr Bartl, dass ich nur etwas von Posaunen verstehe. So toll ist das gar nicht. Aber Sie verstehen von Ihrem Metier auch nur das, was Sie wirklich verstehen wollen.
Dieser Antrag ist aus unserer Sicht verfassungswidrig. Auf der Grundlage der Sächsischen Verfassung, des Sächsischen Untersuchungsausschussgesetzes, des Prozessrechtes und der Rechtsprechung der deutschen Verfassungsgerichte und der einschlägigen Rechtsliteratur ergeben sich folgende wesentliche Zulässigkeitsvoraussetzungen:
Erstens. Der Einsetzungsgegenstand eines Untersuchungsausschusses als schärfstes Mittel der parlamentarischen Kontrolle muss sich auf abgeschlossene Vorgänge beziehen. Damit sind Untersuchungsausschüsse auf die nachträgliche Kontrolle beschränkt.
Zweitens. Das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot muss eingehalten werden. Die Untersuchungsgegenstände und Sachverhalte müssen konkret beschrieben werden und erkennbar aus dem Beschlussthema ableitbar sein. Den Aufklärungssachverhalten und Untersuchungsgegenständen müssen nachprüfbare Anknüpfungstatbestände zugrunde liegen. Dabei steht den Antragstellern auch kein Ermessensspielraum zu.
Drittens. Die Bezeichnung des Einsetzungsgegenstandes und der aufzuklärenden Sachverhalte eines Untersuchungsausschusses müssen dem Grundsatz der Wertungsfreiheit entsprechen.
Viertens. Die richterliche Unabhängigkeit der dritten Gewalt darf durch das Parlament über den verfassungsrechtlichen Rahmen hinaus nicht angetastet werden.
Dabei dürfen bei Untersuchungsausschüssen das richterliche Beratungsgeheimnis und der Verfassungsgrundsatz der richterlichen Entscheidung nicht angetastet werden.
Und schließlich: Der exekutive Kernbereich der Staatsregierung erschließt sich ebenfalls nicht in einem Untersuchungsausschuss. Also der exekutive Kernbereich ist zum Beispiel, ob das Krisenmanagement der Staatsregierung in Ordnung ist, ob man das kontrollieren kann, ob man im Inneren der Staatsregierung einmal nachfragen kann, wer
Das Krisenmanagement der Staatsregierung kann durch einen Untersuchungsausschuss nicht beurteilt und auch nicht untersucht werden. So viel steht fest. Sowohl das Thema als auch der Beschlusstenor und die Gegenstände des Antrages beinhalten eine Vielzahl von unzulässigen Wertungen. In dem Text des Einsetzungsantrages werden mögliche Untersuchungsergebnisse festgestellt, die durch einen Untersuchungsausschuss erst einmal untersucht werden sollen. Ich könnte jetzt Beispiele nennen, aber Sie sind ja ohnehin schon ungeduldig.
Gern einige Beispiele. Da steht etwas von „Verantwortung für schwerwiegende Mängel“, „kriminelle und korruptive Netzwerke“, wobei das Wort „korruptiv“, wie gesagt, etwas schwierig ist.
Ich verstehe schon, was Sie wollen. Es ist die Rede vom „Versagen rechtsstaatlicher Informations-, Kontroll- und Vorbeugungsmechanismen“. Das wissen Sie jetzt schon. Es geht um „sachfremde Einflussnahme“ – das behaupten Sie –, um „direkte und indirekte Einflussmaßnahmen“, um „offenkundig eingetretenen Verlust, Begünstigung des Aktenverlustes“. Diese Beispiele ließen sich auch bei den Fragen unter I. bis III. beliebig fortsetzen. Nahezu fortwährend wird in den Formulierungen das Bestimmtheitsgebot verletzt. Es liest sich wie eine übliche PDSBegründung, eben wenig konkret: „Beispiele, die sich aus Erkenntnissen öffentlicher Berichterstattung und sonstigen zugänglichen Erkenntnisquellen ergebenden komplexen Sachverhalte“ oder „einschlägige Komplexe, bekannt gewordene Komplexe, aus den Vorgängen in deren Aufarbeitung gezogene Konsequenzen“. Auch diese Beispiele ließen sich bei den Fragen unter I. bis III. fortsetzen.
Einzelne Punkte zeigen deutlich den begleitenden Charakter des beantragten Untersuchungsausschusses. Es handelt sich dabei gerade um nicht abgeschlossene Vorgänge, die aus verfassungsrechtlichen Gründen mit einem Untersuchungsausschuss nicht erschließbar sind. Beispiele: „der jeweilige Kenntnisstand der jetzt tätigen Strafverfolgungsbehörden, das Krisenmanagement“ – ich erwähnte es schon – und „die zur Rede stehenden Untersuchungsergebnisse“. In einigen Punkten schreckt die PDS nicht einmal davor zurück – auch das habe ich schon erwähnt –, die richterliche Unabhängigkeit und das richterliche Beratungsgeheimnis anzutasten. Beispiele finden sich im 3. und 8. Punkt der Untersuchungsgegenstände. Dass das Krisenmanagement nicht zum exekutiven Kernbereich zählt, das wollen Sie nicht wahrhaben, ist aber unstrittig.
Ich ziehe das Fazit: Behauptungen und Wertungen zu nicht abgeschlossenen Vorgängen mit völlig unbestimmten Formulierungen statt ergebnisoffener Sachverhaltsfragen, im Ergebnis ein verfassungsrechtlich unzulässiger Einsetzungsantrag, der so nicht angenommen werden darf.
Angesichts einer so schlampigen und gesetzeswidrigen Formulierung dieses Einsetzungsantrages ist einmal mehr die Frage erlaubt,
ob den Antragstellern tatsächlich an der Aufklärung der im Raum stehenden Gerüchte und Vermutungen gelegen ist oder ob es tatsächlich nur um Klamauk geht.
Dass wir Letzteres im Interesse unseres Landes nicht mitmachen können, versteht sich von selbst. Wir bieten den Antragstellern an, auf unsere Bedenken einzugehen.
Wir bieten es Ihnen aber trotzdem an. Sie können davon Gebrauch machen. Auch das sind Oppositions- wie Mehrheitsrechte. Wir bieten Ihnen an, auf unsere Bedenken einzugehen und den Antrag so umzuformulieren, dass er verfassungsgemäß ist. Dann könnte der Antrag noch diese Woche im Landtag verabschiedet werden.
Aber eines weisen wir mit aller Entschiedenheit zurück: Die PDS behauptet, wir machten die Rechtsbedenken nur deshalb geltend, damit in der Zwischenzeit weitere Akten vernichtet werden könnten.
Ich wiederhole noch einmal: Wir haben nicht das geringste Interesse an Verschleierung und Verzögerung, sondern wir haben Interesse an der Wahrheit, denn nur die Wahrheit macht uns frei.