Bevor meine Aufgabe als Alterspräsidentin erfüllt ist und ich Sie bitte, die Leitung der Sitzung zu übernehmen, gratuliere ich Ihnen, Herr Präsident Dr. Rößler, sehr herzlich im Namen des ganzen Hauses und persönlich zu Ihrer Wahl und wünsche Ihnen viel Kraft und Erfolg für Ihre verantwortungsvolle Tätigkeit. Bitte nehmen Sie jetzt Ihren Platz ein.
(Julia Bonk, Linksfraktion, überreicht der Alterspräsidentin Dr. Edith Franke einen Blumenstrauß – Beifall bei der Linksfraktion)
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich den Tagesordnungspunkt 3 aufrufe, gestatten Sie mir, noch einige Worte an Sie zu richten.
Gleich zu Beginn geht mein Dank an die Alterspräsidentin des 5. Sächsischen Landtages. Sie hat den von unserer Landesverfassung erteilten Auftrag erfüllt und die konstituierende Sitzung in diesem Hohen Haus bis zu diesem Augenblick geleitet. Ich darf ihr nochmals, auch im Namen der hier Versammelten, unseren Dank aussprechen.
Mit der Konstituierung des 5. Sächsischen Landtages geht auch die Amtszeit meines verehrten Vorgängers Erich Iltgen zu Ende. Er war 1989/1990 unser Moderator am Runden Tisch, hat das Sächsische Forum als Vorläufer dieses Hohen Hauses aus der Taufe gehoben und die Neubildung des Freistaates Sachsen am 3. Oktober 1990 auf der Meißner Albrechtsburg maßgeblich initiiert. Unser erster und in Deutschland am längsten amtierender Landtagspräsident hat die aus der friedlichen Revolution wiedererstandene Demokratie ganz entscheidend geprägt. Wir werden seine Verdienste auf einem Festakt am Freitag, zu dem alle Abgeordneten herzlich eingeladen sind, umfassend würdigen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Damen und Herren! Als Vertreter der Partei Demokratischer Aufbruch am Runden Tisch und Mitglied des Koordinierungsausschusses zur Bildung des Landes Sachsen durfte ich damals zusammen mit Erich Iltgen in dieser einmaligen historischen Situation Politik gestalten, übrigens das erste Mal in meinem Leben.
Der friedlichen Revolution, den mutigen Demonstranten von 1989 verdanken wir die erste erfolgreiche demokratische Revolution in unserer so schwierigen deutschen Geschichte und die Vereinigung unseres Landes. Ohne diese friedliche Revolution könnten wir diesen Landtag heute hier nicht konstituieren, hätten wir keinen Freistaat Sachsen. Daran sollten wir uns gerade heute alle erinnern.
Ich danke Ihnen, lieber Erich Iltgen, im Namen der Abgeordneten des Sächsischen Landtages für alles, was Sie in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten für die parlamentarische Demokratie in Sachsen und für das Ansehen unseres Landesparlamentes in Sachsen und weit darüber hinaus getan haben.
Diese guten Wünsche gelten gleichermaßen für die Kollegen, die dem Hohen Hause in der neuen Legislaturperiode nicht mehr angehören. Sie haben sich Verdienste um unseren Freistaat erworben und sich mit aller Kraft für Sachsen eingesetzt.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich danke Ihnen für das mir mit der Wahl zum Präsidenten des Sächsischen Landtages bezeugte Vertrauen. Es ist mir eine große Ehre, von Ihnen gewählt worden zu sein. Gleichzeitig soll es mir in den kommenden Jahren eine stete Verpflichtung sein, dieses Amt unparteiisch, überparteilich, gerecht, gewissenhaft und mit großem Engagement auszuüben.
Wer auf diesem Stuhl des Präsidenten Platz nimmt, hat sowohl den Blick auf den Landtag als Ganzes als auch auf jeden einzelnen Abgeordneten. Wer auf das Ganze sieht und gleichzeitig auf seine Teile, der ist herausgefordert, das Ganze zu vertreten, das Gemeinsame zu befördern und dem Einzelnen gerecht zu werden.
Ich möchte dieses Parlament für Sachsen mit demokratischem Geist nach innen und außen vertreten. Mit den Mitteln des Landtagspräsidenten werde ich dem Gemeinsamen dienen und für jedes Mitglied dieses Hohen Hauses ein Ansprechpartner sein. Ich will alles tun, dass die Abgeordneten ihr von den Wählern übertragenes Amt möglichst gut und fruchtbringend für unser Land und seine Menschen ausüben können. Gemeinsam wollen wir dem vielfältigen politischen Leben in Sachsen in einer gehaltvollen und fairen politischen Auseinandersetzung gerecht werden und dieses Leben befördern.
Das feste Fundament unseres Handelns, verehrte Kolleginnen und Kollegen, bildet die vielhundertjährige Geschichte und gewachsene Staatlichkeit Sachsens, das in einer großartigen Kulturlandschaft wurzelt. Unsere Aufgabe im Parlament besteht in der Diskussion und im politischen Wettbewerb um die Zukunft der Menschen in diesem Land. Unser Ziel, unsere Vision muss ein Sachsen in der Mitte Europas sein, eine Brücke zwischen dem Osten und dem Westen des Kontinents. Deshalb liegt mir die Stärke des Landesparlaments innerhalb unserer föderalen Ordnung in Deutschland genauso am Herzen wie die Beteiligung und Einbindung auf europäischer Ebene.
Die transparente Entscheidung politischer Entscheidungsprozesse, eine lebendige Demokratie und eine offensive Auseinandersetzung mit politischen Extremisten stärken das Vertrauen der Bürger in die Arbeit unseres Landesparlaments.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir alle sind zunächst Abgeordnete dieses Landtages und als solche gewählte Vertreter des ganzen Volkes, also aller Sachsen. Die Zukunft unseres Freistaats und seiner Menschen ist die tägliche Aufgabe in diesem Hohen Haus. Lassen Sie uns daher gemeinsam an die Arbeit gehen!
Meine Damen und Herren! Gemäß Artikel 60 Abs. 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen wird der Ministerpräsident vom Landtag ohne Aussprache in geheimer Wahl mit der Mehrheit seiner Mitglieder gewählt. Falls die danach erforderliche Anzahl von 67 Stimmen nicht erreicht wird, genügt nach Artikel 60 Abs. 2 der Verfassung in einem weiteren Wahlgang die Mehrheit der abgegebenen Stimmen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ihnen liegen zur Wahl des Ministerpräsidenten in der Drucksache 5/2 der gemeinsame Wahlvorschlag der Fraktionen der CDU und der FDP, in der Drucksache 5/21 der Wahlvorschlag der Fraktion der NPD sowie in der Drucksache 5/34 der Wahlvorschlag der Fraktion der SPD vor.
Meine Damen und Herren! Wir treten in die Wahlhandlung ein. Ich schlage Ihnen vor, dass ich dieselbe Wahlkommission berufe, die auch die Wahl des Präsidenten geleitet hat. Gibt es dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann können wir so verfahren.
Meine Damen und Herren! Bitte begeben Sie sich nach dem Aufruf Ihres Namens zur Wahlkabine. Sie erhalten dort den Stimmschein und einen Wahlumschlag. Zur
Erläuterung: Sie haben eine Stimme und können sich durch Ankreuzen im entsprechenden Feld für den jeweiligen Kandidaten oder für Stimmenthaltung entscheiden.
Meine Damen und Herren! Die Insider wissen natürlich Bescheid, trotzdem nenne ich die drei Namen für den Wahlvorschlag: erstens unser amtierender Ministerpräsident Stanislaw Tillich, zweitens Herr Müller, der Wahlvorschlag der NPD, und drittens Herr Dulig, der Wahlvorschlag der SPD.
Meine Damen und Herren! Ich wiederhole die Frage von Kollegen Colditz: Sind Abgeordnete im Saal, die noch nicht gewählt haben? – Ich stelle fest, dass das nicht der Fall ist, und schließe damit diesen Wahlgang.
Ich bitte die Wahlkommission, die Stimmen auszuzählen, und schlage vor, dass die Wahlkommission die Auszählung außerhalb des Plenarsaales, wieder im Saal 2, vornimmt und wir auf das Ergebnis warten. – Ich sehe keinen Widerspruch; dann können wir so verfahren.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Das Ergebnis der Wahl des Ministerpräsidenten liegt mir nunmehr vor. An der Wahl haben sich 128 Abgeordnete beteiligt, ungültig waren 32 Stimmscheine und 4 Abgeordnete haben sich der Stimme enthalten. Für Herrn Tillich haben 69 Abgeordnete gestimmt.
(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP – Die Abgeordneten dieser beiden Fraktionen erheben sich von den Plätzen.)
Für Herrn Dr. Johannes Müller haben sich 8 Abgeordnete entschieden. Für Herrn Martin Dulig haben sich 15 Abgeordnete entschieden.
Damit ist Herr Tillich als Ministerpräsident des Freistaates Sachsen gewählt. Herr Abgeordneter, lieber Stanislaw Tillich, ich frage Sie, ob Sie die Wahl annehmen.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Ich danke Ihnen und spreche Ihnen im Namen des Landtages und persönlich die allerherzlichsten Glückwünsche zu Ihrer Wahl zum Ministerpräsidenten aus. Ich wünsche Ihnen in Ihrem verantwortungsvollen Amt Erfolg und Gottes Segen. Damit ist der Tagesordnungspunkt 3 beendet.
Meine Damen und Herren! Nach Artikel 61 der Verfassung des Freistaates Sachsen leisten die Mitglieder der Staatsregierung beim Amtsantritt vor dem Landtag den Amtseid. Herr Ministerpräsident, ich darf Sie bitten, zu mir nach vorn zu kommen.