Protokoll der Sitzung vom 31.08.2007

Dies wurde hinfällig, nachdem die anderen neuen Länder Kooperationen mit westdeutschen Landesbanken eingegangen sind. Die Entscheidung für die eigene Landesbank haben wir im Dezember 1991 im Landtag gemeinsam auf den Weg gebracht. Am 01.01.1992 konnte die Landesbank ihr Geschäft aufnehmen.

Meine Damen und Herren! Die Bank war in all den Jahren ein wichtiger Ansprechpartner für größere Unternehmen, die in Sachsen entweder neu investieren oder schon vorhandene Betriebe ausbauen wollten. Nicht nur bei großen Investitionen wie AMD, Infineon, Porsche oder BMW mit vielen Tausend Arbeitsplätzen hat die Landesbank als Finanzierungspartner, als Projektentwickler, als Berater, als Ansiedlungsunterstützer oder als Gründungsfinanzier nachhaltig und erfolgreich mitgewirkt. Die Erfolge der Sachsen LB für den wirtschaftlichen Aufbau unseres Landes sind unbestritten.

(Sebastian Scheel, Linksfraktion: Können Sie Ihre Grabrede nicht woanders halten?)

Meine Damen und Herren! Diese Rolle wird die Landesbank auch als Tochter der LBBW weiterhin wahrnehmen. Das ist sichergestellt und Anliegen unseres neuen Partners in Baden-Württemberg. Dauerhaft werden die guten Beziehungen zwischen den sächsischen Sparkassen und der Landesbank vorhanden sein. An dieser Stelle lassen Sie mich ausdrücklich feststellen: Die Spareinlagen der Sparkassen sind sicher.

(Jürgen Gansel, NPD: Bravo!)

Auch heute bin ich der Meinung, dass die Entscheidung von 1991 richtig war. Die Sachsen LB hat sich als positiver Standortfaktor für unser Land erwiesen. Sie hat die auf wirtschaftliche Entwicklung und technologischen Fortschritt basierende Aufbaustrategie für den Freistaat unterstützt, und dies wird sie auch künftig tun.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir abschließend noch ein Wort in eigener Sache. In all den Jahren meines politischen Wirkens im Freistaat habe ich stets versucht, den Sachsen und den Interessen des Freistaates zu dienen. Dies gilt auch für die Jahre als Sächsischer Staatsminister der Finanzen und gerade jetzt im August 2007. Mit Unterstützung des Parlamentes – mit Ihrer Unterstützung, insbesondere der Unterstützung meiner CDU-Fraktion – können wir insgesamt gute Erfolge vorweisen. Ich danke Ihnen allen

für das kollegiale Miteinander. Wer mich wirklich kennt, der weiß, dass es für mich sehr schmerzlich ist, dass die einzige ostdeutsche Landesbank unter den gegebenen Umständen nicht mehr eigenständig erhalten werden kann. Vielleicht mag es antiquiert klingen, aber wer sich in der Politik in die Verantwortung nehmen lässt, muss bereit sein, immer das Ganze im Blick zu haben.

Ich halte inne und ich habe gerade in den letzten Tagen schwerer Arbeit innegehalten und für mich eine persönliche Entscheidung getroffen, eine rein persönliche Entscheidung, denn auch jetzt will ich mich nicht aus der Verantwortung stehlen. Ich beabsichtige, zur Aufarbeitung des Verkaufs der Sachsen LB und zum möglichst reibungslosen Einstieg der LBBW beizutragen sowie gemeinsam mit unseren sächsischen Kommunen die noch offenen Fragen einer schnellen Lösung zuzuführen. Zum 30. September 2007 stelle ich mein Amt zur Verfügung.

(Beifall bei der NPD)

Den Ministerpräsidenten habe ich darüber informiert.

Herzlichen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Ich danke dem Herrn Staatsminister für seine Regierungserklärung.

Meine Damen und Herren! Vor Beginn der Aussprache muss ich auf Folgendes hinweisen: In der Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses am 29. August 2007 legte das Staatsministerium der Finanzen eine Grundlagenvereinbarung der Eigentümer der SLB und der LBBW über die Übernahme der SLB vor. Dieses Dokument ist vom Finanzministerium als Verschlusssache in die Geheimhaltungsstufe „VS vertraulich“ eingestuft worden. Daraus folgt, dass nach Geheimschutzordnung des Sächsischen Landtages eine Behandlung dieser Verschlusssache im Plenum nur in geschlossener Sitzung und nach Fassung eines entsprechenden Geheimhaltungsbeschlusses gemäß § 353b Abs. 2 des Strafgesetzbuches zulässig ist. Dies gilt nicht für die Inhalte der Verschlusssache, die bereits öffentlich bekannt geworden sind oder vom Finanzministerium selbst in einer dem Haushalts- und Finanzausschuss vorgelegten Zusammenfassung der Verschlusssache vom Geheimschutz ausgenommen worden sind.

Sollte der Wunsch bestehen, geheimhaltungsbedürftige Inhalte der genannten Verschlusssache in der nun folgenden Aussprache zu behandeln, bitte ich jetzt um einen entsprechenden Hinweis, damit die dafür erforderlichen Voraussetzungen hergestellt werden können. – Ich stelle fest, dass das nicht der Fall ist.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Aussprache über die Regierungserklärung. In folgender Reihenfolge bitte ich die Fraktionen das Wort zu nehmen: Linksfraktion, CDU, SPD, NPD, FDP, GRÜNE; und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Die Debatte ist eröffnet. Ich bitte

die Linksfraktion, das Wort zu nehmen. Herr Dr. Hahn, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die letzten Worte von Herrn Dr. Metz haben mir das bestätigt, was ich die ganze Zeit gefühlt habe: Das, was wir eben gehört haben, war keine Regierungserklärung, sondern eine Abschiedsrede. Ich muss sagen, dass ich betroffen war über das, was hier ausgeführt worden ist. Wenn man Herrn Metz aufmerksam zugehört hat, dann konnte man feststellen, dass er den Ernst der Lage offenbar noch nicht einmal ansatzweise begriffen hat. „Schönfärberei“ ist noch eine freundliche Umschreibung für das, was er eben geboten hat. Ich zolle ihm dennoch für seine Entscheidung Respekt.

Eines ist doch aber klar: Das, was am vergangenen Sonntag in Dresden abgelaufen ist, war der finanzpolitische Offenbarungseid der Sächsischen Staatsregierung und zugleich die bisher größte Niederlage für den sächsischen Ministerpräsidenten.

(Beifall bei der Linksfraktion und der NPD)

Lassen Sie mich deshalb gleich zu Beginn in aller Deutlichkeit sagen: Angesichts der Tragweite der jüngsten Ereignisse, angesichts des offenkundigen Versagens der Staatsregierung beim Krisenmanagement und angesichts der unabsehbaren finanziellen Folgen für das Land wäre es nicht nur wünschenswert, sondern eigentlich auch geboten gewesen, dass die heutige Regierungserklärung durch den Ministerpräsidenten selbst gehalten worden wäre.

(Beifall bei der Linksfraktion, der FDP, den GRÜNEN und vereinzelt bei der NPD)

Sie, Herr Milbradt, hatten die Richtlinienkompetenz. Sie, Herr Milbradt, haben die Landesbank nicht nur erfunden, sondern auch deren Entwicklung bis zu ihrem Untergang maßgeblich beeinflusst. Sie, Herr Milbradt, tragen die Hauptverantwortung für die jetzt eingetretene dramatische Situation. Da ist es auch ein Stück Feigheit, dass Sie hier nicht selbst ans Pult gehen und sich von ihrem Finanzminister vertreten lassen.

(Beifall bei der Linksfraktion, der NPD, der FDP und den GRÜNEN)

Im Übrigen führt auch schon der Titel der Regierungserklärung in die Irre. Es geht doch nicht um irgendeine Veräußerung von Anteilen des Freistaates Sachsen an der Landesbank – es geht um den Notverkauf der kompletten Sachsen LB. Es geht um Fehlspekulationen, die den Freistaat Sachsen fast in den Ruin geführt hätten, und es geht um die Frage, wer das zu verantworten hat und warum dies gerade hier in Sachsen geschehen konnte.

Auch andere Landesbanken haben auf Kapitalmärkten spekuliert; doch es gibt nur eine Landesbank, die sich damit selbst vom Markt gefegt hat.

Herr Ministerpräsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was sich hier in den letzten Tagen in Sachsen

abgespielt hat, sucht seinesgleichen in der deutschen Nachwendegeschichte. Eine Hiobsbotschaft jagte die nächste. Erst muss plötzlich eine Kreditlinie von sage und schreibe 17 Milliarden Euro aufgenommen werden, durch die die Bank vermeintlich gesichert ist. Dann tauchen – angeblich aus heiterem Himmel – immer neue Löcher in dreistelliger Millionenhöhe auf und die Bank ist plötzlich so pleite, dass sie binnen weniger Stunden fast zum Nulltarif verhökert wird, wobei das Land und damit die Steuerzahler auf sämtlichen Risiken sitzen bleiben.

Auch danach gab es Chaostage in Dresden. Immer größere Milliardensummen stehen in Rede, für die womöglich die Haftung übernommen werden muss. Desinformation der Öffentlichkeit ist an der Tagesordnung, neue, windige Geschäfte werden bekannt. Der Finanzminister liest halbherzige Dementis Wort für Wort vom Zettel ab. Und der Ministerpräsident taucht völlig unter, nachdem er sich zum Retter der Bank erklärt hat, dem man doch eigentlich dankbar sein müsse.

Herr Milbradt, die Bank ist nicht im sicheren Hafen. Sie haben sie auf Grund gesetzt. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der Linksfraktion und des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

Die Verwaltungsräte der Landesbank und der SPDWirtschaftsminister fühlen sich hintergangen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Bilanzfälschung sowie der Untreue. Gestern wird schließlich der gesamte Vorstand der Landesbank in die Wüste geschickt. Politische Konsequenzen? – Bislang Fehlanzeige.

Ich sage es Ihnen in aller Deutlichkeit, meine Damen und Herren: Das kann und wird nicht so bleiben. Was wir eben vom Finanzminister gehört haben, kann nur ein erster Schritt sein.

(Beifall bei der Linksfraktion und der NPD)

Es ist doch aberwitzig – jedem Dorfbürgermeister droht eine Anklage, wenn er ein paar Tausend Euro an Fördermitteln zweckwidrig einsetzt. Die Rechtsaufsicht kann dann die Amtsenthebung verfügen. Hier geht es um Milliarden und die Verantwortlichen in der Staatsregierung tun so, als ginge es sie nichts an. Damit werden Sie auf Dauer nicht durchkommen!

(Beifall bei der Linksfraktion)

Ob der überstürzte Verkauf der Sachsen LB tatsächlich alternativlos war, wie Sie gebetsmühlenartig behaupten, werden die kommenden Monate zeigen, ebenso, was die Zusagen des Ministerpräsidenten wert sind, dass vom Freistaat größerer Schaden abgewendet worden sei und dass alle Arbeitsplätze in Leipzig erhalten blieben. Wir haben diesbezüglich erhebliche Zweifel.

Natürlich war es richtig und notwendig, dass der Ministerpräsident die Fraktionsvorsitzenden informell über die in der Tat existenzbedrohende Lage der Landesbank unterrichtet hat. Aber dass eine Entscheidung, bei der es letztlich um Milliardenbeträge geht, nicht durch das

Parlament, sondern allein durch das Kabinett getroffen wurde und wir heute vor vollendete Tatsachen gestellt worden sind, ist und bleibt für uns inakzeptabel.

(Beifall bei der Linksfraktion und vereinzelt bei der NPD)

Ich füge hinzu: Wir werden in dieser Frage juristische Schritte prüfen. In diesem Zusammenhang wird auch näher zu untersuchen sein, wann die Staatsregierung und insbesondere der Ministerpräsident persönlich tatsächlich von den drohenden Verlusten der Landesbank erfahren hat. Nach meinen Informationen hat der inzwischen zurückgetretene Landesbankchef Süß im Haushalts- und Finanzausschuss erklärt, er hätte bereits Ende Juli 2007 Kenntnis von – so wörtlich – erheblichen Liquiditätsrisiken erhalten. Es ist sicher nicht nur für mich schlichtweg unvorstellbar, dass die Staatsregierung, dass der Ministerpräsident davon nichts erfahren haben soll. Wenn das aber der Fall war, dann wäre ausreichend Zeit gewesen, den Landtag darüber zu unterrichten und den Abgeordneten entsprechende Beschlussvorlagen mit detaillierter Begründung vorzulegen.

Deshalb bleibe ich bei dem, was ich am vergangenen Sonntag gesagt habe: Wir als Linksfraktion werden uns weder für die folgenschweren Verfehlungen der Vergangenheit noch für den Notverkauf der Bank in Mithaftung nehmen lassen. Diese Verantwortung muss die Staatsregierung tragen, und zwar mit allen Konsequenzen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Normalität nach Gesetz und Sächsischer Haushaltsordnung ist – der Finanzminister hat eben darauf hingewiesen –, dass eventuelle Veräußerungen von Landesanteilen an wichtigen Unternehmen durch das Parlament zu beschließen sind. Es dürfte wohl ein bundesweit einmaliger Vorgang sein, dass eine ganze Landesbank binnen dreier Tage an den gewählten Volksvertretern vorbei einfach verramscht wird.

Für uns ist klar: Eine Regierung, die durch schlimmste Misswirtschaft einen Ausnahmezustand verschuldet, der eine demokratische Entscheidung des Landtages unmöglich macht, darf eigentlich keinen Tag länger im Amt bleiben.

(Beifall bei der Linksfraktion und der NPD)

Meine Damen und Herren! Es geht hier nicht um das Auswechseln einzelner Personen. Hier ist eine großspurige Methode, Politik zu machen, auf der ganzen Linie gescheitert. Diese Methode der Politik hat die Zentren der sächsischen Wirtschaft zu verlängerten Werkbänken der westdeutschen Bundesländer gemacht und nun die Landesbank in einer Nacht-und-Nebel-Aktion an einem schönen Sonntag mal eben nach Baden-Württemberg verscherbelt. Die Folgen sind ebenso eindeutig wie verheerend. Über Kreditlinien für Investoren in Sachsen wird künftig allein in Stuttgart entschieden.

Das ist geblieben von Ihrem gescheiterten Experiment, Herr Ministerpräsident, für das die sächsischen Steuerzahler noch in Jahren werden bluten müssen.

Auf der heutigen Sitzung werden wir nun nur noch im Nachhinein unterrichtet. Aber wir werden uns nicht mit Allgemeinplätzen abspeisen lassen. Der Landtag hat Anspruch darauf, dass er sämtliche Informationen erhält, die ihm auch vorgelegt worden wären, wenn er über den Verkauf hätte abstimmen müssen. Die heutigen Ausführungen des Herrn Finanzministers waren diesbezüglich völlig unzureichend.

Für uns gibt es eine ganze Reihe offener Fragen, die wir sowohl im Haushalts- und Finanzausschuss als auch im Untersuchungsausschuss nachdrücklich stellen werden. Heute und hier will ich nur einige davon nennen: