Protokoll der Sitzung vom 06.07.2007

Ein weiterer Punkt, der anzumahnen ist: Es geht um die Frage der Abstimmung bei der Neuaufstellung der Bereitschaftspolizei mit der Bundespolizei. Das betrifft zum einen das Materialdepot in Bad Düben, aber auch die Planungen der Bundespolizei im Hinblick auf die Präsenz in den grenznahen Räumen. Auch hierzu haben wir bisher keine Information erhalten, wie die Staatsregierung eine solche Koordinierung vornehmen möchte, ob sie das überhaupt plant und wie sie darauf eingehen möchte, was die Bundespolizei vorhat. Wir wissen noch nicht einmal, wann, in welchem Umfang und wie die Staatsregierung darüber unterrichtet wurde, was vonseiten des Bundes in der Organisation geplant ist.

Sie sehen, es gibt jede Menge Probleme, die noch nicht gelöst sind. Auch die Konzepte, die es dazu geben soll, sind bisher nicht offengelegt worden. Deswegen verstehe ich, dass nach Vorlage eines Konzeptes verlangt wird. Diesem Verlangen können wir uns nur anschließen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP – Beifall der Abg. Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion, und Johannes Lichdi, GRÜNE)

Herr Lichdi, bitte, für die Fraktion der GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wie schon in der Januardebatte kann ich mich auch heute den Kolleginnen und Kollegen der Oppositionsfraktion, Herrn Dr. Martens und Frau Ernst, anschließen. Der Umgang des Innenministers mit dem Parlament ist einmal mehr – wie oft eigentlich noch? – unsäglich. Sie verkaufen den Landtag für dumm. Ihr Alleingang brüskiert – das sind Sie schon gewöhnt – nicht nur die Oppositionsfraktionen, sondern auch – wie fast schon gewohnt – Ihren Koalitionspartner SPD.

In der Antwort auf die Kleine Anfrage der Abg. SchöneFirmenich von der CDU, Drucksache 4/8838, schreiben Sie – ich zitiere –: „Die Präsidenten der Bereitschaftspolizeien der Länder haben das sächsische Konzept zur Fortschreibung der Organisation der Bereitschaftspolizei mit Interesse zur Kenntnis genommen. Der Präsident der sächsischen Bereitschaftspolizei hatte es anlässlich einer gemeinsamen Besprechung im September 2006 … vorgestellt. Einige Länder baten um Bereitstellung des Konzeptes sowie Detailinformationen zu den sächsischen Planungen.“

Das ist natürlich super, oder? Für das sächsische Parlament bleibt dieses großartige, anderen Bundesländern zur

Übernahme empfohlene Konzept vollständig im Dunkeln. In dem schon zitierten Presseartikel in der „Freien Presse“ vom 20. 06. 07 wird zwar dementiert, dass man im Innenministerium bestreite, dass der Landtag gefragt werden und man schon das Verwaltungsorganisationsgesetz ändern müsse, aber – Zitat – „Die Stimmverhältnisse im Landtag kennen Sie ja.“ So hat sich Herr Hofner der „Freien Presse“ nach vernehmen lassen.

Der Landtag reduziert zum Abnicken der geheimen Gedanken des Herrn Buttolo. Nun gut, wir sind es gewöhnt. Aber wie lange wollen eigentlich die CDU und die SPD dieses demütigende Spiel noch durchhalten? Leider haben wir es auch, Frau Schöne-Firmenich, Ihrer Kleinen Anfrage zu Einsätzen der Bereitschaftspolizei vom Mai 2007, Drucksache 4/8841, zu verdanken, dass uns die Staatsregierung locker-flockig zugesteht, dass aufgabenkritische Überlegungen von der Staatsregierung nicht angestellt werden, weil sie zu aufwendig seien. Ich werde nicht müde zu betonen – auch wenn Kollege Pietzsch vorhin versucht hat, es ins Lächerliche zu ziehen –, dass Aufgabenkritik die essenzielle Voraussetzung für das Gelingen von Strukturreformen ist. Ich verweise auf die gestrige Debatte zur Verwaltungsreform. Sie müssen doch zumindest die Einsatzkräfte und die Reisezeiten analysieren, um über Standortfragen entscheiden zu können. Meine Vorredner haben dazu schon Ausführungen gemacht.

Die heutige Debatte führt uns wieder einmal vor Augen, wie die Staatsregierung in diesem Land große Strukturreformen angeht: konzeptionslos, ohne vorher Verwaltungsmodernisierungsmaßnahmen zu prüfen, ohne die Effektivität und die Fachkompetenz vorhandener Strukturen zu bewerten und ohne seriöse Kalkulation der Einspareffekte. Ich bin schon sehr gespannt, ob Kollegin Schöne-Firmenich die Erlaubnis von ihrer Fraktion bekommen hat, das Wort zu ergreifen.

Einige Worte zum Antrag selbst. Es geht um die Vorlage eines Konzeptes zur Neustrukturierung der Bereitschaftspolizei bis zum Ende des III. Quartals 2007 auf der Grundlage einer sachbezogenen Aufgabenkritik und unter Berücksichtigung tatsächlicher Einsatzlagen. Das ist natürlich richtig und total selbstverständlich. Diesem Anliegen wird meine Fraktion zustimmen, auch wenn sie zu einzelnen Punkten der Meinung ist, dass sie schon zu detailliert ausformuliert sind. Aber sei es drum, wir wollen gemeinsam den Herrn Minister rügen, tadeln und vor uns hertreiben. Aber ich befürchte, das wird uns bei der ihm eigenen Lethargie nicht gelingen.

Vielen Dank.

(Beifall der Abg. Astrid Günther-Schmidt und Michael Weichert, GRÜNE)

Wird von den Fraktionen weiter das Wort gewünscht? – Das sieht nicht so aus. Nun bitte ich Herrn Staatsminister Buttolo, das Wort zu nehmen.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Position zur Fortschreibung der Organisation der Bereitschaftspolizei habe ich Ihnen in der Tat bereits im Rahmen der 71. Sitzung am 25. Januar dieses Jahres erläutert. Die Zielsetzungen, die das mit dem Antrag der Linksfraktion geforderte Konzept zum Gegenstand haben soll, wurden bereits im Rahmen der Erstellung meines Konzeptes geprüft und entsprechend berücksichtigt oder, wenn es nicht zu berücksichtigen war, diesen Richtungen nicht gefolgt.

Im Folgenden möchte ich auf einige ausgewählte Punkte des Antrages der Linksfraktion eingehen, die noch nicht Bestandteil meiner Ausführungen vom 25. Januar gewesen sind.

Zum einen die Erfüllung des Verwaltungsabkommens: Aufgaben der Bereitschaftspolizei sind im Verwaltungsabkommen über die Bereitschaftspolizei zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Freistaat geregelt. Diese Aufgaben werden auch nach einer erfolgten Neuorganisation der Bereitschaftspolizei wahrgenommen. Über eine Aufgabenkritik brauchen wir in diesem Punkt nicht zu sprechen. Es ist klar festgelegt, dass die Bereitschaftspolizei drei Aufgabenbereiche hat, und diese müssen in ihrer Wertigkeit so erfüllt werden, wie es das Abkommen vorsieht.

Frau Ernst, Sie fordern die Schaffung einer effizienten Organisationsstruktur in Anlehnung an die Strukturen des polizeilichen Einzeldienstes. Mit der zum 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Neuorganisation der sächsischen Polizei erhielt die bisher dreistufig organisierte Landespolizei einen zweistufigen Aufbau.

Mit dem Wegfall einer Organisationsebene wurde vordergründig das Ziel verfolgt, die Staats- und Verwaltungstätigkeiten zugunsten der operativen Aufgabenwahrnehmung zu straffen sowie Aufgabenkompetenzen und Verantwortung konsequent zusammenzuführen. Dieses Ziel wird nunmehr mit dem Wegfall der Organisationsebene bei der Bereitschaftspolizei verfolgt. Im Ergebnis der Fortschreibung der Organisation der Bereitschaftspolizei wird die sächsische Polizei durchgängig über einen einheitlichen zweistufigen Aufbau verfügen.

Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich erwähnen, dass unser zweistufiger Aufbau keineswegs eine Exotenlösung in der Bundesrepublik ist. Der Bundesinspekteur hat unser Konzept für die Bereitschaftspolizei ausdrücklich als zukunftsfähiges Konzept bewertet. Die Lösung, wie sie Frau Ernst gern sehen möchte und wie sie in NordrheinWestfalen ist – dass die Bereitschaftspolizei den einzelnen Polizeidirektionen angegliedert ist –, ist die Exotenlösung. Die Spezialisten in NRW sind dabei, eine andere Form, eine andere Lösung zu finden.

Nun zu den Veränderungen am Standort Chemnitz zugunsten des Standortes Leipzig. Wir haben in der Tat die Einsatzstunden und Reisezeiten aller drei Standorte über einen längeren Zeitraum analysiert. Der Chemnitzer Standort hat den höchsten Anteil an Reisezeiten, er hat

aber auch den höchsten Anteil an Unterstützungsleistungen. Die Unterstützungsleistungen sind jedoch die dritte Aufgabensäule, die nur dann infrage kommen kann, wenn die ersten zwei Säulen, nämlich Einsatz bei regionalen und überregionalen Ereignissen bzw. Fortbildung, entsprechend bedient sind.

Wir haben festgestellt, dass es durchaus Sinn macht, einen Zug von Chemnitz nach Leipzig zu verlagern, um die notwendige höhere Präsenz in Leipzig zu garantieren. Wir haben diese Überlegung also nicht „aus dem Blauen heraus“ getroffen, sondern wir haben Zahlen analysiert und anhand dieser Zahlen eine Entscheidung vorbereitet. Dass Chemnitz keineswegs bloßgestellt wird und seine Aufgaben bei der PD vernachlässigt, wird dadurch klar, dass wir in Chemnitz einen zusätzlichen Einsatzzug, wie er ursprünglich auch geplant war, aber nie realisiert worden ist, bei der PD zulasten der anderen Polizeidirektionen aufbauen. Damit ist keine Schwächung am Chemnitzer Standort eingetreten; vielmehr ist es möglich, dass man in Chemnitz diese Unterstützungsleistung der Bereitschaftspolizei nicht mehr benötigt, da ein entsprechender Zug bei der PD selbst vorhanden ist.

Sie verlangen des Weiteren die Anwendung eines verbindlichen Deeskalationskonzeptes. In Abhängigkeit von der jeweiligen operativen polizeilichen Lage werden bereits erfolgreich Konzepte zum Deeskalieren bei Einsätzen der Bereitschaftspolizei umgesetzt. Ich möchte hier nicht wieder die Weltmeisterschaft 2006 als Beispiel nennen, sondern auf die Veranstaltung am 3. Oktober 2006 hinweisen. Zehn Kommunikationsteams und zwei Lautsprecherfahrzeuge waren im Einsatz. Sie konnten ihre Aufgabe, die Deeskalierung vorzunehmen, erfolgreich erfüllen.

Sie verlangen weiter die Auflösung des Präsidiums der Bereitschaftspolizei. Dagegen sprechen folgende Aspekte: Der Wegfall des Präsidiums der Bereitschaftspolizei hätte die unmittelbare Unterstellung der Bereitschaftspolizeiabteilungen unter das Ministerium des Innern zur Folge. Dies würde dazu führen, dass in verstärktem Maße nichtministerielle Koordinierungsaufgaben im Ministerium landen würden, was tatsächlich zu einem Mehrbedarf an Arbeitskräften im Innenministerium führen würde.

Bei einer Auflösung des Präsidiums der Bereitschaftspolizei müssten bisher zentral wahrgenommene Staats- und Verwaltungsaufgaben dezentralisiert werden. Dies würde nochmals zu einem Personalmehrbedarf führen. Eine Anbindung dieser und weiterer Aufgaben des Präsidiums der Bereitschaftspolizei bei einer anderen, bereits bestehenden Landesoberbehörde, wie zum Beispiel der Landespolizeidirektion Zentrale Dienste, erscheint fachlich nicht zielführend und lässt auch kaum Synergien erkennen.

(Beifall bei der CDU)

Sie verlangen weiterhin eine Konzentration der Aus- und Fortbildung im Bereich der Bereitschaftspolizei bei einem einheitlichen Fortbildungsträger. Innerhalb der Bereitschaftspolizei bildet die Fortbildung der geschlossenen

Einheiten den Schwerpunkt der Fortbildung. Die Durchführung dieser Fortbildung ist nicht an einen einheitlichen Fortbildungsträger übertragbar, bei dem sie innerhalb der geschlossenen Einheiten der Bereitschaftspolizei stattfinden muss.

Sie erwarten die Erstellung eines Personalentwicklungskonzeptes. Die sächsische Polizei verfügt über ein derartiges Personalentwicklungskonzept. Für die im Zusammenhang mit der Fortschreibung der Organisation der Bereitschaftspolizei konkret umzusetzenden Personalmaßnahmen wird derzeit ein Konzept erarbeitet. An dieser Stelle, Frau Ernst, nochmals: Sie agieren in der Öffentlichkeit immer wieder mit den 2 491 Stellen. Ich möchte nur an die Haushaltsverhandlungen für die Jahre 2007/2008 erinnern, bei denen im Innenausschuss darüber diskutiert wurde, was tatsächlich an Personalabbau bis zum Jahre 2010 entsteht. Ich bin an dieser Stelle den Koalitionsfraktionen ausdrücklich dankbar, dass sie sich so vehement dafür eingesetzt haben, dass die Evaluierung bereits im Jahr 2009 stattfindet, damit für das Aufstellen des übernächsten Doppelhaushaltes gesehen werden kann: Ist es aufgrund der veränderten Situation – ich darf hierzu die Schengen-Grenze nennen – so, dass man einen weiteren Personalabbau verantworten kann, oder muss eine andere Strategie gefahren werden? Das lässt sich nach dieser Evaluierung eindeutig feststellen.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Margit Weihnert, SPD)

Des Weiteren erwarten Sie eine Veranlassung eines einstweiligen Baustopps. Ein einstweiliger Baustopp hätte zur Folge, dass Baumaßnahmen, die bereits vor Beginn der konstitutionellen Überlegungen zur Fortschreibung der Organisation der Bereitschaftspolizei geplant wurden, zum Stillstand kommen würden. Herr Dr. Martens, Sie wissen genau – Herr Fleischmann hat es auch so erläutert –, was in Leipzig gebaut wurde und gebaut wird: das Taucherbecken. Wir haben auch in Leipzig im Moment schon Taucher, die ihren Standort dort haben. Für diese Taucher wurde die Baumaßnahme Taucherbecken begonnen. Selbstverständlich, wenn man in Leipzig konzentrieren will, muss man dort auch weitere Becken für die anderen Taucher bauen.

Nun zur Zusammenführung der technischen Einsatzeinheiten. Hierzu habe ich bereits anlässlich meiner Ausführungen im Rahmen der 71. Landtagssitzung klar gesagt, dass ich mich für eine Konzentration an einem Standort ausspreche. In Auswertung des Einsatzgeschehens und weiterer zu berücksichtigender Aspekte fiel meine persönliche Entscheidung für Leipzig als Standort.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal ganz klar erwähnen, dass es keinen Sinn macht, eine Umstrukturierung der Bereitschaftspolizei in den Zusammenhang mit einer Verwaltungsreform stellen zu wollen. Diesen Zusammenhang herzustellen bringt nur eines: eine zeitliche Verzögerung.

Zu Ihrer Frage nach der Bundespolizei: Ich bin sehr froh darüber, dass die Inspektionsstandorte in Sachsen, wie sie gegenwärtig bestehen, erhalten bleiben. Natürlich hätte ich mir gewünscht, dass nicht nur das Präsidium für Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen in Pirna wäre, sondern dass auch Chemnitz etwas bekommen hätte. Aber es ist eine Entscheidung des Bundes. Der Bund hat sich aufgrund der Immobiliensituation für Pirna entschieden, und ich bin froh darüber, dass die Diskussion nicht so geführt wird, dass wir gegebenenfalls diesen Standort in Sachsen gänzlich verlieren. Denn es wäre durchaus auch denkbar, dieses Präsidium in Thüringen oder SachsenAnhalt anzusiedeln.

Wie soll es weitergehen? – Ich werde in der Tat eine Kabinettsbefassung vorbereiten, damit diese Umstrukturierung, die letztendlich hinsichtlich der Abteilungsstäbe auch im Verwaltungsorganisationsgesetz ihren Niederschlag finden muss, in ein gesetzliches Vorhaben münden kann.

Ich möchte eines nicht vernachlässigen: Ich möchte an dieser Stelle die Möglichkeit nutzen, mich bei der Bereitschaftspolizei, aber auch bei der Landespolizei als Ganzem für ihr engagiertes Tätigsein in den letzten Jahren zu bedanken.

(Beifall bei der CDU, der Linksfraktion, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Es ist bedauerlich, dass versucht wird, die Leistungen der Polizei dadurch herunterzureden, dass man einen Widerspruch zwischen der Polizei und dem Innenministerium konstruiert. Ich bin mir sehr wohl im Klaren, dass unsere Polizei zudem das, was ihr Ministerium in Abstimmung mit den Direktionen entscheidet, und unsere Maßnahmen unterstützt.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Das Schlusswort hat die Linksfraktion. Bitte, Frau Dr. Ernst.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vier Punkte möchte ich nennen.

Das Erste ist: Andere Bundesländer lachen über uns – das weiß ich definitiv –, sie lachen über das, was wir hier betreiben, weil die Sachlage – –

(Staatsminister Dr. Albrecht Buttolo: Nennen Sie es doch mal konkret!)

Ja, das betrifft zum Beispiel die technischen Einsatzeinheiten. Völlig klar.

(Staatsminister Dr. Albrecht Buttolo: Und welches Bundesland lacht über uns?)

Das werde ich Ihnen nicht sagen,

(Staatsminister Dr. Albrecht Buttolo: Na also!)