Protokoll der Sitzung vom 07.11.2007

Ich hoffe, dass wir in Kürze die Anhörung zu unserem Gesetzentwurf durchführen können.

Eine abschließende Bemerkung sei mir noch gestattet. Sicherlich sind wir uns alle einig, dass eine Regelung auf Bundesebene, für die sich die Staatsregierung bereits in der Koalitionsvereinbarung ausgesprochen hat, sinnvoller wäre.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Immer noch Ausrede!)

Ich habe dies zuletzt, Frau Hermenau, mit Schreiben vom 11. Juli 2007 an Frau Bundesministerin Zypries und Herrn Bundesminister Glos zum Ausdruck gebracht. Herr Staatssekretär Schauerte vom Bundeswirtschaftsministerium teilte mir mit Schreiben vom 30. Juli 2007 mit, dass die Bundesregierung die Möglichkeiten und den Nutzen eines bundesweiten Korruptionsregisters erst nach Abschluss der Arbeiten für das neue Vergaberecht prüfen wird. Da somit unklar ist, wann es auf Bundesebene eine entsprechende Regelung geben wird, sollten wir gemeinsam eine sächsische Lösung finden – und ich will das, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall der Abg. Margit Weihnert, SPD)

Aber, sosehr ich auch ungeduldig bin wie viele hier im Haus, so sehr muss ich natürlich auch die juristischen Bedenken und Hinweise berücksichtigen. Eines, meine Damen und Herren, will ich wirklich nicht: Anlass zum Rufmord geben. Sie alle wissen ja, wie sehr manche der Korruptionsvorwürfe und Anschuldigungen in den letzten Wochen und Monaten mittlerweile in sich zusammengefallen sind.

(Beifall der Abg. Margit Weihnert, SPD, und bei der CDU)

Auch das sollte man einmal sagen: Ich warte immer auf die Entschuldigungen derer, die diese Themen in den Zeitungen diskutiert und Personen des öffentlichen Lebens angeprangert haben.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Wo ist die Entschuldigung geblieben – jetzt, da diese Vorwürfe in sich zusammenfallen?

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Deshalb sage ich: gemeinsam gegen Korruption – aber bitte mit Augenmaß!

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Meine Damen und Herren! Wir kommen damit zur Abstimmung. Ich schlage Ihnen vor, dass wir abschnittsweise vorgehen. Aufgerufen ist der Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich lasse über die Überschrift abstimmen. Wer der Überschrift seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist die Überschrift mit Mehrheit abgelehnt worden.

(Zuruf des Abg. Volker Bandmann, CDU – Antje Hermenau, GRÜNE: Er hat sich krankgemeldet!)

Meine Damen und Herren, wir sind in der Abstimmung. Ich bitte um etwas mehr Aufmerksamkeit. – Ich rufe den ersten Abschnitt, Zielsetzung und Anwendungsbereich, §§ 1 und 2, auf. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Gleiches Stimmverhalten. Der erste Abschnitt konnte nicht bestätigt werden.

Ich rufe den zweiten Abschnitt, Verwaltungsorganisatorische Maßnahmen, §§ 3 bis 6, auf. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei keinen Stimmenthaltungen und einer Reihe von Stimmen dafür ist der zweite Abschnitt mit Mehrheit abgelehnt worden.

Ich rufe den dritten Abschnitt, Korruptionsregister, § 7, auf. Wer dem § 7 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer Reihe von Stimmen dafür ist dennoch die Ablehnung erfolgt.

Zu § 8 liegt uns ein Änderungsantrag der Linksfraktion vor. Herr Abg. Bartl, ich bitte um Einbringung.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann beim besten Willen nicht begreifen, Herr Staatsminister oder Herr Vizepremier, was es heißt, „Korruption mit Augenmaß“ zu bekämpfen. Das kann ich beim allerbesten Willen nicht nachvollziehen.

(Staatsminister Thomas Jurk: Sie haben nicht richtig zugehört!)

„Korruption mit Augenmaß“ zu bekämpfen macht mich schon etwas betroffen. Deshalb bin ich der Auffassung, wir sollten mit Augenmaß das Gesetz auf eine rechtsförmliche Grundlage stellen – deshalb unser Änderungsantrag.

Wir wollen gern, dass in § 8 Abs. 2 Ziffer 1, „nach rechtskräftigem Urteil“ – die Ziffer, die das praktisch

momentan im Abs. 2 auch bei Anklageerhebungen zulässt –, gestrichen wird. Das heißt, dass also nur nach rechtskräftigem Urteil in einem Strafverfahren, nach rechtskräftigem Strafbefehl und nach einem rechtskräftigen Bußgeldbescheid eine solche Eintragung möglich ist.

Beim Bußgeldbescheid wollen wir noch hinzugefügt wissen – das halten wir für ganz wichtig –, dass es sich um einen Bußgeldbescheid in einer Sache handeln muss, die im § 8 Abs. 1 genannt ist. Denn wenn ich nur schreibe „nach rechtskräftigem Bußgeldbescheid“, kann ich unter Umständen einmal ins Register hineinkommen, wenn ich einen verkehrsrechtlichen Verstoß durch Überschreiten der Abstandsregelungen oder der Geschwindigkeit gemacht habe. Wie dann gerechtfertigt werden soll, an öffentlichen Vergaben nicht teilzunehmen, begreife ich nicht. Es muss, wie wir es vorschlagen, hinter „nach einem rechtskräftigen Bußgeldbescheid“ zumindest hinzugefügt werden „bei Verstößen nach Abs. 1“. Das ist, denke ich, völlig legitim. Das ist es, was wir wollen.

Den Abs. 3 wollen wir aus den genannten Gründen, dass selbst schon bei einem Ermittlungsverfahren eine Eintragung erfolgen kann, unbedingt gestrichen haben. Die Regelungen im Abs. 3 Satz 1 sind entsprechende Nachfolgeregelungen, die das mehr oder weniger anpassen an das, was wir mit diesen Streichungen verfolgen.

Wir sagen noch einmal: Allen hier im Hause soll das die Möglichkeit geben, dem Gesetz nicht wegen Bedenken an der Rechtsförmlichkeit die Zustimmung zu versagen. Unter dem Aspekt bitten wir auch die Einbringer zuzustimmen, weil letztendlich nicht mehr erreichbar ist.

Ich will noch einen Satz dazu sagen. Wir wissen, dass in Nordrhein-Westfalen die Regelung fast so ist, wie sie BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hier haben wollen. Das rechtfertigt letzten Endes aus unserer Sicht nicht, dass wir es in Sachsen so nachmachen; denn wir meinen, ein bisschen verfassungswidrig ist so etwa wie ein bisschen schwanger: Das gibt es nicht.

Danke.

(Beifall bei der Linksfraktion – Dr. Fritz Hähle, CDU: Daran sollten Sie immer denken, Herr Bartl!)

Wer möchte sich äußern? – Herr Dr. Gerstenberg, bitte.

Kollege Bartl, Sie haben es ja noch einmal sehr intensiv versucht. Ich will Ihnen auch in einem Punkt entgegenkommen. Punkt 4 Ihres Änderungsantrages ist hilfreich. Das ist ein Verfahrensschritt, der zur Verbesserung beitragen würde. Dem könnten wir auch zustimmen. Es geht Ihnen aber eigentlich um eine Neuformulierung des Abs. 2. Dazu müssen wir sagen – ich habe es ausführlich begründet –: Wir bestehen aus guten Gründen auf unserer Verdachtseintragung.

Wir haben die Sorge, dass das, was Sie hier wollen und mit verfassungsrechtlichen Sorgen begründen, obwohl es

in Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet funktioniert, zu Leerformeln führen würde, die nur den Anschein von Rechtsstaatlichkeit erwecken. Wir wollen aber keine Leerformeln, wir wollen kein Scheingesetz. Wir wollen ein Gesetz, das wirklich abschreckt und wirkt.

Ein zweiter Punkt – das sage ich als Nichtjurist zu Ihnen –: Die wesentlichen Entscheidungen sind vom Gesetzgeber zu treffen. Auch das ist Ausfluss des Rechtsstaates. Die wesentlichen Entscheidungen gehören hier in dieses Gesetz. Ich habe auch schon vermutet, dass in der Debatte die Frage der Unschuldsvermutung hochkommen wird. Dazu sage ich Ihnen, die Verdachtseintragung in einem Korruptionsregister stellt keinen Verstoß gegen die Unschuldsvermutung oder gar eine Vorverurteilung dar. Das eine hat mit dem anderen nicht viel zu tun. Die Unschuldsvermutung ist ein elementarer rechtsstaatlicher Grundsatz, der im Strafverfahren gilt. Jeder ist bei der Begehung von Straftaten unschuldig, soweit er nicht nach einem fairen Verfahren verurteilt wurde. Das Register, das wir hier wollen, ist aber kein strafprozessuales Instrument, sondern ein Instrument der Verwaltung. Das heißt also, wenn Sie so wollen, sind wir hier im Bereich der Gefahrenabwehr, für die die Unschuldsvermutung nicht gilt. Das wird Ihnen jeder Polizist bestätigen.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Richtig!)

Es geht hier um die Abwehr von Korruption. Deshalb lehnen wir Ihren Änderungsantrag in diesen Punkten ab und wir bitten, unseren Gesetzentwurf in der ursprünglichen Form anzunehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Gibt es weiteren Redebedarf zum Änderungsantrag? – Wenn das nicht der Fall ist, dann lasse ich über den Änderungsantrag der Linksfraktion, Drucksache 4/10297, abstimmen. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Das waren Stimmen dafür, aber eine große Mehrheit von Stimmen dagegen.

Ich rufe auf den § 8 aus dem Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist § 8 dennoch mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Ich rufe auf die §§ 9 bis 11. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür gibt es auch hier größere Ablehnung.

Ich lasse jetzt über den dritten Abschnitt, Korruptionsregister, in Gänze abstimmen. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür wurde der dritte Abschnitt dennoch mit großer Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe den vierten Abschnitt, Schlussbestimmungen, §§ 12 bis 15, auf. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist auch der vierte Abschnitt mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Damit erübrigt sich eine weitere Abstimmung über den Gesetzentwurf und der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 7

2. und 3. Lesung des Entwurfs Gesetz über das neue kommunale Haushalts- und Rechnungswesen

Drucksache 4/8532, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Drucksache 4/8612, Beschlussempfehlung des Innenausschusses

Es ist keine Aussprache vorgesehen. Wünscht dennoch ein Abgeordneter das Wort zu nehmen? – Das ist nicht der Fall.