Protokoll der Sitzung vom 22.01.2008

Wir können uns darüber streiten, welches Modell im Einzelnen, im Detail rechtlich zulässig ist und welches den größten Vorteil im Hinblick auf demokratische Repräsentation, auf Verwaltungseffizienz und, und, und hat: ob es das Modell des Kollegen Bräunig ist, ob es das Modell der GRÜNEN ist oder der Vorschlag, den die Linksfraktion gemacht hat. Eine solche Auseinandersetzung würde ich mir im Interesse des Landes und der Bürger wünschen.

(Margit Weihnert, SPD: Aber da muss man da sein!)

Diese Auseinandersetzung führen Sie nicht. Sie verweigern sich ihr, und das ist es, wo an einem kleinen Punkt der völlig unterschiedliche Ansatz deutlich wird, den Sie mit Ihrer Politik gegenüber den anderen Parteien und Fraktionen in diesem Hause verfolgen. Es geht darum, dass man an kleinen Punkten – das sind dann eben symbolische Punkte – zeigt, ob man bereit ist, wirklich ernsthaft zu diskutieren, oder ob es nur darum geht, die eigenen, möglichst uniformen Vorschläge durchzusetzen und so zu tun, als könne man damit die Diskussion ein für allemal beenden. Sie werden es damit nicht schaffen.

(Beifall bei der FDP und den GRÜNEN)

Gibt es zu diesem Änderungsantrag noch weiteren Diskussionsbedarf? – Ich sehe, dies ist nicht der Fall. Bevor wir zur Abstimmung kommen, möchte ich erklären, dass es mit der Linksfraktion eine Diskussion darüber gegeben hat, ob ihr Antrag weiter gehend als der der GRÜNEN ist.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Im Zweifel nach Drucksachennummer! – Caren Lay, Linksfraktion: Drucksachennummer!)

Ich möchte erklären, dass ich mich für Ihr Verständnis bedanke,

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion: Wir haben das Verständnis nicht!)

dass die Anträge andersherum aufgerufen worden sind und ich nun über den Antrag der Fraktion der GRÜNEN abstimmen lassen kann.

Meine Damen und Herren! Wer dem Antrag der Fraktion der GRÜNEN seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer großen Anzahl von Stimmen dafür ist der Antrag trotzdem mit Mehrheit abgelehnt worden.

Herr Heidan, ich gehe davon aus, Sie möchten eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten abgeben.

Ja. Frau Präsidentin, ich möchte eine Erklärung zu meinem Abstimmungsverhalten abgeben. Ich war als Gast im Innenausschuss, da ich darin nicht ordentliches Mitglied, sondern als solches in anderen Ausschüssen tätig bin, und habe die Diskussion genau verfolgt. Ich konnte in dem Antrag der GRÜNEN nichts anderes feststellen, als ich in meinem Antrag vorhin formuliert habe. Er ist fast deckungsgleich – bis auf die Experimentierklausel. Diese ist – das haben wir in der heutigen Diskussion festgestellt – nicht verfassungskonform. Deshalb habe ich mich der Stimme enthalten. – Herzlichen Dank.

Ich rufe den Änderungsantrag der Linksfraktion in der Drucksache 4/11016, Ziffer 1 Nr. 1, auf und bitte um Einbringung. – Frau Abg. Roth.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Hier stehe ich, eine vogtländische Abgeordnete, die von Beginn an den Vogtländischen Weg im Rahmen der Kreisgebietsreform begrüßt und unterstützt hat, eine vogtländische Abgeordnete, die nicht nur in Plauen, sondern besonders hier in Dresden für diesen innovativen Weg einer freiwilligen kommunalen Zusammenarbeit geworben und gestritten hat, eine vogtländische Abgeordnete, deren gesamte Fraktion – ich betone: gesamte Fraktion – hinter dem Änderungsantrag für das Modell eines Kreisverwaltungsverbandes Vogtland mit den gleichberechtigten Mitgliedern Vogtlandkreis und Kreisfreie Stadt Plauen steht

(Beifall bei der Linksfraktion)

und deren Fraktion fordert, dem neu zu bildenden Kreisverwaltungsverband Vogtland eine Anschubfinanzierung von 10 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Frau Roth? – Herr Bräunig.

Vielen Dank. – Frau Roth, ich erkenne an, dass Sie zu den glühendsten Verfechtern des Vogtländischen Weges gehören.

(Andrea Roth, Linksfraktion: Das ist aber nett, Herr Bräunig!)

Das ehrt Sie.

(Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion)

Ich wollte Ihnen aber eine Frage stellen, und zwar die, ob Sie bereit wären anzuerkennen, dass es mir fern lag, einfach nur Anträge von anderen Fraktionen abzuschreiben, sondern dass ich gesagt habe, dass ich die Beratungen im Innenausschuss, bei denen ich insgesamt 70 Stunden anwesend war, genutzt habe, um die verschiedenen Intentionen aufzunehmen und den Diskussionsstand auszuwerten, um dann mit meinem Antrag den Intentionen aller Fraktionen entgegenzukommen.

Bitte eine Frage!

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Er hat doch gesagt: Wären Sie bereit …?)

Deshalb finden sich natürlich auch Varianten und Diskussionsvorschläge verschiedener Fraktionen in meinem Antrag, der leider abgelehnt wurde.

Herr Bräunig, ich habe das erkannt, und es ehrt Sie ja auch, dass Sie zu diesem Mittel gegriffen haben. Aber es hätte Sie noch mehr geehrt – und das habe ich gemeint –, wenn Sie Ihre Fraktion dazu gebracht hätten, Ihrem Antrag und dem Antrag von Herrn Heidan, zu dem ich gleich noch einmal komme, zuzustimmen.

Also, wir waren bei der Linksfraktion, die geschlossen hinter diesem Änderungsantrag steht und damit mir und allen Vogtländerinnen und Vogtländern Rückhalt gibt.

Sie werden sich jetzt fragen, warum ich das so betone. Ich betone das, weil – und jetzt komme ich noch einmal auf Sie, Herr Bräunig, zurück – es bei mir eben anders ist als bei meinen Kollegen der CDU und der SPD Frank Heidan und Enrico Bräunig. Beide mussten und durften zu einem Placebo-Antrag greifen, um ihr Gesicht im Vogtland wahren zu können. Sie durften, weil die Rechenkünstler der Fraktionen der Koalition es ihnen gestatteten. Die sind sich des Placebo-Effekts dieser zwei Anträge sicher. Für das sogenannte Reformwerk der Staatsregierung werden sie wirkungslos bleiben, besser: sind sie wirkungslos geblieben. Das haben wir schon gemerkt. Die beiden Anträge sind also Muster ohne Wert, Herr Bräunig, so leid es mir tut, also reines Placebo. Die Menschen im Vogtland werden sich davon nicht hinters Licht führen lassen.

(Stefan Brangs, SPD: Ah!)

Werte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen, mit unseren Änderungsanträgen haben wir die Gutachten der verschiedenen Sachverständigen der Anhörung aufgegriffen. Dabei haben wir natürlich die

Anregung aufgenommen, den Vogtländischen Weg mit einem Modellprojekt zu erproben. Ein in der Kreisfreien Stadt Plauen und im Vogtlandkreis erarbeitetes und praktiziertes Alternativkonzept zum Regierungsgesetzentwurf ist ein demokratischer Akt und verdient hier im Hause höchste Anerkennung und Respekt.

(Beifall bei der Linksfraktion und des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Einige Experten trugen auch verfassungsrechtliche und ordnungspolitische Bedenken vor. Wir nahmen diese gleichwohl ernst, und wir räumten sie mit unserem Antrag aus. Artikel 82 Abs. 2 der Sächsischen Verfassung erlaubt es, das Institut der Verwaltungsverbände nicht nur für Gemeinden, sondern auch für Landkreise und kreisfreie Städte zu öffnen, also Kreisverwaltungsverbände zu schaffen. Diese Regelung hat zugleich den Vorteil, dass der Vogtländische Weg in angemessener Form institutionalisiert wird. Damit sind die Bedenken der Experten beseitigt, die meinten, die Zusammenarbeit könne jederzeit auf vertraglicher Grundlage auch wieder beendet werden, was bedeuten würde, dass das Vogtland de facto nicht an der Kreisgebietsreform teilnehmen würde.

Von den Kritikern des Vogtländischen Weges wird immer wieder betont, dass dieses Konzept nicht mit allen im Gesetz aufgeführten Leitlinien der Neugliederung übereinstimme. Na und? Das ist nach einhelliger Expertenmeinung und nach Auffassung unserer Fraktion verfassungsrechtlich zulässig und im Interesse der Findung einer besseren Lösung sogar notwendig.

(Beifall bei der Linksfraktion und der FDP)

Meine Damen und Herren, der Sächsische Landtag – also wir – ist in seiner Entscheidung frei, sich die von der Staatsregierung vorgeschlagenen Leitlinien zu eigen zu machen, sie zu modifizieren oder in Gänze abzulehnen. Die hier vorgeschlagene Modifizierung betrifft unter anderem den Wegfall der Mindesteinwohnerzahl von 200 000 Einwohnern auch für kreisfreie Städte.

Bitte zum Ende kommen!

Wir wollen das Projekt evaluieren. Wir haben dafür eine Frist bis zum Jahre 2012 gesetzt. In fünf Jahren haben also der Vogtlandkreis und die Kreisfreie Stadt Plauen Gelegenheit zu prüfen, ob der Weg Bürgernähe und Verwaltungseffizienz möglich macht.

Frau Roth, bitte zum Ende kommen!

Mein letzter Satz: Wir können dann auch mit den neu gebildeten Landkreisen vergleichen.

Meine Damen und Herren, das Konzept des Vogtländischen Weges ist einfach gut. Geben Sie ihm eine Chance! Stimmen Sie unserem Antrag zu!

(Beilfall bei der Linksfraktion und den GRÜNEN)

Ich bitte jetzt um Wortmeldungen zu diesem Änderungsantrag. – Es gibt keinen Redebedarf.

Dann lasse ich jetzt über den Änderungsantrag der Linksfraktion abstimmen. Wer möchte die Zustimmung geben? – Die Gegenstimmen, bitte! – Stimmenthaltungen? – Bei einer großen Anzahl von Stimmen dafür ist der Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Es gibt noch den Wunsch nach einer Erklärung zum Abstimmungsverhalten. Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass solche Erklärungen normalerweise vor der Endabstimmung abgegeben werden. Ich habe mich aber heute entschieden, das im Einzelnen zu erlauben, weil wir anderenfalls am Ende wahrscheinlich einige Probleme bekommen würden. Das sollte aber nicht zur Gewohnheit werden.

Bitte, Herr Heidan.

Nein. Frau Präsidentin, ich bedanke mich, dass Sie mir das ermöglichen. Ich möchte eine Erklärung zu meinem Abstimmungsverhalten abgeben.

Ich kann mich sehr wohl für den Vogtländischen Weg erwärmen. Aber das, was Sie hier vorgebracht haben, Frau Roth, ist eine zusätzliche Verwaltungsebene. Das wollen wir nicht. Das wollen wir aus der Region nicht. Deswegen sehe ich es als meine Pflicht an, Ihren Antrag abzulehnen. – Herzlichen Dank.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Caren Lay, Linksfraktion: Ach ja? – Weitere Zurufe von der Linksfraktion)

Jetzt rufe ich den Änderungsantrag der FDP-Fraktion in der Drucksache 4/11022 auf und bitte um Einbringung. Herr Dr. Martens.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist bereits mehr als einmal deutlich gemacht worden, dass wir Liberalen im Sächsischen Landtag die Kreisfreiheit Plauens erhalten und damit der Stadt Plauen und dem Vogtlandkreis die tatsächliche Chance geben wollen, die Idee des Vogtländischen Weges weiterzuentwickeln.