(Beifall bei der FDP) Herr Milbradt ist ein Standortrisiko geworden, denn sein Name steht jetzt dafür, dass hier mit öffentlichen Geldern nicht ordentlich umgegangen wird. Das erschwert Investitionen. Ich bleibe bei dieser Argumentation. Jetzt kommen wir noch in diese Situation, dass kein Nachtragshaushalt kommt und dass der Finanzminister in den Haushalten herumfuhrwerken kann mit der Ermächtigung, die Sie ihm erteilen wollen. Vor diesem Hintergrund haben wir auch im nächsten Jahr unaufgeräumte Staatsfinanzen. Das ist kein ermutigendes Signal an Investoren. 1. Vizepräsidentin Regina Schulz: Für die Fraktion GRÜNE Frau Hermenau, bitte. Antje Hermenau, GRÜNE: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Herr Finanzminister Tillich, Sie haben in Ihrer eingangs vorgetragenen Regierungserklärung eingeklagt, dass wir hier fair miteinander umgehen sollten und abwarten müssten, was die Wirtschaftsprüfer im Januar 2008 auf den Tisch legen würden. (Beifall bei den GRÜNEN) Diesen Versuch, sich der politischen Verantwortung mit dem Verweis auf Wirtschaftsprüfer zu entziehen, haben Sie als Staatsregierung bereits 2005 unternommen. Was herausgekommen ist, wissen wir. Damals haben Sie, Herr Milbradt, in Ihrer Regierungserklärung noch gesagt: „Meine Damen und Herren, der Blick muss jetzt nach vorne gerichtet werden. Dies bedeutet zum einen selbstverständlich die juristisch einwandfreie und abschließende Klärung der Vorwürfe zivil- und strafrechtlicher Art. Für die wirtschaftliche Seite – das betone ich noch einmal – stehen die Abschlussprüfer für Auskünfte und Diskussionen zur Verfügung.“
Meine lieben Genossinnen und Genossen von der SPD! Es sieht ja nun so aus, als ob Sie mit Ihrer Ausrede – wir können ja gar nichts dafür, dass bei der Sachsen LB so viel schief gelaufen ist – vielleicht öffentlich durchkommen. Das kann ja sein. Womit Sie nicht durchkommen, ist, dass Sie sich hier an dieser Sache beteiligen, keinen Nachtragshaushalt zu machen und das nicht offiziell und ordentlich auszuweisen.
Aus dieser Verantwortung kommen Sie nicht mehr heraus. Ich weiß, dass Regieren nicht immer Spaß macht, aber ich habe nirgendwo gehört oder gelesen, dass es deswegen eine Verpflichtung gäbe, kollektiv Rechtsbruch zu begehen.
Aber eben diese Klärung ist hier dauernd hintertrieben worden, denken Sie nur an die Verfahrensweise im entsprechenden Untersuchungsausschuss. Dieser Blick nach vorn ist eine Ablenkung. Sie wollen vermeiden, dass die politische Verantwortung aufgeklärt wird. Sie haben Steuergelder in den Sand gesetzt, Sie werden im nächsten Jahr weitere Steuergelder in den Sand setzen, aber Sie wollen „den Blick nach vorne richten“.
Das, was Sie heute in Ihrem Entschließungsantrag beschließen wollen, meine Damen und Herren von der Koalition, bedeutet im Klartext, dass Finanzminister Tillich – er kann ja persönlich ein netter Mensch sein, das hilft aber nichts – im Dunkeln allein entscheiden kann. Er kann in den Etats anderer Minister herumfuhrwerken, und die Koalition ermächtigt ihn dazu.
Ich erinnere mich, als es um die Debatte mit Herrn Biedenkopf ging. Sie erinnern sich bitte alle noch an die Frage, warum er denn zurücktreten müsse. Da wurde als einer der wesentlichen Gründe genannt, er hätte bei einer Kaufsumme von 900 DM bei Ikea einen 15-prozentigen Rabatt in Anspruch nehmen wollen. Das sind 132 DM gewesen, nach dem heutigen Geld 66,00 Euro.
Die Bürgschaftssicherungsrücklage, von der gestern im Haushaltsausschuss die Rede war, wird ungefähr 30 % der Bürgschaftssumme abdecken. Sie besteht größtenteils aus den Steuermehreinnahmen des Jahres 2007, des laufenden (Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Ein Sumpf!)
Jahres. Da sollen vielleicht auch noch die Steuermehreinnahmen des nächsten Jahres mit hineingebuttert werden. Damit haben Sie aber erst ungefähr 1,5 Milliarden Euro der in Rede stehenden 2,7 Milliarden ungefähr abgebildet. Das heißt, für 1,3 Milliarden Euro reichlich haben Sie keine Gegenfinanzierung. Die muss der Finanzminister bei einer Bank borgen, also Neuverschuldung machen, oder er muss in die Haushalte greifen, wenn das Geld fällig wird und er es braucht. Dazu kann ich Ihnen etwas erzählen, denn da steht in der Vorlage: „erfolgt durch die Deckung im Gesamthaushalt“.
Nun glauben Sie ja doch nicht, dass im Gesamthaushalt 1,3 Milliarden Euro in einer Sparbüchse liegen würden. Natürlich hat Herr Tillich Sparbüchsen, aber die sind deutlich kleiner. Vor diesem Hintergrund ist es klar – da gibt es keinen Griff in die Portokasse –, dass es eine richtig fette Haushaltssperre gibt und einen eisernen Besen, der durch die Etats fuhrwerken wird. Von wegen Portokasse! Wenn Sie Neuverschuldung machen müssen, müssten Sie für diese Summe 70 Millionen Euro Zinsen im Jahr zahlen. Das ist mehr Geld, als Sie zusammen ausgeben in den Programmen „Kampf gegen Rechts“, „Jugendarbeit“, „Schwangerschaftskonfliktberatung“, „Offene Hilfe für behinderte Menschen“, „Modellvorhaben zum Schutz vor häuslicher Gewalt“ und „ Integration von Zuwanderern“, um einmal auf den Punkt zu kommen.
Wenn Sie eine Haushaltssperre machen wollen, den Rasenmäher nehmen, dann haben Sie nicht viele Möglichkeiten. Das wissen Sie auch. Sie können nur auf die Sechsertitel zugreifen. Für alle, die nicht wissen, was ein Sechsertitel ist: Das sind die Zuschüsse, die wenigen disponiblen Mittel, die ein Haushalt noch hat. An die ganzen Investitionen kann man nicht heran, weil dann die EU schimpfen würde, weil man das Geld nicht für eine verplemperte Bank ausgeben kann. Also bleibt am Ende das, was man selbst hat, und das sind die disponiblen Mittel, die Zuschüsse.
Da kann ich Ihnen etwas über Zuschüsse erzählen. Zuschüsse zum Beispiel bekommen Vereine, Verbände, Beratungsdienstleister, es geht in die soziale Infrastruktur. Der Haushalt von Ministerin Orosz, ihr Sozialressort, ist zu 70 % Hauptgruppe 6 Zuschüsse, zu 70 %! 2008 sind 615 Millionen Euro vorgesehen, davon 420 Millionen Euro für Kinder-, Jugend- und Familienhilfe. Ich sage einmal etwas boshaft und fasse es zusammen: Die Männer machen einen Ausflug, einen ganz teuren, in die Finanzwelt hinaus, kommen nach Hause mit einer dummen Bilanz, und die Familien dürfen es ausbaden. So sieht das doch im nächsten Jahr aus!
Was ich unglaublich finde, ist, Herr Tillich, dass Sie hier herkommen, am Pult stehen und sagen: Das ist ein Klacks. Das machen wir so im Haushalt, uns geht es gut. Das ist ja alles ganz easy. Noch vor zwei Wochen standen Sie hier mit unterdrückter Träne und haben von den angedrohten 4,3 Milliarden Euro der Baden-Württemberger gesprochen, die einem Todesurteil gleichkämen.
Aber schon heute sind 2,75 Milliarden Euro plus die halbe, die Sie schon verbrannt haben in der Sachsen LB, also insgesamt 3,3 Milliarden Euro, also drei Viertel des Todesurteils von 4,3 Milliarden Euro, ein Klacks. Das geht nicht zusammen, Herr Tillich. Sie können nicht bei 4,3 Milliarden Euro sagen, das ist das Todesurteil für Sachsen, und bei 3,3 Milliarden Euro sagen Sie, wir machen es aus dem Haushalt so nebenbei; das ist ein Klacks. Sie dürfen sich aussuchen – und Sie alle auch –, ob Sie, Herr Tillich, vor zwei Wochen übertrieben und damit die Baden-Württemberger belogen haben oder aber, ob Sie jetzt untertrieben und damit das Parlament und die Bürgerinnen und Bürger belogen haben.
Die SPD steht hier und spricht davon, es wäre ein alternativloses Vorgehen. Aber, meine Damen und Herren von der SPD, das macht es nicht legal, und illegales Vorgehen ist eben keine politische Alternative. Das dürfen Sie gern über Weihnachten in Ihrem Rechts- und Wertesystem reflektieren.
Aber die Bürgschaft als Instrument greift hier nicht; sie ist rechtswidrig. Ich bleibe bei dieser Rechtsauffassung. Das Eintreten des Bürgschaftsfalles ist sehr wahrscheinlich, zumindest anteilig. Sie machen hier eine Wette auf die Zukunft. Sie von der CDU und der SPD wetten, es kommt alles nicht so schlimm, wie man denkt. Herr Hähle nennt es Optimismus. Dazu sage ich, Herr Hähle: Bei manchen Leuten ist der Optimismus auch ein Mangel an Informationen.
Diese Wette gehen Sie mit Steuergeldern ein – genauso wie die Wette mit dem Geschäftsmodell der Sachsenbank auch mit Steuergeldern eingegangen worden ist. Sie zocken ständig mit fremdem Geld. Wenn es „gut geht“ nach Ihrer Lesart, verlieren wir „nur“ die Steuermehreinnahmen, die wir an anderer Stelle dringend gebraucht hätten, wie beispielsweise im Pensionsfonds. Wenn es ganz mies läuft, dann werden auch noch die Zuschüsse von der Sozialministerin einkassiert.
Herrn Jurk gab es in dieser Sache seit Ende August eigentlich nicht mehr. Ich habe ihn zwar des Öfteren hier sitzend wahrgenommen, aber in der Sache hat der Wirtschaftsminister ein halbes Jahr politische Auszeit genommen. Das ist meine Meinung. Die Sachsen LB – so haben Sie gesagt – ist alles Erbe der CDU. Sie verzichten auf den Nachtragshaushalt und machen damit, wie ich finde, kollektiven Rechtsbruch – und das übrigens, auch noch einmal zum Nachdenken, nach dem kalkulierten Rechtsbruch von Herrn Tillich, der so clever gewesen ist – das muss man einmal anerkennen –, in den Vertrag hineinzu
Nun wurde gestern noch im Ausschuss herumphilosophiert, es könnte ja sein, die Bürgschaft kommt nicht, und es sei ja nur hypothetisch, da müssen wir uns ja keinen Stress machen. Über die Wahrscheinlichkeit kann man sicher trefflich spekulieren. Ich habe ja gesagt, Sie schließen eine Wette ab, dass es nicht so wahrscheinlich ist; das machen Sie. Aber der Dominoeffekt ist längst da: Andere Banken wanken und schwanken, dass es in der Bankenwelt nur so Erschütterungen gibt. Das Geschäftsmodell, mit dem die Sachsen LB die Gelder eingetrieben hat und jetzt wieder so hochkantig verliert, ist insgesamt in Misskredit geraten – weltweit! –; alle Banken sind davon erfasst.
verhandeln, dass es zwei Tranchen geben soll. Es ist aber eine Bürgschaft. Eine Weihnachtsgans können Sie gern tranchieren, Herr Tillich, so gehört sich das; eine Bürgschaft ist aber eine Bürgschaft, die können Sie nicht tranchieren, auch wenn Sie das versuchen.
Sie haben uns das unterzujubeln versucht, indem Sie das clevererweise in den Vertrag hineinverhandelt haben. Nun ist die Haushaltsordnung aber nicht irgendein Wisch, und sie ist auch kein Prokrustesbett, in dem sich die Staatsregierung alles rechtswidrig brutal passend machen kann. – Wer gerade in seinem Hinterkopf grübelt, wer Prokrustes war: Der hat den Leuten am Wege aufgelauert und alle mussten in seinem Bett Platz nehmen. Wer zu lang war, dem wurden Kopf und Beine abgehackt, und wer zu kurz war, der wurde so lange gestreckt, bis er hineinpasste – der war am Ende auch tot.
Außerdem, glaube ich, kommen Sie auch nicht damit durch – wie Sie es versucht haben –, sich im Haushaltsausschuss damit herauszureden, die Sachsen LB wäre ja jetzt eine AG und damit ein Teil der Wirtschaft. – Ja, wer ist denn der Hauptanteilseigner der Sachsen LB als AG – doch nicht die Wirtschaft, doch keine privaten Investoren, sondern öffentliche?! Das heißt für mich, Sie machen den Bock zum Gärtner und halten das für Wirtschaftspolitik und für eine richtige Auslegung der Bürgschaftsrichtlinie.
So oder so – am Ende kommt dabei heraus, dass Sie sich etwas passend machen. Es ist mindestens Rechtsbeugung, wenn nicht sogar Rechtsbruch.
Sie beugen und brechen Ihr eigenes Recht, nur weil Sie nicht zurechtkommen, und das können wir Ihnen nicht durchgehen lassen.
Eine Bürgschaftssicherungsrücklage haben Sie dieser Tage aus dem Hut gezaubert; das zeigt mir, dass Sie dieser Argumentation auch etwas abgewinnen können und dass Sie unsere Einwände ernst nehmen. Und jetzt versuchen Sie das irgendwie zu umschiffen und hoffen, dass es vor Gericht Bestand hat. Nun, wir werden sehen – vor Gericht und auf offener See ist man in Gottes Hand.
Das war die erste Debattenrunde der Fraktionen und ich frage, ob es weitere Wortmeldungen gibt. – Herr Staatsminister Tillich, bitte.
Aber der schweigende Wirtschaftsminister und die leidende SPD, die sich sozusagen vor der Verantwortung im Regierungskollektiv versteckt – das gibt mir schon zu denken, Martin Dulig. Opposition im Herzen und Regierung im Kopf – in anderen Fällen wird so etwas als gespaltene Persönlichkeit medikamentös behandelt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Hermenau, Sie werden mir recht geben, dass sowohl der Finanzminister als auch der Landtag an Recht und Gesetz gebunden sind.
Dementsprechend möchte ich mit einer Bemerkung beginnen: Ich habe in keiner meiner Ausführungen gesagt, dass das, worüber wir hier sprechen, ein „Klacks“ sei. Ich möchte Sie dazu auffordern, dass Sie das dann auch zurücknehmen, weil ich es einfach nicht gesagt habe.
Es ist in meinen Augen eindeutig: Das Notbewilligungsrecht der Regierung und des Finanzministers ist in keiner Weise stärker als das Budgetbewilligungsrechts des Parlamentes. Sie haben dem Finanzminister für 2008 eine Art Dauernotbewilligungsrecht zugebilligt, und das ist nicht in Ordnung. Das Ausgabenbewilligungsrecht des Finanzministers ist dem Budgetrecht des Landtages untergeordnet. Das Budgetrecht ist doch eine der wenigen Möglichkeiten und das wesentliche Element der Regierungskontrolle, und jetzt soll sich einer hier im Saale trauen zu sagen, diese Regierung bräuchte keine Kontrolle. Es ist doch wohl eindeutig, dass wir das machen müssen, und das geht im Budgetrecht am allerbesten; das kann ich Ihnen versichern.
Zum Zweiten haben Sie im Prinzip einen Versuch unternommen, etwas darzustellen, was nicht richtig ist: Sie wissen, dass die 6er-Titel im Haushalt Ausgabentitel sind, auf deren gesetzlicher Grundlage die Ausgaben getätigt werden. Das heißt, dem Finanzminister ist es nicht ohne Weiteres möglich, überhaupt eine Haushaltssperre aufzulegen, ohne die gesetzliche Grundlage zu ändern.
Zum Dritten, Frau Hermenau: Da Sie immer wieder das Hohelied des Rechtsbruches durch die Staatsregierung gesungen haben, hätte ich Ihnen dazu zumindest die Lektüre des Gutachtens des Juristischen Dienstes des Sächsischen Landtags empfohlen.
Sie wissen – deswegen bin ich noch einmal ans Podium gegangen, damit diese öffentliche Darstellung korrigiert wird –, dass der Juristische Dienst des Sächsischen Landtags selbst festgestellt hat: Die Gewährleistung kann gegenüber der Wirtschaft erfolgen, mithin auch gegenüber der in einer Aktiengesellschaft umgewandelten Sachsen LB.
Das ist die erste Feststellung, die hier getroffen worden ist. – Herr Hahn, dann hätten Sie auch der Abg. Hermenau zuhören sollen. Sie hat selbst eingeräumt, dass es keine Sicherheit und keine Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme gibt.
Und dann, Frau Hermenau, möchte ich gern den Juristischen Dienst an der Stelle weiter zitieren, wo Sie auch von der Unrechtmäßigkeit gesprochen haben. Wir können durchaus unterschiedlicher Auffassung sein,