Protokoll der Sitzung vom 28.09.2007

(Lachen der Abg. Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion)

Bevor wir also über neue Geschenke oder Wohltaten reden, schauen wir uns in Sachsen lieber einmal an, was noch offen ist.

Meine Damen und Herren! Wir schieben in unserem Land immer noch 12 Milliarden Euro Schulden vor uns her und zahlen dafür pro Jahr über eine halbe Milliarde Euro Zinsen. Mit dieser halben Milliarde könnten wir – rein theoretisch – zum Beispiel 10 000 neue Lehrer in Sachsen einstellen. Das will natürlich keiner, das ist ganz klar. Es ist nur eine theoretische Zahl.

(Zuruf des Abg. Karl Nolle, SPD)

Allerdings sage ich Ihnen ganz ehrlich – um auch einmal in meinen Köcher zu greifen, meine Damen und Herren –, das Geld für die 200 Grundschullehrer, die wir in Sachsen brauchen, damit wir den Fremdsprachenunterricht ab Klasse 1 sachsenweit realisieren könnten, hätte ich schon ganz gern.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der Linksfraktion)

Aber das Lehrerbeispiel, meine Damen und Herren, zeigt meiner Ansicht nach eines ganz deutlich auf: Ohne die Pflicht, Zinsen bedienen zu müssen, ohne diese hohe Staatsverschuldung, die wir nach wie vor in Sachsen haben, hätten wir ganz andere Handlungsspielräume und könnten ganz andere Ausgabenprogramme lösen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Hätten wir die Schulden nicht gemacht, hätten wir manches nicht! – Peter Wilhelm Patt, CDU: Die haben wir noch von Ihnen!)

Wenn sich jetzt Herr Patt mit Herrn Porsch unterhalten will, würde ich den Platz hier frei machen. Ansonsten fahre ich einfach fort, denn es gibt noch einen ganz entscheidenden Punkt, Herr Porsch. Sie als Literat werden mir sicher recht geben, wir sind hier eben nicht bei Grimm und noch weniger bei dem Märchen vom Sterntaler.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

Unser neuer Finanzminister, Herr Tillich – sehen Sie ihn sich genau an –, sieht auch nicht aus wie das kleine Mädchen im Sterntaler, das unter freiem Himmel steht und das Röckchen aufhält. Dann fallen Sterne vom Himmel, die sich durch Wunderhand in Taler verwandeln. Er sieht nicht aus wie das kleine Mädchen; Sie, Herr Porsch, sehen diesem kleinen Mädchen auch nicht ähnlich.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Das stimmt!)

Die Mehreinnahmen unseres Staates fallen eben nicht als Wunder vom Himmel, sondern es ist Geld, das den Steuerzahlern in den letzten Jahren von Schwarz-Rot auf Bundesebene – übrigens mit Zustimmung unserer Staatsregierung im Bundesrat – in einer regelrechten Steuererhöhungsorgie, ich erinnere nur kurz an die Mehrwertsteuererhöhung, abgepresst worden ist.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Also müssen wir es zurückgeben! – Zuruf des Abg. Mario Pecher, SPD)

Herr Pecher, weil das bei Ihnen gefehlt hat, habe ich es ja gebracht.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Also müssen wir es zurückgeben!)

Auf die Idee, dass man in wirtschaftlich besseren Zeiten den Menschen dieses Geld zurückgeben könnte, Herr Porsch, aber nicht über Ihre parteipolitischen Verteilungsprogramme, sondern ganz direkt über Steuern- und Abgabensenkung, ist komischerweise – oder man muss das eigentlich erwarten – in diesem Land noch niemand gekommen;

(Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

außer natürlich der FDP.

(Lachen der Abg. Rita Henke, CDU)

Das wissen Sie. Wenn es Spielräume gibt, meine Damen und Herren, dann sollte die Politik dafür sorgen, dass die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes letztendlich wieder mehr Netto vom Brutto übrig haben, anstatt die Ausgaben des Staates weiter nach vorn zu treiben.

(Beifall bei der FDP)

Bevor Sie noch lauter schimpfen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linkspartei: In einer Sache sind wir mit Ihnen allerdings einig, das haben wir auch schon öfter hier an dieser Stelle besprochen: Über die Verwendung von möglichen Steuermehreinnahmen muss natürlich hier und nirgendwo anders, nicht in irgendwelchen Hinterzimmern auf der anderen Elbseite,

(Caren Lay, Linksfraktion: Das ist doch schon was!)

sondern im Parlament gesprochen und vor allem auch entschieden werden.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der Linksfraktion)

Spätestens seit den Vorgängen um die Sachsen LB haben wir, ich würde schon sagen, den endgültigen Beweis dafür, dass diese Staatsregierung überhaupt nicht dazu in der Lage ist, allein die richtigen Entscheidungen für dieses Land zu treffen.

(Rita Henke, CDU: Nur mit der FDP! – Lachen der Abg. Caren Lay, Linksfraktion)

Das wäre eine Variante.

Die Staatsregierung hat nicht nur die Sachsen LB, sondern auch das Vertrauen in eine solide sächsische Finanzpolitik verspielt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP, der Linksfraktion und des Abg. Karl Nolle, SPD)

Deswegen – und darin stimmen wir mit den Oppositionskollegen auf jeden Fall überein – ist es zwingend notwendig, dass wir als Parlamentarier, egal ob Regierungsfraktionen oder Opposition,

(Zuruf der Abg. Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion)

diese Regierung unterstützen, meine Damen und Herren. Wir müssen dieser Regierung helfen. Und helfen können wir nur hier im Plenum, helfen können wir nur, wenn sie unsere Unterstützung auch annimmt. Also ist es zwingend notwendig, dass alle wichtigen finanzpolitischen Entscheidungen in Zukunft hier in diesem Raum und nicht auf der anderen Elbseite getroffen werden.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

Die Fraktion GRÜNE erhält das Wort. Frau Hermenau, bitte.

Frau Präsidentin! Das parlamentarische Budgetrecht ist ein hohes Gut. Sie wissen, dass wir dies auch so sehen; denn Sie haben verfolgen können, dass wir deshalb sogar eine eigene Organklage eingebracht haben, als es darum ging, wie hier über die EU-Fördermittelverteilung bis 2013 verfügt worden ist. Aber wenn man Ihren Antrag liest, „liebe Linke“ – nicht nur die Überschrift –, dann merkt man, dass die Linke hier überhaupt nicht das Budgetrecht wahren will. Darum geht es nicht, sondern Sie wollen den Haushalt mit dauerhaften Mehrbelastungen überfrachten.

(Beifall des Abg. Mario Pecher, SPD)

Das ist Etikettenschwindel, und es ist auch nicht das ABC seriöser Haushaltspolitik.

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion: Ich dachte, Sie verstehen etwas davon!)

Ich verstehe auch Sie nicht, Herr Weckesser, dass Sie Ihre Reputation, die Sie sich offensichtlich über Jahre erarbeitet haben, so leichtfertig aufs Spiel setzen, indem Sie hier vorn einen derartigen Antrag vertreten. An Ihrer Stelle hätte ich das Frau Ernst vortragen lassen, das wäre vielleicht angemessener gewesen.

(Lachen bei der NPD)

Ich glaube, dass Sie, Herr Weckesser, sich nicht hier hinstellen können nach dem Motto: „Was kümmert mich der Schuldenberg von morgen?“, und das hier so vortragen. Es gibt einen ehernen Grundsatz – den kennen Sie auch –, dieser besagt: Steuermehreinnahmen werden niemals – niemals! – für dauerhafte Ausgaben aufzuwenden sein, weil sie unberechenbare Einnahmen mit einem „Verfallsdatum“ sind. Das ist zu riskant.

(Beifall des Abg. Dr. Fritz Hähle, CDU)

Wenn Sie das für 2007/2008 tun wollen, haben Sie maximal noch ein reichliches Jahr, denn 2007 ist fast herum. Ich finde das wirklich höchst unseriös. Sie wollen den Betrieb von Gemeinschaftsschulen mitfinanzieren; das Personal, also Gehälter, wollen Sie damit finanzieren, Sie wollen die Förderung einer nachhaltigen regionalen Entwicklung in der Lausitz finanzieren usw. Das sind alles löbliche Ziele.

(Beifall der Abg. Caren Lay, Linksfraktion)

Aber mit unkalkulierbaren Einmal-Einnahmen? Sie wecken damit bei den Menschen Hoffnungen, und dann wollen Sie die Lehrer vielleicht nach einem Jahr wieder entlassen, weil die Steuereinnahmen nicht mehr vorhanden sind? Oder Sie wollen die nachhaltige Entwicklung der Lausitz im Jahr 2008 beenden, weil das Geld nicht mehr kommt? – Also, ich finde das unglaublich, ganz ehrlich.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen wird es Sie auch nicht verwundern, dass wir diesen finanzpolitisch hochgradig unseriösen Punkt II natürlich schlichtweg ablehnen. Und Punkt I? Sie wollen

die Kommunen getreu dem Gleichmäßigkeitsgrundsatz am Geldsegen beteiligen. Das ist in Ordnung. Meiner Meinung nach steht den Kommunen das Geld auch zu, ohne Zweifel; aber nicht in dieser Höhe. Unsere Zahlen sind andere. Wer weiß, woher Sie Ihre haben. Aber unabhängig davon würden wir gern in den nächsten Wochen im Haushaltsausschuss darüber diskutieren, ob man nicht über die Fondsregelung nachdenkt, die seit Kurzem im Land Rheinland-Pfalz Anwendung findet; denn die Frühindikatoren der Konjunktur sind nicht so optimistisch, dass man davon ausgehen kann, dass wir über mehrere Jahre solche Einnahmen haben werden. Außerdem werden die Solidarpaktmittel weiter zurückgehen. In Rheinland-Pfalz gibt es einen Fonds, bei dem das Geld für die Kommunen zur Auszahlung kommt, wenn zum Beispiel durch schlechte Wirtschaftslage entstehende Lücken aufzufüllen sind. Ich kann etwas damit anfangen, dass man versucht, in Konjunkturdellen ein wenig dämpfend zu wirken. Wir können dies ja diskutieren.