Genau das ist total unsozial. Das ist nicht nur unsozial gegenüber der Krankenschwester und dem Schlosser, die täglich zur Arbeit gehen und die Sozialbeiträge für andere finanzieren müssen, sondern das ist auch unsozial gegenüber den Arbeitslosen; denn wir wissen, was Arbeitslosigkeit bewirkt: nämlich den Rückzug in die eigenen vier Wände.
Man sitzt häufiger vorm Fernseher, man vereinsamt. Das sind die negativen Folgen von Arbeitslosigkeit. Da geht es nicht um Geld, es geht um den Rückzug.
Wenn zum Beispiel der Chef der Bundesagentur für Arbeit in Annaberg sagt, dass er 31 000 Arbeitslose hat, von denen er gerade einmal 5 000 ohne Probleme vermitteln kann, dann muss man sich doch fragen, was man mit den anderen 26 000 macht. Die kann man doch nicht einfach abschreiben und ständig nur als Leistungsempfänger betrachten.
Man muss also sehen, wie man diese 26 000 auf dem Arbeitsmarkt integrieren kann. Da darf man nicht nur darüber reden, dass sie mehr Geld bekommen. Um diese Leute müssen wir uns kümmern und dafür sorgen, dass etwas passiert.
Die Forderung nach mehr Geld, die Sie erheben, führt nicht dazu, dass jemand bereit ist, mehr zu arbeiten. Sie treiben die Leute damit in die Unselbstständigkeit, Sie treiben die Leute dazu, sich nur auf die staatliche Unterstützung zu verlassen. Das ist für mich unsozial in Potenz.
dann gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder Sie bringen es dem Kind bei oder Sie müssen ihm bis zu Ihrem 60. Lebensjahr die Schnürsenkel zubinden.
Ich bin der Ansicht, es geht nicht darum, ständig die Schnürsenkel zuzubinden, also ständig Geldleistungen zu erbringen, sondern man muss die Frage klären, wie es die Leute, die ja zum Großteil arbeiten wollen, schaffen, selbstständig zu arbeiten und ihr eigenes Einkommen zu verdienen. Das muss die Frage sein, die wir als erste stellen müssen.
Gestatten Sie mir, Ihnen den Glückwunsch dafür auszusprechen, dass es Ihnen gelingt, das Bild der DDR derart positiv zu malen, wie mir das nie gelingen könnte?!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was wollen wir? Wir wollen die Leute nicht abschreiben, sondern wir wollen sie fördern und fordern. Ich halte das für eine sehr gute Kombination: Fördern und fordern. Es geht darum, Qualifizierungen anzubieten. Damit sind wir beim Thema Weiterbildung, Herr Zais.
Wer bei der Arbeitsagentur in Sachsen eine Weiterbildung besucht hat, ist zu 61 % in Arbeit vermittelt worden. Wer eine Trainingsmaßnahme besucht hat, ist zu 58 % in einen neuen Job vermittelt worden. Bei dieser Statistik zur Qualifizierung ist Sachsen Spitzenreiter. Es gibt kein Bundesland, das besser dasteht. Diese Qualifizierungsmaßnahmen sind also äußerst effizient. Wir halten es für richtig, das weiter zu betreiben. Qualifizierung ist enorm wichtig.
Wir können es uns auch nicht leisten, jemanden mit 50 Jahren abzuschreiben und ihm zu sagen: Du bist zu alt. Jemand, der heute 50 Jahre alt ist, der wird noch mindestens 15 Jahre auf dem Arbeitsmarkt sein und ist genauso leistungsfähig wie ein junger Mensch. Er arbeitet zuverlässig und hat ein sehr hohes Erfahrungswissen. Wir können auf die Älteren nicht verzichten.
Wenn wir die Entwicklung des Arbeitsmarktes betrachten, wird deutlich, dass wir sowohl die Alten und die Jungen als auch die Arbeitslosen brauchen. Wir wissen, dass durch die geringe Anzahl junger Menschen, die nachkommen, und die großen Alterskohorten der über 50Jährigen, die in den Ruhestand gehen, bei uns bis zum Jahre 2020 eine Arbeitsplatzlücke von 800 000 entsteht. Die Arbeitslosenzahl in Sachsen liegt derzeit bei 312 000. Hier ändert sich zum Glück einiges zum Positiven.
Während es – um noch einmal ein anderes Bild zu bemühen – der Linkspartei darum geht, Fische zu verteilen, geht es uns darum, den Arbeitslosen eine Angel in die Hand zu geben, damit sie sich den Fisch selbst fangen können. Das ist etwas, worüber Sie nie nachdenken.
und nicht als zukünftige Arbeitnehmer betrachtet, wollen wir die Teilhabe dieser Menschen am Arbeitsmarkt, denn jeder wird gebraucht.
Wir wollen, dass die Menschen in Arbeit kommen. Wir wollen, dass die Menschen durch ihrer eigenen Hände Arbeit ihr Geld verdienen. Wir wollen, dass die Menschen ihr Leben selbstständig führen können.
(Beifall bei der CDU – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Ich kann Ihre Sehnsucht nach der DDR verstehen!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach den Ausführungen meines Kollegen Krauß fällt es mir überaus schwer,
die unterschiedlichen Positionen innerhalb der Koalition so darzustellen, dass nicht wieder von der nächsten Koalitionskrise geschrieben wird. Aber es ist auf jeden Fall so, dass ich ein vollkommen anderes Verständnis von Arbeitsmarktpolitik habe, als das, was von meinem Kollegen dargestellt wurde.
Da es sich bei der Großen Anfrage der Linksfraktion um das Thema der Hartz-Gesetze handelt, müssen wir uns in dem Zusammenhang auch über Sozialpolitik und Arbeitsmarktpolitik verständigen. Ich beziehe mich deshalb auf das Thema „Arbeitsmarktpolitik“.
Grundsätzlich muss man anmerken, dass, wenn man sich mit den Hartz-IV-Reformen befasst – wobei der Begriff „Reform“ …; das habe ich schon häufiger von dieser Stelle aus gesagt –, es mittlerweile innerhalb der Gesellschaft Reflexe gibt, sich die Taschen zuzuhalten.
Wenn man Hartz IV als Gesetzgebung betrachtet, dann gibt es ein Problem damit, dass die Menschen im Umgang mit diesen Hartz-IV-Gesetzen das Gefühl haben, dass hier Gesetze gemacht worden sind, die im Wesentlichen ihre Ängste geschürt haben und ihre Probleme nicht lösen konnten. Bei der Vorstellung dieser Hartz-IV-Gesetze ging es natürlich auch um die einzelnen Instrumente, die mit dieser Gesetzgebung einhergegangen sind. Daraus resultieren Folgen, wenn man nicht auf dem Arbeitsmarkt gegensteuert.
Die entscheidenden Fragen, nämlich die der Verteilungsgerechtigkeit und die Frage der grundsätzlichen Verteilung von Reichtum in dieser Gesellschaft, sind natürlich nicht mit einem solchen Gesetz zu beantworten. Wenn es darum geht, dass man gesellschaftlichen Wohlstand und gesellschaftliche Teilhabe organisieren will, müssen wir auch zur Kenntnis nehmen, warum ein großer Teil von Menschen ihre Situation eben so bewertet, dass er außerhalb des gesellschaftlichen Lebens steht. Genau das ist das Problem bei dem Thema „Fordern und Fördern“. Das war das Motto dieser Reform. In der Tat, in den ersten Monaten überlagerte natürlich das Thema „Fordern“. Gerade vor dem Hintergrund des unzureichenden Arbeitsplatzangebotes in Ostdeutschland ist es für mich verständlich, dass, wenn man auf der einen Seite fordert, aber auf der anderen Seite keine Arbeitsplätze anbieten kann, viele Menschen gerade in Ostdeutschland nicht verstehen, wo denn hier ihr Mehrwert und ihre Chancen liegen sollen.
Es ist auch wahr, dass sich die Wirtschafts- und Arbeitsmarktdaten in den letzten Monaten positiv entwickelt haben. Ob das etwas damit zu tun hat, dass wir mehr über Fordern als über Fördern gesprochen haben, darüber ließe sich streiten. Im Wesentlichen geht es darum, dass wir mehr Mittel zur Verfügung hatten, um in aktive Arbeitsmarktförderung hineinzugehen. Insofern ist es aus meiner Sicht notwendig, dass die Überschüsse der Bundesagentur, die wir zu erwarten haben, nicht in den Bundeshaushalt fließen sollen, sondern dass wir damit weiterhin qualifizierte und direkte Förderung im Bereich der Arbeitsmarktpolitik ansiedeln sollten, um neue Arbeitsplätze zu schaffen.
Ein entscheidender Punkt ist doch – das müssen wir zur Kenntnis nehmen: Es gibt in Ostdeutschland rund ein Fünftel der Menschen, wenn man den Befragungen Glauben schenken darf, die sich als dauerhafte Verlierer innerhalb dieser Gesellschaft fühlen. Das ist für die Politik ein alarmierendes Signal, denn die von mir zitierten ein Fünftel sind im Wesentlichen damit konfrontiert, dass sie ein geringes Einkommen haben, dass sie keinen oder einen ungesicherten Arbeitsplatz besitzen und dass sie sehr wenig soziale Kontakte vorweisen können. Sie haben darüber hinaus – das sollte alle aufhorchen lassen
, wenn man diesen Umfragen glauben darf, die Hoffnung aufgegeben, dass sich daran jemals etwas ändern wird. Genau diese Perspektivlosigkeit und Trostlosigkeit ist ein erschreckendes Signal. Diese Situation, die dort beschrieben wird, müssen wir als Politik ernst nehmen und wir müssen dafür auch Perspektiven und Hilfen geben.