Protokoll der Sitzung vom 12.12.2007

(Beifall der Abg. Elke Hermann, GRÜNE, und bei der Linksfraktion)

Wird von den Fraktionen weiter das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Die Staatsregierung möchte nicht sprechen.

Meine Damen und Herren! Somit kommen wir zur Abstimmung. Ich schlage Ihnen vor, dass wir artikelweise vorgehen. Ist das in Ordnung? – Ich sehe keinen Widerspruch.

Aufgerufen ist das Gesetz zur Förderung der unmittelbaren bürgerschaftlichen Selbstverwaltung in den sächsischen Kommunen. Wir stimmen ab über den Gesetzentwurf der Linksfraktion. Ich beginne mit der Überschrift. Wer möchte dazu die Zustimmung geben? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einigen Stimmenthaltungen und einer Reihe von Stimmen dafür ist die Überschrift mit Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe Artikel 1, Änderung der Verfassung des Freistaates Sachsen, auf. Wer möchte dazu die Zustimmung geben? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Auch hier wieder gleiches Stimmverhalten. Artikel 1 wurde mehrheitlich abgelehnt.

Ich rufe Artikel 2, Änderung der Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen, auf. Wer möchte dazu die Zustimmung geben? – Ich frage nach Gegenstimmen. – Wer enthält sich der Stimme? – Auch hier wieder gleiches

Stimmverhalten. Mit Stimmen dafür und Enthaltungen wurde Artikel 2 mehrheitlich abgelehnt.

Ich rufe Artikel 3, Änderung der Landkreisordnung für den Freistaat Sachsen, auf. Wer möchte dazu die Zustimmung geben? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Auch hier wieder Stimmen dafür und Stimmenthaltungen. Artikel 3 wurde mehrheitlich abgelehnt.

Ich würde jetzt gern Artikel 4 aufrufen, aber den gibt es im Gesetzentwurf nicht. Ich gehe davon aus, dass es ein Schreibfehler ist, weil es Artikel 5 zweimal gibt. Ich rufe diesen als Artikel 4 auf. Artikel 4 betrifft die Änderung des Sächsischen Gesetzes über kommunale Zusammenarbeit. Wer gibt die Zustimmung? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimmen? – Bei Stimmenthaltungen und Zustimmung ist Artikel 4 mehrheitlich abgelehnt.

Jetzt kommt Artikel 5, Übergangsvorschriften für Bürgerentscheide, Bürgerbegehren, Einwohnerversammlungen, Einwohneranträge und Abwahlverfahren. Wer gibt die Zustimmung? – Ich frage nach Gegenstimmen. – Ich frage nach Stimmenthaltungen. – Auch wieder gleiches Stimmverhalten. Artikel wurde mit Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe Artikel 6, Inkrafttreten, auf. Wer gibt die Zustimmung? – Ich frage nach Gegenstimmen. – Ich frage nach Stimmenthaltungen. – Bei Stimmen dafür und Stimmenthaltungen wurde Artikel 6 mehrheitlich abgelehnt.

Damit wurden alle Bestimmungen des Gesetzes abgelehnt. Eine 3. Lesung findet nicht statt und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 6

2. und 3. Lesung des Entwurfs Fünftes Gesetz zur Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes

Drucksache 4/9812, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Drucksache 4/10192, Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses

Es ist eine allgemeine Aussprache vorgesehen. Es beginnt die CDU-Fraktion. Danach folgen: Linksfraktion, SPD, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht.

Ich erteile Herrn Dr. Rößler, CDU-Fraktion, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Gleich zu Beginn meiner Rede möchte ich meine Anerkennung für die Leistungen des öffentlichen Dienstes im Freistaat Sachsen aussprechen. Nur mit der engagierten Arbeit unserer Bediensteten des Freistaates ist der Aufbau im Freistaat Sachsen so gelungen, wie wir ihn heute sehen.

(Beifall bei der CDU und der SPD – Unruhe bei den Fraktionen)

Die Besoldung und die Versorgungsbezüge der Beamten und Richter sind zuletzt mit Wirkung vom 1. August 2004 angepasst worden.

(Glocke der Präsidentin)

Das Ziel des nun vorliegenden Gesetzes ist die Anpassung der Besoldung und der Versorgungsbezüge der Beamten, Richter und Versorgungsempfänger der Dienstherren im Freistaat Sachsen an die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse. Das geschieht, meine Damen und Herren, unter Berücksichtigung des Tarifergebnisses für die Beschäftigten der Länder vom 19. Mai 2006. Wir setzen hier auch die Ergebnisse der Tarifverhandlungen um, an denen ver.di und der Deutsche Beamtenbund in Tarifunion beteiligt waren.

Das Gesetz ist, wie soeben ausgeführt, eine Anpassung der Besoldung an die Besoldung der Beschäftigten der Länder, nicht mehr und nicht weniger. Das Gesetz kann und soll keine Besserstellung der Beamten gegenüber den anderen Beschäftigten erreichen.

An dieser Stelle sei bemerkt, dass wir hier einen kleinen historischen Schritt gehen. Sie wissen, über viele Jahre haben die Länder darum gerungen, die Besoldung ihrer Beamten selbst regeln zu können. Was wir heute hier tun, ist eigentlich auch die Umsetzung eines Ergebnisses der Föderalismusreform. Wir regeln die Besoldung hier im Freistaat Sachsen erstmalig allein.

Wesentliche Inhalte des Gesetzes seien kurz erwähnt. Mit dem Gesetz soll die lineare Erhöhung der Besoldung und der Versorgungsbezüge um 2,9 % beschlossen werden. Hierbei tritt die Erhöhung für die Beamten bis zur Besoldungsgruppe A 9 am 01.05.2008 in Kraft. Die Beamten der Besoldungsgruppe A 10 werden am 01.09.2008 von der Erhöhung profitieren. Darüber hinaus erhalten alle Beamten und Richter rückwirkend zum 01.11.2007 eine Einmalzahlung von 500 Euro. Anwärter erhalten diese Einmalzahlung bis zur Höhe von 200 Euro. Versorgungsempfänger erhalten ebenso einen Anteil an der Einmalzahlung entsprechend dem erreichten Ruhegehaltssatz und den Anteilssätzen der Hinterbliebenenversorgung.

Ich bin auch recht dankbar, dass die Koalitionsfraktionen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens einen Änderungsantrag in den Gesetzentwurf eingebracht haben. Mit diesem Antrag soll erreicht werden, dass auch die Beamten und Richter die Einmalzahlung erhalten, die sich zum Stichtag in der Elternteilzeit befanden – ein Beitrag zu einer familienfreundlichen Politik auch im öffentlichen Dienst. Für uns ist dies das richtige Zeichen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Meine Damen und Herren! Ich fasse noch einmal zusammen. Mit diesen Regelungen kann der Freistaat Sachsen erreichen, dass wir im Freistaat Sachsen unsere Besoldung entsprechend unseren wirtschaftlichen und finanziellen Möglichkeiten regeln. Wir setzen Ergebnisse von Tarifverhandlungen um. Das ist eine gute Nachricht für die Beamten des Freistaates in vorweihnachtlicher Zeit. Da reifen sicherlich nicht alle Blütenträume, aber es ist eben das, was wir uns momentan in unserer wirtschaftlichen Situation in Sachsen wirklich leisten können. Das haben wir eigentlich an unsere Beschäftigten und Beamten weitergegeben.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Die Linksfraktion, bitte. Herr Dr. Friedrich.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist tatsächlich mehr als zeitgemäß, dass der Sächsische Landtag endlich entsprechend den Tarifverhandlungen, die mein Vorredner bereits benannt hat, die längst ausste

hende Besoldungserhöhung für ihre Beamten vornehmen will.

Diese Tarifvereinbarung – das sollte man ruhig in Erinnerung rufen – datiert vom 19. Mai 2006. Es sind also fast 18 Monate und eine Föderalismusreform Stufe 1 vergangen. Inzwischen ist der Freistaat Sachsen für die Beamtenbesoldung zuständig, was ja auch richtig ist. Es wird also hohe Zeit, dass wir diese neue Gesetzgebungskompetenz verantwortungsvoll umsetzen.

Um aber hier gleich einmal einer Legendenbildung durch Kollegen Rößler entgegenzutreten: Diese Besoldungserhöhung ist alles andere als eine Art Weihnachtsgeschenk, wie Sie es in Ihrem vorletzten Satz klarmachen wollten. Es ist nämlich schlicht und einfach die grundgesetzlich verankerte Bringepflicht des Freistaates für seine Staatsdiener,

(Beifall bei der Linksfraktion)

um das Alimentationsprinzip, das wir in der Landesverfassung haben, aber ein bisschen kritisch vom Status der Beamten her sehen, umzusetzen. Solange es Beamte gibt, ist der Freistaat einfach in der Pflicht. Wenn er sich so viel Zeit lässt, ist das alles andere als ein Grund für Applaus.

Es darf außerdem nicht vergessen werden, dass die letzte Besoldungserhöhung für die sächsischen Beamten am 1. August 2004 erfolgte. Das war kurz nach der Hochwasserflut und liegt doch schon eine erhebliche Zeit zurück. Die Lebenshaltungskosten sind inzwischen erheblich gestiegen. Das muss hier sicherlich nicht mehr erörtert werden.

Bei der konkreten Ausgestaltung des vorliegenden Gesetzentwurfes musste nun die Linksfraktion eine Reihe schwerwiegender Mängel feststellen. Für gleich mehrere Problemlagen konnte oder wollte die Staatsregierung keine befriedigenden Lösungsansätze anbieten. Dazu gehören aus unserer Sicht vor allem die unterschiedlichen Zeitpunkte für die lineare Besoldungsanpassung um die bereits genannten 2,9 % und der deutlich in die Zukunft verschobene Zeitpunkt für die Ost-West-Angleichung für die Besoldungsgruppen ab A 10. Zu beiden Problemlagen – das muss man hier so klar sagen – hätte der Freistaat seine neuen gesetzgeberischen Kompetenzen nutzen können, ja müssen, um hier eine unterschiedliche Behandlung großer Teile der sächsischen Beamtenschaft im Vergleich zu den tariflich Angestellten und neue, wirklich durch nichts gerechtfertigte Sonderopfer der sächsischen Beamten von vornherein auszuschließen.

Meine Fraktion hat sich nun mit einer Reihe von Änderungsanträgen für Verbesserungen in diesem Gesetzentwurf starkgemacht. Mehrheiten in den Ausschüssen wurden lediglich für die Beamten in Elternzeit gefunden. Das ist bereits benannt worden. Die unsinnige Bestimmung, dass Einmalzahlungen dann nicht gewährt werden, wenn ein betroffenes Elternteil im November 2007 sich gerade einmal für die Erziehung seines oder ihres Kindes entscheidet, ist nun wenigstens gestrichen worden. Das ist

ein kleiner und dennoch wichtiger Erfolg auch unseres Änderungsantrages, der sicherlich in der Koalition zum Einlenken geführt hat.

In den Ausschüssen ist es allerdings nicht gelungen, andere wichtige Verbesserungen zu erreichen. Besonders bedauern wir, dass die verzögerte lineare Besoldungsanpassung für die Beamten ab A10 – statt dem 1. Mai 2008 der 1. September 2008 – nicht aus dem Gesetz gestrichen werden konnte.

Wir verstehen die Verärgerung der Beamtenschaft über dieses neue Sonderopfer, anders kann man das nicht nennen. Die Staatsregierung begründet die Notwendigkeit dieser verzögerten Besoldungsanpassung wieder einmal mit den angeblichen Zwängen der Haushaltskonsolidierung und will einen Teil des eingesparten Geldes in die Versorgungsrücklage geben. – So weit, so schlecht.

Natürlich gibt es Konsolidierungszwänge – nach dem Desaster mit der Sachsen LB mehr denn je; das bestreitet die Linksfraktion überhaupt nicht. Warum aber sollen ausgerechnet immer wieder die Beamten die Lastesel der Nation sein? Die Staatsregierung verschweigt, dass die sächsischen Beamten bereits bei der letzten Besoldungsanpassung im Jahr 2004 empfindliche Kürzungen der Sonderzahlung – auf einen doch recht geringen Festbetrag – hinnehmen mussten. Außerdem soll der von der Staatsregierung aufgelegte Pensionsfonds – grundsätzlich ist das natürlich eine vernünftige Einrichtung – dank verbesserter Steuereinnahmen gemäß den Verlautbarungen des Finanzministers Tillich durch einen hohen dreistelligen Millionenbetrag aufgestockt werden. Für erneute Sonderopfer der Beamten gibt es keine einzige rationale Begründung.

Um es auf den Punkt zu bringen: Für die Linksfraktion ist es absolut inakzeptabel, dass alle Tarifbeschäftigten bereits im Mai 2008 in den Genuss der linearen Anpassung kommen, die Beamtinnen und Beamten ab Besoldungsgruppe 10 dagegen erst wesentlich später. Dies widerspricht dem Verfassungsgrundsatz der amts- und verantwortungsgerechten Besoldung.

(Einzelbeifall bei der Linksfraktion)

Zwei weitere Kritikpunkte möchte ich nicht verschweigen. Bekanntlich sind nahezu alle Beamtinnen und Beamten privat krankenversichert. Die meisten privaten Krankenversicherungen haben bisher einen günstigeren sogenannten Ost-Tarif gewährt. Dieser korrespondierte mit dem Arztabschlag Ost; aber seit dem 1. Januar dieses Jahres gibt es keinen Arztabschlag Ost, keine günstigeren Arzt-, Zahnarzt- und Krankenhaushonorare mehr. Entsprechend hat die größte deutsche Beamtenversicherung die Osttarife eingestellt. In der Konsequenz zahlen die Beamtinnen und Beamten nun zwischen 50 und 150 Euro monatlich mehr in ihre Krankenversicherungen ein, was natürlich eine zusätzliche Belastung der Nettoeinkommen bedeutet. Auch unter diesem Blickwinkel ist die zeitverzögerte lineare Besoldungsanpassung eine völlig unbe

rechtigte Härte für einen großen Teil der sächsischen Beamtenschaft.

Ein Letztes: Für uns bleibt unverständlich, warum der Gesetzgeber nicht endlich die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes im Hinblick auf eine amtsangemessene Alimentation kinderreicher Beamtenfamilien umsetzt und damit den unhaltbaren Zustand beendet, dass die Gerichte einen verfassungsrechtlich anerkannten Grundsatz nur durch Einzelurteil umsetzen müssen. Wie dem Bund und anderen Bundesländern auch hätte es Sachsen gut zu Gesicht gestanden, einen praktikablen Weg zu wählen und etwa den Familienzuschlag der Stufe 4 zu erhöhen. Es ist die pure Ignoranz, dass dies nicht geschehen ist.

Abschließend: Der Gesetzentwurf ist schlecht genug und enthält so viele schwerwiegende Mängel, dass sich die Linksfraktion außerstande sieht, ihm ihre Zustimmung zu geben. Wir werden mit Ablehnung reagieren.