Das ist die Geschäftsordnung. Deswegen hatte ich darum gebeten, dass der Berichterstatter das Plenum informiert. Für den Inhalt bin ich nicht zuständig.
Meine Damen und Herren! Ich wiederhole: Im Rechtsausschussverfahren ist jede gesetzliche Frist eingehalten worden. Von einer Verzögerung kann nicht die Rede sein. Inhaltlich haben die Voraussetzungen für eine Überweisung an den Rechtsausschuss vorgelegen. Im Ausschuss ist dazu erörtert worden, dass sich die von mir genannte Vorschrift nicht auf die Einsetzung, sondern nur auf die Ausschussarbeit bezieht. Das ist unzutreffend. Die Worte „Zulässigkeit einer Untersuchung“ sind bei der Anwendung der üblichen juristischen Auslegungsmethode nur dahin gehend zu verstehen – so die Erkenntnis des Rechtsausschusses –, dass sie sich gerade auf die Entscheidung über die Einsetzung eines Ausschusses, um den es hier geht, beziehen.
Ich lasse jetzt noch einen Antrag zur Geschäftsordnung zu und werde danach auf die Geschäftsordnung eingehen und deutlich machen, dass jetzt Geschäftsordnungsanträge zu den Rednern nicht zulässig sind.
Herzlichen Dank. Ich wollte nur § 32 Geschäftsordnung mit der Überschrift Berichterstattung, Abs. 3, soweit es die Sache betrifft, zitieren: „Der Bericht zur überwiesenen Vorlage muss die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses mit Begründung sowie die Ansicht der Minderheit und allenfalls die Stellungnahme der mitberatenden Ausschüsse enthalten.“
Ich stelle fest, dass das bis dato überhaupt nicht geschehen ist, und ich bitte Sie, dafür zu sorgen, dass § 32 Abs. 3 eingehalten wird.
Ich verweise auf § 89 der Geschäftsordnung: „Anträge zur Geschäftsordnung können außerhalb der Reihenfolge der Redner, jedoch erst nach Abschluss der Ausführungen eines Redners gestellt werden.“ Deswegen spricht jetzt der Berichterstatter des Ausschusses.
4. Juli sind Zweifel über die Zulässigkeit des Einsetzungsauftrages geäußert worden. Der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Herr Dr. Hähle, hat in der Plenardebatte wörtlich geäußert: „Nach unserer Rechtsauffassung ist jedoch der Untersuchungsauftrag, so wie er formuliert ist, durch die Bank verfassungswidrig.“ Herr Dr. Hähle hat gegenüber dem Einsetzungsauftrag unter anderem die Verletzung des Bestimmtheitsgebotes, die Verletzung des Grundsatzes der Wertungsfreiheit und vor allem die Verletzung des Verfassungsprinzips der richterlichen Unabhängigkeit gerügt.
Der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Herr Prof. Weiss, hat ebenso deutlich ausgeführt, dass für die Einsetzung eines Ausschusses ein Antrag vorliegt, dem die Verfassungswidrigkeit bereits auf die Stirn geschrieben steht. Unter Hinweis auf eine unzulässige Vorbewertung, auf eine Erstreckung des Untersuchungsgegenstandes auf nicht abgeschlossene Vorgänge, auf eine Verletzung der richterlichen Unabhängigkeit und der fehlenden Bestimmtheit des Auftrages hat Herr Prof. Weiss bewertet: „Wer das schärfste Schwert der Opposition so unprofessionell schleift, darf sich nicht wundern, wenn er sich damit ins eigene Fleisch schneidet.“
Beide Fraktionsvorsitzenden haben in der Sache die Überweisung des Antrages mit der Drucksachennummer 4/ – –
(Empörte Zurufe von der Linksfraktion – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Das ist eine Farce, hier!)
Meine Damen und Herren! Ich lasse jetzt keine Diskussion zu, was die Geschäftsordnung betrifft. Sie wollen Anfragen an den Ausschussberichterstatter stellen.
Beide Fraktionsvorsitzenden haben in der Sache die Überweisung des Antrages an den Rechtsausschuss beantragt, der damit berufen war. Ich glaube, dass das zweifellos zu meinem Bericht zählt. Der Rechtsausschuss war damit, meine Damen und Herren, verpflichtet, seine gutachterliche Äußerung unverzüglich abzugeben. Ich habe die Sitzung daher auf den nächsten Tag, den 5. Juli, anberaumt und als Tagesordnungspunkt „Beratung und Entscheidung über die gutachtliche Äußerung nach § 1 Abs. 3 Untersuchungsausschussgesetz“ festgelegt.
Die Ausschussberatung war hauptsächlich von der Frage geprägt, ob beim Juristischen Dienst eine die Entscheidungsfindung fördernde gutachtliche Stellungnahme einzuholen sei. In der Sitzung ist dazu zunächst vor allem in einer Debatte über die Richtigkeit der Tagesordnung die Meinung geäußert worden, die Einholung eines Gutachtens sei nicht angezeigt, weil der Ausschuss die gutachtliche Äußerung unverzüglich abzugeben habe. Auch sei im Plenum davon nicht die Rede gewesen.
Meine Damen und Herren! Abgesehen davon, dass die Wortwahl des Tagesordnungspunktes indifferent ist, waren beide Einlassungen bereits nicht schlüssig. Bei dem vom Plenum getroffenen Überweisungsauftrag musste von der Einbeziehung des Juristischen Dienstes nicht die Rede sein.
Wenn sich der Landtag entscheidet, nach § 1 Abs. 3 Untersuchungsausschussgesetz zu verfahren und sich des Rechtsausschusses zu bedienen, ist offensichtlich, dass dem Ausschuss damit hinsichtlich der Art und Weise seines Vorgehens Ermessen zukommt.
Soweit die Meinung vertreten wird, der Rechtsausschuss müsse unverzüglich handeln, ist das zweifellos richtig. Unrichtig ist aber die von einem Ausschussmitglied geäußerte Behauptung, „unverzüglich“ heiße nach seinem Verständnis nicht mehr als 24 Stunden, nötigenfalls über Nacht. Es sollte jedem Juristen bekannt sein, dass unter dem Wort „unverzüglich“ im Allgemeinen „Handeln ohne schuldhaftes Verzögern“ verstanden wird.
In diesem Sinne hat der Ausschuss „unverzüglich“ agiert, und zwar sowohl hinsichtlich der ersten Befassung als auch hinsichtlich des gesetzlich fixierten Rahmens von einer Woche.
Soweit im Ausschussverfahren – dies berichte ich – der Vorwurf einer Verzögerungstaktik geäußert worden ist, erweist sich dieser danach als haltlos.
Der Ausschuss hat dann mehrheitlich entschieden, den Präsidenten zu bitten, eine gutachtliche Stellungnahme bis zum 11. Juli 2007 erstellen zu lassen, die die Zulässigkeit der Untersuchung im Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum Gegenstand haben sollte. Für die Einholung einer solchen gutachtlichen Stellungnahme sprechen gute Gründe.
Mit der Einschaltung des Rechtsausschusses nach § 1 Abs. 3 Untersuchungsausschussgesetz soll das Verfahren zur Einsetzung auf eine geordnete rechtliche Grundlage gestellt werden. Der Landtag, meine Damen und Herren, bedient sich des Rechtsausschusses wegen der dort im Allgemeinen vermuteten juristischen Kompetenz. Dann muss diese innerhalb des ohnehin zeitlich vorgegebenen gesetzlich begrenzten Rahmens aber auch genutzt werden. Der Rechtsausschuss arbeitet, meine Damen und Herren, dann seriös, wenn er sich der infrage kommenden geeigneten juristischen Standards bedient. Auch und gerade bei seiner Tätigkeit – und dort umso mehr – steht die Politik nicht neben der Verfassung und nicht über ihr.
Meine Damen und Herren! Der Juristische Dienst hat die gutachtliche Stellungnahme innerhalb der vorgegebenen Zeit abgegeben. Im Namen des gesamten Ausschusses, aber auch persönlich als Ausschussvorsitzender danke ich den Autoren der gutachtlichen Stellungnahme und den damit befassten Mitarbeitern ausdrücklich.
Die Stellungnahme erfüllt – das will ich bereits hier in aller Deutlichkeit sagen; ich komme auf die materielle Bewertung zurück –
jegliche Standards, die an ein sorgfältiges, qualifiziertes juristisches Gutachten zu richten sind. Die Stellungnahme des Juristischen Dienstes hat maßgeblich zur Entscheidungsfindung des Rechtssausschusses beigetragen. Ich sage noch einmal den Autoren ausdrücklichen und herzlichen Dank.
Meine Damen und Herren! Der Rechtsausschuss hat am 13.07.2007 abschließend beraten. Er ist mehrheitlich der Auffassung gefolgt, dass die Untersuchung mit der Drucksache 4/9265 unzulässig ist, und zwar aus den folgenden Gründen:
Auf der Grundlage des Grundsatzes der Gewaltenteilung darf der Landtag ausschließlich nach Maßgabe der Verfassung die vollziehende Gewalt kontrollieren. Das gilt auch und gerade für einen Untersuchungsausschuss. Vorgänge, für die die Exekutive keine rechtliche und keine politische Verantwortung trifft, verbieten von Verfassungs wegen eine Untersuchung. Vor allem in der durch das Grundgesetz und Artikel 77 Abs. 2 unserer Landesverfassung gewährleisteten richterlichen Unabhängigkeit findet die Zuständigkeit eines Untersuchungsausschusses ihre Grenze. Dort, meine Damen und Herren, wo Staatsanwaltschaften und Gerichte berufen sind, hat ein Untersuchungsausschuss nichts zu suchen. Die mit der Drucksache 4/9265 angestrebte Untersuchung verletzt diesen Grundsatz in mehrfacher Hinsicht:
Erstens. Wenn der Ausschuss die komplexen Sachverhalte zu kriminellen und korruptiven Netzwerken in Sachsen und dem Zustandekommen bzw. Begünstigungen – so weit das Zitat – zum Gegenstand haben soll, ist dies verfassungswidrig, und zwar so weit, als sich der Ausschuss danach aus eigenem Ermessen an die Stelle von Strafverfolgungsbehörden setzen könnte. Eigene strafrechtliche Ermittlungen liegen außerhalb der Zuständigkeit des Landtages und damit auch des Untersuchungsausschusses.
Zweitens. Soweit der Untersuchungsgegenstand mit den Worten – ich zitiere – „Feststellung der strukturellen Ursachen und Gründe für eine offenkundig unzureichend wirksame Aufklärung und Verfolgung der Organisierten Kriminalität durch die zuständigen Strafgerichte“ beschrieben wird, ist der Grundsatz der Gewaltenteilung
ebenfalls verletzt, weil der Ausschuss danach aus eigenem Ermessen richterliche Entscheidungen – und es sind Entscheidungen von Gerichten – untersuchen könnte.
Drittens. Soweit der Ausschuss – Zitat – „die Untersuchung der Geschäftsverteilung der Gerichte nach Eröffnung des Hauptverfahrens und nach Zurückverweisung im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens“ zum Gegenstand hat, liegt darin eine verfassungswidrige Einflussnahme – so die Erkenntnis des Rechtsausschusses – auf die unabhängigen Präsidien der Gerichte und damit letztlich auf richterliche Spruchkörper selbst. Der Geschäftsverteilungsplan wird von den Präsidien in richterlicher Unabhängigkeit beschlossen. Kein Untersuchungsausschuss darf über Anlass und Gründe der Geschäftsverteilung Beweis erheben.
Ich bin froh, sage ich ganz ausdrücklich, dass die Zeiten der Beeinflussung der Gerichte durch die Staatsmacht einer Einheitspartei ein Ende gefunden haben, meine Damen und Herren.
Herr Prof. Schneider, ich bitte, keine persönlichen Wertungen bei der Berichterstattung des Ausschusses vorzunehmen.
Meine Damen und Herren! Der Untersuchungsauftrag verletzt in weiterer Hinsicht den Grundsatz der Gewaltenteilung. Danach sind die verschiedenen Staatsfunktionen Ausdruck selbständiger Tätigkeit.