Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist nun wirklich eine der sensibelsten Stellen der sogenannten verkorksten Reform. Deswegen müssen wir uns etwas sorgfältiger damit beschäftigen, Frau Dr. Ernst.
Dieses Land hat drei Zentren, nämlich Dresden, Chemnitz und Leipzig, und alle raumordnerischen Festlegungen sind auf diese Tripolarität ausgerichtet. Jetzt greifen Sie diese Dreigliedrigkeit an. Sie legen tatsächlich die Axt an diese Dreigliedrigkeit, denn es ist offensichtlich, dass ich, wenn ich eine dieser Regionen schwäche, das ganze
System in Unwucht bringe. Ich kann nicht ungestraft die Gewichte langsam verschieben. Es ist einfach so, dass die Stadt Leipzig gegenüber den anderen beiden Städten Dresden und Chemnitz in den letzten Jahren – na ja, ich sage mal – nicht unbedingt in die Vorderhand gekommen ist, um es sehr vorsichtig auszudrücken.
Um es sehr vorsichtig auszudrücken, ich möchte nicht unnötig Befindlichkeiten wecken. Ich muss als Land dazu stehen, dass sich alle drei Regionen gleichmäßig entwickeln können.
Es ist ein vordergründiges Scheinargument, wenn mir im Innenausschuss entgegengehalten wird, wenn ich diese Argumentation vortrage, dass es gar nicht um die drei Bezirke der Landesdirektionen gehe, sondern um eine Kreisgebietsreform. Deswegen stünde die Frage, wie die drei Landesdirektionsbezirke zu bemessen wären, gar nicht in Rede. Das ist natürlich ein absolut vordergründiges Argument. Es ist doch so, dass der schwächste Landesdirektionsbezirk, nämlich Leipzig, gezielt weiter geschwächt wird. Es ist auch so, dass alle, die sich inhaltlich mit der Materie beschäftigt haben, wissen, dass wir zwar Mittelbehörden brauchen, dass aber nicht deutlich ist, dass wir drei regional verteilte Mittelbehörden brauchen, sondern das Land Sachsen könnte auch mit zwei Regierungspräsidien gut auskommen. Welches Regierungspräsidium muss dran glauben? Es ist offensichtlich, dass zuerst die Frage an das Regierungspräsidium gestellt wird, das ohnehin schon das schwächste ist. Das ist nun mal die Landesdirektion Leipzig. Wenn ich aus diesem Zuständigkeitsbereich weiter Menschen, Wirtschaftskraft und Regionen ausgliedere, dann ist klar, dass nächstes Mal, wenn wieder eine große, grundsätzliche Reform in Sachsen ansteht, die Frage gestellt wird, ob wir ein Regierungspräsidium Leipzig überhaupt noch brauchen.
Zu dieser Frage, die Sie heute durch Ihr demonstratives Desinteresse nicht zur Kenntnis nehmen wollen – – Herr Tillich, ich freue mich, dass Sie als einziger Vertreter der Regierung noch da sind. Nein, Herr Flath ist auch noch da. Entschuldigen Sie!
Ich finde es wirklich schade, Martin Dulig. Ich bin Dresdner Abgeordneter. Ich vertrete die Interessen der Stadt und der Region Dresden. Ich kann es aber im Interesse des Landes wirklich schwer nachvollziehen, wie diese zentrale Frage für die künftige Landesentwicklung einfach dermaßen stiefmütterlich und mit derartigem Desinteresse behandelt wird. Deswegen werden ich und der größere Teil meiner Fraktion dem zustimmen. Es wird aber auch andere Stimmen in meiner Fraktion geben.
Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Ich rufe den Änderungsantrag des Abg. Wolfgang Pfeifer auf. Wer die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenstimmen, bitte! – Gibt es Stimmenthaltungen? –Bei einer großen Anzahl von Stimmen dafür ist der Antrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden.
Es geht weiter in der Reihenfolge mit dem Änderungsantrag der Linksfraktion zum § 3, Drucksache 4/11017. Soll er noch eingebracht werden? Die Nr. 16 ist als Antrag gestrichen, weil es ein Folgeantrag war. – Bitte.
Frau Präsidentin! Das ist kein Folgeantrag, sondern eine völlig neue zündende Idee. Bedingt durch den Abstimmungsrhythmus, der ja so sein muss, wie er ist, hätten wir diesen Antrag eher beraten und beschließen können. Wir hätten möglicherweise eine völlig andere Kreissitzdebatte gehabt. Wir schlagen nämlich vor, dass der Landtag natürlich aus verfassungsrechtlichen Gründen den Kreissitz festlegen muss. Das geht gar nicht anders. Aber wir wollen die Gemeindeordnung dergestalt ändern, dass es eine sogenannte Kreissitzoption gibt. Das bedeutet, dass in einem eng begrenzten Zeitraum – wir schlagen vor bis 31. Dezember 2009, also knapp zwei Jahre oder nach exakt eineinhalb Jahren nach Inkrafttreten der Reform – der vom Landtag einmal festgelegte Kreissitz auf zwei verschiedene Weisen verändert werden kann. Entweder es gibt eine Zweidrittelmehrheit – eine qualifizierte Mehrheit – in dem neuen Kreistag für einen anderen Kreissitz, oder aber es kommt nach § 22 Abs. 1 der Sächsischen Landkreisordnung zu einem Bürgerentscheid über den Kreissitz.
Wir glauben, dass die Sache nicht so einfach ist, dass man die statistischen Jahrbücher übereinanderlegt und die einwohnerstärkeren Kreise automatisch zum Zuge kommen. Das verhindert einmal die Zweidrittelmehrheit im Kreistag. Jeder, der in einem solchen Gremium ist, weiß, wie schwer eine solche Mehrheit überhaupt zu erreichen ist. Es ist also nicht davon auszugehen, dass es ein sogenanntes Kreissitzkegeln oder einen andauernden Wahlkampf gibt.
Die zweite Möglichkeit hat auch hinreichend hohe Hürden gegen Missbrauch. Ein erfolgreicher Bürgerentscheid – das ist allgemein bekannt – erfordert nicht nur eine Mehrheit, sondern eine Mehrheit, die mindestens ein Viertel aller Stimmberechtigten enthält. Auch diese Mehrheit ist nur bei hinreichend qualifizierten Argumenten und einer guten Teilnahme zu erreichen. Wir sehen mit unserem Änderungsantrag eine entscheidende Entspannung trotz der jetzt schon erfolgten Festlegung der Kreissitze von Borna und anderen. Hier wäre ein Fenster
geöffnet, dass man dem Bürgerwillen etwa im künftigen Raum Leipzig und auch anderenorts die Möglichkeit gibt, sich zu artikulieren und zu Veränderungen zu kommen.
Zum Änderungsantrag haben sich zuerst Frau Weihnert und dann Herr Bandmann gemeldet. Ich komme auf die fünf Minuten zurück, die im Präsidium festgelegt wurden, weil es keine persönlichen Befindlichkeiten mehr gibt.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Friedrich, natürlich ist die Variante, die Sie vorschlagen, rechtlich möglich.
Das haben wir auch vor Ort mit besprochen. Ich gebe aber eines zu bedenken. Hier mogeln sich einige um die Entscheidung herum, die zu treffen ist.
Wir tragen damit Konflikte in die Regionen hinein. Ich habe schon mehrfach gesagt, dass sich vor Ort viele Bürger darum gekümmert haben, um noch bestimmte Dinge klarzustellen.
Allerdings in einer Umbruchsituation, in der nicht nur Personal- und Verwaltungskörper übertragen werden, sondern auch neue Strukturen zusammenwachsen müssen, wie zum Beispiel vier Kreise im Erzgebirgskreis, würde dieser Ansatz – das ist unsere feste Überzeugung – nur dazu dienen – Sie haben eine Frist bis 2009 gesetzt –, dass inhaltlich ein Zusammenwachsen von Verwaltungskörpern, Landkreisen und Ähnlichem nicht möglich ist. Das ist für uns die Schwierigkeit, warum wir in einer Abwägung bzw. in einer sehr ausführlichen Diskussion in der Fraktion gesagt haben, wir möchten diesen Änderungsantrag nicht.
In keiner der Stellungnahmen der kommunalen Spitzenverbände ist eine solche Position gefordert worden, sondern es geht darum, Entscheidungen zu treffen, die wir heute in diesem Hohen Hause treffen sollen.
Der Landkreistag hat an uns deutlich appelliert, wir brauchen endlich Rechtssicherheit. Wir brauchen Entscheidungen. Wir brauchen aber nicht – die Liberalen fahren ja das gleiche Schiff – Dinge, die hier Termine auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben
und in zwei Jahren im Grunde genommen in den neuen Landkreisen Wahlkampf haben. Die Verwaltungsreform ist klar, aber über den Kreissitz bleibt dann alles so, wie es war. Dass Sie politisches Interesse an dieser Unsicherheit haben, das guckt doch aus allen Zehennägeln dieses Antrages hervor. Dass die FDP und die PDS in Sachsen vielmals die gleichgelagerten Interessen haben, ist überhaupt nicht zu bestreiten. Das sieht man auch an diesem Thema. Das muss aber auch dann von der Koalition beim Namen genannt werden. Deswegen werden wir diesen Antrag ablehnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der letzte Beitrag zwingt mich dann doch, hier noch einmal Stellung zu nehmen. Wir haben auch einen vergleichbaren Antrag. Das ist mitnichten der Versuch, politisches Störfeuer in diese wunderschöne Reform hineinzubringen oder diese gar zu vereiteln,
sondern die Koalition wird nicht müde, bei jeder Gelegenheit auf Beschlüsse von Kreistagen und von Kommunalparlamenten zu verweisen, die diese Reform auch wirklich begrüßen, und sie als Legitimation für diese Kreisgebietsneugliederung anzuführen. Das soll die besondere demokratische Legitimation dieser Reform untermauern. Wir nehmen das ernst.
Der Antrag sollte nicht einfach auf diese Art und Weise diffamiert werden, sondern man sollte sich mit ihm sachlich auseinandersetzen, um Rechtssicherheit bei Kreisnamen und anderem zu schaffen. Bei Kreisnamen ist uns nicht verständlich, was mit einer endgültigen Rechtssicherheit einkehren soll, höchstens Ruhe, dass nicht weiter über offensichtliche Fehlleistungen diskutiert wird. Mein Kollege Günther wird im Einzelnen noch etwas dazu ausführen.
Aber so einfach, Herr Kollege Bandmann, wie Sie kann man mit einem solchen Anliegen wirklich nicht umgehen.
(Beifall bei der FDP und der Linksfraktion – Volker Bandmann, CDU: Zu Kreisnamen habe ich nichts geäußert!)
Gibt es weiteren Redebedarf zum Änderungsantrag? – Dann lasse ich über diesen Änderungsantrag der Linksfraktion in der Drucksache 4/11017 abstimmen. Wer gibt die Zustimmung? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer großen Anzahl von Stimmen dafür ist der Antrag mit Mehrheit abgelehnt worden.
Ich nenne es jetzt einmal eine sachliche Richtigstellung, Frau Präsidentin. Vielen Dank. Herr Bandmann, – –