Wie das Beispiel des Bürgermeisters von Zschadraß, Herrn Schmiedel, zeigt, ist das persönliche Engagement oft der ausschlaggebende Faktor. Solche Personen in politisch verantwortliche Ämter zu bringen obliegt allerdings den Wählerinnen und Wählern und nicht den Politikern. Letzteren aber Entscheidungsgrundlagen und das nötige Wissen bereitzustellen ist sehr wohl unsere Aufgabe als Freistaat. Das stellt auch keinerlei Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung dar.
Über eines sind wir uns als Koalition einig: Ohne die Mitwirkung der Kommunen sind die riesigen Herausforderungen, die jetzt nach und nach sichtbar werden, überhaupt nicht leistbar.
Um mit El Gores Worten abzuschließen: „Wir haben alles, was wir brauchen; was uns bisher fehlt, ist der politische Wille.“ – Und ich ergänze: Der politische Wille ist nicht nur in den USA ein erneuerbarer Rohstoff, sondern auch bei uns in Sachsen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde jetzt nicht auf den Kollegen Heinz eingehen, sondern mich dem Thema zuwenden. Die Koalitionsfraktionen haben im Kern beantragt, die Staatsregierung möge bis zum 31.12.2007 einen Maßnahmenkatalog vorlegen, mit dem sie das Ziel der EU vom März 2007 umsetzen will. Die EU habe sich zum Ziel gesetzt, den Anteil der erneuerbaren Energien bis 2020 auf 20 % an der eingesetzten Primärenergie – ein durchaus ambitioniertes Ziel – und die Energieeffizienz um 20 % zu steigern sowie die CO2Emissionen um 30 % zu senken.
Die Staatsregierung hat in ihrer Stellungnahme zum Antrag der Koalition vom 10. September dieses Jahres mitnichten einen Klimaaktionsplan vorgelegt, sondern nur alte Minischrittchen wiedergekäut. Zwar wird das Repowering von Windkraftanlagen positiv bewertet – für die windkraftfeindliche Staatsregierung durchaus eine kleine Revolution –; aber tatsächlich werden die Windkraftflächen in den Regionalplänen weiter beschränkt, und der Erlass vom August dieses Jahres erschwert die Windkraftnutzung weiter.
Die Steigerung der Waldfläche von 28 auf 30 % an der Landesfläche ist ein richtiger Schritt, aber er besteht schon seit Anfang der Neunzigerjahre und ist immer noch unerreicht. Die SAENA, die Sächsische Energieagentur, arbeitet jetzt zwar endlich, ist aber immer noch auf Modellprojekte beschränkt. Bürgersolarkraftwerke werden jetzt endlich positiv bewertet, aber auf unseren vom Landtag beschlossenen Antrag hin hat der gewesene
Finanzminister Metz nach einem Dreivierteljahr Prüfung ganze drei Dachflächen im Freistaat für geeignet gehalten.
Ein neuer Schritt ist die Energieeffizienzrichtlinie im staatlichen Hochbau von Ende Oktober. Danach wurde der Umweltbonus für die Wirtschaftlichkeitsberechnung von EE-Anlagen auf 0,07 Euro je eingespartem Kilogramm CO2 erhöht; dennoch werden bei staatlichen Neubauten kaum Energieeffizienzmaßnahmen und Anlagen der erneuerbaren Energien umgesetzt.
Insgesamt fehlt es aber nach wie vor an einem schlüssigen Klimaschutz- und Energieprogramm, das auch nur im Entferntesten in der Lage wäre, die Ziele der EU, geschweige denn die notwendigen Ziele zur Erreichung des Zwei-Grad-Zieles, zu erreichen. Der Freistaat hält weiterhin an der überholten Trennung zwischen Klimaschutz und Energiepolitik fest. Er hält weiterhin an dem bescheidenen Ausbauziel von 5 % EE-Anteil an der Primärenergie aus dem sogenannten Klimaschutzprogramm 2001 fest, obwohl die Marge bereits jetzt erreicht ist.
Der Freistaat leistet sich weiterhin ein Energieprogramm 2004, das die Atomkraft befürwortet und das EEG abschaffen will. Die CDU hält sich offen, auch neue Atomkraftwerke in Sachsen zu bauen. Nach der Studie, die vergangene Woche bekannt geworden ist, ist jetzt wirklich Anlass, darauf hinzuweisen. Obwohl die signifikant erhöhte Rate von Leukämie bei Kindern im Umkreis von Atomkraftwerken endgültig nachgewiesen wurde, hält die Staatsregierung an einem Energieprogramm fest, das die Abschaffung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes fordert – eines Gesetzes, das in wenigen Jahren in Sachsen über 6 000 Jobs geschaffen hat und bis 2010 10 000 Arbeitsplätze geschaffen haben wird.
Meine Damen und Herren, dies ist eine Erfolgsgeschichte, die ihresgleichen sucht. Heute, Herr Staatsminister Wöller, haben wir den 14. Dezember 2007. In zehn Tagen ist Heilig Abend. Vielleicht will uns Staatsminister Wöller verkünden, dass er uns den neuen Klimaschutzaktionsplan unter den Weihnachtsbaum legen will. Vielleicht müssen auch seine Beamten zwischen den Jahren arbeiten. Aber Scherz beiseite, diese Regierung wird nicht in der Lage sein, ein schlüssiges Klima- und Energieprogramm vorzulegen, das die Reduzierung der sächsischen Treibhausgasemissionen auf acht Millionen Tonnen oder 1,7 Tonnen pro Kopf und Jahr für das Jahr 2050 vorsieht. Das sind die Ziele, die wir uns zu stecken haben, wenn wir Klimaschutzpolitik, die diesen Namen verdient hat, tatsächlich ernst nehmen wollen. Dies wären nämlich die von allen Wissenschaftlern für erforderlich gehaltenen Ziele, um die Chance zu wahren, den Klimawandel in vielleicht erträglichen Grenzen zu halten.
Erstens. Die sächsische Union ist offensichtlich der Hort der sogenannten Klimaskeptiker in Deutschland. Die fatale Rede des Kollegen Heinz hat dies ein weiteres Mal einschlägig beschrieben.
Mit den sogenannten Klimaskeptikern sind Menschen gemeint, die, von der fossilen Verschwendungswirtschaft der Atom-, Kohle- und Mineralöllobby bezahlt, mit pseudowissenschaftlichen Argumenten bestreiten, dass der Treibhauseffekt durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe durch den Menschen verursacht wird. Stattdessen sollen etwa die Sonnenaktivität oder die Verschiebung der Erdachse zur Sonne verantwortlich sein. Der umweltpolitische Sprecher der CDU-Fraktion – ich gebe zu, dass ich gedacht habe, er wird das Wort ergreifen –, Prof. Mannsfeld, verspielt derzeit seine Reputation, die er sich als engagierter Naturschützer erworben hat, wenn er immer wieder Zweifel an der Verursachung des Klimawandels durch den Menschen streut. Der Ministerpräsident auf Abruf, Georg Milbradt, hat die Zeit, am nächsten Dienstag das Machwerk des tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus, eines neoliberalen Klimaskeptikers, in der Dresdner Unibibliothek vorzustellen.
Meine Damen und Herren, es ist völlig eindeutig, auf welcher Seite die sächsische Union steht. Sie steht nicht auf der Seite der Klimafreunde, sondern sie steht auf der Seite der Klimaverbrecher und der Klimakiller.
Zweitens. Meine Damen und Herren, in der Stellungnahme der Staatsregierung wird auch auf den Stern-Bericht eingegangen, nur leider hat die Staatsregierung den SternBericht nicht verstanden. Sie schreibt – damals noch Kollege Tillich –: „Die volkswirtschaftlichen Kosten für den Klimawandel können nur dann begrenzt werden, wenn Anpassungsstrategien rechtzeitig entwickelt werden.“ Das ist ein harmlos klingender Satz, doch leider ist er falsch. Beim Stern-Report steht eine gegenteilige Aussage im Mittelpunkt. Je später wir mit einem effektiven Klimaschutz beginnen, desto teurer werden die Anpassungsmaßnahmen. Das ist eine der zentralen Aussagen des Reports. Was der alte Staatsminister für Umwelt hier zum Besten gibt, führt politisch in die Irre. Bestenfalls hat er den Stern-Report nicht verstanden; schlechtestenfalls versucht er uns alle hinters Licht zu führen.
Der Klimawandel sei, so Stern, das größte Marktversagen, das die Welt je erlebt hat; Marktversagen deshalb, weil wir es versäumt haben, den Ausstoß von CO2 zu bepreisen. Diese Fehlinterpretation des Stern-Berichts zieht sich schon durch den Antrag von CDU- und SPD-Fraktion. Es gibt nichts dagegen einzuwenden, Anpassungsstrategien gegen den Klimawandel zu entwickeln, wie es der Antrag von CDU- und SPD-Fraktion fordert. Weil der Klimawandel schon da ist und eine weitere Temperaturerhöhung nicht aufzuhalten ist, brauchen wir Anpassungsstrategien. Die werden uns aber nichts nützen und ökologisch völlig sinnlos sein, wenn wir nicht unser Hauptaugenmerk auf die Vermeidung eines Temperaturanstiegs über zwei Grad Celsius legen.
Der dritte und eigentliche Grund Ihrer Wahrnehmungsstörungen liegt in der Braunkohlenvorrangpolitik der Staatsregierung und der Koalitionsparteien CDU und SPD.
Die SPD-Fraktion versucht sich in dem für sie typischen Spagat eines Sowohl-als-auch. Einerseits setzt Wirtschaftsminister Jurk als größter Lobbyist der klimakillenden Braunkohle auf die Verlängerung der Braunkohlenverstromung bis zum Ende des Jahrhunderts, denn wer den Entwurf seines Energieprogramms genau liest, muss zu diesem Schluss kommen. Andererseits tourt der Sprecher für erneuerbare Energien, Johannes Gerlach, mit einer ökologischen Agenda durch das Land, hat aber keinerlei Einfluss auf die Energiepolitik seiner Fraktion und der fossilen Koalition, der er angehört. Ich verspreche Ihnen, lieber Johannes Gerlach, dass wir Ihnen dieses Doppelspiel nicht durchgehen lassen werden.
Will jemand eine Zwischenfrage stellen? Herr Kollege Brangs? – Ich dachte, weil Sie sich so echauffieren.
Herr Kollege Brangs, auch Ihnen erkläre ich noch einmal, warum die zentrale Aufgabe, die sächsische Energiepolitik unter das Primat des Klimaschutzes zu stellen, die Vorbereitung des Ausstiegs aus der Braunkohle bis 2020 bedeutet.
Sehr geehrte Frau Kollegin Dr. Runge, ich habe Ihre Presseerklärung gerade studiert. Dort schreiben Sie: zwischen 2040 und 2050. Das wird nicht reichen. Da müssen wir ehrgeiziger sein. Wir haben ja noch einen eigenen Strauß miteinander auszufechten
Derzeit emittieren wir in Sachsen circa 52 Millionen Tonnen CO2 im Jahr. Dies entspricht einer Pro-KopfEmission von circa 13 Tonnen. Nach Ansicht der Wissenschaft müssen wir die Pro-Kopf-Emission auf circa 1,7 Tonnen zurückführen. Dies bedeutet für Sachsen im Jahr 2050 eine Gesamtemission von nur noch circa 8 Millionen Tonnen CO2. Alle sächsischen Braunkohlenkraftwerke werden nach Inbetriebnahme des neuen Blocks in Boxberg bis Jahrhundertmitte circa 33 Millionen Tonnen CO2 ausstoßen. Das ist das Vierfache der dann eigentlich klimapolitisch noch erlaubten Emission. Wer sich nicht ganz fest Augen, Ohren und Hirn zuhält, der muss erkennen, dass Klimaschutz und Braunkohle miteinander unvereinbar sind.
Die CDU-Fraktion hat sich im Laufe dieses Jahres ein Gegenargument einfallen lassen: Sachsen habe seine CO2Emission seit dem Basisjahr 1990 bereits um über 50 % gesenkt. Daher seien jetzt die anderen dran. Das ist teilweise richtig und deswegen insgesamt falsch. Sachsen hat seine Pro-Kopf-Emission von über 20 Tonnen CO2 im Jahr 1990 auf nun circa 13 Tonnen CO2 gesenkt. Es hat damit allerdings allenfalls den Effizienzrückstand der maroden DDR-Wirtschaft gegenüber dem Westen aufgeholt, aber mitnichten einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz geleistet. Ich kenne keinen anderen Wirtschaftssektor, in dem sich die Staatsregierung hinstellt und sagt: Wir sind zufrieden, wenn wir knapp an den Westen aufschließen. Bisher habe ich immer gehört, dass wir an die Spitze in der Welt wollen.
Vielleicht ist Ihnen in Ihrer provinziellen Beschränkung gar nicht klar, was Sie hier fordern. Haben Sie schon einmal, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDUFraktion, vom Begriff der Kohlenstoffgerechtigkeit gehört? Er meint den ethischen Grundsatz, dass jeder Mensch auf dieser Erde das gleiche Recht auf Nutzung der Naturgüter hat. Wollen Sie allen Ernstes behaupten, die Sachsen hätten mehr Recht, die Atmosphäre mit Treibhausgasen zuzumüllen als ein Afrikaner oder Chinese?
Meine Damen und Herren, dass können Sie nicht ernst meinen. Das nämlich wäre Rassismus in der Klimapolitik.
Vielleicht denken Sie an dieser Stelle im stillen Kämmerlein einmal über das C in Ihrem Parteinamen nach.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit Ihrem Antrag, verehrte CDU- und SPD-Kollegen, fordern Sie erstens die Staatsregierung auf, über Veränderungen des Klimawandels in Sachsen regional differenziert zu berichten. So weit, so gut.
Zweitens möge die Staatsregierung Anpassungsstrategien an den Klimawandel für bestimmte Lebensbereiche und -sektoren entwickeln. Nachfolgend führen Sie eine Reihe wichtiger Bereiche auf, in denen die Anpassung unseres existenziellen und kulturellen Daseins an die Veränderung der natürlichen Lebensgrundlagen zwangsläufig stattfinden muss.
Drittens schließlich fordern Sie von der Staatsregierung bis 31. Dezember 2007 einen Maßnahmenkatalog, wie Sachsen den Beschluss der Europäischen Union und die
Sie fordern dabei, dass vor allem die Akzeptanz von Maßnahmen zur Begrenzung der globalen Klimaerwärmung in der sächsischen Bevölkerung erhöht werden soll, das heißt, dass man Bildungsveranstaltungen oder Werbekampagnen für Klimaschutz macht.
Damit ist der Antrag kein Ruhmesblatt. Sie offenbaren damit, dass Sie die vorsorgende, vorbeugende, aktive Klimaschutzpolitik der Europäischen Union und Ihrer Bundesregierung im Sinne eines integrierten Konzeptes nur unzureichend verstanden haben.