Protokoll der Sitzung vom 24.01.2008

Ungewöhnlich ist der Entwurf vor allem in seinem zeitlichen Kontext. Der Landtag hat das Abgeordnetengesetz im hier maßgeblichen Zusammenhang vor wenigen Wochen geändert. Wir wollten damals, es war im November 2007, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes umsetzen, wonach nur bestimmte Funktionsträger in Parlamenten eine erhöhte Grundentschädigung erhalten dürfen. Mit unserer Beschlussfassung – ich erinnere nochmals, es war im November 2007 – haben wir neben dem Präsidenten, den Vizepräsidenten und den Fraktionsvorsitzenden auch die Parlamentarischen Geschäftsführer für den Personenkreis in § 5 Abgeordnetengesetz benannt. Hinsichtlich dieser letztgenannten Gruppe, also der Parlamentarischen Geschäftsführer, entscheiden wir uns heute für eine andere Lösung, und zwar für eine steuerpflichtige monatliche besondere Entschädigung, die die Fraktionen in eigener Verantwortung gewähren können.

In Übereinstimmung mit dem Präsidenten des Sächsischen Landtages und dem Präsidenten des Sächsischen Rechnungshofes halten wir es für zulässig, eine solche besondere Fraktionszulage für den erheblichen zusätzlichen Zeitaufwand von Parlamentarischen Geschäftsführern aufzunehmen. Ich verweise deshalb noch einmal auf die mit dem Änderungsantrag anliegenden – ich zitiere – „Prüfungsfeststellungen des Sächsischen Rechnungshofes zur Verwendung der Fraktionszuschüsse 1998 bis 2000“ vom September 2004.

Meine Damen und Herren! Wir folgen damit dem Beispiel vieler anderer Bundesländer.

Unser Gesetzentwurf in der Fassung des beigefügten Änderungsantrages, den ich hiermit einbringe, führt zu den folgenden Regelungen:

Erstens. Die erhöhte Versorgungsregelung für Fraktionsvorsitzende und Parlamentarische Geschäftsführer im Sinne von Anwartschaften für noch aktive Landtagsabgeordnete wird mit Wirkung vom 1. September 2007 zurückgenommen.

Zweitens. Bei den betroffenen Altersgeldempfängern wird der Anspruch mit dem Folgemonat auf das Inkrafttreten dieses Gesetzes wieder gestrichen.

Diese im Änderungsantrag vorgelegte Übergangsregelung ist aus unserer Sicht verfassungsrechtlich einwandfrei.

Ebenfalls wird eine klarstellende Übergangsregelung für die mit der 4. Legislaturperiode auslaufende erhöhte Altersentschädigung für den Landtagspräsidenten und die Vizepräsidenten aufgenommen.

Meine Damen und Herren! Es geht hier – das wurde auch im Ausschuss diskutiert – natürlich um Regelungen mit Rückwirkungscharakter. Bei rückwirkenden Regelungen mögen immer verfassungsrechtliche Bedenken bestehen. Aus der Sicht der Koalition verlangt dies sofortiges Handeln. Unser Änderungsantrag greift die verfassungsrechtlichen Bedenken auf, die der Juristische Dienst des Landtages in der Sitzung des Rechtsausschusses angeführt hat und die im Folgenden Gegenstand der Ausschussberatungen gewesen sind.

Ich sage es in aller Deutlichkeit: Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf beseitigt die Koalition eine als ungerechtfertigt angesehene Rechtslage, und zwar umgehend und auf verfassungsgemäßer Grundlage.

Meine Damen und Herren! Die Linksfraktion hat ebenfalls einen Änderungsantrag vorgelegt, den ich ausdrücklich als übereilt, als voreilig bezeichne.

Meine Damen und Herren von der Linksfraktion, Sie wollen die Beseitigung der Regelungen des Abgeordnetengesetzes hinsichtlich der Überprüfung der Mitarbeiter von Landtagsmitgliedern auf die Tätigkeit bei der Staatssicherheit der DDR. Die von der Linksfraktion beantragte Aufhebung der einschlägigen Vorschriften – das ist § 6 Abs. 4 Sätze 2 und 3 und der Anlage 1 des Sächsischen Abgeordnetengesetzes – halten wir als Koalition für nicht erforderlich. Diese Regelungen sind weiterhin anwendbar.

Sollte dem Landtag oder der Landtagsverwaltung bekannt werden, dass ein Mitarbeiter für die Staatssicherheit tätig gewesen ist, dann hat das Präsidium festzustellen, ob ein außerordentlicher Kündigungsgrund vorliegen würde und ob damit die Aufwendungen für dessen Beschäftigung überhaupt ersatzfähig sind.

(Unruhe bei der Linksfraktion)

Die Änderungen im Stasi-Unterlagen-Gesetz haben allein zur Folge, dass eine Regelanfrage bei der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes

der DDR entfällt. Erlangt der Landtag anderweitig Kenntnis von einer früheren Tätigkeit bei der Staatssicherheit – und sei es, weil in einer persönlichen Erklärung mit Ja geantwortet worden ist –, dann ist die Vorschrift des Abgeordnetengesetzes zweifelsfrei anwendbar. Das erwarten wir im Übrigen auch als CDU und SPD von der Landtagsverwaltung und vom Präsidium.

Meine Damen und Herren! Was wäre denn, wenn es die von den Linken gewollte Neuregelung gäbe? Ich denke dabei etwa an den Fall, in dem ein Mitarbeiter der ehemaligen Staatssicherheit, der später Landtagsabgeordneter wird, nach Anklageerhebung hier im Hohen Hause sein Mandat verliert. Dieser Abgeordnete könnte durch die Hintertür als Mitarbeiter einer Fraktion oder eines Abgeordneten zurückkehren. Genau darum geht es.

(Zuruf des Abg. Klaus Bartl, Linksfraktion – Proteste bei der Linksfraktion)

Meine Damen und Herren! Die Koalition will dies nun wirklich nicht. Gegen eine solche Sachlage, die ich nur als perfide bezeichnen kann, verwahren wir uns in aller Form.

Meine Damen und Herren, wie man redlich agiert,

(Dr. Jürgen Martens, FDP: Das zeigt ihr!)

hat vor allem Fritz Hähle gezeigt, Herr Martens. Am 7. Dezember 2007 und damit unmittelbar nach Bekanntwerden eines Artikels in der „Freien Presse“, für den ich dankbar bin, hat Fritz Hähle eine sofortige Änderung der Pensionsregelungen gefordert.

(Zurufe von der Linksfraktion – Holger Zastrow, FDP: Das ist ja wohl das Mindeste!)

Diese Forderung – gerade Ihr Verhalten, Herr Bartl, zeigt, dass der getroffene Hund bellt – und die weitere Bemerkung: „Ansehen und Ehre sind mir wichtiger als Geld“, Herr Hähle, nötigen mir den allerhöchsten Respekt ab.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der Linksfraktion und der FDP)

Für diese Äußerung und für Ihre Haltung danke ich Ihnen ganz persönlich. Mit der heutigen Verabschiedung lösen wir Ihre Zusage ein.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das war die erste einreichende Fraktion. Die SPD-Fraktion? – Es ist für die Koalition gesprochen worden. – Die Linksfraktion. Herr Bartl? – Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hätte es gern, wie man sagt, harmonisch zu Ende gebracht, Herr Prof. Schneider. Aber was Sie jetzt hier vom Stapel gelassen haben, das ist eine derartige Eskalation der Demagogie und Unverschämtheit, dass Sie es jetzt wirklich eins zu eins kriegen.

(Beifall bei der Linksfraktion, der FDP und den GRÜNEN)

Was wir heute unter dem Tagesordnungspunkt 5 tun, was wir hier besorgen, ist blanke Reparaturarbeit zur Beseitigung, besser, zur Minimierung eines weiteren selbstverschuldeten, hausgemachten Imageverlustes dieses Hohen Hauses als der Versammlung der Volksvertreter des Freistaates Sachsen.

Es ist wunderselten und überaus peinlich, dass bzw. wenn ein Parlament reichlich eineinhalb Monate nach Verabschiedung eines Gesetzes – für den Bürger in einer Demokratie immer ein relativ hehrer Akt – selbige inzwischen in Kraft getretene Gesetzeslage in hoch sensiblen Normen, nämlich um Abgeordnetenausstattung, Abgeordnetendiäten, Altersentschädigung, Pensionen, wieder aufheben und unter größten gesetzgeberischen Verrenkungen – ich sage es noch einmal: unter größten gesetzgeberischen Verrenkungen – rückabwickeln muss in der Hoffnung, inzwischen eingetretene unliebsame Rechtsfolgen verfassungsrechtlich verlässlich aus der Welt zu schaffen.

Auch soweit mit diesem Gesetzentwurf nach den nunmehrigen Änderungsanträgen von Koalition wie Opposition zum 01.12.2007 ins Abgeordnetengesetz gelangte oder der Verfassung zuwider im Gesetz verbliebene Normen nunmehr durch die Hinzufügung von § 11 bzw. Streichung von § 6 Abs. 4 abgeändert werden sollen, ist das alles andere als ein Ruhmesblatt, weil das bereits bei der elften Änderung hätte geschehen müssen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Sehr richtig!)

Schon deshalb ist das kein Ruhmesblatt – das haben die Verfassungsgerichtshöfe dieser Republik dem Gesetzgeber immer wieder ins Stammbuch geschrieben –, weil der Bürger als Normenadressat darauf vertrauen darf, dass das Parlament Qualitätsarbeit liefert, dass nur das ins Gesetzblatt kommt, was vorher hinreichend auf Verfassungskonformität und verfassungspolitische Haltbarkeit geprüft wurde.

(Zuruf von der CDU: Das haben wir getan!)

Wir als Linksfraktion fassen uns insofern durchaus auch an die eigene Nase, als wir es im Zuge der Beratung und Lesung des Elften Änderungsgesetzes zum Abgeordnetengesetz, des Entwurfes, den die CDU- und die SPDFraktion zu Drucksache 4/8869 am 30. Mai 2007 in den Geschäftsgang einbrachten und der im November 2007 mit den Stimmen der Koalition gegen die der Opposition beschlossen wurde, versäumt haben, jede Einzelnorm und jedes letzte Komma eigenständig und hinreichend misstrauisch zu prüfen. Hinreichend misstrauisch! Wir waren – das gebe ich gern zu – zu blauäugig.

Herr Dr. Hähle, Sie haben mir vor drei Tagen in der „Freien Presse“ in der Ausgabe vom 21.01.2008 vorgeworfen, wie es dort wörtlich heißt: „Der Jurist Bartl, der sonst jeden Paragrafen auswendig kennt,“ – übrigens zu

viel der Ehre. Dann würde ich im Zirkus auftreten – „will nichts bemerkt haben.“ Dann der wohl kalkulierte Nachsatz von Herrn Dr. Hähle: „Auch Bartl hätte von diesem Gesetz als ehemaliger Fraktionschef profitiert.“

Bartl hat es nicht gemerkt. Bartl hat tatsächlich nicht vermutet, wo überall Hähle den Most herholt. Das gebe ich zu.

(Beifall bei der Linksfraktion und der FDP)

Wie soll man das auch bei einem Gesetzentwurf, dessen erster Satz im Vorblatt zur Begründung des Entwurfs bzw. in der Zielsetzung seines wesentlichen Inhaltes wörtlich lautet – erster Satz der Begründung Ihres Gesetzentwurfs –: „Zielsetzung des Gesetzes ist, eine transparente und für die Öffentlichkeit nachvollziehbare Regelung

(Lachen bei der FDP)

zu Diäten, Versorgungen und Nebentätigkeiten der Mitglieder des Landtages vorzulegen.“

Unter Buchstabe c) wird erklärt – das ist eine halbe Seite weiter –, der Gesetzentwurf führe „zu vermindertem Aufwand für die Aufwandsentschädigung und Altersversorgung der Mitglieder des Landtages“.

(Zuruf des Abg. Dr. Jürgen Martens, FDP)

Wer soll denn bei dem Vorspruch, bei Ihrem Versprechen, mit dem Sie das Gesetz einbringen, auf die Idee kommen, dass Sie mittendrin im Gesetz, in der Nr. 7 nämlich, eine Verdoppelung der Pensionsansprüche für Fraktionsvorsitzende und im Weiteren eine Erhöhung von 50 % für Parlamentarische Geschäftsführer einbasteln, unter Rückwirkung nebenbei bemerkt auf alle, die irgendwo und irgendwann seit dem 27.10.1990 mal im Landtag eine solche Funktion innehatten. Wer soll bei einem solchen Vorspruch auf solch eine völlig unverschämte Idee kommen? Man traut Ihnen ja viel zu und es geht ja weiter.

Sagen wir es so: Die gewissenhaften Abgeordneten unter uns gehen nachher gewissermaßen in die Begründung hinein und fragen: Was meinen Sie denn an dieser Stelle? – Denn wörtlich heißt Ihre Nr. 7:

(Zuruf des Abg. Dr. Jürgen Martens, FDP)

„In § 14 Satz 3 werden die Wörter ‚des Präsidenten und seiner Stellvertreter’ durch die Angabe ‚nach § 5 Abs. 3’ und die Angabe ‚nach § 5 Abs. 2’ durch die Angabe ‚nach § 5 Abs. 3’ ersetzt.“