Dort liegen die gleichen Überlegungen zugrunde. Es gibt keine gleichwertige zentralörtliche Einstufung von Annaberg-Buchholz und Aue. Annaberg ist originäres Mittelzentrum.
Aue ist Mitglied des mittelzentralen Städteverbundes Silberberg. Das bedeutet, dass gegenwärtig die mittelzentrale Funktion der Stadt Aue über den Städteverbund realisiert wird. Auf den ersten Blick – dies hat die Stadt Aue versucht deutlich zu machen – –
Herr Präsident, ich gestatte keine Zwischenfrage. Der Abgeordnete hat später genügend Zeit, sich zu äußern.
Auf den ersten Blick könnte man meinen, es gebe eine gleichwertige zentralörtliche Einstufung. Der Bewertungsunterschied ist nach der Abwägung deutlich geworden. Die Stadt Annaberg übt die mittelzentrale Funktion in ihrem Verflechtungsgebiet aus. Aue allein erfüllt diese Funktion nicht, sondern im Zusammenwirken mit fünf anderen, im Verband vorhandenen Gemeinden. Gegenwärtig ist nicht absehbar, ob es zu der in der Absichtserklärung gewollten Einheitsgemeinde kommen wird. Fazit ist aber, dass hier keine gleichwertige zentralörtliche Einstufung der beiden Städte vorlag. Auch die Hinzuziehung von anderen Kriterien führt dazu, nach Abwägung dem Vorschlag der Staatsregierung zu folgen.
Im Fall des künftigen Kreissitzes im Landkreis Leipzig hatten wir die schwierige Abwägung zwischen zwei als zentralörtlich gleichwertig eingestuften Städten zu treffen. Sowohl Borna als auch Grimma sind als Mittelzentren im Landesentwicklungsplan 2003 ausgewiesen. In die Abwägung waren daher weitere Kriterien einzubeziehen. Die Koalition hält auch nach den Beratungen daran fest, dass Borna künftig Kreissitz sein soll. Ausschlaggebend für den Abwägungsprozess war letztlich die Untersuchung der Stabilisierungseffekte. Es ist nachvollziehbar, wenn auf den strukturpolitischen Impuls in der betroffenen Region abgestellt wird.
(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE – Holger Zastrow, FDP: Sie verstoßen gegen Ihr eigenes Leitbild! Alles Schall und Rauch!)
Borna ist ein Raum mit besonderem landesplanerischem Handlungsbedarf und muss – im Verhältnis zu Grimma – den größten mittelzentralen Verflechtungsbereich versorgen. Der Verflechtungsraum Grimma hat etwa ein Viertel weniger Einwohner.
Nun zum Thema Kreisnamen. Es ist sachgerecht, wenn der Gesetzgeber zunächst den Namen des Kreissitzes festlegt.
Dabei sind geografische und historische Gegebenheiten zu berücksichtigen. Wichtig für die CDU-Fraktion war ein unverwechselbarer Bezug der Bürgerinnen und Bürger zum Namen, um Verbundenheit zu erreichen. Der Name
dient auch der Identifikation nach außen. Wir werden dabei die Positionen der bisherigen Gebietskörperschaften und deren Beschlüsse berücksichtigen. Der neue Kreistag hat die Möglichkeit, mit einer Zweidrittelmehrheit den Namen zu ändern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die gebietlichen Regelungen werden von einer Vielzahl nichtgebietlicher Regelungen flankiert, die notwendig und geboten sind. Die Koalitionsfraktionen stärken durch Sonder- bzw. Besitzstandswahrungsregelungen in den Bereichen Sparkasse, ÖPNV, Denkmalpflege, Feuerwehr und Rettungsdienst die kreisfreien Städte, die ihre Kreisfreiheit verlieren. Es darf im Zuge der Reform nicht zu Härten zum Nachteil dieser Gebietskörperschaften und vor allem deren Bevölkerung kommen. Eine Reform kann nur gelingen, wenn in dem Prozess alle mitgenommen werden. Es darf keine Gewinner und Verlierer geben.
Mit der Änderung der Einwohnergrößenklassen und der Erhöhung der Anzahl der Kreistagsmandate soll eine angemessene Repräsentation der Kreisbevölkerung und eine Förderung des bürgerschaftlichen Engagements gewährleistet werden. Dadurch wird im Hinblick auf die besseren Chancen zur demokratischen Teilhabe auch den Interessen der sorbischen Volksgruppe in den neuen Landkreisen Bautzen und Görlitz durch eine angemessene Vertretung Rechnung getragen.
Mit der Herabsetzung der Quoren für den Einwohnerantrag und das Bürgerbegehren geht es uns vorrangig darum, die Instrumente direkter Demokratie an die künftig größeren gebietlichen Einheiten in der Landkreisordnung so anzupassen, dass die aufgrund der Landkreisordnung eintretenden mittelbar nachteiligen Wirkungen vermieden werden. Anders als in den urbanen Räumen, zu denen insbesondere die kreisfreien Städte zählen, findet in weitläufigen gebietlichen Einheiten die Einteilung demokratischer Teilhabe bzw. demokratischer Entscheidungsrechte nicht allein ihren Ausdruck durch das prozentuale Verhältnis der anfänglichen Zustimmung zu Beginn einer Initiative. Gewicht erlangt auch der Umstand, dass Initiatoren von Einwohneranträgen und Bürgerbegehren gefordert sind, bei einer im ländlichen Raum deutlich geminderten Einwohnerdichte ein bestimmtes Quorum zu erzielen. Hier wirkt sich der Umstand aus, dass örtlich bedeutsame Fragestellungen bezogen auf die gesamte gebietliche Einheit nicht selten von untergeordneter Natur sind bzw. nur ein unmittelbar lokales Interesse widerspiegeln. Dieser Effekt steigt naturgemäß mit der Größe der gebietlichen Einheit. Um diesen Einflüssen bei der Initiierung von Einwohneranträgen und Bürgerbegehren zu begegnen, werden die erforderlichen Quoren maßvoll gesenkt.
Die Reform soll einen Monat später als ursprünglich geplant am 1. August 2008 in Kraft treten. Die Terminverschiebung für das Inkrafttreten des Gesetzes ergibt sich im Hinblick auf die Sicherung eines ausreichenden Vorbereitungszeitraumes für die notwendigen personellen Übergänge.
Künftig sollen Gemeinden mit bis zu 5 000 Einwohnern auf Antrag die Zuständigkeit zum Erlass von Widerspruchsbescheiden in Selbstverwaltungsangelegenheiten übertragen bekommen. Zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung kreisangehöriger Gemeinden wird die Zuständigkeit für die Widerspruchsbearbeitung in Selbstverwaltungsangelegenheiten Gemeinden ab 5 000 Einwohner grundsätzlich übertragen.
Eine Übermittlung von Beurteilungsdaten stellt einen erheblichen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht dar. Bei einem vorgesehenen Personalübergang gehen die funktionalen Stellen auf die Kommune über, denen das Personal, das sich auf den entsprechenden Haushaltsstellen befindet, folgt. Eine leistungsbezogene Auswahl findet daher nicht statt. Zum Zweck der Personalübergabe ist die Übermittlung der Beurteilung daher nicht erforderlich.
Die CDU-Fraktion ist überzeugt, dass die Gebietsreform und die vorgenommenen Zuschnitte der künftigen Landkreise zu zukunftsfähigen und modernen Strukturen führen werden, die über das Jahr 2020 hinaus Bestand haben werden. Sie schaffen die Voraussetzungen für die Erreichbarkeit der Behörden für alle Bürger, die Überschaubarkeit des Kreisgebietes und auch eine Identifikation der Menschen in den Landkreisen mit den neuen Strukturen. Wir erwarten von den künftigen Landkreisen, dass sie die Chance nutzen und die Bürgernähe durch das Angebot von zahlreichen Dienstleistungen vor Ort intensiv praktizieren.
Wir als CDU und SPD vertrauen auf die Kommunen, dass ihnen dieses Anliegen gelingt. Sie haben aktiv am Reformprozess teilgenommen, und sie werden die Umsetzung meistern.
Die Fundamente für den Freistaat wurden mit der friedlichen Revolution und zu Beginn der Neunzigerjahre gelegt. Ein solides Gebäude ist entstanden. Durch den Umbau, den wir jetzt vornehmen, wird dieses Haus Freistaat Sachsen mit seinen kommunalen Wohnungen weiterhin eine vorzügliche Adresse in Deutschland sein. Tragen wir dafür Sorge, dass es auch in Zukunft so bleibt!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Bandmann, es war schwierig, Ihnen zuzuhören. Sie haben ganz offenbar versucht, uns müde zu reden. Aber da täuschen Sie sich gewaltig. Wir sind wach und wir bleiben wach!
Zweitens haben Sie versucht, das auch begrenzte Redezeitkontingent der CDU-Fraktion – wenn ich mich recht erinnere, waren das 55 Minuten – maximal selbst zu nutzen mit einem klar erkennbaren Ziel: Sie wollten Ihren
Im Übrigen haben Sie eine absolut defensive Rede gehalten. Das ist jedem hier im Raum aufgefallen. Sie müssen mächtig mit dem Rücken zur Wand stehen, wenn Sie allein volle 20 Minuten brauchen, um das vogtländische Modell angeblich ad absurdum zu führen.
Dabei hat hier noch niemand irgendetwas zum vogtländischen Modell gesagt. Sie müssen wirklich mit dem Rücken zur Wand stehen. Ich hatte erwartet, dass Sie eine hochgradig optimistische Rede halten. Wenn das das größte Reformwerk dieser Wahlperiode ist, muss man doch von der regierungstragenden stärksten Fraktion erwarten können, dass etwas Optimismus rüberkommt. Null, buchstäblich null!
Im Übrigen, wenn das Temperament und die Lustlosigkeit, mit der Sie Ihre Textbausteine hier heruntergeleiert haben, ein Gradmesser für die Güte der Reform ist, dann steht es ganz finster damit.
Nun zur Sache: Wir haben ein in wesentlichen Teilen missratenes Gesetz bekommen. „Flickschusterei“ ist noch eine wohlwollende Umschreibung für das, was uns vorliegt
Genau! Wir haben ein Gesetz bekommen, das den hohen Anforderungen des Sächsischen Verfassungsgerichtshofes sehr wahrscheinlich nicht gerecht werden wird, weil entscheidende Abwägungsprozesse nachweislich nicht ergebnisoffen verlaufen sind. Ich werde das begründen, aber weniger langweilig als Kollege Bandmann.
Wir haben ein bürokratisch-zentralistisches Gesetz bekommen, das jeglichen Hauch von Innovation und sächsischer Kreativität vermissen lässt. Wir haben ein Gesetz bekommen, das trotz vergrößerter Kreistage keinen tatsächlichen Kompetenzzuwachs dieser Körperschaften vorsieht. Der Machtzuwachs liegt einzig und allein bei den Landräten, nicht aber bei den Kreistagen.
Schließlich und nicht zuletzt haben wir ein Gesetz bekommen, das den ausdrücklichen Bürgerwillen und vielfach auch dezidierte Ratsbeschlüsse in vielen Regionen und Städten grob missachtet. Um festzustellen, dass das so ist, braucht man sich nur die Demonstranten auf der anderen Elbseite anzuschauen. Nicht umsonst halten sie Transparente mit folgender Aufschrift hoch: „Geld weg, Bank weg, Vernunft weg, Wahrheit weg, Milbradt weg – Grimma bleibt!“
Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 26. Juli 2007 hat im Kern klargestellt, dass der Abwägungsprozess gerade in den parlamentarischen Gremien ergebnisoffen sein muss und dass es in den neuen Kreisstrukturen für alle Bürgerinnen und Bürger möglich sein muss, nachhaltig und zumutbar ehrenamtliche Arbeit im Kreistag und in seinen Ausschüssen zu entfalten. Über die Frage, ob das möglich ist, muss man nicht lange nachdenken, wenn man sich die gurkenartigen Gebilde Nordsachsen oder Görlitz mit ihren furchtbar weiten Entfernungen anschaut, ebenso wie das Vogtland. Ich komme darauf zurück.
Wird nun das Beratungsergebnis des Innenausschusses diesen hohen verfassungsrechtlichen Ansprüchen gerecht, die in Mecklenburg-Vorpommern vom dortigen Verfassungsgerichtshof noch einmal auf den Punkt gebracht wurden? Ich fürchte, nein.
Ich möchte hier drei Problemkreise ansprechen und beginne mit einer denkbar einfachen Frage. Bereits 1994 hatten wir eine umfassende Kreisgebietsreform, allseitig bekannt. Damals wurden aus 48 22 Landkreise, aus sechs kreisfreien Städten wurden sieben. Damals hielt die noch alleinregierende CDU 125 000 Einwohner je Landkreis für sinnvoll, Ausnahmeregelungen wie Döbeln oder Stollberg inbegriffen, und bei den kreisfreien Städten sollten es damals mindestens 50 000 Einwohner sein.
Bevor der Gesetzgeber nun handelt, ist es doch eine pure Selbstverständlichkeit, eine Evaluation bisheriger Reformergebnisse durchzuführen. Kollege Bandmann, darüber haben Sie kein Wort verloren und Sie werden auch wissen, warum; denn wir haben im Innenausschuss wirklich sehr – man kann schon sagen, penetrant – nachgefragt, wo diese Evaluierung, diese Überprüfung geblieben ist. Wir haben keine Antwort bekommen außer der, dass die nunmehrige Durchschnittsgröße von 200 000 Einwohnern – und das auch noch im Jahr 2020 – schlicht daraus resultiert, dass die Landkreise der westdeutschen Flächenländer im Durchschnitt 197 000 Einwohner haben. Nun kann es aber sicher nicht ausreichend sein, dass man diesen Analogieschluss zieht, ohne hinreichend zu begründen, dass man das Größensoll der Landkreise gleich mal auf 160 % im Vergleich zu 1994 aufstockt und das der kreisfreien Städte sogar um satte 400 %.
Im Übrigen kommt die Staatsregierung durch diese nicht erfolgte Überprüfung der Reformergebnisse in eine nachgerade schizophrene Situation und auch das hat Kollege Bandmann nicht verstanden. Einerseits behaupten Staatsregierung und Koalition unisono, es erfolge keine Mehrfachneugliederung im Jahr 2008 im Vergleich zu 1994, weil immer nur ganze Landkreise miteinander verbunden würden und nichts zerschnippelt würde. Andererseits ist aber für jeden Laien völlig klar, dass die Kriterien der Kreisreform 2008 völlig andere sind – aber auch völlig andere – als 1994. Verfassungsrechtliche Implikationen sind durch diese Widersprüche regelrecht vorprogrammiert.
Zweites Problem: Sind die Abwägungsprozesse bei der Gebietsneugliederung streng nach Leitbild und ergebnisoffen verlaufen? – Auch hier befürchte ich, nein. Lassen Sie uns kurz einen Blick in den Sommer des Jahres 2006 werfen. Damals gab es noch kein Leitbild, damals gab es nur den Expertenbericht, der allerdings keinerlei parlamentarische Weihen erfahren hatte. Auf einmal kam Innenminister Buttolo mit seiner schönen bunten Karte mit den neuen Landkreisen einschließlich Kreissitzen heraus. In einer sogenannten Findungsphase – schon das Wort ist interessant – bis zum Jahresende 2006 sollten sich die bisherigen Landkreise nach eben dieser ButtoloKarte, wie sie kurz genannt wurde, zusammenfinden. Damit sie dies auch wirklich taten, gab es im Unterschied zu 1994 ein ordentliches Zubrot: 10 Millionen Euro, eine sogenannte Anschubfinanzierung, besser bekannt als Kreishochzeitsgeld. Absichtsvoll ließ die Staatsregierung die Kreise und die kreisfreien Städte, die ihren Status verlieren sollten, zunächst völlig darüber im Unklaren, unter welchen Bedingungen dieses Hochzeitsgeld ausgezahlt werden sollte. Jeder musste schließlich davon ausgehen: 10 Millionen Euro gibt es dann – und nur dann –, wenn man sich entsprechend der Buttolo-Karte zusammenfindet.
Erst viele Monate später musste Innenminister Buttolo auf eine meiner Großen Anfragen zugeben, dass aus verfassungsrechtlichen Gründen alle Landkreise und alle zur Einkreisung vorgesehenen Städte in den Genuss eben dieser 10 Millionen Euro gelangen, egal ob fusionswillig oder nicht. Für die meisten Kreise war es nun allerdings zu spät. Verführt durch den schnöden Mammon hatten sie ziemlich überstürzte Fusionsbeschlüsse gefasst – welch Wunder, fast immer genau nach der Buttolo-Karte. Allein Löbau-Zittau, einige Kreise rund um Leipzig und das Vogtland sind widerständig geblieben. Die Macht des Faktischen hatte in den Augen des Innenministers gesiegt.
Was aber bedeutet nun all dies für den geforderten ergebnisoffenen Abwicklungsprozess? – Das bedeutet schlicht und einfach, dass dieser Prozess zumindest ergebnisoffen nicht stattgefunden hat, denn Landkreise und Kreistage sind bewusst getäuscht worden.