Protokoll der Sitzung vom 09.11.2007

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Hört, hört! – Dr. Fritz Hähle, CDU: Das merken Sie sich aber gut, Herr Zastrow! – Heinz Lehmann, CDU: Halbtagspolitiker!)

Sehr geehrter Herr Dr. Hähle, darüber, wer hier wie seine Pflichten erfüllt, lasse ich keine Diskussion zu, das können Sie mir glauben.

(Beifall bei der FDP und der NPD)

Vielleicht ganz zum Schluss: Ich habe trotzdem noch etwas gelernt und ich hoffe, auch Sie: Ich habe heute erfahren, was meine Pflicht als Oppositionspolitiker ist: keinesfalls die Regierung zu kontrollieren. Nein, das darf ich nicht tun. Ich nehme das mit; wir werden uns bestimmt daran halten.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Wir nicht!)

Nein, meine Pflicht als Oppositionspolitiker ist es, Optimismus zu verbreiten. Das wurde vorhin gesagt. Ich hoffe, dass sich auch die anderen Oppositionspolitiker in Zukunft daran halten. Deshalb möchte ich jetzt Optimismus verbreiten und verabschiede mich mit den Worten: Alles wird gut, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der FDP und des Abg. Klaus-Jürgen Menzel, fraktionslos)

Damit war auch Ihre Redezeit ausgeschöpft. Ich frage die anderen Fraktionen, ob es noch Erwiderungsbedarf gibt. – Frau Abg. Nicolaus, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Zastrow, an Sie gerichtet: Ich denke, wir sollten uns hier nicht daran ergötzen, wer wo welchen Auftritt hat:

(Widerspruch bei der FDP)

das ist hier nicht das Thema. Das Thema Ihrer Debatte ist sicher ein heikles. Ich möchte das Wort noch einmal an Sie richten: Wir verniedlichen die Dinge nicht. Ich denke, das haben auch alle Vorredner dokumentiert. Es gibt Schwierigkeiten bei der Versorgung. Die Staatsministerin hat umfänglich die Maßnahmen erläutert, dem entgegenzutreten. Das sollten Sie akzeptieren und nicht alles, was die Regierung tut, für gut und toll befinden, und das war es. Es ist Ihre Aufgabe als Opposition herauszufinden, wie wir es anders machen können und wie es besser werden soll.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Dafür sind Sie ja zuständig!)

Aber das haben Sie in keinem der Beiträge hier erläutert – ich habe zumindest nichts gehört. Aus meiner Sicht müssen wir die Probleme, die angegangen worden sind, weiter fortschreiben, sodass wir am Ende, vielleicht in

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Das war Karl Marx!) einem Jahr, zu einer Aktuellen Debatte zu diesem Thema – vielleicht heißt sie dann auch ganz anders und ist positiver besetzt – sagen können: Jawohl, das eine oder andere hat gefruchtet. Aber ich will es hier für meine Fraktion noch einmal klarstellen: Wir haben die Dinge weder verniedlicht noch heruntergespielt, aber wir haben Lösungsansätze gefunden, und diese gilt es für die Zukunft weiter fortzuschreiben. An dieser Stelle wiederhole ich mich: nicht nur meckern, sondern man muss etwas tun, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der CDU und des Abg. Martin Dulig, SPD)

Auch die anderen Fraktionen haben noch Redezeit, außer der FDP, sie hat ihre bereits abgearbeitet. – Herr Dr. Pellmann spricht für die Linksfraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, es mag sein, dass wir uns in diesem Hause sehr oft mit dem Problem des fortschreitenden Ärztemangels befasst haben. Ich kann mich sehr gut daran erinnern, im Februar 2002 die Fakten, die heute angesprochen worden sind, in aller Deutlichkeit und Detailliertheit ausgesprochen zu haben. Damals meinte der noch amtierende Sozialminister, ich würde schwarzsehen, es wäre alles nicht so und man könne doch die Dinge geruhsam abwarten. Aber all die Vorschläge, die ich damals gemacht habe und die ich hier nicht wiederholen möchte, obwohl sie nach wie vor aktuell sind, hätten damals schon in die Tat umgesetzt werden müssen. Das ist es, was ich der Staatsregierung vorwerfe: dass sie die Probleme viel zu lange vor sich hergeschoben hat. Das kann man auch am heutigen Tage nicht durchgehen lassen. Ich muss die FDP-Fraktion hier nicht verteidigen; dazu ist Herr Zastrow Manns genug, würde ich vermuten;

(Holger Zastrow, FDP: Ja!)

aber eines muss ich schon sagen: Ich bin sehr erstaunt darüber, wie man hier meint, im philosophischen Sinne Qualität und Quantität gegeneinander ausspielen zu können. Ich bin erstaunt, dass man meint, man solle doch, wenn man solche Studien liest oder sich damit beschäftigt, bitte schön die qualitativen und nicht die quantitativen Kriterien sehen. Ich habe einmal gelernt – das mag für viele inzwischen antiquiert oder altertümlich sein –, dass Qualität durchaus etwas mit Quantität zu tun hat und dass verschiedene Quantitäten in ihrer Reihung zu neuer Qualität führen können.

Ja, das war Marx, aber das haben Sie, Herr Hähle, da Sie promoviert haben, auch im marxistisch-leninistischen Grundstudium studiert. Insofern ist Ihnen das alles nicht fremd.

(Heinz Lehmann, CDU: Klar, aber das hat damals nicht funktioniert! – Heiterkeit bei der CDU und der FDP – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Was, er hat promoviert?)

Ich nehme an, er hat freiwillig promoviert.

Aber zum Thema, meine Damen, meine Herren: Ich denke, wir sollten die Fakten, die quantitativ statistisch da sind, sehr wohl ernst nehmen. Dann – und da gebe ich der Frau Staatsministerin recht – müssen wir aus den verschiedenen statistischen Angaben, die es natürlich gibt und die man nicht einfach wegdiskutieren kann, die richtigen Schlussfolgerungen ziehen. Nur – und da gebe ich der Frau Staatsministerin nicht recht –, ich warte nach wie vor auf die richtigen Schlussfolgerungen aus den statistischen Quantitäten. Das ist hier nicht erfolgt, auch von der Staatsregierung nicht.

Insofern bitte ich, noch einmal meine Reden früherer Jahre zum Ärztemangel zu lesen. Alle Vorschläge, die ich damals gemacht habe, sind nach wie vor aktuell. Wir müssen uns als Opposition nicht vorwerfen lassen, dass wir die Regierung lediglich kritisieren, was wohlgemerkt unsere Pflicht als Opposition ist. Wir greifen der Regierung auch hilfreich unter die Arme, indem wir Vorschläge machen. Ich muss diese Vorschläge, verehrte Frau Staatsministerin, aber nicht jedes Mal wiederholen.

Auch an Ihre Adresse gerichtet, da Sie heute doch sehr spontan auf Herrn Zastrow reagiert haben, möchte ich zumindest sagen: In diesem Falle scheint die Wiederholung nicht die Mutter der Weisheit zu sein.

(Beifall bei der Linksfraktion und der FDP)

Ich sehe im Moment keine weiteren Redewünsche. – Wenn dem so ist, können wir die Debatte abschließen und diesen Tagesordnungspunkt beenden.

Mit Blick auf die Uhr habe ich mich doch entschlossen, an dieser Stelle die Mittagspause einzulegen. Ich bitte Sie, sich 13:20 Uhr hier einzufinden.

(Unterbrechung von 12:23 bis 13:21 Uhr)

Meine Damen und Herren! Wir behandeln nunmehr

Tagesordnungspunkt 2

Klimawandel in Sachsen – Herausforderung und Chancen

Drucksache 4/9285, Große Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und die Antwort der Staatsregierung

Als Einbringer spricht zuerst die Fraktion GRÜNE. Danach gibt es die gewohnte Reihenfolge.

Bitte, Frau Hermenau.

Soll ich wirklich anfangen, obwohl fast niemand da ist? Der Minister ist auch nicht da! Wir sind es eigentlich gewohnt, nicht zu beginnen, wenn der zuständige Minister nicht anwesend ist.

Dann unterbrechen wir die Sitzung an dieser Stelle und erwarten die Staatsregierung.

Mir reicht der eine Minister. Es müssen nicht alle antanzen!

(Kurze Unterbrechung)

Wir können mit der Debatte beginnen. Frau Hermenau, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Der 4. Sachstandsbericht des Weltklimarates IPPC in diesem Jahr stellte fest: „Die Welt steht vor einem deutlich stärkeren und schnelleren Temperaturanstieg als bislang vermutet.

Die Auswirkungen des Klimawandels stellen uns vor völlig neue Herausforderungen in der Politik, mehr noch vielleicht als die Frage Demografie. Nur wenn die Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur auf 2 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau begrenzt werden kann, sind nach geltender wissenschaftlicher Auffassung irreversible Änderungen des Klimas und damit unabsehbare Auswirkungen für Mensch und Natur zu vermeiden.“

Dieser Text ist übrigens nicht, wie Sie vielleicht denken, grüner Parteibesitz. Er stand auf einer Einladung zu einem Workshop der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung in Kooperation mit dem Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft, der am vergangenen Dienstag in Chemnitz stattfand. Der Titel lautete: „Kommt uns der Klimawandel teuer zu stehen?“

Um es ganz offen zu sagen: Ich begrüße es, dass die Konrad-Adenauer-Stiftung eine Veranstaltung zu diesem Thema durchführt. Das ist völlig in Ordnung. Der Einladungstext und der Titel beschreiben ganz gut die Intention und die Absicht unserer Großen Anfrage. Das Problem dabei ist, dass die Antworten, die wir von dem besagten Ministerium bekommen haben, weit unter dem Niveau der Veranstaltung geblieben sind. Das ärgert uns natürlich. Ich gehe auf einige wesentliche Punkte ein.

Im ersten Teil unserer Großen Anfrage haben wir danach gefragt, was denn die Staatsregierung seit Oktober 2006

klimapolitisch diskutiert und unternommen hat. Zur Erinnerung: Im Oktober 2006 hat Sir Nicholas Stern seine Untersuchung über die ökonomischen Auswirkungen des Klimawandels vorgelegt. Ab Februar dieses Jahres sind dann die Teilberichte des IPPC vorgelegt worden. Auch auf der Bundesebene ist eine Menge passiert. Frau Merkel hat im Rahmen der G-8-Tagung in Heiligendamm und auch als EU-Ratsvorsitzende den Klimawandel international zum Topthema gemacht. Angela Merkel und der Klimawandel waren in allen Medien. In allen Medien wurde über den Klimawandel diskutiert. Überall!

Naja, nicht ganz. Am Kabinettstisch der Sächsischen Staatsregierung – das ist aus den Antworten auf unsere Große Anfrage deutlich zu ersehen – spielt der Klimawandel keine Rolle. Dazu bekommen wir keine Aussagen. Wenn wir zum Beispiel die Frage stellen, welche Berechnungen angestellt worden sind, heißt die Antwort mit einem Wort mit fünf Buchstaben: „Keine.“ Das ist natürlich schwierig.

Auffällig bei den Antworten der Staatsregierung ist auch, dass sie den Stern-Bericht in seiner Substanz offensichtlich nicht begriffen hat. Stern sagt explizit, dass Investitionen zur CO2-Vermeidung die Kosten der Anpassung an den Klimawandel verkleinern werden. Die Staatsregierung führt hingegen aus, dass Anpassungsmaßnahmen Kosten vermeiden würden. Das ist ein Schritt zu wenig. Das ist zu kurz gesprungen.

Und so existieren im Freistaat Sachsen bestenfalls offensichtlich sehr vage Vorstellungen über die finanziellen und volkswirtschaftlichen Auswirkungen des Klimawandels. Dabei hätte Sachsen eigentlich die besten Voraussetzungen. Im März 2005 hat ebendiese Staatsregierung einen umfassenden Bericht zum Klimawandel vorgelegt. Ich möchte sie an dieser Stelle für den Bericht ausdrücklich loben. In diesem Bericht und in allen anderen Veröffentlichungen kann man sich umfassend über den Klimawandel und seine Auswirkungen, auch regional, dank solcher Modelle informieren. Wir wissen dadurch relativ viel über die Entwicklung in den Regionen Sachsens. So weit das Lob, das ich offensichtlich auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter richten muss.

Aber weil so viele Fakten vorliegen, weil wir heute wissen, dass alles noch viel schlimmer wird als 2005 prognostiziert, weil die qualitativen Bewertungen auf dem Tisch liegen, gerade deshalb begreife ich einfach nicht, dass die Staatsregierung keine Risikoanalysen über die Folgen des Klimawandels angestoßen hat.

Der heute nicht anwesende Ministerpräsident sollte als ausgewiesener Fachmann für Finanzen ein großes Interesse daran haben, dass die vorliegenden qualitativen Unter

suchungen zum Klimawandel endlich einmal, natürlich mit einem vertretbaren Aufwand, quantifiziert werden.