Protokoll der Sitzung vom 27.09.2007

Mann, aus dessen Bein und Fleisch sie ja gebildet war, weshalb sie dachte: Geht es dem Mann gut, geht es auch mir gut.

(Heiterkeit der Abg. Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion)

Die Äpfel des Baumes, der mitten im Paradies stand, stachen ihr besonders ins Auge. „Sie waren“, so schreibt Moses, „eine Lust für die Augen, gut zu essen und verlockend, weil ihr Genuss klug machte.“ – Nun, solch einen Apfel findet man heute nicht mehr, schon gar nicht in diesem Hohen Hause.

(Heiterkeit und Beifall bei der Linksfraktion)

Das Problem bzw. der dramatische Konflikt im Sinne des Unterhaltungsfilmes war freilich, dass just die Früchte dieses Baumes verboten waren. In diesem Augenblick erdachte sich aber die Schlange die Werbung und versprach der Männin und ihrem Mann, zu werden wie Gott und unsterblich, wenn sie gerade von diesen Früchten essen würden.

(Jürgen Gansel, NPD: Reden Sie doch mal über Familienpolitik!)

Das war die erste Familie, Herr Gansel; schnattern Sie nicht so!

Und weil die Männin noch nicht von den Früchten gegessen und deshalb auch noch gar nicht klug war, fiel sie nur allzu leicht auf die Werbebotschaft herein – es geht ja heute auch um solche Frauen, wie sie Frau Schüßler beschrieben hat –; sie aß von den Früchten und gab auch ihrem Mann davon. Die Tragödie nahm ihren Lauf – aber nicht, wie in der Werbung versprochen. Der Apfel war schon damals – wie noch so oft und bis heute – für den Menschen nicht bekömmlich, und damit war der Punkt erreicht, an dem das Eva-Prinzip zum ersten Mal scheiterte.

(Beifall bei der Linksfraktion, der FDP und den GRÜNEN – Alexander Delle, NPD: Selten so gelacht!)

Der Mann und die Männin wussten gar nicht, wie ihnen geschah. Sie sahen sich plötzlich nackt, schämten sich dessen, versteckten sich und erfanden die Bekleidung und damit auch die Mode. Es kam aber noch viel schlimmer. Sie wurden von ihrem Schöpfer verdammt – sie zur Mühsal der Geburt, er zum Schweiß, der fortan zum Essen gehören sollte, und beide zur Sterblichkeit.

(Jürgen Gansel, NPD: Melden Sie sich doch im Kabarett an! – Zuruf der Abg. Gitta Schüßler, NPD)

Aus dem Paradies wurden sie vertrieben, und dem Manne wurde die Herrschaft über das Weib erteilt. Adam nannte sein Weib jetzt Eva – das heißt hebräisch Leben –, eben, weil sie fortan nur einen Zweck erfüllen sollte: unter Schmerzen die Mutter aller, die da leben, zu gebären. Zeugen und Gebären, Leben und Sterben waren die

Folgen des Sündenfalles; Mord und Totschlag aber auch – und das bereits in der nächsten Generation.

Doch spätestens nach der Sintflut ward die Verdammnis über die Menschen und die Erde in einem Bund zwischen Noah und seinem Schöpfer aufgehoben, nachzulesen im 8. Kapitel im Ersten Buch Moses. Dies hätte auch eine Chance für die Frau sein können, denn Gott wollte nicht mehr schlagen alles, was da lebt. Es galt der Fluch nicht mehr, der Frau keine andere Rolle zuzugestehen als die, dass ihr Verlangen nach ihrem Manne sein sollte, dieser aber ihr Herr wäre. „Doch das Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf“ – so die von Moses aufgeschriebene göttliche Resignation –, und gegen Dummheit ist kein Kraut gewachsen – so die menschliche Erfahrung. Es mag ja sein, dass da, wer Eva heißt – und gar noch Herman –, besonders gefährdet ist, selbst wenn der „Her“ in „Herman“ etwas weniger scharf als sonst, nur mit einem „r“, geschrieben wird. – Frau Herrmann, das ist auch gut für Sie; alles, was ich zu „Herman“ sage, trifft auf Sie nicht zu. Nomen ist eben auch oft Omen, weshalb sich Eva immer noch freiwillig in die Verdammnis begeben kann, als Frau den Mann als ihren Herrn anzuerkennen, also ihn zum „Herr-Mann“ zu machen und nichts als die Vereinigung mit diesem Mann und die schmerzhafte Geburt zum weiblichen Lebenszweck zu erheben.

Nun, der Menschin Wille sei ihr Himmelreich, möchte man nun zu Eva Herman sagen und zur Tagesordnung übergehen. Ja, wenn da nicht eben jene wackeren braunen Männer und ihre Evas wären, die in einer solchen Dummheit die neue, die zweite Quelle des Eva-Prinzips sehen würden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich erhebe warnend die Stimme; denn solche Ignoranten haben nebst anderen auch schon einmal einen dicken Herrmann – nun standesgemäß mit zwei „r“ – vergöttert, und der hieß mit Nachnamen – hören Sie einmal zu – bekanntlich Göring.

(René Despang, NPD: Das gibt es doch nicht! So ein Stuss!)

Das ist, namenkundlich gesehen, ein verkümmerter „Gerhard“ und meint einen strengen Patron mit Speer – einen Mann, wie ihn sich eben braune Männlein und Weiblein erträumen, und Ihre Eva hieß damals auch noch Braun; nun sage wirklich niemand mehr, Nomen sei nicht Omen. Zum Glück war diese Eva unfruchtbar oder ihr Patriarch impotent – ’rum wie ’num, wie das der Sachse sagt; es war aber gut so.

(Heiterkeit bei der Linksfraktion)

Wir müssen uns aber – ich bin gleich fertig – an die ganze Geschichte erinnern; denn wir wissen, wie gefährlich ein Eva-Prinzip dieser Leute ist.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Hier im Hause sitzen falsche braune Propheten, getarnt als pausbäckige Äpfel. Machen wir ihre archaischen

Kreuzzüge nicht mit, auch wenn es zunächst nur Mutterkreuzzüge sein sollten, – –

(Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion)

meine Damen und Herren, es werden immer Kriege daraus!

(Beifall bei der Linksfraktion und den GRÜNEN)

Ich erteile das Wort der Fraktion der SPD; Frau Dr. Schwarz, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf hier für die Koalition sprechen. Frau Schüßler, Sie sind akustisch immer sehr schlecht zu verstehen; aber inhaltlich, glaube ich, auch. Beim EvaPrinzip, Herr Prof. Porsch, habe ich ebenfalls gestutzt und an Eva Braun denken müssen; aber sie kann wohl nicht gemeint sein, auch wenn die NPD hier das verräterische „Zurück zu einer lebensrichtigen“ – welche Anmaßung! – „Familien- und Bevölkerungspolitik“ thematisiert. Dass Eva Braun lange in wilder Ehe lebte und kinderlos hat sterben müssen – „Kinderlosigkeit – Bindungslosigkeit“ – , zumindest ist ihr erspart geblieben, ihre Kinder umbringen zu müssen.

(Jürgen Gansel, NPD: Wir reden von Eva Herman! – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Richtig! Natürlich!)

Ja, natürlich bezieht sich das Eva-Prinzip auf das Buch von Eva Herman, 2006 erschienen, also eigentlich nicht aktuell. Für die NPD ist es aktuell geworden, weil diese Autorin die Vorstellung ihres neuen Buches verbunden hat mit einer für mich bedauerlichen partiellen Wahrnehmung des Familienbildes und anderer sogenannter Werte des Nationalsozialismus. Ja, diese partielle Wahrnehmung des Nationalsozialismus auch in anderen Bereichen ist Wasser auf die Mühlen der NPD. Ihre Strategie ist es, so zu tun, als gäbe es keinen direkten Bezug zur Politik des NSRegimes.

Wir haben Sie schon mehrfach entlarvt und werden dies auch weiterhin tun.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Linksfraktion)

Ja, es ist diese partielle Wahrnehmung, die die Verbrechen des NS-Regimes, die Verbrechen an Familien ausblenden soll. Es waren Verbrechen, die in den Nürnberger Gesetzen und im Holocaust endeten. Was ist mit dem Schicksal jüdischer Familien oder sogenannter Mischehen? Wer ist nicht erschüttert, wenn er zum Beispiel an die Berge von Kinderschuhen in Auschwitz denkt? Was ist mit der Euthanasie? Ärzte beteiligten sich trotz ihres Eides und zerrissen Familien. Herr Müller, ich empfehle Ihnen den Besuch der Gedenkstätte in Pirna.

Was wurde aus Familien, aus Müttern mit ihren Kindern, Familien, die im „Lebensborn“ gegründet wurden?

(Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD – Gegenruf des Abg. Martin Dulig, SPD)

Was war der Hintergrund der Mutterkreuzideologie? Der Führer braucht Soldaten.

Habe ich Sie richtig verstanden, Frau Schüßler – wir werden das noch im Protokoll prüfen –, Sie sprachen von einer „erfolgreichen Bevölkerungspolitik des Dritten Reiches“? Ist das Ihre Ideologie, Ihr Rollenverständnis? Sie haben es ja deutlich ausgeführt. Die Auffassung von den Männern als Ernährern der Familie und die „schöpfungsgewollte Aufteilung“, die den Frauen ihre Rolle als Hausfrau und Mutter zuweist, sind eben rückwärtsgewandt. Die Mehrheit unserer Bürgerinnen und Bürger will aber vor allen Dingen nicht zurück zu einem Familienbild, wie es die Nazis propagierten.

(Beifall bei der SPD, der CDU, der Linksfraktion, der FDP und den GRÜNEN)

Hinzu kommt, dass Sie sich selbst in der Realität letztlich nicht darum scheren. Sie, Frau Schüßler, sollten nach Hause gehen.

(Beifall bei der SPD, der CDU, der Linksfraktion, der FDP und den GRÜNEN)

Sie sollten sich um Ihre Familie kümmern.

Und übrigens: Wussten Sie, dass nach der Machtergreifung Hitlers die Frauen ihre Mandate und ihr passives Wahlrecht verloren? Verheiratete Beamtinnen wurden entlassen.

(Alexander Delle, NPD: Was hat das mit Eva Herman zu tun?)

Der Platz der Frauen waren Wochenbett, Heim und Herd. Die Nazis haben die Rollenklischees auf die Spitze getrieben. Das ist auch das Ziel der NPD, trotz aller Ablenkungsmanöver.

(Jürgen Gansel, NPD: Sie nehmen wohl Medikamente?)

Schämen Sie sich, Herr Gansel!

(Beifall bei der SPD, der CDU, der Linksfraktion, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Herr Gansel, für diesen Zwischenruf erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

(Beifall bei der SPD, der CDU, der Linksfraktion, der FDP und den GRÜNEN)

Was ist geblieben von dieser Ideologie, von diesem Familienbild, als von den Nazis der Zweite Weltkrieg angezettelt wurde? Ein Desaster für Familien! Die Väter kämpften und starben an der Front oder kamen in Gefangenschaft. Die Mütter standen mit den Kindern allein da. Sie werden sich erinnern an die Bilder der Flüchtlinge – ältere Menschen, Frauen und Kinder. Wer saß in den Luftschutzkellern? Ältere Menschen, Frauen und Kinder! Die Frauen waren die Arbeitsmarktreserve.

Noch einmal an die Adresse der Antragstellerin: Wir werden wachsam bleiben. Wir lassen uns von Ihren platten Parolen nicht irreführen. Wir wissen, dass Sie als Wolf im Schafspelz daherkommen.