Das muss der Landtag, auch der Untersuchungsausschuss respektieren. Kein Parlament hat das Recht, den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung auszuforschen.
Meine Damen und Herren! Das steht in dem Gutachten des Juristischen Dienstes, das sich der Ausschuss zu eigen gemacht hat und das Sie wohl gelesen haben sollten.
Ein weiterer Punkt ist die Verletzung des Grundsatzes der Ex-Post-Kontrolle. Die Kontrollkompetenz eines Parlaments erstreckt sich grundsätzlich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge. Sie enthält nicht die Befugnis, in laufende Verhandlungen einzugreifen. Eine Untersuchung ist unzulässig, wenn sie zu einem Mitregieren Dritter bei Entscheidungen führen könnte. Diese Möglichkeit besteht bei Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von
Auch in dieser Hinsicht verletzt der Einsetzungsauftrag nach Auffassung des Rechtsausschusses Verfassungsrecht.
Beispiele: Erstens. Soweit auf Seite 2 des Auftrages auf Erkenntnisse der Strafverfolgungsbehörden abgestellt wird, sind die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu den im Rahmen der OK-Beobachtung des Landesamtes für Verfassungsschutz festgehaltenen Erkenntnissen noch nicht abgeschlossen.
Ich erinnere auch an Pressemitteilungen des Staatsministeriums des Innern, nach denen Akten noch an die Staatsanwaltschaft übergeben werden sollten.
Dasselbe gilt für die Frage, die beispielsweise lautet, ob im Ergebnis der Gesamtuntersuchungen davon auszugehen sei, dass angebliche Fehlentscheidungen der Staatsregierung und eine angeblich ungenügende Ausprägung von Mitbestimmungsrechten Anlass dafür gäben, grundsätzliche Konsequenzen zum Schutz sämtlicher an der Rechtspflege beteiligter Organe zu ziehen.
Nach Auffassung des Rechtsausschusses lassen all diese Untersuchungsgegenstände in der Auftragsdrucksache nur die Bewertung zu: verfassungswidrig.
Zweitens. Soweit die Untersuchung im zweiten Aufzählungspunkt auf den jeweiligen Kenntnisstand der Staatsregierung und ihrer Mitglieder, maßgeblicher Verantwortungsträger und nachgeordneter Behörden der Staatsanwaltschaften und Gerichte abstellt, liegt nach der Auffassung des Rechtsausschusses ebenfalls ein unzulässiger Untersuchungsgegenstand vor.
Im Rahmen des Fortgangs der noch laufenden strafrechtlichen Ermittlungen wird sich dieser Kenntnisstand wohl noch wandeln; mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist die heutige Erkenntnis eine andere, als sie vor einigen Wochen vorgelegen hat, auch gegenüber der Plenardebatte vom 4. Juli 2007.
Drittens. Soweit im achten Aufzählungspunkt auf die seitens der Staatsregierung gezogenen oder zu ziehenden Konsequenzen zur künftigen Gewährleistung der uneingeschränkten Funktionsfähigkeit elementarer Mechanismen abgestellt wird, liegt ebenfalls ein Verstoß gegen den Grundsatz der Ex-Post-Kontrolle vor. Es ist offensichtlich, dass die Staatsregierung derzeit selbst noch Klarheit zu den Konsequenzen sucht, die aus den dem Untersuchungsgegenstand zugrunde liegenden Vorgängen zu ziehen sind. Nach heutigem Kenntnisstand sind zwei Prüfteams mit hochrangigen Experten eingesetzt, die bis September 2007 die Arbeitsabläufe – –
(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Sie haben sich an die Geschäftsordnung zu halten! – Zuruf von der Linksfraktion: Das darf doch nicht wahr sein!)
– Herr Präsident, das alles war Gegenstand der Untersuchungen im Rechtsausschuss, und ich muss dies hier vortragen.
Meine Damen und Herren! Auch diesbezüglich ergibt sich nach Auffassung des Rechtsausschusses nur eine Bewertung: Der Untersuchungsauftrag ist an dieser Stelle verfassungswidrig. Ein weiteres Beispiel für die Verfassungswidrigkeit: Es wird beispielsweise auf Seite 5 des Auftrages die Ausübung des Gnadenrechtes – –
(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Sie werben ununterbrochen für etwas, das Ihnen nicht zusteht!)
Meine Damen und Herren! Der Untersuchungsauftrag wird beispielsweise auf die Ausübung des Gnadenrechtes durch den Ministerpräsidenten erstreckt. Dies steht originär dem Ministerpräsidenten zu. Das Gnadenrecht ist nicht justiziabel, sondern steht im alleinigen Verantwortungsbereich des Ministerpräsidenten. Daher zählt dieses nach Auffassung des Rechtsausschusses nicht zum Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, sodass der Untersuchungsauftrag auch an dieser Stelle verfassungswidrig ist.
Kommen wir zum Bestimmtheitsgebot. Der Antrag auf Einsetzung ist nur zulässig, wenn er die Bestimmtheit des Gegenstandes der Untersuchung hinreichend festlegt. Das bedeutet: Bereits der Antrag selbst muss spätestens zum Zeitpunkt der Beschlussfassung zulässig sein, um der Rolle des Plenums als Hüter des Einsetzungsverfahrens zu entsprechen.
Meine Damen und Herren! Nach Auffassung des Rechtsausschusses ist klar, dass an den Grad der Bestimmtheit nicht zu hohe Anforderungen gestellt werden dürfen. Allerdings: Unklarheiten und Unbestimmtheiten des eingereichten Auftrages gehen zulasten der Einreicher. Im Sinne dieser Vorgaben stößt die inhaltliche Bestimmtheit des Untersuchungsgegenstandes nach Auffassung des Rechtsausschusses auf Bedenken, und zwar ist bereits die Verwendung der Worte „kriminelle und korruptive Netzwerke“ unklar.
Es bleibt unklar, welches strafrechtlich relevante Handeln untersucht werden soll. Außerdem bleibt unklar, welche konkreten rechtsstaatlichen Informations- oder Vorbeugungsmechanismen versagt haben. – So weit der erste Aufzählungspunkt.
Sämtliche erdenklichen Erkenntnisquellen unter Einbeziehung der öffentlichen Berichterstattung nennend, bleibt
auch hier offen, was der Antrag mit diesen „kriminellen und korruptiven Netzwerken“ meint. Die Einreicher tragen hier keinerlei konkrete Anhaltspunkte vor, sondern belassen ihre Meinung im Unkonkreten – so der Rechtsausschuss mit Mehrheitsentscheidung. Soweit im dritten Aufzählungspunkt einschlägige Komplexe der Organisierten Kriminalität benannt sind, bleibt offen, was darunter zu verstehen sein soll. Nach Auffassung des Rechtsausschusses ist auch hier ein Anwendungsbereich denkbar, der über den eigentlich gewollten Untersuchungsauftrag hinausgeht.
Meine Damen und Herren! Die Verwendung unbestimmter Begriffe lässt nach Auffassung des Rechtsausschusses die notwendige klare Abgrenzung des Untersuchungsauftrages nicht erkennen. Dasselbe gilt für die Auflistung der Fragenkomplexe, bei denen die Einreicher die Inhalte des Auftrages nicht verdeutlichen. Eine konkrete Zuordnung der Fragenkomplexe – so das Gutachten und die Diskussion, die im Rechtsausschuss geführt worden ist – lässt dem objektiven Betrachter nicht deutlich werden, wo hierbei konkrete Fragenkomplexe welchem Sachverhalt zugeordnet werden sollen. Es besteht – so das Gutachten des Juristischen Dienstes, dem sich der Rechtsausschuss anschließt – ein verwirrendes Konglomerat unterschiedlichster Fragenbereiche, die nicht erkennbar werden lassen, wie das eigentliche Thema der Untersuchung lauten soll.
Im Einzelnen sind im Rechtsausschuss dafür die folgenden Beispiele genannt und erörtert worden: Dies gilt beispielsweise für den ersten Aufzählungspunkt, nachdem, gestützt auf die Erkenntnisse der jetzt tätigen Strafverfolgungsbehörden, die öffentliche Berichterstattung gern mit sonstigen Erkenntnissen überzogen wird. Es bleibt offen, welche Strafverfolgungsbehörden zum Zeitpunkt der Einsetzung des Untersuchungsausschusses tätig gewesen sind. Es fehlt an einer Untersuchungsgrundlage, da heute noch keine abschließenden Erkenntnisse vorliegen; und es bleibt wiederum offen, was unter „kriminellen und korruptiven Netzwerken“ zu verstehen sein soll. Es geht also, mit anderen Worten, nach Auffassung des Rechtsausschusses darum, dass mit der eingereichten Forderung nach parlamentarischer Untersuchung Aufgaben wahrgenommen werden sollen, die in den Bereich der Justiz fallen. Dies ist nach Auffassung des Rechtsausschusses verfassungswidrig.
All dies zeigt: Die Einreicher wollen offensichtlich einen Rundumschlag durchführen. Der Ausschussauftrag in Drucksache 4/9265 berührt eine Vielzahl aufgeworfener Einzelfragen mit einem Zeitpunkt seit Beginn der Konstituierung des Freistaates Sachsen und einem extrem gefassten Anwendungsbereich. Genau dies läuft, meine Damen und Herren, dem Bestimmtheitsgebot zuwider.
Meine Damen und Herren! In der dem Rechtsausschuss vorgelegten Weise verletzt der Einsetzungsauftrag nach Meinung des Rechtsausschusses Verfassungsrecht. Sowohl das Thema als auch die Darstellung des Untersu
chungsgegenstandes beinhalten zahlreiche unbestimmte Begriffe, die eine Konkretisierung des Auftrages unmöglich machen.
Dasselbe gilt für einen weiteren Bereich. Auch hierzu meint der Ausschuss, dass der Einsetzungsauftrag an dieser Stelle verfassungswidrig sei, soweit er eine Ausforschung „ins Blaue hinein“ zulassen will. An keiner Stelle wird deutlich, dass nach dem dem Antrag beiliegenden Lebenssachverhalt greifbare Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sämtliche Mitglieder der Staatsregierung, ihre Ressorts sowie die nachgeordneten Behörden in einem fassbaren Zusammenhang mit den erhobenen Vorwürfen stehen sollen.
Nein. – All dies bedeutet, dass der Antrag an dieser Stelle gegen das Ausforschungsgebot verstößt. Der Rechtsausschuss ist weiterhin der Auffassung, dass der Untersuchungsauftrag den Grundsatz des Wertungsverbotes verletzt, da er zahlreiche unzulässige Wertungen und Tatsachenbehauptungen enthält.
Der gesamte Untersuchungsgegenstand, Herr Porsch – dies ist im Rechtsausschuss erörtert worden –, unterstellt – ich gebe das wieder, was im Rechtsausschuss erörtert wurde und was Gegenstand des juristischen Gutachtens war – –
Der gesamte Untersuchungsgegenstand unterstellt als gegeben, dass im Freistaat Sachsen kriminelle und korruptive Netzwerke bestanden haben oder noch bestehen sollen. Ob und gegebenenfalls in welchem Ausmaß dies der Fall ist, ist bis heute nicht annähernd geklärt. Ich erinnere: All diejenigen Wertungen, die im Gutachten des Juristischen Dienstes aufgeführt sind, hat sich der Rechtsausschuss zu eigen gemacht.
Meine Damen und Herren! Der im Einsetzungsantrag enthaltene Untersuchungsauftrag lässt nach Auffassung des Rechtsausschusses nur einen Schluss zu: Der Antrag ist unzulässig; er verletzt Verfassungsrecht. Der Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss hat, wenn ich auf den möglichen Änderungsantrag, der heute auf den Tischen liegt, kurz zu sprechen komme, ausschließlich eine gutachtliche Äußerung zur Frage – –
der rechtlichen Zulässigkeit der Drucksache 4/9265 abzugeben. Es handelt sich um eine spezialgesetzliche Aufgabe, und, Herr Porsch, entgegen § 32 Abs. 3 der Geschäftsordnung – dies war ebenfalls Erörterungspunkt im Rechtsausschuss – ist dem Bericht an den Landtag daher keine Beschlussempfehlung beizufügen, sondern das – und damit die Bewertung des heute vorgestellten Antrages – obliegt allein dem heutigen parlamentarischen Prozedere. Es ergeben sich drei Konsequenzen für die parlamentarische Behandlung:
Erstens. Die Minderheitenantragsteller dürfen im Rahmen des Minderheitenrechtes laut Artikel 54 der Sächsischen Verfassung frei entscheiden, ob sie ihren Antrag weiter verfolgen oder nicht. Im Blick auf den Ausgangsantrag ist nach Auffassung des Rechtsausschusses der Untersuchungsauftrag, soweit er im Antrag formuliert war, verfassungswidrig.