Sebastian Scheel
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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Rößler, ich kann ja verstehen, dass Sie gern an Ihre eigene Propaganda glauben, aber es fällt mir, ehrlich gesagt, sogar schwer, das jetzt zu sagen: Wir machen keine Schulden auf Kosten der westdeutschen Länder; denn ohne den Solidarpakt würden wir hier nämlich überhaupt nichts auf die Reihe bekommen, weil wir nicht selbstständig leben können. Das müssen wir leider einfach zur Kenntnis nehmen. Wenn Sie hier eine Propaganda betreiben, wir würden keine Schulden auf Kosten der zukünftigen Generationen machen, dann ist das zwar schön, aber uns fehlt die Wirtschaftskraft, die Steuerkraft, um auf eigenen Beinen stehen zu können, und das ist die Wahrheit, Herr Dr. Rößler.
Nein, bitte nicht, Herr Bandmann, bitte nicht heute schon wieder! Ich versuche, meine Aufregung heute zu Hause zu lassen. Insofern bitte ich Sie um Verständnis, dass ich jetzt nicht auf diese Zwischenrufe eingehen werde.
Wir haben im März 2009 vom Finanzminister dankenswerterweise schon einmal eine Stellungnahme bekommen, diese hat einem schon Angst machen können. Darin war davon die Rede, dass im Januar 8,8 % Steuermindereinnahmen zu verzeichnen waren. Wir hatten schon einen gewissen Ausblick darauf, was uns wahrscheinlich mit der Mai-Steuerschätzung erreichen würde. Ich würde sagen, nach den Rekordjahren schlagen wir hart auf. Wir sind wieder in der Realität angekommen, und jetzt heißt es: Wie gehen wir mit den Mindereinnahmen, die auf uns zukommen, um?
Ich hätte mich natürlich gefreut, wenn wir heute schon einige konkrete Zahlen für Sachsen bekommen hätten, aber ich habe auch Verständnis dafür, dass man jetzt nicht orakeln, sondern wirklich fundierte Zahlen vorlegen möchte. Ich will nur festhalten: Das, was an Prognosen im November 2008 vorgelegen hat, war eine Einmaligkeit. Es war in der Geschichte der Bundesrepublik einmalig, dass es zwei Prognosen gab: einmal von 0,2 %, an diese hat sich die Bundesrepublik gehalten, der Bundeshaushalt ist so aufgestellt; und einmal von minus 0,8 %. Wir haben vorsichtigerweise diese genommen, und das war auch richtig so. Aber es war keineswegs so, dass wir jetzt besonders vorsichtig gesagt hätten, wir gehen jetzt mal ganz besonders weit nach unten, sondern wir haben einfach die zweite Prognose der Wirtschaftsinstitute zu unserer Grundlage gemacht. Das war in diesem Fall richtig, aber es war, wie gesagt, noch nicht das Übermaß, das hier gern propagiert wird.
Wir werden mit einer Situation konfrontiert, dass wir uns darüber Gedanken machen müssen: Was sind in einer solchen Krise, in der wir uns befinden – das ist kein
Krisenfetischismus; wir müssen einfach zur Kenntnis nehmen, dass die Wirtschaftsleistung ins Negative geht –, die Prioritäten unseres Handelns? Nun kann man darüber diskutieren, ob die Frage von Entschuldung, die Frage, 75 Millionen Euro in die Entschuldung zu stecken, die richtige Priorität ist. Man kann auch darüber diskutieren, ob in dieser Zeit ein Beamtenvorsorgefonds, um einfach nur die Beamtenpensionen abzusichern, die in 2035 irgendwann einmal fällig werden, die richtige Priorität ist. Darüber kann man diskutieren, und darüber sollte man auch diskutieren und es nicht als ideologische Grabenkämpfe betrachten.
Wir sollten uns darauf verständigen, dass wir in einer solchen Krise alles in unserer Macht Stehende tun müssen, um so schnell wie möglich solide und hoffentlich mit erhobenem Haupt – und nicht mit abgeschlagenem – durch diese Krise durchzukommen und so viele Arbeitsplätze wie möglich bei Mittelständlern und Unternehmen in unserem Land zu erhalten und hoffentlich auch unseren Haushalt und die sozialen Standards – dabei kann man über Ausbau sprechen – zu erhalten.
Insofern halte ich nicht viel davon, wie sich die FDP hier eines Populismus auf Kosten der Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes befleißigt und sich
über die Tariferhöhung für die hart arbeitenden Polizisten oder sonstigen Beamten – man kann gern auch über eine höhere Dienstebene sprechen – auf dem Rücken der Mitarbeiter versucht zu profilieren – mit einem diffusen Gefühl von Ängsten und vielleicht auch Vorurteilen, die in der Bevölkerung gegenüber Beamten vorhanden sind. Das ist, ehrlich gesagt, schäbig von Ihnen, liebe Kollegen von der FDP.
Ich habe auch keinerlei Verständnis für Ihre Forderung: Jetzt müssten wir einmal über Steuererleichterungen sprechen.
Sie haben gerade festgestellt, dass wir mit Steuereinbrüchen zu tun haben, die wir noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik erlebt haben, und dann kommen Sie doch allen Ernstes daher und sagen, wir müssten doch Steuererleichterungen machen, dann würde es den Menschen so gut gehen, dass sie am liebsten noch mehr Steuern zahlen, als sie eigentlich müssten. Also, wir wissen ja alle, dass, wenn ich die Steuern um einen Euro senke, auch etwas zurückkommt. Aber jeder Finanzwissenschaftler wird Ihnen sagen, dass das vielleicht die Hälfte bis maximal 70 % ist. Da haben Sie immer noch ein Delta, da fehlt immer noch etwas.
Ihre Propaganda ist auch wieder nur ein Wahlkampfversprechen, das Sie hier abgeben, was Sie gemeinsam mit
der Union dann wahrscheinlich im Bund brechen werden, und diesen Wortbruch wünsche ich Ihnen auch gern, das muss ich Ihnen sagen. Wer mit solchen Versprechen in die Debatte geht, der handelt unredlich, liebe Dame und Herren von der FDP.
Eines muss klar sein: In dieser Krise muss es uns darum gehen, die Investitionen aufrechtzuerhalten – dahinter stehen wir – und auch das Niveau der Investitionen so hoch wie möglich zu halten. Es muss uns darum gehen, die Nachfrage im Konsum so hoch wie möglich zu halten. Ich denke, dass die Besoldungserhöhung ein richtiges Signal war, da sie sich auch auf den Konsum in Sachsen voll durchschlägt. Das ist meines Erachtens ein positives Signal.
Was uns jetzt in der Diskussion bevorsteht, ist die Frage, wie wir mit dem vor uns liegenden Doppelhaushalt, den Sie alle wollten, umgehen. Ich will es vorwegsagen: Sie werden von mir nicht hören, dass wir einen Nachtragshaushalt fordern. Aber was im Bund gerade angedacht wird – Steinbrück sagte, innerhalb eines Monats werde er einen Nachtragshaushalt vorlegen –, sollte zumindest ein Maßstab sein, den wir Sachsen anlegen müssen. Es ist darüber zu diskutieren, erstens, wie wir mit dem Parlament umgehen und was die Einbeziehung der parlamentarischen Ebene in diese Mindereinnahmen angeht, zweitens, was die Geschwindigkeit angeht, mit der gehandelt wird, und drittens, was die Konkretheit angeht.
Ich möchte nicht erleben, dass wir am Ende über globale Minderausgaben sprechen müssen. Wir müssen eine klare Definition darüber haben, wo die Umschichtungen stattfinden werden, weil wir verhindern müssen, dass Sozialstandards gekappt werden mit der Begründung: Wir sind in der Krise und haben kein Geld mehr! Dabei werden wir nicht mitmachen.
Aus unserer Sicht ist sicherzustellen, dass die Sozialstandards in Sachsen erhalten bleiben, dass die Investitionen aufrechterhalten bleiben und dass wir das Konjunkturprogramm schnellstens und vollständig umsetzen. Wir werden nicht zulassen, dass Sie die Flucht in die Sommerpause antreten.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch so spät will ich mir die Zeit nehmen, zu diesem Sonderbericht des Sächsischen Rechnungshofes Stellung zu nehmen. Ich denke, es steht dem Parlament gut zu Gesicht, nicht einfach einen Schlussstrich unter ein Kapitel zu ziehen, das uns immerhin seit 2005 und auch davor bewegt hat, sondern dazu Stellung zu nehmen, wenn sich der Rechnungshof sehr viel Mühe gegeben – das will ich hier voranstellen – und uns einen Bericht vorgelegt hat, der in der Qualität neue Maßstäbe gesetzt hat, und zwar auch Maßstäbe dafür – da will ich gern wiederholen, was ich im Finanzausschuss gesagt habe –, was Verantwortung in Aufsichtsgremien für Verantwortungsträger bedeutet, meine Damen und Herren.
Ich danke deshalb dem Rechnungshof sehr herzlich für den Mut, den er bewiesen hat. Diesen Mut hätten nicht viele Rechnungsprüfer in diesem Land an den Tag gelegt, sich so offen, so ehrlich und auch so klar zu den Sachverhalten, die hier in Rede stehen, zu bekennen.
Ein paar Dinge möchte ich Ihnen hier im Rahmen der begrenzten Zeit zu Gehör bringen.
Erstens. Der Rechnungshofbericht hat sich klar und deutlich zu den Fehlern des Strategiewechsels von 2001 artikuliert. 2001 – wir erinnern uns alle dunkel – war Basel II in der Diskussion, die Bankenlandschaft war im Umbruch, unserer Bank fehlte das Geschäftsmodell. Die Sächsische Landesbank hat ein wenig überlegt, hat sich Gutachten anfertigen lassen und sich dann doch anders entschieden, nicht wie die Gutachter wollten, die eine Eigenkapitalerhöhung, ein ordentliches Geschäftsmodell und die Orientierung auf den Heimatmarkt vorschlugen. Nein, sie hat sich für die Umwandlung der Kreditbank, der Sachsen LB, hin zu einer Kapitalmarktbank entschieden. Es gibt sogar, wie der Rechnungshof bemerkt, Vermerke der eigenen Beteiligungsverwaltung, die darauf hinweisen, dass dieser Strategiewechsel verfehlt und nicht untersetzt war, dass keine Zahlen vorlagen, die diesen Strategiewechsel gerechtfertigt hätten. Trotzdem haben Sie gegen Ihr eigenes Haus, gegen einen Vorstand der Bank, gegen Kritiker in den Reihen des Verwaltungsrates diesen Strategiewechsel hin zu einer Kapitalmarktbank durchgesetzt, meine Damen und Herren.
Ich möchte Ihnen hier gern ein Zitat des Rechnungshofes kund und zu wissen geben. Er bewertet das wie folgt: „Die Probleme, die mit der einseitigen Ausrichtung und den hohen Renditeerwartungen verbunden waren, nahmen die Anteilseigner erst im Zusammenhang mit der Verschlechterung des Ratings ernst.“
Meine Damen und Herren von CDU und SPD, die Sie als Verantwortungsträger und Anteilseigner in diesen Gremien gesessen haben, Sie haben als Anteilseigner der Sachsen Landesbank versagt!
Das muss gesagt werden. Sie sollten sich darüber nicht lächerlich machen. Das ist ein Milliardenschaden, den auch die SPD in ihrer Verantwortung zu ertragen hatte.
Ja, Herr Pecher, gerade Sie als Mitglied des Kreditausschusses, Sie wissen genau, wovon ich rede, ganz genau!
Das Gebrüll von Gewerkschaftern ertrage ich allemal, Herr Brangs.
Ein zweiter Punkt hat uns alle jahrelang beschäftigt. Sie haben nicht nur diesen Strategiewechsel gegen die Meinung von sachverständigen Leuten, gegen Vorstände, gegen den gesunden Menschenverstand vollzogen, nein, Sie haben es sogar noch hinbekommen, in Dublin Milliarden an Risiken für unseren Freistaat in die Bücher hineinzubringen. Sie haben sich im Kreditausschuss allen Ernstes hingesetzt und Kreditlinien von 1,7 Milliarden Euro ohne große Diskussion freigegeben. Herr Habermann hat einmal nachgefragt: Könnte es vielleicht sein, dass uns die Immobilienkrise in Amerika irgendwie Probleme bringt?
Da wurde ordnungsgemäß gesagt: Ja, wir haften am Ende für alles, aber machen Sie sich mal keine Sorgen! Da hat
auch Herr Habermann kein Problem mehr gehabt, hat auch seine Hand gehoben. Es ging um 1,7 Milliarden Euro. Wir streiten hier bei jedem Haushalt um 50 000, um 100 000 Euro – und da wurden Milliarden einfach so verzockt, einfach so in den Sand gesetzt.
Sie haben es – das hat auch der Rechnungshof so festgestellt – mit diesen 1,7 Milliarden Euro ermöglicht, dass dort Geschäfte im Volumen von bis zu 43 Milliarden Euro getätigt wurden. Können Sie sich vorstellen, was das für eine gigantische Summe ist?!
Herr Bandmann, Sie haben doch überhaupt keine Ahnung, worüber wir hier reden. Hören Sie doch auf, darüber mitzureden. Es ist ja wirklich langsam lästig mit Ihnen.
Der Rechnungshof hat dazu festgehalten – ich zitiere –: „Der Sächsische Rechnungshof bleibt dabei, dass für die Geschäfte der Zweckgesellschaft Ormond Quay ein Haftungsrisiko für Ansprüche bis zu 43 Milliarden Euro, nahezu dem Dreifachen des Staatshaushalts, geschaffen wurde.“ Das müssen Sie sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, nahezu das Dreifache des Staatshaushaltes mit einem Federstrich! Die haben noch nicht einmal die Vorlagen richtig gelesen, wenn Sie sich einmal an die Debatten erinnern, die wir im Untersuchungsausschuss mit den Mitgliedern des Kreditausschusses hatten.
Sie haben nicht nur als Anteilseigner, sondern auch sträflichst als Aufsicht dieser Bank versagt.
Nun kommen wir zum Schaden. Auch der Sächsische Rechnungshof nennt das so. Wir haben immerhin in den letzten Jahren 692 Millionen Euro in diese Bank hineingesteckt. Bei all dem, was wir schönrechnen, herausrechnen können, kommt selbst der Rechnungshof am Ende auf eine Schadenssumme von 186 Millionen Euro plus X.
Dieses X ist die Garantie, die 2,75 Milliarden Euro, die wir in unserem Haushalt als Garantiesumme haben. Sie können sich ungefähr vorstellen, was wir mit so viel Geld – nicht nur den 186 Millionen Euro, sondern den absehbaren Ausfällen aus den Garantien des Freistaates Sachsen für den Super-SIV – an vernünftigen Sachen für den Freistaat Sachsen hätten machen können.
Es ist bedauerlich, dass die Staatsregierung versucht, das alles schönzurechnen und sich hinzustellen und zu sagen: Mit dieser schönen Bank haben wir am Ende noch 1 Milliarde Euro an volkswirtschaftlichen Erträgen gehabt. Dabei wird jeder Euro, der für einen Mitarbeiter ausgezahlt wurde, und jedes Stück Papier, das für diese Landesbank bezahlt wurde, noch hineingerechnet, nur um endlich auf das Ergebnis zu kommen, dass das eigentlich
ein super Geschäft war, was da gemacht wurde. So viel Problemverdrängung möchte ich einmal aufbringen, meine Damen und Herren von der Koalition!
Ich komme jetzt zum Ende, auch weil ich merke, dass das Interesse an dieser Thematik bei Ihnen nicht ausgeprägt ist.
Ich halte fest: Sie haben als Anteilseigner versagt. Sie haben in der Aufsicht versagt. Keiner in diesem Hause will wirklich die Verantwortung dafür übernehmen. Das ist der größte Skandal, meine Damen und Herren!
Wir werden nachher noch einen Änderungsantrag einbringen. Ich hoffe, dass Sie diesem folgen, damit wir wenigstens ein paar der Probleme, die mit diesem Debakel einhergegangen sind, vielleicht noch zu einem glücklichen Ende bringen und wenigstens noch ein paar Euro für den Freistaat wieder hereinholen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wird wahrscheinlich das Geheimnis der Staatsregierung bleiben, warum ausgerechnet der Minister, der am wenigsten mit der Aushandlung und Bestimmung der Richtlinien dieses Zukunftsinvestitionsprogramms zu tun hat, die Fachregierungserklärung hält.
Unter den Ministerpräsidenten Prof. Dr. Milbradt und Prof. Dr. Kurt Biedenkopf war es üblich, dass Verhandlungsergebnisse aus Bundesratssitzungen noch persönlich vorgetragen wurden. Das ist eine Tradition, die unter diesem Kabinett leider nicht fortgesetzt wird. Das bedauern wir ausdrücklich.
Sehr geehrter Staatsminister Dr. Buttolo! Sie werden es mir hoffentlich nachsehen, wenn ich die von Ihnen vorgetragene Fachregierungserklärung nutze, um den Bogen über die von Ihnen angesprochene Umsetzung des Investitionsprogramms durch die Verwaltung zu schlagen. Ich möchte mich bei Ihnen ausdrücklich bedanken, dass Sie uns mit dieser an prominenter Stelle platzierten Regierungserklärung die Gelegenheit geben, über die Übernahme von Verantwortung in der Politik und ihre ganz konkrete Wahrnehmung zu diskutieren.
Die letzten Monate sind – ich gebe Ihnen recht – für die Politik keine Schonzeit gewesen. Es ist schon jetzt absehbar, dass wir auch in den nächsten Monaten vor großen Herausforderungen stehen. Bei allem sich abzeichnenden Wahlkampfgetöse sollten wir uns dieser Herausforderungen bewusst sein. Wir stehen vor einer weltweiten Erschütterung des Finanz- und Wirtschaftssystems, deren Folgen in der Tat nicht seriös vorhersehbar sind. Die Räder der Weltwirtschaft kommen zum Stehen. Niemand kann mit Sicherheit sagen, ob sie sich jemals wieder in der gewohnten Weise drehen werden, und wenn ja, wann.
Die Informationen, die uns auf den unterschiedlichsten Wegen erreichen, sind erschreckend. Auftragseinbußen der für die sächsische Wirtschaft so wichtigen Bereiche des Automobilbaues und der Maschinenbaubranche sorgen für Kurzarbeit und Entlassungswellen. Der damit einhergehende Schwund von Kaufkraft und die zunehmende Unsicherheit in der Bevölkerung sorgen für Kaufzurückhaltung und zurückgehenden Konsum. Die Unsicherheit der Unternehmen führt zur Zurückhaltung bei den Investitionen. Die Märkte kollabieren aufgrund einer verfehlten Wirtschaftspolitik. Wer glaubt, dass Märkte ohne Regeln und Kontrolle dauerhaft funktionieren, müsste angesichts dieses Fanals eines Besseren belehrt sein. Die ungezügelte Marktgläubigkeit hätte uns
beinahe in den Abgrund gerissen. Es kostet die Staatengemeinschaft gigantische Kraftanstrengungen, den Schaden dieses Irrglaubens zu beheben.
Meine Damen und Herren! Die Mittel der Politik, um der durch gierige Spekulanten hervorgerufenen Krise zu begegnen, sind begrenzt: Stärkung des Massenkonsums und Erhöhung der öffentlichen Investitionen. John Maynard Keynes hatte durch Erforschung der Ursachen und Folgen der großen Depression in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts diese Form antizyklischer Ausgabenpolitik entwickelt. Es waren ausgerechnet die Amerikaner, die mit ihren konjunkturpolitischen Maßnahmen schnell und deutlich demonstriert haben, was das Gebot der Stunde ist. Die Bundesregierung – mit ihren Strategen von CDU und SPD – hat sich viel zu lange, viel zu zögerlich und geradezu ängstlich vor Antworten auf die sich abzeichnende Krise gedrückt.
In solchen Zeiten kann sich Politik die Frage stellen: Was ist zu tun? In solchen Zeiten muss sich Politik die Frage stellen: Was kann sie tun? Herr Buttolo, Sie haben davon gesprochen, dass zur Wahrnahme von Verantwortung der Politik gehört, „Mut zur Entscheidung“ zu haben. Diesen Mut haben Sie viel zu lange nicht gehabt. Als meine Fraktion in den Haushaltsverhandlungen vor wenigen Monaten Anträge zu einem zukunftssicheren Konjunkturprogramm einbrachte, sind wir in diesem Haus auf taube Ohren gestoßen.
Wir haben im November auf die sich abzeichnende Lage aufmerksam gemacht und wiederholt das Handeln und die Entscheidung der Staatsregierung eingefordert. Wir sind enttäuscht worden. Am 14. November 2008 haben wir in diesem Haus über das Konjunkturpaket I gesprochen. An jenem Tag habe ich an dieser Stelle gefordert, die Kommunalrücklage zur Investitionsstärkung der Kommunen aufzulösen. Das wären damals 617 Millionen Euro gewesen. Es war damals wie heute richtig, den Kommunen Geld für Investitionen zu geben.
Unsere Änderungsvorschläge zum Haushalt enthielten gleichfalls Vorschläge für ein zukunftssicheres Konjunkturprogramm. Ich zitiere aus der Begründung: „Im Sinne eines zukunftssicheren Konjunkturprogramms stehen den Kommunen in den beiden Folgejahren insgesamt 194,4 Millionen Euro für Investitionen im Bildungs-, Umwelt- oder Gesundheitsbereich zur Verfügung, dessen Investitionsvolumen durch die Inanspruchnahme von Förderprogrammen deutlich aufgestockt werden kann.“ Zusammen mit der Freigabe des dezentralen Teils der kommunalen Konjunkturrücklage wären das knapp 400 Millionen Euro gewesen. Wenn Sie uns im letzten Jahr gefolgt wären, könnten die Kommunen schon heute einen Planungsvorlauf haben.
Dabei ging es uns genau um verstärkte Investitionen in den Bereichen Bildung, Krankenhäuser, Umwelt und Energieeffizienz. Mit dem Mut der Zustimmung zu einer solchen Verwendung wären Sie heute belohnt worden. Diese Mittel wären ohne Probleme anrechenbar gewesen, weil der Nachweis der Zusätzlichkeit der Mittel auf der Basis der Investitionsausgaben der letzten Jahre erbracht werden muss – so zumindest die Aussage der Bundesregierung. Der Freistaat wäre de facto in Vorleistung gegangen. Ihnen fehlte nicht nur die Fantasie, sondern auch der Mut für die richtigen Entscheidungen.
Meine Damen und Herren! Wenigstens eine Forderung aus unserem Entschließungsantrag zum Finanzausgleichsgesetz vom 10. Dezember 2008 ist umgesetzt worden. Im Punkt 7 heißt es: „Die im Konjunkturpaket der Bundesregierung enthaltenen Maßnahmen zur Beschäftigungssicherung und Wachstumsstärkung können keine ausreichende Wirkung auf der kommunalen Ebene entfalten. Die Staatsregierung wird deshalb aufgefordert, sich auf Bundesebene für ein schlüssiges Konjunktur- und Zukunftsinvestitionsprogramm einzusetzen.“
Ich will Ihnen, liebe Mitglieder der Staatsregierung, einmal unterstellen, dass Sie sich zumindest bemüht haben. Die Zitate sind nicht nötig, um zu beweisen, dass wir mit der Forderung nach einem kommunalen Investitionsprogramm recht hatten. Unser Engagement in den letzten Monaten ist vielmehr Beweis dafür, dass wir den Kommunen im Freistaat Sachsen auch in schwierigen Zeiten Augenmaß, Sachverstand und Vertrauen entgegenbringen können.
Wir wissen, dass die kommunale Familie in allen Zeiten eine tragende Säule der Gesellschaft ist. Ihre Stärke liegt in einer Problemnähe, die mit keinem Verwendungsnachweisverfahren und aus keiner Ministerialstube heraus ersetzt werden kann. Wir erwarten von der Staatsregierung einfache, unbürokratische und schnelle Entscheidungen im Hinblick auf die Bewilligung der beantragten Maßnahmen.
Wir unterstützen daher den eingeschlagenen Weg, die Investitionen weitestgehend an die Kommunen durchzureichen und insbesondere für unsere Kindertageseinrichtungen, Schulen und Krankenhäuser die dringend benötigten Investitionen vorzuziehen.
Drei Punkte bereiten uns Sorgen. Zuallererst ist das Verfahren der Erstellung von Prioritätenlisten durch den Landkreis und die Bewilligung intransparent. Die Stellung des Landrates kommt der eines Vorentscheiders gleich. Der Missbrauch in Form von teuren, aber nutzlosen Wahlkreisgeschenken für einige CDU-Kandidaten muss verhindert werden.
Der zweite Punkt richtet sich auf die Gewährleistung der Zusätzlichkeit nach der Bundesdefinition. Aus unserer Sicht muss der Freistaat alles in seiner Macht Stehende tun, um Rückforderungen der Investitionsmittel zu vermeiden. Hier heißt es, monatsgenau die Entwicklung der X-plus-597-Millionen-Euro-Linie im Auge zu behalten. Es wäre grotesk, wenn Berlin die Konjunkturmittel wegen sächsischer Nachlässigkeiten zurückverlangen würde.
Gestatten Sie mir noch eine Bemerkung: Der von Ihnen gebrachte Appell an die kommunalen Entscheidungsträger, sich ihrer Verantwortung bewusst zu sein, darf nicht dazu führen, dass die Verantwortung gemeinsam mit den Millionen einfach auf die Kommunen herunterdelegiert wird. Das darf nicht passieren.
Der dritte Punkt verwundert mich persönlich sehr. Im Bundesrat gefällt sich die Staatsregierung gern in der selbstgefälligen Pose der Schuldenvermeider. Die Kofinanzierung des Landesanteiles wird über Rücklagen des eigenen Haushaltes erbracht; aber wenn es um unsere Kommunen geht, dann machen Sie allen Ernstes den Vorschlag: Die sollen sich doch bitte verschulden. Hier geht etwas für mich logisch nicht zusammen. Der Freistaat kann nicht auf der einen Seite die Rücklagen der Kommunen bunkern und sie dann zur Schuldenaufnahme nötigen. Unsere Forderung ist daher klar: Geben Sie den Kommunen die Option frei, im Notfall auf ihre eigenen Rücklagen zurückzugreifen! Das ist das Mindeste, was an Fairness zu erwarten ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! An dieser Stelle muss ich einige Worte zu dem von der Staatsregierung vorgeschlagenen Verfahren verlieren. Seit Mitte Januar ist klar, dass die Bundesregierung vorhat, ein Investitionsprogramm im Umfang von 10 Milliarden Euro auf den Weg zu bringen. Klar ist auch uns, dass die Umsetzung eines solchen Vorhabens Zeit und Gespräche braucht. Wir haben diesen Weg von Anfang an konstruktiv begleitet. Unter anderem haben wir bereits im Februar dieses Jahres einen Antrag zur Umsetzung des Programms ins Verfahren gebracht.
Neben anderen Punkten, auf die mein Kollege Michael Friedrich noch in einem zweiten Redebeitrag eingehen wird, war uns die Einflussnahme des Sächsischen Landtags ein wichtiges Anliegen. Wenn knapp 600 Millionen Euro zusätzlicher Investitionsmittel durch den sächsischen Haushalt fließen, ist dies kein alltägliches Ereignis. Wir haben mit Recht erwartet, dass wir vor allem aufgrund des Zeitvorlaufes mit einem Nachtragshaushalt rechnen müssen, der übrigens insbesondere nach unseren eigenen Regelungen nicht länger als fünf Wochen benötigen darf. Insofern wäre das auch ein sehr schnelles Verfahren gewesen.
Der von der Staatsregierung gewählte Weg ist eine Krücke, die unseres Erachtens den Wortlaut bestehender Gesetze überdehnt. Die Sächsische Haushaltsordnung
schreibt keine aktive Beteiligung des Landtages vor. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn der Landtag nicht ablehnt. Seine einzige Möglichkeit, in das Verfahren einzugreifen, besteht in der Kürzung von Ausgaben. Untersetzte Ausgabenpositionen allerdings liegen uns nicht vor. Sie greifen hingegen wiederum mit einer langen Liste von Leertiteln gravierend in den von diesem Hause beschlossenen Haushalt ein – dies vor allem, weil Sie vergessen haben, die einschlägigen Haushaltstitel selbst in den Haushalt aufzunehmen. Sie unterminieren mit Ihren Ausgabenbefugnissen die Budgetrechte des Parlamentes.
Sie, meine Damen und Herren, degradieren das Hohe Haus zu einer reinen Akklamationsmaschine. Dieser Vorgang ist der vorläufige Höhepunkt in einer ganzen Kette von Grenzüberschreitungen vonseiten der Staatsregierung. Sie haben Kapitalerhöhungen der damaligen Sachsen LB in Höhe von 300 Millionen Euro einfach vom Haushalts- und Finanzausschuss abnicken lassen. Sie haben ohne Not Bürgschaften in Höhe von 2,75 Milliarden Euro auf dem gleichen Wege durchgepeitscht; und der Juristische Dienst des Landtages – diese Nebenbemerkung sei mir gestattet – leistet der Sächsischen Staatsregierung Amtshilfe durch Arbeitsverweigerung. So sieht er sich nicht einmal in der Lage, eine kurze schriftliche Stellungnahme zur Rechtmäßigkeit dieses Vorganges zu erstellen, und zieht sich auf eine über zehn Jahre alte Anweisung des Präsidenten zurück. Wie weit ist es gekommen, dass wir uns in unserem Königsrecht auf einen solchen Blindflug einlassen?!
Meine Damen und Herren, insbesondere der CDU, aber auch der SPD! Sie lassen sich seit Jahren Erweiterungen der Befugnisse und Vollmachten gefallen, die die Staatsregierung von Ihnen verlangt, und vor allem die Christliche Union folgt der Staatsregierung dabei wie der Rüde der läufigen Hündin. Haben Sie denn gar keine Parlamentarierehre im Leib? Will denn niemand von Ihnen der zweiten Gewalt in den Arm fallen, wenn das Parlament wieder einmal nicht stören soll? Jedes Mal, wenn Sie vor der Entscheidung stehen, das Parlament zu beteiligen oder so weit wie möglich am Parlament vorbeizuregieren, entscheiden Sie sich für die zweite – und damit schlechtere – Wahl.
Eine Regierung allerdings, die den Wert des parlamentarischen Meinungsstreites gering schätzt, Abgeordnete, die Aussprache und Beschlussfassung nur als lästige Pflicht empfinden, brauchen weder Sachsen noch unsere gefährdete Demokratie.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, so langsam, aber sicher bekommen wir eine Ahnung von dem, was uns bevorsteht. Die Finanzkrise wandelt sich zur Wirtschaftskrise. Die Auswirkungen des weltweiten Rückgangs der Nachfrage nach Gütern aller Art machen auch vor Sachsen nicht halt.
Noch in den letzten Monaten waren die Koalitionsfraktionen überzeugt, dass ihr Doppelhaushalt das beste Konjunkturprogramm für Sachsen sei.
Ich sage das jetzt ohne jede Häme, aber die Ignoranz und Arroganz der Regierungsparteien in Land und Bund haben uns wichtige Monate gekostet.
Die ersten Ausläufer des Bebens spüren die sächsischen Unternehmen, ja, spüren die sächsischen Beschäftigten. Die Zeitungsschau der letzten Tage verspricht ja auch nicht viel Gutes. Nur ein paar Auszüge: „Chipkrise AMD, 2 700 Mitarbeiter, prüft Kurzarbeit an seinem Dresdner Standort“; „Limbacher ELTRIC entlässt Mitarbeiter“; „Der Autohersteller VW verzichtet weitestgehend auf Leiharbeiter“; „Zeitarbeitskräfte mussten bei BMW das Werk mittlerweile fast komplett verlassen“. Ich kann den Verbandspräsidenten der sächsischen Wirtschaft Bodo Finger nicht verstehen, der der Krise mit Gelassenheit entgegensieht. Die Flexibilität der sächsischen Wirtschaft, von der er und auch Sie, Herr Wirtschaftsminister Jurk, fabulieren, heißt doch im realen Leben Absenken von Löhnen, Entlassungen von Beschäftigten, Verzicht und dann folgend Entlassung von Leiharbeitern. Dahinter stehen in jedem Fall Menschen mit ihren Familien, die wenig Verständnis für diese Art von Zynismus haben.
Um den Einbruch bei den Aufträgen nicht zu einem Wegbrechen der Unternehmen und Arbeitsplätze werden zu lassen, sind sich die Regierungen allerorten einig. Es ist jetzt die Aufgabe für den Staat, die Folgen durch Konjunkturprogramme abzumildern. Auch die Bundesregierung hat sich nach sträflich langem Zögern dazu durchgerungen, ein Konjunkturprogramm Teil II auf den Weg zu bringen. Das Urteil allerdings des Internationalen Währungsfonds ist bereits gesprochen: Gewogen und für zu leicht befunden. Meine Kollegin Monika Runge wird in einem zweiten Beitrag darauf eingehen.
Der Rückgang der Wirtschaft für dieses Jahr wird auf 2,5 % taxiert. Eine Arabeske am Rande: Die Haushaltsdebatte des Deutschen Bundestages im letzten Jahr ging noch von einem leichten Plus der Wirtschaftsleistung aus, und dies mit Hinweis auf die Wirksamkeit des Konjunkturprogramms I.
Die hohe Abhängigkeit der deutschen Wirtschaftsleistung von Exporten war vor Kurzem noch der Grund, mit Recht stolz zu sein. Wir nannten uns Exportweltmeister. Damit verbunden ist allerdings eine große Abhängigkeit eben der Deutschen und auch der sächsischen Wirtschaft von den Weltmärkten. So kommt der IWF immerhin eben auch zu dem Ergebnis: „Ein sich abschwächender Welthandel und Belastung für die Unternehmen verstärken sich gegenseitig. Deutschland als Exportland ist in dieser Abwärtsspirale gefangen.“
Dieses Paket, meine Damen und Herren, kommt zu spät und ist zu klein. Diese Gefangenschaft, von der der IWF spricht, mit lediglich 1,25 % der jährlichen Wirtschaftsleistung zu entkommen, ist gewagt. Ich wünschte, ich hätte Ihren Optimismus, meine Damen und Herren von der CDU und der SPD.
Wir fordern Sie auf, für die Bewältigung dieser Krise dieselbe Energie aufzubringen, mit der Sie sich an ihrer Schaffung beteiligt haben, dieselbe Energie, mit der Sie alle Chancen niedergerissen haben, um dem Kapital ungehinderte Entfaltungsmöglichkeiten zu bieten, dieselbe Energie, die Sie in das Kasino nach Dublin investiert
haben, dieselbe Energie, mit der Sie eine Klasse von rechtlosen Leiharbeitern geschaffen haben, und dieselbe Energie, mit der Sie dem Irrglauben des Marktradikalismus aufgesessen sind.
Die großen Nationen dieser Welt haben alle Pakete von mehreren hundert Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Die USA nehmen umgerechnet 600 Milliarden Euro, China 460 Milliarden Euro und Japan 80 Milliarden Euro in die Hand. Das sind Anteile an ihrem jeweiligen Bruttoinlandsprodukt von 6 %, 20 % und 10 %. Dieses Programm ist, meine Damen und Herren, zu klein, um dieser Krise zu begegnen.
So mancher Spaßvogel aus den Koalitionsfraktionen sollte sich inzwischen fragen, ob sich die Stärke einer Volkswirtschaft allen Ernstes an der Zahl der Mitbürger misst.
In Zeiten wie diesen ist Zuversicht und Überzeugung gefragt. Die Bürgerinnen und Bürger sind zutiefst verunsichert. Es reicht aber nicht aus, ihnen nur mehr Geld zukommen zu lassen. Aufgabe der Politik und von Politikern ist es, klare Signale zu setzen: Wir stehen das durch, wir wissen, was zu tun ist, habt Vertrauen!
Die Kakofonie der Vorschläge und Debattenbeiträge von CDU und SPD in Bund und Land in diesen Tagen, die über uns hereinbricht, ist alles andere als ermunternd. Es ist wenig hilfreich, wenn der Beitrag unseres Ministerpräsidenten darin besteht, darauf hinzuweisen: Übrigens, das Schuldentilgen bitte nicht vergessen! Mein Kollege von der CDU hat sich ja auch dazu hinreißen lassen.
Eine Debatte über den Abbau der jetzt notwendigen Schulden ist in der Tat kontraproduktiv. Bitte handeln Sie jetzt in dieser Krise einmal für die Generationen, die hier und heute leben.
Mein letzter Satz: Konnten Sie die Dimension dieser Krise nicht begreifen, so können Sie wenigstens jetzt beweisen, ob Sie in der Lage sind, die zur Verfügung stehenden Gelder schnell und sinnvoll einzusetzen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da kann es einem ja angst werden, wenn man Herrn Bolick so hört. Sind wir hier bei „Wünsch Dir was!“? Jedes Ministerium kann etwas beitragen, mal sehen, was am Ende rauskommt. Genannt wird von einigen hier das Konjunkturpaket. Ich allerdings habe noch kein Konjunkturpaket zu sehen bekommen. Mir liegt ein „Maßnahmenpaket zur Senkung der steuerlichen Belastung, zur Stabilisierung der Sozialversicherungsausgaben und für Investitionen in Familien“ vor – so nennt zumindest die Bundesregierung das, was Sie als Konjunkturpaket bezeichnen.
Das Problem, das wir haben, haben wir letzten Monat schon besprochen, als wir über die Finanzmarktstabilisierung gesprochen haben. Wir schlittern mitten rein in eine Rezession. Diese Rezession hat uns noch nicht einmal annähernd richtig erreicht. Allerdings spüren wir ihre Auswirkung schon. Der IWF stellt fest, dass wir die größte Rezession weltweit seit den Siebzigerjahren haben, seit der größten Ölkrise, und wir reden hier so einmal daher: Ach, da gibt es ein paar nette Ideen wie Kurzarbeitergeld! Ich glaube, wir sind uns der Dimension der Fragestellung, der Problemlage überhaupt noch nicht bewusst.
Jetzt reden wir einmal darüber, was Konjunkturprogramme in dieser Welt sind. China hat 460 Milliarden Euro in die Hand genommen. Nun kann man den Kommunisten
vielleicht viel vorwerfen, aber zumindest haben sie den Ernst der Lage erkannt: 460 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau, für Infrastrukturmaßnahmen, für Investitionen, die dringend notwendig sind und die die Konjunktur in China und auch weltweit ankurbeln. Selbst das hat der IWF zur Kenntnis genommen.
Jetzt kommen Sie mir nicht mit solchen Albernheiten!
Dann kommen wir einmal zu den USA. 168 Milliarden Euro haben die USA jetzt schon in die Hand genommen, um für Konsumstärkung zu sorgen. Dann sehen wir uns in Europa um. In Österreich und Frankreich gibt es große Diskussionen darüber, dass endlich etwas passieren muss, dass man Geld in die Hand nimmt, um Konjunkturprogramme zu starten und in Investition, in Konjunktur- und in Konsumstärkung zu gehen. Diese Diskussionen sind sehr spannend. Das ist ja auch ganz logisch. Konjunkturprogramme sind gut, wenn man nicht gerade in Rezessionszeiten ist; denn wir haben es mit einer Zurückhaltung von Unternehmen, Menschen und Familien zu tun, die nicht wissen, ob sie überhaupt noch Geld in die Hand nehmen können, weil Zukunftsangst besteht. Das gefährdet massiv Arbeitsplätze.
Hinter jedem Arbeitsplatz, der hier gefährdet ist, stehen auch wieder Familien und Schicksale. Das muss uns doch umtreiben. Wenn ich dann dieses Maßnahmenpaket, das hier in Deutschland geschnürt wird, sehe, kann ich nur sagen – Frau Hermenau hat es angesprochen –: Die Wirtschaftsweisen haben vollkommen recht: Es ist und bleibt ein Sammelsurium von unzusammenhängenden Einzelmaßnahmen.
Das ist eine einmalige Situation: Der BDI, also die Interessenvertretung der Industrie, die Gewerkschaften, die Sachverständigen – alle sind sich einig, dass uns dieses Konjunkturprogramm, das CDU und SPD im Bund aufgelegt haben, überhaupt nicht weiterhelfen wird,
und Sie stellen sich hier hin und freuen sich darüber, dass dort zumindest 3 Milliarden Euro – ich freue mich auch darüber – an Investitionen in die CO2-Minimierung fließen. Es ist doch mittlerweile wirklich ein Trauerspiel, das um die Kfz-Steuer stattfindet. Die ökologischen Belastungen aus dem Vorschlag der Bundesregierung sind benannt worden. Aber dass sich jetzt allen Ernstes die Koalitionsfraktionen im Bund, CDU und SPD, darüber streiten, wie viele Jahre Laufzeit das haben und wer denn jetzt daran beteiligt sein sollte – ich komme aus dem Lachen nicht mehr heraus. Was hier stattfindet, ist wirklich absurd. Mit einer 200-Euro-Entlastung gewinne ich doch nicht zusätzliche Käufer. Das sind doch reine Mitnahmeeffekte! Auch das ist von den Sachverständigen schon gesagt worden.
Niemand kauft sich doch wegen 200 Euro Entlastung im Jahr ein neues Auto! Sind wir denn mit dem Klammersack gepudert, oder was? Aber das soll so sein. Von Konsumstärkung lese ich in diesem Maßnahmenpaket überhaupt nichts, Investitionen beschränken sich auf die 3 Milliarden Euro. Wir müssen aufpassen, dass wir hier in Sachsen nicht in diese gleiche absurde Debatte schlittern. Wir haben seit Jahren Milliarden von Mehreinnahmen in diesem Haushalt, und wir haben nichts anderes zu tun, als sie in Rücklagen für Beamte, für Bürgschaften, die wir selbst verbrochen haben, und in Rücklagen für Kommunen zu stecken. Ich sage, wir müssen das Geld für die Kommunen jetzt an die Kommunen ausreichen, damit sie investieren können
in Bildung, in ihre Bildungseinrichtungen und auch in Schadstoffreduzierung; denn die Sparsamkeit, die die Sachsen hier an den Tag legen, ist nämlich schon Geiz, und Geiz ist überhaupt nicht geil und bringt uns in diesen schwierigen Zeiten nicht weiter. Wir brauchen mehr Eigenmittel für die Kommunen. Und ich sage noch einmal: Geiz ist keine Krisenprävention, kein Krisenmanagement, kein Krisenkonzept, denn sonst wird unser Freistaat zum Unland.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Hermenau, es würde mich reizen, zu dem einen oder anderen Stellung zu nehmen, aber ehrlich gesagt: Diese Form von „Erklärbär“, die Sie heute vorgebracht haben, ist genau die Form von Arroganz, die den GRÜNEN noch einmal richtig auf die Füße fallen wird.
Sie können hier noch so sehr versuchen zu erklären, was Weltwirtschaftskrisen sind und was Sie alles schon Schönes vorhergesehen haben und wie weit die Weltwirtschaft in Problemlagen ist, die sie hätte voraussehen können. Sie haben in keinem Ausschuss, weder im Haushalts- und Finanzausschuss noch im Untersuchungsausschuss der Sachsen LB, durch häufige Anwesenheit oder große Fachbeiträge geglänzt.
Insofern hätte ich mich heute mit Kritik sehr stark zurückgehalten.
Herr Rößler, vielleicht habe ich ja irgendetwas verpasst.
Anscheinend habe ich verpasst, dass die kommunistische Plattform in der CDU gerade gegründet wurde und Sie zu deren Sprecher gewählt wurden.
Ich finde es wirklich überraschend, wie viele Verbalradikale wir auf einmal im Sächsischen Landtag haben!
Es ist wirklich faszinierend. Es ist auch interessant, was der Bundesfinanzminister gesagt hat. Auch wir sind der Meinung, dass genau die Brandstifter, die diesen Brandsatz gelegt haben, zur Verantwortung gezogen werden sollen. Es stünde dem Sächsischen Landtag gut zu Gesicht, diese Forderung an die Bundesregierung heranzutragen.
Wir werden den Bundesfinanzminister und dieses Rettungspaket auch daran messen, ob sie in der Lage sind, daraus Konsequenzen zu ziehen.
Kommen wir gleich noch zu dem einen Punkt. Was machen denn die Vereinigten Staaten gerade? Sie machen es nämlich ganz anders: Sie zwingen die Banken dazu, dass der Staat sich bei ihnen beteiligen kann. Sie zwingen sie dazu! Die fragen nicht einmal mehr! Die warten nicht darauf, dass die Banken zu ihnen kommen und sagen: Mensch, lieber Staat, wir bräuchten mal ein bisschen Eigenkapital! Der Staat geht dort rein, weil er mitreden will, zum Beispiel darüber, ob es gerechtfertigt ist, dass Vorstände ungerechtfertigt immense Summen verdienen. Sie wollen darüber mitreden. Der Kongress hat beschlossen, wie die maximale Höhe ist. Das „piept“ natürlich die Banker an der Wall Street an und auch die deutschen Banken sind sehr betroffen: „Man kann doch nicht einfach eine Obergrenze von 500 000 Euro pro Jahr festlegen. Das geht doch nicht!“
Das ist ja eine Frechheit! Ich setze sehr darauf, wenn irgendeine Hilfe kommt, wenn wir uns schon nicht dazu durchringen können, die Teilverstaatlichung bei den Banken anzugehen, um das Mitspracherecht zu haben, dass wir solche Ansprüche durchsetzen.
Natürlich darf es für das Land Sachsen, und darum geht es heute, zu keiner Doppelbelastung kommen. Von diesem Hohen Haus muss ein deutlicher Beschluss kommen, dass eine Zustimmung zu diesem Rettungspaket von der ungerechtfertigten Doppelbelastung abhängig gemacht wird. Es kann doch nicht sein, dass wir auf der einen Seite den Mist, den wir zugegebenermaßen selbst verzapft haben, mit einem riesigen Kraftakt schultern und zeitgleich für
den ganzen Mist, den sich Investmentbanken rund um die Welt gegenseitig zugeschoben haben, auch noch mit aufkommen müssen. Das kann nicht die Wahrheit sein!
Es ist vielleicht noch einmal überdenkenswert, dass wir uns jetzt auf die Habenichts-Seite geschlagen haben. Ich glaube, die Hoffnung wird nicht lange tragen, wenn wir jetzt zu der Position kommen, dass jeder für seine Landesbanken und Sparkassen zuständig ist und es mit den 2,75 Milliarden plus die 500 Millionen Euro ausgestanden sein soll. Ich weiß zwar, dass es eine Mehrheit im Bundesrat bestimmt geben wird, weil wir mehr Habenichtse haben, also mehr Leute, die keine Landesbank haben, als solche, die Landesbanken besitzen; aber am Ende wird uns diese Frage eher auf die Füße fallen, das ist meine Auffassung.
Die Demokratie ist aus einer Frage entstanden. Wenn ich Steuern zahlen soll, will ich auch mitbestimmen. Wenn ich haften soll, möchte ich auch sagen können, wofür ich haften will. Die Mitbestimmungskomponente darf nicht vernachlässigt werden.
Die Landesparlamente müssen sich mit den Fragen: Wie wird die Struktur des Fonds sein, wie werden die Bedingungen sein, wie wird die Auszahlung am Ende erfolgen und wie werden die Lastenverteilungen sein? beschäftigen. Das ist schon aus Gründen der Demokratie in diesem Haus und in diesem Land erforderlich.
Antje Hermenau hat es schon gesagt, wir hätten eine 0,2 %-Prognose. Ich sage das noch einmal, was ich gestern schon gesagt habe. Vielleicht haben Sie leider nicht zugehört. Der Sachverständigenrat hat zwei Prognosen abgegeben. Wenn alles gut läuft, werden es 0,2 %. Wenn dieses Programm nicht wirkt, dann haben wir eine schon jetzt vorhersehbare Rezession von 0,8 %, das heißt, die Wirtschaft wird sinken. Das heißt, Arbeitsplätze werden wegfallen. Das sehen wir jetzt schon. Wer jetzt also kommt und sagt, jegliche Form von Konjunkturprogrammen wäre Teufelszeug und der Rückfall in Kommunismus oder Sozialismus, der erkennt nicht die wirtschaftlichen Probleme, die auf uns zukommen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Selbst ein Herr Gusenbauer aus Österreich hat das erkannt. Sie haben sogar ein eigenes Konjunkturprogramm aufgelegt und sich im Europarat dafür eingesetzt, dass ein solches europäisches Konjunkturprogramm angestoßen wird. Da können wir nicht so tun, als wäre kein Problem vorhanden. Das ist doch Schönfärberei. Wir brauchen ein solches Konjunkturprogramm. Wir brauchen eine Stärkung der Binnenkaufkraft und wir brauchen mehr Konsum in diesem Land, weil uns die Außenwirtschaft nicht weiterhelfen wird.
Wir verlieren eines aus dem Blickfeld. Die Einnahmenseite des Staates wird sich im nächsten Jahr gravierend ändern. Wir können unseren Haushalt eigentlich schon jetzt beiseite legen und auf die November-Steuerschätzung warten. Mal sehen, was dabei herauskommt.
Aber wenn wir jetzt vergessen, die wichtigen Hausaufgaben zu machen, die bis Ende des Jahres vor uns liegen, dann handeln wir sträflich und fahrlässig. Was dort passiert, dass die Erbschaftssteuer auf die lange Bank geschoben wird, nur weil ein Herr Seehofer noch nicht Ministerpräsident von Bayern ist, ist ja wohl eine Peinlichkeit hoch drei. Ich erwarte auch von der Staatsregierung, dass sie sich dafür einsetzt, dass die Einnahmenseite des Staates, also auch des Freistaates, am Ende gestärkt wird, eben durch eine Reform der Erbschaftsteuer, dass sie überhaupt erst mal kommt und nicht wegfällt. Das wäre der größte GAU. Es geht auch um eine Erhöhung der Erbschaftsteuer. Wir müssen die Einnahmen des Staates stärken, um für die Herausforderungen der Zukunft gewappnet zu sein.
Wir haben heute hier zu debattieren, und es ist am Freitag, also morgen, im Bundestag und im Bundesrat über ein Paket zu entscheiden. Dieses Paket ist ein Hoffnungspaket. Es ist auf jeden Fall notwendig, dass wir festhalten, es geht um Hoffnungen, die wir den Menschen machen sollten. Es geht nicht um Schönfärberei. Wir müssen die Problemlagen definitiv nachhaltig angehen. Das heißt eben auch, uns darüber Gedanken zu machen, welche Krise in Haushalts- und Wirtschaftsfragen im nächsten Jahr auf uns zukommt. Das werden wir in den beiden Aktuellen Debatten noch erörtern können.
Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Ich will ein paar Worte zu dem von den Koalitionsfraktionen eingebrachten Entschließungsantrag sagen.
Zuerst hätte ich ein Dankeswort an die Oppositionsfraktionen erwartet, die in seltener Einigkeit ausnahmslos Dringliche Anträge gestellt haben, um dieses Thema überhaupt in diesen Plenarsitzungen zu platzieren, sodass Ihnen die Möglichkeit gegeben wurde, einen solchen Entschließungsantrag einzubringen. Vielen Dank auch Ihnen, Herr Eggert, dafür, dass Sie das aufnehmen.
Es ist aber ein ganz typischer Koalitionsantrag. Ich nehme einfach den Punkt 1: „Die finanzielle Beteiligung Sachsens ist auf das Notwendige zu begrenzen.“ – Ja, was ist denn das Notwendige?
Es wird weiter gesagt, dass Bewertungsabschläge zu berücksichtigen seien. In welcher Höhe denn?
Weiter heißt es, dass Sachsen ein Mitspracherecht haben soll und dass der Landtag irgendwie einzubeziehen ist.
Also, das sind mir zu viele sehr vage Aussagen, die Sie hier treffen, wobei ich nicht genau weiß, ob Sie das auch wirklich ernst meinen. Meinen Sie das wirklich ernst?
Genau davor fürchte ich mich eben, und genau deshalb werden wir uns diesem Antrag leider nur mit einer Enthaltung nähern können.
Ich möchte wenigstens noch zu Protokoll geben, dass in der Begründung ein bemerkenswerter Satz enthalten ist, wobei Sie sich anscheinend nicht getraut haben, ihn auch in den Antragstext zu schreiben. Begründung, letzter Satz: „Sachsen hält an der Zielstellung der Föderalismuskommission II, die Verschuldung des Bundeshaushalts und der Länderhaushalte zu beenden, fest.“
Okay, das nehmen wir als Begründung zur Kenntnis. Was daraus wird, werden wir in der Haushaltsberatung sehen.
Vielen Dank.
Als Vater eines sechsmonatigen Kindes möchte ich Sie fragen, ob Sie mir jetzt empfehlen wollen, dass ich das Wasser für die Milch bzw. den Brei für mein Kind aus der Elbe nehmen soll?
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich gebe gern zu, dass es das Thema wert gewesen wäre, ein wenig mehr Auditorium vor sich zu haben.
Ich gebe auch zu, dass das Thema schon mehrfach in diesem Hause behandelt wurde. Ich möchte ganz kurz wenigstens noch einmal aus dem § 11 Abs. 3 FAG zitieren: Es geht um die Mittel zur Deckung von teilungsbedingten Sonderlasten aus dem bestehenden infrastrukturellen Nachholbedarf und zum Ausgleich der unterproportionalen kommunalen Finanzkraft. – Damit alle wissen, worüber wir hier reden.
Zum Zweiten möchte ich sagen: Dass ein solcher Bericht hier vorliegt, ist nicht Ausweis der guten Arbeit der ostdeutschen Bundesländer, sondern Ausweis der nicht regelgerechten Verwendung aus dem Solidarpakt I in den ostdeutschen Bundesländern. Das hat nämlich dazu geführt, dass die Westländer darauf gedrungen haben, dass sie bitte wissen möchten, was wir mit dem Geld machen. Dass der Freistaat hier vielleicht besser ist als der Rest der Truppe, heißt noch lange nicht, dass er deshalb besonders gut ist. Ich halte auch nicht viel davon, immer den anderen Bundesländern vorzuwerfen, dass sie irgendetwas falsch machen würden. Wir müssen vor der eigenen Tür kehren. Der Kollege Pecher hat das ja gerade ansatzweise getan.
Worum geht es beim Fortschritt? Beim Fortschritt müsste es eigentlich darum gehen zu schauen, dass sich unser Standort Sachsen aufbaut, dass wir Industriearbeitsplätze schaffen, dass wir den Handel unterstützen, dass sich der Mittelstand entwickeln kann. Wir dürfen alle zusammen feststellen: Die Wirtschaftskraft Sachsens entwickelt sich nicht ausreichend zufriedenstellend.
Es ist vielleicht ein bisschen zu viel Wenn und Aber und nicht deutlich genug, aber ganz klar ist: Die Lücke der Wirtschaftskraft zu den westdeutschen Ländern wird
größer. Das erst einmal festzuhalten ist auch eine der Lehren, die wir daraus ziehen können. Vor allen Dingen müssen wir eine Debatte wieder führen: Was sagt dieser Bericht eigentlich aus?
Ich, sehr verehrte Damen und Herren, habe immer ein Problem damit, wenn ich Planübererfüllung lese.
Wenn ich als Fazit feststellen muss, dass wir 105 % von den Mitteln, die wir bekommen haben, verausgabt haben, da geht irgendetwas bei mir logisch nicht zusammen. Entweder haben wir das Geld, das wir bekommen haben, zweckgerecht ausgegeben – dann sind das immer 100 % – oder wir haben etwas falsch gemacht. Vielleicht liegt das aber daran, dass in die hier beschriebenen Investitionen zur Schließung der Infrastrukturlücke so gut wie alles hineingerechnet wird. Hauptsache eine Investition – das wird schon alles irgendwie teilungsbedingt sein, es wird uns schon alles irgendwie voranbringen.
Ich nenne Ihnen nur ein kleines Beispiel. Als wir in Leipzig den Flughafen ausgebaut haben,
das machen wir ja immer noch, Interkontinentallandebahn –, da wurden hier von diesem Pult aus großartige Reden geschwungen. Wir würden Mitte 2005 Interkontinentalverbindungen haben.
Aber eine Interkontinentallandebahn macht noch lange keine Fluglinie und macht noch lange keine Flugverbindung.
Über Frankfurt, genau, das ist ja eine tolle Interkontinentalverbindung.
Ich glaube nicht, dass es bei den großen, dreistelligen Millionenbeträgen, die wir dort in die Hand genommen haben, das Ziel war, am Ende einen Frachtflughafen oder einen Militärstützpunkt daraus zu bauen. Das Ziel war, Leipzig zu einem attraktiven Messestandort zu machen. Dazu gehört eben auch der geschäftliche Rückhalt. Dazu gehören die Geschäftsleute. Dazu gehört die Industrie. Die haben wir bis heute nicht hier. Der Kampf um die VNG ist doch ein weiteres Indiz dafür, wie dreckig es dem Osten geht, dass er es eben nicht auf die Reihe bekommt, ordentliche Unternehmenssitze herzubekommen, dass er es nicht auf die Reihe bekommt, das Interesse von europaweiten Flugverbindungen zum Beispiel nach Leipzig zu generieren.
Insofern stehen wir weiterhin vor einer großen Aufbauproblematik, und die heißt vor allem Wirtschaftsaufbau. Den bekommen wir auch durch Beton nicht geregelt. Deshalb ist dieser Fortschrittsbericht mangelhaft aussagekräftig.
Wir müssen endlich einmal darüber reden: Was heißt denn nachhaltige Investition? Was ist denn der Wirkungsgrad einer Investition? Was ist denn eine sinnvolle Investition, wenn wir wirklich diesen Standort voranbringen wollen und nicht nur einfach schauen, ob wir genügend Steine gekauft haben? Das kann doch nicht die Wahrheit sein.
Insofern nehmen wir ihn zur Kenntnis. Hier sind übrigens auch 25 Millionen noch ein weiteres Beispiel, das ich Ihnen gern mit auf den Weg gebe. Dass in diesem Fortschrittsbericht allen Ernstes der Abriss von Wohnungen als Fortschritt gekennzeichnet wird, ist wirklich traurig. Das heißt dann wohl, dass der Aufbau Ost ein Rückbau Ost ist. Ich meine, es ist traurig genug, dass uns so viele Menschen verlassen. Aber an diese Frage müssen wir noch einmal deutlich ran. Ich glaube, das wird auch mit einem zweiten Redebeitrag nicht zu regeln sein. Wir sollten uns etwas langfristiger darüber Gedanken machen, inwieweit der Investitionsbegriff einer Überarbeitung bedarf.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gebe gern zu, dass der erste Teil unserer Aktuellen Debatte heute früh schon abgehandelt wurde. Insofern werde ich mich jetzt auf ein Kernproblem, das vielleicht noch nicht allen ins Bewusstsein gedrungen ist, nämlich die SachsenFinanzgruppe, beziehen.
„Die Sächsische Verbundlösung“ war ein Buch, das ich vor Jahren hier vorgestellt habe. Georg Milbradt und Herr Thode sind die Autoren. Sie haben beschrieben, wie der Freistaat Sachsen sich dachte, die Sparkassenorganisation und die Landesbank miteinander zu vernetzen. Ich komme zum Problemkreis Osten, der damit irgendwie geregelt werden sollte. Der Problemkreis Osten ist kurz und einfach zusammengefasst: Wir haben zu viel Geld in den Sparkassen als Einlagen und wir haben zu viele Risiken bei den Kreditvergaben an Privatleute und Unternehmen. Dieses Problem hatte auch unsere Sächsische Landesbank, und sie hat aus diesem Grund mit dem Wegfall der Gewährträgerhaftung und der Anstaltslast einen Weg gesucht, ein neues Geschäftsmodell für sich zu entwickeln. Dieser Weg ist gefunden worden mit dieser Verbundlösung.
Es gab damals große Auseinandersetzungen. Es gab einen Volksantrag. Damit ist das abgelehnt worden. Es ist mit viel Druck und Kraft – bei Georg Milbradt mit persönlichem Engagement, kann man schon fast sagen – in diesem Landtag durchgedrückt worden. Die Sparkassen haben sich wiedergefunden in einem Haftungsverbund mit der Sächsischen Landesbank mit dem bekannten Ende. Die Sachsen-Finanzgruppe war nichts anderes als ein Haftungsverbund und Risikoschirm für die Sächsische Landesbank. Nur mit diesem Risikoschirm war es überhaupt möglich, vom Kreditgeschäft in das Kapitalmarktgeschäft einzusteigen. Diese strategische Entscheidung, im zweiten Halbjahr 2001 vom Kreditgeschäft ins Kapitalmarktgeschäft mit ungeahnten Folgen einzusteigen, war das Grundübel, das uns heute zu schaffen macht.
Dass sich die Kommunen und die Sparkassen überhaupt darauf eingelassen haben, liegt an einem einfach Lock- und Schmierstoff: 35 Millionen Euro Mindestausschüt
tung jährlich. Das war das Lockmittel, das dazu geführt hat, dass die Sparkassen überhaupt bereit waren, sich mit der Sachsen LB in ein Bett zu legen. Dieses Grundübel und auch die Kosten sind bekannt. Ich zähle sie trotzdem noch einmal auf: 2,75 Milliarden Euro Bürgschaft in unserem Landeshaushalt, die auf uns lasten, 500 Millionen Euro Kaufpreisabschlag beim Verkauf der Landesbank an die LBBW, die, wie ich gerade der Zeitung entnehmen konnte, einer der ersten Kandidaten ist, die bei dem Fonds vorstellig werden. Wir müssen aufpassen, dass wir am Ende nicht doppelt zahlen: einmal 500 Millionen Euro an die LBBW und dann noch einmal über den Fonds. Das könnte auch noch passieren. – Aber das nur nebenbei.
Im Geschäftsbericht 2007 weisen die Sparkassen der Sachsen-Finanzgruppe ein um 900 Millionen Euro geringeres Eigenkapital auf. Das sind die Kostenblöcke, die wir schon kennen. Alles andere werden wir wahrscheinlich irgendwann sehen.
Wir hatten Anfang dieses Jahres eine Anhörung zur Sachsen-Finanzgruppe. Es war schon einigermaßen traurig und erschütternd zugleich, dass selbst die Gutachter hier an diesen Tischen festgestellt haben, dass das Geschäftsmodell der SFG nicht mehr vorhanden ist, außer vielleicht ein paar Verträgen für den Alt-Landrat Schramm. Ansonsten gibt es keine Geschäftsgrundlage für diese SFG mehr. Viel schlimmer ist, dass sich in der ganzen Zeit seit 2001 kein zusätzlicher Nutzen für die beteiligten Sparkassen eingestellt hat. Dann durften wir uns im Februar erzählen lassen, dass wir abwarten sollten, was der Geschäftsbericht bringt. Dieser liegt seit Juni 2008 vor. Die Anteilseigner haben sich dazu verständigt und vom Freistaat die Auflösung der SachsenFinanzgruppe verlangt.
Heute muss sich der Freistaat bekennen. Wir haben keine Lust, längere Zeit zu warten. Deshalb, Herr Staatsminister Unland, erwarte ich heute von Ihnen ein deutliches Wort, wie Sie dem Interesse der kommunalen Anteilseigner entgegenkommen wollen; denn das war es, worauf sich Stanislaw Tillich als damaliger Finanzminister noch bezogen hat. Er wollte das Bekenntnis der kommunalen Anteilseigner abwarten. Wir erwarten heute ein Bekenntnis Ihrerseits. Wie gesagt, die sächsische Verbundlösung ist tot. Sie ist nicht fertig geworden. Sie ist am Ende. Dieses Haus muss die Baustelle beräumen, die dort verblieben ist.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ist denn die von Ihnen beschworene einheitliche Sparkassenlandschaft in Sachsen von 2001 bis heute entstanden?
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine Damen und Herren! Ich glaube, einiges ist schon angesprochen worden. Ich gebe gerne zu, dass mich einige Fakten ein wenig verwundern.
Als der Verband im Jahr 2000 gegründet wurde, haben es von den damals 22 Sparkassen gerade einmal sechs für richtig und notwendig erachtet, in diesen Verband zu
gehen. So weit zur Korrektur. Das war also eine deutliche Minderheit. Es handelte sich um eine Art Rumpf, der geschaffen werden sollte. Bis heute hat man es innerhalb von sieben Jahren nicht geschafft, auf eine einheitliche Sparkassenstruktur hinzuarbeiten. Es gab die Sparkassenvereinheitlichung durch die Hintertür. Not leidende Sparkassen sind in die SFG hineingekauft worden. Das ist doch die Wahrheit. Schauen wir uns doch an, was in den Fällen Delitzsch und Torgau-Oschatz passiert ist. Sie sind hineingekauft worden. Der Grund war nicht, dass die SFG so überzeugende Angebote hatte. Einzig und allein die Not leidenden Sparkassen haben sich zum Eintritt bereit erklärt.
Wir haben also keine einheitliche Sparkassenlandschaft. Daran haben die Sparkassen in Sachsen die ganze Zeit gekrankt. Es wurde sträflich vernachlässigt, darauf hinzuwirken. Es wäre interessant gewesen, zu sehen, ob wir das hinbekommen hätten. Das wurde sträflich vernachlässigt.
Jetzt sage ich eines: Wir haben am 11. Januar eine Stellungnahme des Staatsministers der Finanzen erhalten, damals – ich habe das vorhin schon gesagt – noch von Stanislaw Tillich unterschrieben. Ich zitiere jetzt daraus: „Durch eine parlamentarische Befassung bzw. Analyse der Staatsregierung sollte insbesondere der Willensbildung der kommunalen Anteilseigner nicht vorgegriffen werden, die bislang nicht abgeschlossen ist und der aufgrund der Mehrheitsverhältnisse in der SFG entscheidende Bedeutung zukommt.“
Jetzt sage ich es noch einmal: Die kommunalen Anteilseigner waren zusammen. Sie haben vom Vorstand Gutachten anfertigen lassen, was das Geschäftsmodell und eventuelle Möglichkeiten angeht. Sie sind zu folgender Entscheidung gelangt: Die ganze Geschichte macht keinen Sinn mehr, wir haben keine Lust mehr, wir wollen raus.
Nun kann ich ja verstehen, dass damit Probleme verbunden sind. Es ist klar, dass der Kredit, der aufgenommen wurde, um die 26,9 % vom Beteiligungsverband der damals noch freien Sparkassen aufzukaufen, darauf lastet. Das ist doch der eigentliche Grund, warum die kommunale Ebene sagt: Die 107 Millionen Euro Veräußerungserlös würden wir gern gegenrechnen, nämlich gegen diesen Kredit; also, Freistaat, übernimm du diesen Kredit.
Ich sage jetzt auch seitens meiner Fraktion: Wir haben die Verpflichtung dazu. Wir haben die Kommunen in diese missliche Situation gebracht und sollten sie dort auch wieder herausholen. Wir haben das Gesetz geschaffen, wir haben den Verbund geschaffen, wir haben die Gruppe geschaffen, also müssen wir auch die Möglichkeiten der Abwicklung dieses Konstruktes schaffen, und dazu sage ich: Dann sollten wir diesen Kredit für die kommunalen Anteilseigner einfach auf null stellen und schauen, dass wir uns – es ist alles etwas schwierig – am Ende alle ins Gesicht sehen, zugeben, dass es ein Fehler war, und dann gehen wir auseinander und tun so, als wäre nichts gewesen. Ich glaube, das ist die einzige wirklich machbare
Lösung, meine Damen und Herren, und ich hoffe, dass wir auch zu einer solchen Lösung gelangen werden, und zwar noch vor Ende dieser Legislaturperiode.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn die FDPFraktion einen Antrag stellt mit dem Thema „Mehr Sachverstand in den Kontrollgremien von Landesunternehmen“, hat man natürlich gleich erst einmal das dumpfe Gefühl, ob da vielleicht etwas Agitation dabei ist.
Niemals.
Hier darf ich sagen, dass Sie mit Recht ein Problem aufgegriffen haben, das sich in der Bearbeitung des Landesbankthemas unumstritten geradezu aufdrängt. Es wäre, glaube ich, falsch, bei diesen durchaus wichtigen Fragen nach den fragwürdigen Kriterien, die wir bei der Auswahl an den Tag legen sollten, bei der Qualifikation, bei der Sicherstellung von Teilnahme und sonstigen Fragen auf eine formale Antwort zu verweisen, dass jeder eigentlich für sich selbst verantwortlich ist.
Ich glaube, wir haben in der Debatte um die Landesbank sehr gut feststellen dürfen, dass es eben nicht sein kann, dass eine Staatssekretärin, also die rechte Hand eines Ministers, die Amtschefin, wenn man so will, für sich selbst entscheidet, ob es richtig oder falsch ist, an Sitzungen teilzunehmen, und es für richtig hält, nur an acht von 24 Sitzungen eines doch wichtigen Gremiums wie des Kreditausschusses teilzunehmen. Man kann es ja hier sagen – es war eine öffentliche Sitzung, und es ist auch durch die Medien gegangen –, dass Frau Andrea Fischer dort kein Problembewusstsein hatte. Das ist ein deutliches Indiz dafür, dass auch einiges an Problembewusstsein innerhalb der Staatsregierung scheinbar abhanden gekommen ist. Dieses Problembewusstsein gilt es mit der heutigen Debatte und diesem Antrag wieder einmal in die Hinterköpfe zu rücken.
Ich gebe gern zu, dass das öffentliche Eigentum und die öffentliche Steuerung von Unternehmen genau durch solche Beispiele in Verruf geraten sind. Solche Beispiele sind meines Erachtens Ausdruck für eine Einstellung, die sich breitgemacht hat, dass solche Gremienvertretungen von Unternehmen in öffentlicher Hand zu einer Art lästiger Pflicht geworden sind. Dass eine solche Einstellung Raum gegriffen hat, hat etwas damit zu tun, dass sie, mit Parteiproporz besetzt, eben qua Amt hineingebracht wurde und damit nichts weiter an innerer Verantwortung verbunden war.
Gerade solche Teilhabesachen dürfen nicht passieren. Es darf auch nicht passieren – diesen Eindruck musste man gewinnen –, dass die Vorbereitung auf solche Sitzungen – auch da wieder der Kreditausschuss – scheinbar ebenfalls eine lästige Pflicht war. So musste man den Eindruck gewinnen, dass die Vorlagen nicht gelesen wurden, sich nicht damit auseinandergesetzt wurde und dass überhaupt keine Abstimmung – allein unter den Ministerien –
stattfand. Man saß im gleichen Ausschuss und wusste überhaupt nicht, worüber man eigentlich redet und welche Position die Staatsregierung hat. Stattdessen wurde es den einzelnen Personen überlassen, ihre Position nach eigenem Gutdünken beliebig auszufüllen.
Das ist eine Legende, mit Sicherheit; Herr Nolle weiß es genau. Wir haben das ja lange genug auseinandernehmen dürfen. Genau das hat stattgefunden und das darf nicht weiterhin stattfinden. Wir haben es mit einer Einstellungsfrage der handelnden Personen zu tun.
Ich sage doch nichts zu Ihnen, Herr Wirtschaftsminister; glauben Sie mir. Sie werden in großer Verantwortung Ihrer Aufgabe gerecht werden. Sie müssen sich hier gar nicht angesprochen fühlen.
Ich spreche aus Erfahrung, die ich bei den Zeugenbefragungen im Untersuchungsausschuss zur Landesbank machte. Das war wirklich traurig, was wir da hören mussten. Aber eines sei für die FDP gleich mit erwähnt: Dort waren externe Berater mit Finanzfachverstand dabei und sie haben leider auch versagt. Das muss man mit dazusagen.
Interesse an der Entwicklung ist meines Erachtens die wirkliche Frage, die vor uns steht. Wen schicken wir dorthin? Haben Sie ein Interesse daran zu schauen, wie sich dieses Unternehmen aufstellt und dem öffentlichen Zweck dient, und zu fragen und zu kontrollieren, was die handelnden Akteure in den Vorständen treiben? Das wird wohl die Grund- und Kernfrage sein. Es gilt, gut zu überlegen, wen die Staatsregierung in Zukunft in diverse Gremien schickt. Ansonsten können wir diesem Antrag unsere vollumfängliche Zustimmung zuteil werden lassen.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir leben in historischen Zeiten. Die Bundesregierung hat am gestrigen Tag einen Gesetzentwurf in das parlamentarische Verfahren gebracht, der erst am Montag um 17:07 Uhr fertiggestellt wurde. Mit einem Programm von unvorstellbaren 500 Milliarden Euro sollen die Folgen des Taumelns des weltweiten Finanzsystems gemindert werden. Das Tempo, das an den Tag gelegt wird, lässt ebenfalls taumeln. Schon am Freitag soll der Gesetzentwurf, der heute in 1. Lesung im Bundestag behandelt wird, verabschiedet werden. Dabei sollen der Bundestag und der Bundesrat einen Blankoscheck unterschreiben, ohne die geringste Mitsprache bei der Abwicklung und Durchführung dieses Jahrhundertkraftaktes zu haben.
Die Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen von CDU und SPD haben bereits deutlich gemacht, dass sie die Länderfürsten zur Räson bringen werden. Herr Tillich, in diesem Verfahren sind Sie nur noch die Karikatur eines Ministerpräsidenten.
Auch wenn wir alle um die bedrohliche Situation des deutschen Finanzplatzes und der Wirtschaft wissen: Dieses Paket hat kein Vertrauen, sondern Misstrauen bei den Ländern geschaffen.
Der von uns vorgelegte Antrag muss dringend behandelt werden, um die einzige Chance zu nutzen, auf dieses Gesetz Einfluss zu nehmen.
Wenn die Ministerpräsidenten morgen zum Rapport im Bundeskanzleramt antreten, muss klar sein, dass das Parlament des Freistaates Sachsen einer doppelten Haftung aus dem Finanzmarktstabilisierungsfonds und aus den bestehenden Verbindlichkeiten aus dem Debakel der Landesbank auf keinen Fall zustimmen wird.
Der Antrag muss dringend behandelt werden, damit das Parlament deutlich machen kann, dass wir verbindliche Mitsprache bei den Bedingungen und Auflagen zur Inanspruchnahme des Fonds fordern. Der Sächsische Landtag muss sich dringend mit diesem Antrag befassen, damit die Verantwortlichen in Vorständen und Aufsichtsgremien nicht ungeschoren davonkommen.
Für die Fraktion DIE LINKE besteht ebenfalls dringender Handlungsbedarf, der vorhersehbaren Rezession entgegenzutreten. Der Sachverständigenrat hat in seinem Gutachten von einer möglichen Schrumpfung der deutschen Wirtschaft von bis zu 0,8 % gesprochen und die optimistische Variante ist 0,2 % Wachstum. Damit sind verheerende Folgen für die arbeitenden Menschen in unserem Land wie auch für die Einnahmen der öffentlichen Haushalte verbunden. Wir müssen jetzt handeln, um die Folgen der schweren Krise der Weltwirtschaft abzumildern. Der Leistungsüberschuss der deutschen Wirtschaft aus dem Ausland wird uns dabei nicht mehr helfen. Wir müssen jetzt die Binnenkaufkraft und damit den Konsum stärken.
Wir sind uns sicher, dass Sie dem Anliegen unseres Antrages in vielen Punkten folgen können und mit uns der Dringlichkeit des Antrages und auch der außergewöhnlichen Situation Rechnung tragen werden.
Vielen Dank für Ihre Zustimmung.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß, die Zeit ist kurz, in der wir uns hoffentlich mit dem kommunalen Finanzausgleich auseinandersetzen werden. Aber ich wage trotzdem zu dieser fortgeschrittenen Stunde und in Anbetracht des bevorstehenden Fußballspieles ein paar Worte zu verlieren.
Wir als Linksfraktion nutzen hier die letzte Chance vor der Sommerpause, ein Thema auf die Tagesordnung zu setzen oder im Sächsischen Landtag zu debattieren, das unseres Erachtens dringend debattierungswürdig ist, und zwar das nächste anstehende kommunale Finanzausgleichsgesetz für 2009 und 2010.
Wir haben am 23. Mai mit großem Interesse eine Pressemitteilung – noch vor Ihrer Zeit – des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen gemeinsam mit den kommuna
len Spitzenverbänden, dem Sächsischen Städte- und Gemeindetag, dem Sächsischen Landkreistag zur Kenntnis genommen, die die Überschrift trägt: „Verhandlungen zum kommunalen Finanzausgleich erfolgreich“.
Was ist daran jetzt so problematisch? Ich sage es ganz deutlich: Es hätte uns als Linksfraktion – und ich denke, auch als Sächsischer Landtag – gut zu Gesicht gestanden, wenn wir sehr viel frühzeitiger und sehr viel intensiver in die Verhandlungen zum zukünftigen kommunalen Finanzausgleich 2009/2010 eingebunden worden wären.
Warum? – Weil wir an einer Zeitenwende stehen. Wir haben schon beim letzten kommunalen Finanzausgleich im Jahre 2006, als es um die Jahre 2007 und 2008 ging, festgestellt – und zwar einvernehmlich in diesem Hohen
Hause –, dass wir einen dringenden Überarbeitungsbedarf des kommunalen Finanzausgleiches sehen und dass es dann notwendig sein könnte, früher in intensive Debatten einzutreten.
Insofern muss ich Folgendes sagen: Wir haben jetzt als Pressemitteilung vorliegen – weitere Informationen kenne ich momentan nicht und Sie, meine Damen und Herren, auch nicht –, dass hier ein Vorsorgemodell geschaffen werden soll und nach diesem Vorsorgemodell 300 Millionen Euro beim Freistaat bleiben sollen und 317 Millionen Euro an die Kommunen gehen, dass also erstens gesagt wird: „Anscheinend ist die Fähigkeit der Kommunen, ihr eigenes Geld zu verwalten, nicht sehr ausgeprägt“, und zweitens, dass die Auszahlungsmodalitäten dieser eventuell in Zukunft irgendwann fälligen Beträge bisher in keiner Weise geregelt sind. Das ist das, was wir jetzt entnehmen können. Angeblich sollen das die wesentlichen Reformschritte sein, die für das Finanzausgleichssystem notwendig sind.
Unseres Erachtens ist das viel zu wenig. Unseres Erachtens geht es auch an den Zielsetzungen vorbei, die im Jahr 2005 – am 09.03. – durch Entschließungsantrag in diesem Haus beschlossen worden sind. Am 9. März 2005 ist nämlich in einem Punkt II.2 beschlossen worden:
Bei der Fortentwicklung des FAG ab dem Jahr 2007 – darum ging es damals noch – ist eine Berücksichtigung von Konsolidierungserfolgen bei der Bemessung des Zuschussbedarfes mit einzuarbeiten, ist eine zielgenauere Berücksichtigung der Aufgaben und der damit verbundenen Ausgaben der Kommunen unterschiedlicher Größenklassen, insbesondere für zentralörtliche Funktionen, mit einzuarbeiten und ist eine Berücksichtigung der Auswirkungen der demografischen Entwicklung auf die Zuschussbedarfe einzuarbeiten.
Keiner dieser drei Punkte findet in der Pressemitteilung Berücksichtigung und ich nehme an, auch in dem Finanzausgleichsgesetz nicht. Meines Erachtens gehört in dieses Haus eine Debatte darüber, ob solche Änderungen notwendig sind. Unseres Erachtens sind sie es schon.
Was wir jetzt feststellen, ist, dass wir eine Menge Probleme aus der Verwaltungsreform in das Finanzausgleichsgesetz hineinschieben. Gestern sind die Fragen der Finanzierung der Kulturräume – Wegfall der Kreisfreiheit usw. – angesprochen worden. Die Frage der Finanzierung des Straßenbaus, der Mittel, die zur Verfügung gestellt werden, ist ungeklärt und die Frage von Sickerverlusten soll durch einen ominösen Ausgleichsfonds innerhalb des FAG aufgefangen werden.
Dieses FAG ist ein Verwaltungsreformreparaturgesetz, meine Damen und Herren, und das bedauern wir sehr, denn es enthebt uns leider der Möglichkeiten,