Protokoll der Sitzung vom 13.12.2007

Der Ausschuss führte seine Beratung in der 14. Sitzung am 16. Oktober 2007 mit der Anhörung einer durch den betroffenen Abgeordneten benannten Auskunftsperson fort. Die Auskunftsperson erläuterte, dass sie durch Herrn Dr. Külow im Februar 2007 erstmalig über dessen Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit und die sie persönlich betreffenden Teile dieser Tätigkeit informiert worden sei. Sie hob dabei hervor, dass sie durch die Tätigkeit des Abgeordneten aus ihrer Sicht keine Nachteile erlitten hätte und sie sich vor diesem Hintergrund nicht als Opfer seiner MfS-Tätigkeit betrachte.

Im Anschluss an die Erörterung mit der Auskunftsperson führte der Ausschuss die Anhörung von Vertretern der Behörde der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR – BStU – durch, welche die dem Sächsischen Landtag zugegangenen Unterlagen der BStU zur Tätigkeit von Herrn Dr. Külow erläuterten. Darüber hinaus erörterte der Ausschuss Verlauf, Inhalt und Umstände eines persönlichen Akteneinsichtsgesuchs von Herrn Dr. Külow gegenüber der Außenstelle der BStU in Leipzig aus dem Jahr 2001. Dieser Aspekt war für den betroffenen Abgeordneten deshalb von besonderer Bedeutung, weil er damit sein Bemühen zu untermauern versuchte, die Aktenlage vollständig zu erhalten und sie nach seiner Begründung zu publizieren.

Auch in seiner 15. Sitzung am 23. Oktober erörterte der Ausschuss mit den Vertretern der BStU im Zusammenhang mit diesem Auskunftsersuchen stehende Fragen, da

hierzu weiterer Fragebedarf bei der Linksfraktion bestand. Nach Einschätzung der Behörde verfolgte Herr Dr. Külow über den auf seinen Antrag ergangenen Bescheid hinaus kein weiteres förmliches Auskunftsbegehren bis nach der Veröffentlichung im „Focus“ im Jahr 2004. Ein Antrag der Linksfraktion, zu dieser Frage zusätzlich den Rechtsanwalt des betroffenen Abgeordneten zu hören, wurde mehrheitlich abgelehnt.

Da keine weiteren Anträge gestellt wurden, hat der Ausschuss in seiner 16. Sitzung am 6. November 2007 den Entwurf der Beschlussempfehlung und des Berichtes beraten und unter Berücksichtigung einiger Änderungen mit 14 : 5 : 1 Stimmen beschlossen. Die Stellungnahme von Herrn Dr. Külow zu der ihm zugegangenen Fassung der Beschlussempfehlung ist dem Bericht beigefügt. Ein Vertreter der Linksfraktion erklärte den Verzicht auf ein förmliches Minderheitenvotum.

Maßgeblich für die Beschlussempfehlung des Ausschusses sind unter anderem folgende Erwägungen:

Nach Artikel 118 der Sächsischen Verfassung kann der Sächsische Landtag beim Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen ein Verfahren mit dem Ziel der Aberkennung des Mandates beantragen, wenn sich der dringende Verdacht erhebt, dass ein Mitglied des Landtages vor seiner Wahl für das frühere Ministerium für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit der DDR tätig war und wenn deshalb die fortdauernde Innehabung des Mandats als untragbar erscheint.

Herr Dr. Volker Külow ist nach Überzeugung des Ausschusses unter dem Decknamen „Ostap“ wissentlich und willentlich als Inoffizieller Mitarbeiter für das MfS tätig geworden. Der Betroffene hat dies selbst eingeräumt. Damit stand die wissentliche und willentliche Zusammenarbeit mit dem MfS von Anfang an unzweifelhaft und unbestritten fest. Das Eingeständnis dieser Zusammenarbeit durch Herrn Dr. Külow bezieht sich im vollen Umfang auf sämtliche Unterlagen und Vorgänge, die dem Sächsischen Landtag durch die BStU übermittelt wurden.

Unklar blieb allerdings, ob derzeit noch nicht bekannte Tatsachen zu dieser Zusammenarbeit existieren, die über den Umfang hinausgehen, der dem Sächsischen Landtag bekannt geworden ist. Weder die Vertreter der BStU noch der betroffene Abgeordnete selbst konnten dies vollends ausschließen.

Die Mehrheit des Ausschusses ist der Überzeugung, dass die fortdauernde Innehabung des Mandates des Abg. Dr. Külow als untragbar im Sinne des Artikels 118 Sächsische Verfassung erscheint. Zu diesem Ergebnis kommt der Ausschuss durch eingehende Abwägung zwischen dem freien Mandat, das dem Abgeordneten durch seine Wahl in den 4. Sächsischen Landtag verliehen wurde, und den hohen Anforderungen an die persönliche Integrität, welche mit einem solchen Mandat verbunden sind. Dabei war abzuwägen, inwieweit der Umfang und die Intensität der Tätigkeit für das MfS, die heutige Reflexion des betroffenen Abgeordneten über diese Tätigkeit sowie die Entwicklung dieser Reflexion in den vergangenen Jahren

für oder gegen die Tragbarkeit der weiteren Innehabung des Mandats sprechen.

Für Herrn Dr. Külow sprechen neben der langen Zeitdauer von nunmehr 18 Jahren seit der durch den Untergang der DDR bedingten Beendigung seiner Zusammenarbeit mit dem MfS seine seit mindestens 2001 offen praktizierte Bereitschaft, nicht nur die Tatsache dieser Zusammenarbeit, sondern auch deren jeweils bekannten Umfang vollständig einzugestehen.

Nachdem die Tatsachen aus der Zusammenarbeit mit dem MfS öffentlich geworden waren, ist Dr. Külow selbst auf zahlreiche Betroffene seiner damaligen Tätigkeit zugegangen und hat sich ihnen offenbart. Ebenso hat er mit dem Bewertungsausschuss des Sächsischen Landtages und dem Ausschuss für Geschäftsordnung und Immunitätsangelegenheiten seine Tätigkeit umfangreich erörtert und aktiv zum Verfahren der Ausschüsse beigetragen. Zumindest seit Februar 2001 hat er sich bemüht, umfängliche Einsicht in die zu seiner Person vorhandenen Unterlagen der BStU zu erhalten und sich mit den darin enthaltenen Fakten auseinanderzusetzen.

Herr Dr. Volker Külow arbeitet in seiner Partei und für seine Partei als Stadtrat in Leipzig sowie als Mitglied des Sächsischen Landtages intensiv an der politischen Willensbildung auf der kommunalen und der Landesebene mit. Auf Befragen hebt er in seiner Anhörung vor dem Ausschuss für Geschäftsordnung und Immunitätsangelegenheiten hervor, dass er die Möglichkeiten der politischen Mitwirkung in der Bundesrepublik Deutschland positiv einschätzt.

Trotz dieser einzelnen und in ihrer Summe eindeutig positiven Tatsachen kommt der Ausschuss dennoch mehrheitlich zu der Auffassung, dass die kritischen Aspekte in der Tätigkeit für das MfS und im Umgang mit dieser Tätigkeit in einem solchen Maße überwiegen, dass die weitere Innehabung des Mandates als untragbar erscheint. Hier ist zunächst die von besonderem unkritischem Eifer getragene Intensität und Aktivität in der Zusammenarbeit mit dem MfS zu bedenken, die auch unter dem Eindruck der zusammenbrechenden staatlichen Strukturen der DDR in keinem Punkt nachließ. Beendet wurde diese Zusammenarbeit nicht durch den Abg. Dr. Külow, sondern ausschließlich durch den Untergang des MfS und seiner Strukturen.

Die vom Bundesverfassungsgericht konstatierte Rolle des Ministeriums für Staatssicherheit als „zentraler Bestandteil des totalitären Machtapparates der DDR“, das als Instrument der politischen Kontrolle und Unterdrückung der gesamten Bevölkerung fungierte und insbesondere dazu diente, politisch Andersdenkende oder Ausreisewillige zu überwachen, abzuschrecken und auszuschalten, vermochte Dr. Külow nicht zu reflektieren. Dass die Tätigkeit des MfS auf eine Verletzung jener Freiheitsrechte zielte, die für eine Demokratie konstituierend sind, vermochte er nicht zu erkennen. Vielmehr erblickte er in den Bestrebungen für demokratische Freiheitsrechte eine

Bedrohung, der er durch seine Tätigkeit für das MfS aktiv entgegenwirkte.

Besonders schwer wiegt dabei, dass ihm offenbar bis in die jüngste Zeit hinein die Rolle des MfS nicht bewusst ist – wie nicht zuletzt in den Ausführungen der von ihm benannten Auskunftspersonen deutlich wurde. Hier zeigte sich, dass Herr Dr. Külow erst in der persönlichen Auseinandersetzung mit einer Betroffenen und erst im Jahre 2007 auf das konkrete Gefahrenpotenzial seiner MfSTätigkeit ausdrücklich aufmerksam gemacht werden musste.

Bei näherer Betrachtung kann auch nicht von einem hinreichend offenen Umgang mit seiner Zusammenarbeit für die Staatssicherheit ausgegangen werden. Die Öffentlichkeit von Bekundungen der Zusammenarbeit mit dem MfS hat im Kern für Dr. Külow wenig mit Offenheit hinsichtlich der Inhalte dieser Zusammenarbeit zu tun. Eingestanden wurde stets nur jener Sachverhalt, der sich aus der jeweiligen Aktenlage nachweisbar und unleugbar ergab. Sein Verhalten bis zum Eintreffen neuer Belege zeigt eine ihm eigene Art der Verdrängung und lässt eine wirkliche Offenheit nur dort erkennen, wo die Unterlagen erdrückende Beweise liefern. Charakteristisch ist dabei, dass die jeweils öffentlich an den Tag gelegte Offenheit immer erst nach dem Auftauchen neuer Unterlagen und nicht schon in zeitlicher Nähe zu den Ereignissen einsetzte.

Dies ist nach Einschätzung des Ausschusses insbesondere deshalb von großer Bedeutung, da Herr Dr. Külow bis heute ein enges Verhältnis zu seinem damaligen Führungsoffizier pflegt und deswegen über eine zuverlässige Quelle hinsichtlich seiner damaligen Tätigkeit verfügt. Diese Quelle hat er offensichtlich nicht mit dem Ziel genutzt, seine Tätigkeit für das MfS bereits vor dem Auftauchen neuer Akten offenzulegen.

Es hat daher für den Ausschuss den deutlichen Anschein, dass die intensiven Bemühungen Dr. Külows um Einsicht in die ihn betreffenden Unterlagen nur ein einziges Ziel hatten: zu erfahren, welche Unterlagen in der BStU eventuell doch noch vorliegen, und zwar trotz der intensiven Versuche seines Führungsoffiziers, die Unterlagen vollständig zu vernichten.

Zur Überzeugung des Ausschusses steht fest, dass Dr. Külow weder im jugendlichen Alter noch unter Druck geworben wurde, sondern dass er den Pakt mit dem MfS mit höchster Bereitwilligkeit eingegangen ist. Wenn er in seiner Presseveröffentlichung vom 15. Februar 2007 ausführt: „In diesem Übereifer habe ich die vom menschlichen Anstand gebotenen Grenzen in einigen Fällen ganz klar überschritten“, dann fehlt ihm offenbar immer noch die Einsicht, dass es nicht nur um einzelne Fälle geht. Vielmehr gebot es die vom menschlichen Anstand gezogene Grenze, überhaupt nicht als Spitzel der Staatssicherheit zu arbeiten. Niemand war gezwungen, diese Grenze zu überschreiten – auch überzeugte Sozialisten nicht.

Der von Dr. Külow angeführte Film „Ich werde kämpfen“ dokumentiert ihn als Hoffnungsträger für einen demokra

tischen Sozialismus in der Zeit der Wende. Während der ersten Phase dieser Dreharbeiten lag jedoch seine Stasizuträgerschaft noch in den letzten Zügen. Zielpersonen waren in nicht geringem Umfang eigene Genossen, deren Ideale vom Sozialismus gerade in die Brüche gegangen waren. So zeigt der Film lediglich einen Aspekt der äußeren Erscheinung Dr. Külows in dieser Zeit, die die nahezu gleichzeitige Arbeit für die Staatssicherheit verbarg.

Im Übrigen zeigt die Tätigkeit Dr. Külows für das MfS deutlich, dass gerade in jener Phase die Hauptverwaltung Aufklärung nach innen gewirkt und zur Repression beigetragen hat.

Eingehend hat der Ausschuss auch die heutige Einstellung Dr. Külows zu seiner damaligen Tätigkeit erörtert. Seine Ausführungen dazu zeigten, dass gerade auch unter der Berücksichtigung des Zeitablaufes weder eine Einsicht in den Charakter jenes Apparates, dem er damals aktiv zugearbeitet hat, noch in das konkrete Gefährdungspotenzial seiner Arbeit für die in seiner Umgebung betroffenen Menschen zu erkennen ist. Seine Einsicht ist vielmehr darauf gerichtet, seinerzeit als engagierter DDRBürger hinsichtlich der Zusammenarbeit mit dem MfS im Wesentlichen alles richtig gemacht zu haben. Lediglich in Teilbereichen habe er die Grenzen des menschlichen Anstandes hier und da überschritten. An konkrete Dinge kann und will er sich so lange nicht erinnern, wie ihm nicht unwiderlegbare Beweise vorgelegt werden. Hier sieht er stets andere – insbesondere die Birthler-Behörde – in der Pflicht und nicht sich selbst und die ihm zugänglichen Quellen, wie zum Beispiel seinen Führungsoffizier.

Diese noch nach so langer Zeit vollständig mangelhafte Selbstreflexion über seine Rolle als Teil des Repressionsapparates der DDR lässt angesichts des persönlichen Maßes der Zusammenarbeit von Dr. Külow mit dem MfS unter Abwägung aller Umstände eine weitere Innehabung seines Mandates als nicht tragbar erscheinen.

Sehr geehrte Damen und Herren! In seiner 17. Sitzung am 27.11.2007 hat der Ausschuss seine abschließende Beratung durchgeführt. Während dieser Sitzung kritisierte ein Vertreter der Linksfraktion nochmals die Ablehnung des Begehrens von Dr. Külow, seinen Rechtsanwalt als Auskunftsperson anzuhören. Ebenso wies ein Vertreter dieser Fraktion auf eine Richtlinie des Europarates hin, nach der Säuberungsgesetze und ähnliche Verwaltungsmaßnahmen im Einklang mit den Erfordernissen des Rechtsstaates zu stehen hätten und Säuberungen nicht auf Ämter anwendbar seien, die durch Wahl vergeben werden – es sei denn, der Kandidat beantrage dies.

Nach Abschluss seiner Beratungen hat der Ausschuss mit 15 gegen 5 Stimmen beschlossen, dem Landtag zu empfehlen, gegen Herrn Dr. Külow die Abgeordnetenanklage nach Artikel 118 der Sächsischen Verfassung zu erheben.

Sehr geehrte Damen und Herren, so weit mein Bericht in aller Sachlichkeit und Neutralität, zu der ich als Berichterstatter verpflichtet bin. Alle weiteren Wertungen und

Zuspitzungen will ich Ihnen in der nachfolgenden Debatte überlassen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der SPD)

Herr Dr. Külow, möchten Sie sich gern als Nächster äußern?

(Dr. Volker Külow, Linksfraktion: Später!)

Später. Dann rufe ich jetzt die CDU-Fraktion auf; Herr Abg. Lehmann, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Danke, Herr Dr. Gerstenberg, für Ihren sachlichen Bericht, der eigentlich alles das, was wir im Ausschuss beraten haben, umfasst und wiedergibt. Nichtsdestotrotz will ich die Möglichkeit nutzen, die Meinung der Kollegen der CDUFraktion im Geschäftsordnungsausschuss wiederzugeben.

Fast genau ein Jahr haben sich die zuständigen Gremien des Hohen Hauses, der Bewertungsausschuss, der Ausschuss für Geschäftsordnung und Immunitätsangelegenheiten und das Plenum des Sächsischen Landtages mit dem Material befasst, was uns die Birthler-Behörde zur Stasitätigkeit von Herrn Dr. Volker Külow übersandt hat. Aus diesen Unterlagen ergibt sich ein völlig anderes Bild der Stasitätigkeit als dasjenige, welches sich für den Sächsischen Landtag bis dahin aufgrund der vorher vorliegenden Unterlagen und auch Aussagen von Herrn Dr. Volker Külow über Umfang und Inhalt seiner Stasitätigkeit ergeben hatte.

Der Verlauf der Diskussion gibt mir Anlass, mit drei Legenden aufzuräumen. Erstens nenne ich die Legende, die sich auf den Gegenstand unseres Verfahrens im Sächsischen Landtag selbst bezieht. Von Teilen der Partei, die Dr. Külow in den Sächsischen Landtag gebracht hat, wird die Mär verbreitet, der Sächsische Landtag maße sich an, über die weitere Mitgliedschaft seines gewählten Abgeordneten aus politischem Interesse heraus willkürlich zu entscheiden.

(Widerspruch des Abg. Klaus Bartl, Linksfraktion)

Diejenigen, die an dieser Legende stricken, wissen sehr genau, dass es sich vollständig anders verhält.

Der Artikel 118 unserer Verfassung gibt dem Hohen Haus nicht etwa die Möglichkeit, über die weitere Mitgliedschaft eines Abgeordneten dieses Hohen Hauses zu entscheiden. Vielmehr eröffnet er unter sehr hohen Anforderungen dem Sächsischen Landtag die Möglichkeit, beim Verfassungsgerichtshof ein Verfahren mit dem Ziel der Aberkennung des Mandats durch Entscheidung dieses Verfassungsgerichtes anzustreben.

Wenn wir heute mit dem erforderlichen Quorum einer qualifizierten Zweidrittelmehrheit für die Abgeordnetenanklage gegen Herrn Dr. Külow entscheiden, so eröffnen wir unserer Überzeugung nach nur den Weg für ein rechtsstaatlich einwandfreies und zugleich dem Zugriff der Politik vollständig entzogenes Verfahren vor dem

Sächsischen Verfassungsgerichtshof. Wir ebnen den Weg für die Entscheidung unabhängiger Richter darüber, ob eine fortdauernde Innehabung des Mandats durch Dr. Külow untragbar erscheint und verfassungsrechtlich untragbar ist oder eben nicht. Alle unsere Erwägungen und Gründe liegen dabei den unabhängigen Richtern des Verfassungsgerichtes vor. Diesen einwandfreien, rechtsstaatlich klaren Weg mit den hohen Hürden einer besonderen Mehrheit im Hohen Hause hat unsere Verfassung gewollt. Ihr wollen wir nun gerecht werden. Genau diese einwandfreie, mit hohen Hürden versehene rechtsstaatlich justiziable Entscheidung ist es, die denjenigen ein Dorn im Auge ist, die an der Legende eines politischen Prozesses gegen eine bestimmte politische Gesinnung stricken. Das aber, meine Damen und Herren von der Linksfraktion, lassen wir Ihnen nicht durchgehen.

Die zweite Legende betrifft die Behauptung, Dr. Külow sei in Bezug auf Dauer, Umfang und Intensität seiner Stasitätigkeit stets mit dem Bemühen um vollständige Offenlegung und Wahrhaftigkeit umgegangen. Der Verlauf des Verfahrens hat gerade mit dieser Darstellung Dr. Külows gründlich aufgeräumt. Obwohl ihm neben seiner eigenen, insbesondere zu Beginn der Neunzigerjahre noch frischen Erinnerung auch die Erinnerung seines mit ihm nach wie vor gut bekannten Führungsoffiziers zur Verfügung stand und heute dem Vernehmen nach noch zur Verfügung steht, hat er seine Tätigkeit immer nur so weit eingeräumt und offengelegt, wie sie ihm zum jeweiligen Zeitpunkt unwiderlegbar nachzuweisen war.

Statt einen offenen und ehrlichen Umgang zu pflegen, hat er stets behauptet und behauptet bis heute, dass es die Birthler-Behörde mit ihren Vorschriften ist, die ihn an diesem offenen und ehrlichen Umgang mit seiner Stasitätigkeit hindere.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: So ist es doch!)

Volker Külow versucht bis heute das Prinzip „Haltet den Dieb!“. Sein von Vorwürfen geprägter Umgang mit der Birthler-Behörde hat für mich persönlich immer den Anschein, dass er wissen möchte, was ihm aus den Unterlagen der Behörde unwiderleglich nachweisbar ist, damit er seine Erklärungsmuster hierauf – und nur hierauf und nicht auf den wirklichen Umfang seiner Tätigkeit – ausrichten kann. Dass er nur formal zur Hauptabteilung Aufklärung gehörte, tatsächlich aber Spitzeldienste in seinem unmittelbaren Umfeld geleistet hat, hätte Volker Külow bei gehöriger Anstrengung seiner eigenen Erinnerung und der seines Führungsoffiziers schon lange von sich aus offenlegen können und müssen.

(Beifall der Abg. Angelika Pfeiffer, CDU)

Stattdessen hat er stets abgewartet, was die Behörde unwiderleglich beweisen konnte, die Behörde dafür beschimpft und sich ein Erklärungsmuster für das schwarz auf weiß Vorliegende zurechtgebastelt. Dies zeigt eher sein Bemühen um Verschleierung als um Wahrhaftigkeit. Man könnte ihm das vielleicht durchgehen lassen,

wenn er nicht ständig behauptete, es ginge ihm nur um Wahrhaftigkeit. Genau das aber tat und tut Volker Külow, genau das ist nicht hinnehmbar und mit der Würde dieses Hohen Hauses nicht vereinbar.

Die dritte Legende, meine sehr verehrten Damen und Herren, bezieht sich auf sein ständig wiederkehrendes Erklärungsmuster für das, was ihm die Birthler-Behörde unwiderlegbar nachgewiesen hat. Er behauptet, als Bediensteter der Universität zu Leipzig und als Staatsbürger der DDR verpflichtet gewesen zu sein, genauso zu handeln, wie er damals gehandelt hat. Abgesehen davon, dass er sich mit dieser Argumentation in die Nähe all jener rückt, die in allen Diktaturen der Geschichte erklärt haben, dass man sich doch nur an Gesetze gehalten und nur Befehle ausgeführt habe, stimmt es auch im konkreten Fall nicht, dass es keine Alternativen zu seinem Handeln gegeben hätte. Man musste sich nicht der Stasi andienen, um für sie Spitzeldienste zu leisten, auch nicht in seiner eigenen persönlichen Umgebung. Man konnte Nein sagen. Man konnte sich verweigern. Anschwärzen, verpfeifen, denunzieren aber musste man wahrhaftig niemanden, insbesondere dann nicht, wenn es sich um Wahrnehmungen zum Tatbestand des politischen Strafrechtes des Unterdrückungsapparates der SED-Diktatur handelte. Wenn jemand sein Menschenrecht auf jederzeitiges Verlassen jedes, auch des eigenen Landes, in Anspruch nehmen wollte, war man nicht verpflichtet, das als Republikflucht zu bewerten, um damit eine Denunziation zu rechtfertigen. Genau dies aber wollte uns Dr. Külow im Verlauf des gesamten Verfahrens immer wieder weismachen. Auch mit dieser Legende muss aufgeräumt werden.