rechten, die damals im Übrigen sämtlichst von der CDU mitbeschlossen wurden, haben bis heute nichts an Aktualität verloren. Im Gegenteil, wenn wenigstens einiges davon Eingang in die Gesetze im vereinten Deutschland gefunden hätte, wäre die Akzeptanz gerade im Osten deutlich größer.
Ich verbinde mit 1989 positive Erinnerungen an die Rolle der Kirchen, die ihre Räume öffneten und den Dialog zwischen den Bürgern ermöglichten. Heute ignorieren die politischen Verantwortungsträger in Berlin und Dresden häufig die Anregungen und Forderungen aus dem kirchlichen Bereich, – –
Heute ignorieren die politischen Verantwortungsträger in Berlin und Dresden häufig Anregungen und Forderungen aus dem kirchlichen Bereich, angefangen vom Sozialwort der Kirchen über die Kritik an Auslandseinsätzen der Bundeswehr bis hin zu Fragen der Bekämpfung von Kinderarmut in unserer vergleichsweise noch immer reichen Gesellschaft; ja, und wir als LINKE sprechen auch heute mit den Kirchen, selbst wenn es Ihnen nicht passt, Herr Schowtka.
Erstens – sind Sie der Auffassung, dass die Vereinigung der beiden deutschen Staaten ein Fehler war, und – zweitens – wünschen Sie sich weiterhin zwei deutsche Staaten?
Herr Kollege Brangs, ich habe, denke ich, deutlich gemacht, dass ich nicht die Vereinigung, sondern den Weg der Vereinigung für falsch gehalten habe, und mich hier auf Beschlüsse des Runden Tisches bezogen. Dieser Fehler bei der Umsetzung der
Vereinigung beim Zusammenschluss der beiden deutschen Staaten ist nicht mehr reparabel. Er ist geschehen.
dass wir mit einem Denkmal möglicherweise andere Dinge verbinden, als Sie es tun werden. Ungeachtet dessen sind wir für dieses Denkmal. – Nun würde ich gern fortfahren.
Ich denke auch an die positive Stimmung auf den friedlichen Demonstrationen im Herbst 1989. Auch daran könnte ein Denkmal in Leipzig erinnern. Besonders bewegt hat mich damals die Großdemonstration am 4. November in Berlin. Stefan Heym brachte damals die Gefühle vieler Menschen auf den Punkt, als er ausrief: „Es ist, als hätte jemand die Fenster aufgestoßen!“ Ja, so fühlten wir damals, doch ich frage: Was ist heute davon übrig geblieben?
Immer mehr Menschen, auch in Sachsen, resignieren und fühlen sich als Verlierer der deutschen Einheit oder immer noch als Deutsche zweiter Klasse. Die nach wie vor immer noch unterschiedlichen Renten in Ost und West sind hier nur ein Indiz von vielen; und es ist zu fragen, ob nicht einfach zu viele vernünftige Dinge abgeschafft wurden, nur weil sie mit der DDR verbunden waren. Sie kennen alle die Stichworte Kinderbetreuung, längeres gemeinsames Lernen, Polikliniken. Nur langsam stellt sich das Bewusstsein ein, dass nach 1990 hier viele Fehler begangen wurden, ohne dass die CDU dies zugeben würde. Das weiß ich natürlich. Von einem Grundvertrauen in die Politik kann hierzulande derzeit keine Rede sein.
Kollege Lichdi, darum geht es nicht. Wir sprechen jetzt über ein Denkmal und darüber, wie die Menschen heute ihre Situation empfinden, wenn sie an 1989 denken, und ich stelle fest, die Wahlbeteiligung wird zunehmend schlechter.
Schon bei der letzten Landtagswahl in Sachsen blieb jeder zweite Wahlberechtigte zu Hause. Eine solche Entwicklung darf eigentlich niemanden kaltlassen, denn eine solche Entwicklung hat Ursachen; und sie hat auch Ursachen darin, inwieweit tatsächlich die deutsche Einheit verwirklicht worden ist. Viele Menschen, auch in
Sachsen, fühlen sich in politische Entscheidungen nicht einbezogen. Viele Fenster sind inzwischen leider fest geschlossen. Es liegt nicht nur an uns, aber eben auch an uns, diese Fenster wieder aufzustoßen und mehr Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger zu ermöglichen. Auch daran, an diesen positiven Punkt der Zeit 1989/90, könnte uns ein Freiheitsdenkmal erinnern.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn einem keiner mehr auf die Schulter klopft, dann tut man es eben selbst. – Das ist zunächst einmal der Eindruck, den die beiden Anträge der Regierungskoalition auf den unbefangenen Leser machen. Sie möchten sich gern selbst ein Denkmal setzen und wollen den Boden dafür schon frühzeitig und gründlich bereiten.
Was gilt es gegenwärtig zu bejubeln? Etwa die Demokratie, die in ihrer hiesigen repräsentativen Form nur noch von 38 % der Bevölkerung als die beste und damit gewollte Staatsform angesehen wird? Etwa, dass die CDU 20 % ihrer Wählerstimmen eingebüßt hat und die SPD mit der 5-%-Hürde kämpft? Etwa, dass 20 % der Sachsen von der Armenfürsorge alimentiert werden? Etwa, dass die jungen Menschen abwandern oder in einem Ausmaß verwahrlosen, wie es noch niemals in der Geschichte dieses Freistaates der Fall war? Oder vielleicht, dass die Bevölkerung in einigen Jahrzehnten ausgestorben sein wird?
Wenn man Sie, meine Damen und Herren von den etablierten Parteien, so weitermachen lässt wie bisher, wenn man das wirklich feiern will – wie sollte ein solches Denkmal dann aussehen?
Unbestreitbar ist, dass die Menschen in Sachsen den Anstoß zur friedlichen Revolution 1989 gegeben haben. Sicherlich wollten sie die sozialistische Diktatur auf dem Müllhaufen der Geschichte entsorgen. Ganz bestimmt wollten sie ihre wirtschaftliche Situation normalisieren und ihre Umwelt erhalten. Zweifellos haben die Montagsmarschierer viel riskiert, um wahre Meinungsfreiheit zu erlangen. Richtig ist auch, dass die Sachsen endlich wieder Gesamtdeutsche sein wollten. Deswegen skandierten sie auch die Losung „Wir sind ein Volk“. Nirgendwo wurde gerufen „Wir sind eine Gesellschaft“ oder ähnlicher Unsinn.
Was die Menschen bewog, eine friedliche Revolution durchzuführen, und was sie in den 17 Jahren seither erhalten haben, sind wohl zwei sehr verschiedene Paar Schuhe.
Ganz zu Recht haben Sie in Ihrem Antrag darauf hingewiesen, wie wenig man heute noch von den Menschen hört, die diese Revolution unter Gefahren herbeigeführt
haben, oder von denen, die wegen ihrer Überzeugung im Gelben Elend in Bautzen einsaßen. Man muss sich nur hier in diesem Hohen Hause umschauen, um diese Aussage bejahen zu können. Kaum vorstellbar, dass die Bürgerrechtler von damals solche immensen Risiken eingingen, um heute erleben zu müssen, dass die Privilegierten von einst wieder an den Futtertrögen der Macht sitzen und – was viel schlimmer ist – ihre Opfer von damals verhöhnen. Andere stromlinienförmige Exponenten des DDRRegimes wechselten 1990 ohne zu zögern einfach das Parteibuch und gelangten auf diese Weise im öffentlichen Dienst bis ganz nach oben.
Nicht minder befremdlich wirkt es auf viele Menschen, dass Sie wie der Teufel das Weihwasser den eigentlichen Tag des Gedenkens, den 9. November, meiden und stattdessen den gesichts- und geschichtslosen 3. Oktober vorziehen. Sie möchten viele Partner in Gestalt von Institutionen wie Kommunen, Kirchen, Verbänden, Unternehmen, Schulen usw. zur Teilnahme und zum öffentlichen Diskurs gewinnen. Von Menschen aber ist in Ihrem Antrag nicht die Rede.
Die Fraktion der NPD rät Ihnen daher, mit kostspieligen Denkmälern lieber noch eine Weile zu warten. Historische Rückschauen beginnen in der Regel nach 25 Jahren. Bis dahin müsste es als Symbol für eine wirkliche Freiheits- und Einigungsbewegung, die ebenfalls in Leipzig ihren Ausgangspunkt hatte und die von den Deutschen auch ohne staatliche Aufdringlichkeit angenommen wurde, auch eine Erweiterung des Völkerschlachtdenkmals tun.
Wir werden den beiden Anträgen dennoch zustimmen, gerade weil wir Nationaldemokraten der Meinung sind, dass die Bekenner, Bürgerrechtler und Montagsmarschierer von 1989 nicht dem Vergessen anheimfallen dürfen und ebenso nicht der Vereinnahmung durch Ihre halbseidenen Gedenkrituale. In Ihren Händen, meine Damen und Herren von der CDU und der SPD, wollen wir das Andenken an die mitteldeutschen Freiheitshelden von 1989 nun wirklich nicht wissen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Diskussion um die Errichtung eines Freiheitsdenkmals ist für mich von zwei etwas unverständlichen Umständen gekennzeichnet. Zum einen ist da ganz klar die Entscheidung des Deutschen Bundestages; sie liegt noch nicht sehr lange zurück. Der Beschluss, ein Einheits- und Freiheitsdenkmal ausschließlich in Berlin und eben nicht in Leipzig zu errichten, hat viele Menschen in Sachsen zu Recht enttäuscht.
Die Friedensgebete in der Leipziger Nikolaikirche, die Montagsdemonstrationen in Leipzig, die Proteste am Dresdner Hauptbahnhof, die Dresdner „Gruppe der 20“, die Großdemonstrationen in Plauen und in vielen anderen