Protokoll der Sitzung vom 28.09.2007

die Kommunen getreu dem Gleichmäßigkeitsgrundsatz am Geldsegen beteiligen. Das ist in Ordnung. Meiner Meinung nach steht den Kommunen das Geld auch zu, ohne Zweifel; aber nicht in dieser Höhe. Unsere Zahlen sind andere. Wer weiß, woher Sie Ihre haben. Aber unabhängig davon würden wir gern in den nächsten Wochen im Haushaltsausschuss darüber diskutieren, ob man nicht über die Fondsregelung nachdenkt, die seit Kurzem im Land Rheinland-Pfalz Anwendung findet; denn die Frühindikatoren der Konjunktur sind nicht so optimistisch, dass man davon ausgehen kann, dass wir über mehrere Jahre solche Einnahmen haben werden. Außerdem werden die Solidarpaktmittel weiter zurückgehen. In Rheinland-Pfalz gibt es einen Fonds, bei dem das Geld für die Kommunen zur Auszahlung kommt, wenn zum Beispiel durch schlechte Wirtschaftslage entstehende Lücken aufzufüllen sind. Ich kann etwas damit anfangen, dass man versucht, in Konjunkturdellen ein wenig dämpfend zu wirken. Wir können dies ja diskutieren.

Noch einmal zum Budgetrecht. Die Staatsregierung, Herr Finanzminister Tillich, steht da auf dünnem Eis. Sie beziehen sich auf den Haushaltsvermerk, der alles regeln würde. Das ist in meinen Augen alles andere als hieb- und stichfest. Wir denken, dass man Sie zur Vorlage eines Nachtragshaushaltes verpflichten könnte. Die Rechtslage gibt dies her, und Sie haben nur vorerst – vorerst! – unsere Unterstützung, wenn Sie wirklich beim Haushaltsvermerk bleiben und mit diesem Geld den Abbau von Haushaltslasten betreiben.

(Beifall des Abg. Peter Wilhelm Patt, CDU)

Wenn Sie aber in Ihre Trickkiste der unabweisbaren Mehrausgaben greifen, um marode Weingüter zu finanzieren oder Flugzeuglandebahnen durchzufinanzieren, dann werden wir uns darauf berufen, dass das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat: „Erst wenn eine Mehrausgabe so eilbedürftig ist, dass die Erbringung eines Nachtragshaushaltes bzw. eines Ergänzungshaushaltsplanes oder schließlich deren Verschiebung bis zum nächsten regelmäßigen Haushalt bei vernünftiger Beurteilung der jeweiligen Lage als nicht mehr vertretbar anerkannt werden kann, liegt der Fall der Unabweisbarkeit vor. Fehlt indessen das Moment des Zeitdruckes, dann bleibt der Gesetzgeber allein für die Mittelbewilligung zuständig“ – und das sind wir, der Landtag. Also, den Nachtragshaushalt fordern wir auf der Basis dieses Urteils ein, wenn Sie den Abbau von Haushaltslasten nicht mit diesem Geld betreiben; denn das Budgetrecht ist und bleibt das Königsrecht des Parlamentes.

(Beifall bei den GRÜNEN und der FDP)

Das war die erste Runde der Aussprache. – Ich frage, ob die Linksfraktion noch einmal in die Debatte eingreifen möchte. – Dies ist nicht der Fall. Die CDU-Fraktion? – Ebenfalls nicht. Gibt es bei den anderen Fraktionen noch Redebedarf? – Das kann ich nicht erkennen. Somit hat die Staatsregierung das Wort; Herr Staatsminister Tillich, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte mich bei der Vielzahl der Abgeordneten, die mir zum heutigen Amtsantritt als Finanzminister gratuliert haben, sehr herzlich bedanken und biete Ihnen auch in diesem Fachbereich eine konstruktive Zusammenarbeit an.

Herr Pecher, Sie haben sich dankenswerterweise für die Koalition zu dem Antrag der Linksfraktion sehr ausführlich geäußert, und ich möchte Ihnen nur zurufen: Es ist in der Tat so – in guten wie in schlechten Zeiten –, der Erfolg hat immer viele Väter. Was das persönliche Leiden einzelner Abgeordneter betrifft, so kann ich als Finanzminister natürlich nur wenig dafür tun. Dafür ist zuerst der Leibarzt zuständig. Aber natürlich möchte ich das Leiden der Allgemeinheit nicht durch mein Amt befördern.

Nun jedoch zum Antrag selbst! Meine Damen und Herren von der Linksfraktion! Die Mehreinnahmen 2007/2008 sind vorübergehender Natur. Deshalb hat Frau Hermenau ausdrücklich recht: Wir müssen sie nachhaltig einsetzen, sodass wir dadurch in Zukunft Minderausgaben und keine Mehrausgaben haben. Wir brauchen schließlich für die Zukunft finanzielle Spielräume. Frau Hermenau, ich wäre sehr froh darüber, wenn wir uns auch darin einig wären, dass diese Einmal-Einnahmen, die wir jetzt durch Steuermehreinnahmen haben, auch auf Gewinnausschüttungen übertragen werden könnten.

(Heiterkeit der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Die Linksfraktion ignoriert die schwierige Einnahmensituation ab dem Jahr 2009; denn durch die Absenkung des Solidarpaktes werden wir jährlich rund 200 Millionen Euro weniger Einnahmen haben. Die in Ihrem Antrag, meine Damen und Herren von der Linksfraktion, aufgeführten Maßnahmen führen jedoch zu deutlichen Mehrausgaben im Jahr 2009 wie auch in den Folgejahren. Ich denke nicht, dass die Linksfraktion den geforderten Betrieb von Gemeinschaftsschulen oder das Ausbildungsprogramm ab 2009 wieder einstellen will, sonst hätte sie es zumindest gleich in den Antrag hineinschreiben müssen.

Mein Kollege Dr. Metz hat bereits nach der Steuerschätzung im Mai angekündigt, die Mehreinnahmen insbesondere zum Abbau von Schulden und zum Abbau künftiger Belastungen zu verwenden. Dabei bleibe ich, und ich möchte darauf hinweisen, dass dies die geltende Rechtslage ist. § 25 der Sächsischen Haushaltsordnung legt fest, dass verbleibende Einnahmen zur Tilgung von Schulden oder für Rücklagen zu verwenden sind. Das Parlament hat diesen Grundsatz mit dem Beschluss zum Doppelhaushalt 2007/2008 nochmals bekräftigt. Im Einzelplan 15 steht geschrieben, dass Mehreinnahmen nur zur Schuldentilgung, für den Finanzierungsfonds und für unvorhergesehene Mehrausgaben verwendet werden dürfen. Frau Hermenau, Sie haben darauf zu Recht hingewiesen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, bitte schön, Frau Dr. Runge.

Herr Tillich, folgende Frage: Haben Sie den letzten und auch die vorangegangenen OECD-Berichte zur Kenntnis genommen, in denen nachgewiesenermaßen in Deutschland zu wenig Geld für Bildung ausgegeben wird und wir im letzten Drittel mittlerweile auf dem vorletzten Platz aller OECDLänder stehen, sodass man natürlich einen Schritt unternehmen müsste, um sich endlich an vergleichbare Industrieländer in den Bildungsausgaben anzugleichen?

Frau Dr. Runge, ich teile Ihre Auffassung nicht, dass allein das Geld etwas über das Bildungsniveau eines deutschen Facharbeiters bzw. Ingenieurs aussagt; denn diese Bildungsniveaus sind international hoch anerkannt; sonst würden deutsche Facharbeiter und Ingenieure nicht weltweit hohe Anerkennung finden bzw. wohl willkommen sein. Das ist, denke ich, ein hinkender Vergleich.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung – Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Die Staatsregierung, meine Damen und Herren von der Linksfraktion, hält sich an die geltende Rechtslage. Das Budgetrecht des Parlamentes bleibt – dies sagten andere Redner bereits – gerade auch dadurch gewahrt. Durch den Antrag der Linksfraktion allerdings wurde die Staatsregierung aufgefordert, sich über die geltende Rechtslage hinwegzusetzen. Ich kann Ihnen nur empfehlen, diesem Antrag nicht zu folgen.

Zu Herrn Delle möchte ich noch sagen: Der sächsische Bürger hatte pro Kopf per 31.12.2006 einen Schuldenstand von 2 849 Euro – und nicht die von Ihnen verwendete Zahl. Dies nur zur Richtigstellung für das Protokoll.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung – Caren Lay, Linksfraktion: Oh!)

Möchte noch jemand darauf erwidern? – Nein. Somit erteile ich die Möglichkeit zum Schlusswort für die Linksfraktion. Herr Weckesser, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte gar nicht gedacht, dass es hierzu eine so lebhafte und witzige Debatte geben könnte. Aber das freut mich.

(Beifall des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

Ich hatte gehofft, dass es dazu kommt, und Sie haben mir – sagen wir einmal so – auch diesen Gefallen getan.

Selbstverständlich sind das gegriffene Zahlen. Das ist schon richtig. Allerdings werden Sie, Herr Pecher, bemerkt haben, dass ich nicht auf die Begründung dieser

Ein weiterer Punkt, zu dem ich noch etwas sagen wollte: Unser Antrag liegt seit vier Monaten vor. Es war genügend Zeit für alle, eigene Initiativen zu starten.

Einzelzahlen eingegangen bin. Das hätte ich tun können, aber dann wäre die Zeit weg gewesen. Ich habe lieber den Vorgang von Mai bis heute exemplarisch dargestellt.

Ich kann noch Folgendes hinzufügen: Ursprünglich wollte ich diesen Antrag tatsächlich damals auf der Tagesordnung haben, also relativ kurzfristig nach Einbringung. Dann kam uns die Regierungserklärung aus Anlass der Halbzeitbilanz dazwischen. Daher habe ich gesagt: Na gut, dann lassen wir es erst einmal liegen.

Damals wäre der Zusammenhang mit der Steuerschätzung noch unmittelbarer gewesen. Das ist wahr. Aber die Provokation scheint trotzdem geklappt zu haben.

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Na ja, gut. Frau Hermenau, Sie können mir schon glauben, dass ich weiß, wovon ich rede, und dass ich mir darüber klar bin, was ich hier vertrete und warum ich das tue. Das wissen Sie auch.

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Ja, gut. Es wäre schlimm, wenn Sie jetzt sagen würden: Toll, dass hier endlich einmal jemand das Richtige sagt! – Dann könnten wir uns nämlich gleich zusammenschließen, aber wir sind nun einmal in konkurrierenden Vereinen. Lassen wir es dabei.

Aus meiner Sicht ist der Kern: Wir haben über vorhandenes und nicht über virtuelles Geld gesprochen. Wir haben über Geld gesprochen, das noch nicht durch Planungen des Freistaates Sachsen gebunden ist, über das man also verfügen könnte, wenn man wollte.

Noch einmal, Herr Zastrow: Es geht nicht um das Verteilen von Geschenken, es geht um das Zurückgeben von Geld, das anderweitig im Moment noch nicht ausgegeben werden soll. Das halte ich für völlig legitim und nicht für eine Aufforderung zum Rechtsbruch.

(Beifall bei der Linksfraktion – Zuruf des Abg. Holger Zastrow, FDP)

Zu den Schwierigkeiten des Haushaltsgesetzes und der Haushaltsordnung haben wir wiederholt laut und deutlich Stellung genommen. Das will ich hier nicht vortragen. Ich sage nur, dass wir uns in diesem Rahmen bewegen. Wir halten das, was hier in Sachsen möglich ist, für eine Aushebelung des Budgetrechts mit gesetzlichen und legalen Mitteln. Punkt.

(Beifall bei der Linksfraktion)

(Zuruf von der Linksfraktion: So ist es!)

Fraktionsübergreifend passierte jedoch nichts. Wenn wir heute nicht über den Antrag diskutiert hätten, würde auch weiterhin nichts passieren. Das ist mein Hauptvorwurf. Insofern bin ich ganz glücklich, dass wir heute wenigstens diese Diskussion geführt haben.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Das, was Herrn Lafontaine betrifft, ist schon gesagt worden. Ich will ganz zum Schluss nur noch einen Gedanken bringen.

Kommen Sie bitte zum Schluss!

Ich bitte noch um drei Sekunden. – Wir hätten ja das machen können, was gestern zweimal gemacht wurde, nämlich den Antrag vorzustellen und anschließend an einen Ausschuss zu überweisen. So unfair waren wir nicht. Wir wollten die Debatte, wir haben sie bekommen. Es war schon wichtig, dass die Aussagen und auch die Begründungen, die ich neben dem Text, den wir aufgeschrieben haben, für wichtig halte, im Protokoll festgehalten werden.

Recht schönen Dank.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Meine Damen und Herren, ich stelle die Drucksache 4/8821 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen. Bei einer großen Anzahl von Stimmen dafür ist die Drucksache 4/8821 dennoch nicht beschlossen.

Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet, und ich schlage vor, dass wir an dieser Stelle die Mittagspause einlegen. Wir treffen uns 13:15 Uhr hier wieder.

(Unterbrechung von 12:14 bis 13:15 Uhr)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir setzen die Beratung fort.

Ich rufe auf