Protokoll der Sitzung vom 09.07.2014

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 5

2. Lesung des Entwurfs

Sächsisches Ausführungsgesetz zum Tiergesundheitsgesetz

(SächsAGTierGesG)

Drucksache 5/14051, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Drucksache 5/14742, Beschlussempfehlung

des Ausschusses für Soziales und Verbraucherschutz

Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache erteilt. Die Reihenfolge in der ersten Runde: CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, GRÜNE, NPD; Staatsregierung, wenn gewünscht. Für die CDU-Fraktion ergreift Herr Fischer das Wort; bitte, Sie haben das Wort.

Verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie angekündigt, behandeln wir heute in 2. und damit abschließender Lesung das Sächsische Ausführungsgesetz zum Tiergesundheitsgesetz. Damit setzen wir Vorgaben auf Landesebene um, die sich durch den Beschluss des Deutschen Bundestages ergeben haben, der im vergangenen Jahr ein neues Tiergesundheitsgesetz erlassen hat.

Der Bundesgesetzgeber sah es als geboten an, die Regelungen zum Umgang mit Tierseuchen neu zu konzeptionieren, und zwar im Hinblick auf die fortschreitende innergemeinschaftliche Harmonisierung des Tierseuchenbekämpfungsrechtes, und auch der Handel von Tieren, der zunimmt, bedingt diesen Schritt.

Das Ziel dieses von uns eingebrachten Tiergesundheitsgesetzes ist neben einer effektiven Bekämpfung von Tier

seuchen zunehmend auch die Erhaltung der Tiergesundheit durch Vorbeugung und durch Unterstützung der Tierhalter bei der Vorbeugung.

In dem Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf wird geregelt, wer für den Vollzug des Tiergesundheitsgesetzes zuständig ist. Es werden die benötigten Grundlagen für die Exekution geschaffen.

Die Lebensmittelüberwachungs- und Veterinärämter

leisten gute Arbeit; sie werden das weiterhin tun. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich bei allen, die diesen Dienst tun, herzlich zu bedanken.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsministerin Christine Clauß)

Das Sozialministerium und die Landesdirektion können zukünftig Aufgaben nachgeordneter Behörden wahrnehmen, wenn sie dies als notwendig erachten. Sie können entgegenstehende Anweisungen aufheben und nicht betroffene Landkreise anweisen, benötigtes Fachpersonal zur Verfügung zu stellen.

Weiterhin beinhaltet unser Gesetzentwurf die Verpflichtung des Tierhalters zur Erstellung betrieblicher Maßnahmenpläne zur Vorbeugung von Tierseuchen und – in meinen Augen auch ein wichtiger Punkt – den Abschluss von Rahmenvereinbarungen, was die Durchführung von Tötungen angeht. Das sollte umfassend geregelt sein.

Noch eine kurze Tour d’Horizon auf die Inhalte: Wir setzen eine bundesrechtliche Regelung um. Damit geht im Tierseuchenfall die Verantwortung von den Gemeinden und kreisfreien Städten auf die Tierhalter über. Das ist eine sinnvolle Regelung. Insoweit haben wir einen Kompromiss mit der Landwirtschaft gefunden.

Wichtig ist mir zu betonen, dass der Landwirt verpflichtet wird, Vorbereitungen zur Umsetzung von behördlich angeordneten Tötungsmaßnahmen für den Tierseuchenfall zu treffen. Das bedeutet, dass der Tierhalter – wir reden hier in erster Linie von Tierhaltern, die nicht im privaten, sondern im gewerblichen Bereich tätig sind – einen Vorsorgevertrag mit dem Dienstleister zur Tötung seiner Tiere schließen muss, solange das Land keine andere Regelung trifft.

Da wir relativ viel Zeit mit Diskussionen ins Land gehen lassen mussten, möchte ich an dieser Stelle Frau Staatsministerin Clauß bitten, diese Rahmenvereinbarungen zeitnah abzuschließen. Das läge im vornehmlichen Interesse von uns allen.

Das koordinierte und effektive Töten in Seuchenfällen ist notwendig. Für die umfangreichen Tötungsaktionen brauchen wir einen koordinierten Ablauf. Dieser wird jetzt ermöglicht.

Weiterhin entlasten wir die Behörden von Überwachungstätigkeit und Verwaltungsvollzug; denn die Behörden müssten, würden wir diese Regelung nicht treffen, Vorhalteverträge bei jedem einzelnen Landwirt prüfen. So werden auch Kosten für den Freistaat gespart.

Meine Damen und Herren, ich möchte zum Schluss kommen und Sie um Zustimmung zu dem vorliegenden Gesetzentwurf bitten. Wir haben, wie gesagt, zum 30. April das Tiergesundheitsgesetz auf Bundesebene bekommen. Auf sächsischer Ebene sollten wir entsprechende Regelungen rasch finden. Wir erhoffen uns von dem Gesetz klarere Regeln für die sächsische Viehwirtschaft zur Verhinderung von Seuchen auch in Zukunft.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsministerin Christine Clauß)

Frau Kagelmann für die LINKE.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Die Afrikanische Schweinepest hat Europa erreicht. Das ist ein Frontalangriff auf Wald und Stall; denn das auslösende Virus ist „ein großes Schlachtschiff“, wie es Frau

Dr. Blome vom Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit in einem Zeitungsartikel ausdrückte.

Da scheint es rechtzeitig zu kommen, dass mit der pflichtgemäßen Anpassung des Landesrechts an ein novelliertes Tierseuchengesetz des Bundes gerade Instrumente der Überwachung der Tiergesundheit und der Bekämpfung von Tierseuchen gestärkt werden sollen. Bei näherer Betrachtung ist allerdings an dem Gesetz so viel nicht neu. Damit werden Chancen klar vertan.

Bereits heute obliegt den Lebensmittelüberwachungs- und Veterinärämtern der Landkreise und kreisfreien Städte der Vollzug der Aufgaben auf dem Gebiet des Tierseuchenrechts. Gleiches gilt in Anwendung des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst im Freistaat Sachsen.

Die wirklichen Probleme werden nicht angepackt. Die Landkreise und kreisfreien Städte nämlich kämpfen – auch das ist ein lange bekannter Zustand – mit Personalengpässen. Bei jedem neuen Lebensmittelskandal machen wir darauf aufmerksam.

Über diese Situation liegen – entgegen der Stellungnahme der Staatsregierung auf unsere Nachfragen zum Gesetz – trotz Personal- und Organisationshoheit der Kommunen auch eigene Erkenntnisse beim Sozialministerium vor. Zumindest hat sie meinem Kollegen Dr. Pellmann auf eine Kleine Anfrage vom Februar dieses Jahres sehr konkret geantwortet. Danach waren sachsenweit Ende 2013 bei den zuständigen Ämtern in den Landkreisen und kreisfreien Städten 10 % der ausgewiesenen Vollzeitplanstellen nicht besetzt. Es fehlten somit mindestens 46 Fachkräfte. Besonders dramatisch war die Lage im Landkreis Bautzen, wo ein Viertel der Planstellen verwaist war.

Wie aber sollen die Veterinärämter einer künftig wachsenden Verantwortung für Tiergesundheit und Seuchenprävention gerecht werden, wenn permanente personelle Unterbesetzung und finanzielle Defizite den Vollzug des Gesetzes schon heute behindern?

Wie wichtig eine möglichst flächendeckende Kontrolldichte ist, belegen die Daten für das Jahr 2012. Danach gab es in ganz Sachsen insgesamt fast 80 000 Kontrollen, die immerhin zu fast 2 400 Beanstandungen führten. Es wurden 146 Bußgeldverfahren eingeleitet. In 35 Fällen kam es gar zu angeordneten Betriebsschließungen.

Die nach wie vor erheblichen Unterschiede bei der Kontrolldichte und der personellen Ausstattung zwischen den Landkreisen und den kreisfreien Städten erhärten die Notwendigkeit der seit Jahren von meiner Fraktion geforderten höheren Verbindlichkeit für die den Kommunen übertragene Pflichtaufgabe. Deshalb müssen neben einer Anhebung der Mittel im Landeshaushalt endlich verbindliche Regelungen zum Aufbau und zur Ausstattung der Lebensmittelüberwachungs- und Veterinärämter im Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst verankert werden, anstatt es – wie bisher Praxis – lediglich bei Empfehlungen zu belassen.

(Beifall bei den LINKEN und der Abg. Elke Herrmann, GRÜNE)

Meine Damen und Herren! Tierseuchen sind keine Heimsuchung der agrarindustriellen Nutztierhaltung. Aber wir befinden uns in einem fatalen agrarwirtschaftlichen Kreislauf. Einseitige Tierzucht reduziert die Widerstandsfähigkeit von Nutztieren. Liberalisierung und Globalisierung der Agrarmärkte schleifen lokale Barrieren für die Seuchenausbreitung. Große, konzentrierte Tierbestände führen im Seuchenfall zu schweren wirtschaftlichen Verlusten. Und: Die Probleme der Tiermedizin werden immer häufiger zu Problemen der Humanmedizin. Tierseuchenprävention und -bekämpfung werden deshalb immer wichtiger.

Für die Linksfraktion ergeben sich deshalb zwei politische Herausforderungen: Erstens müssen eine flächendeckende Lebensmittelüberwachung sowie eine effektive Tiergesundheitskontrolle als Grundanliegen des Verbraucherschutzes personell und finanziell sichergestellt werden.

(Sebastian Fischer, CDU: Ist schon Realität!)

Zweitens muss in der Landwirtschaft die Weltmarktorientierung aufgegeben werden zugunsten einer an regionalen Wirtschaftskreisläufen ausgerichteten, flächengebundenen und artgerechten Nutztierhaltung.

Der Gesetzentwurf bleibt Antworten auf diese neuen Verbraucher- und Tierschutzanforderungen schuldig. Unsere Fraktion kann aus diesem Grund nicht zustimmen.

(Beifall bei den LINKEN)

Für die SPD-Fraktion Frau Kliese.

(Hanka Kliese, SPD: Ich gebe meine Rede zu Protokoll!)

Frau Kliese gibt zu Protokoll. Ich danke Ihnen.

Für die FDP-Fraktion Herr Günther. Herr Günther, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem Sächsischen Ausführungsgesetz zum Tiergesundheitsgesetz werden wichtige Änderungen vorgenommen. Der Bundesgesetzgeber hatte uns zur Umsetzung in Landesrecht eine Frist von lediglich elf Monaten, eigentlich bis zum 1. Mai 2014, eingeräumt. Mit dem Tiergesundheitsgesetz vom 22. Mai 2013 wurden auf Bundesebene die Grundsätze der Bekämpfung von Tierseuchen neu gestaltet.

Die Regelungen im bisher geltenden Ausführungsgesetz, die sich ausschließlich auf das Tierseuchengesetz beziehen, sind mit Inkrafttreten des Tiergesundheitsgesetzes veraltet und müssen daher im neuen Gesetz angepasst werden. Ich möchte hier beispielhaft die Regelungen zur Entschädigung im Tierseuchenfall nennen.

Die Neufassung setzte das alte Gesetz außer Kraft und erfordert jetzt eine entsprechende Anpassung des sächsischen Gesetzes. Mit dem Sächsischen Ausführungsgesetz zum Tiergesundheitsgesetz erhält sich der Freistaat alle Kompetenzen, die für den Vollzug auf Landesebene notwendig sind. Für die zukünftige Weiterentwicklung der Tierseuchenbekämpfung und -verhütung ist es darüber hinaus ein sehr guter Ansatz, dass in Zukunft vor allem die Förderung der Tiergesundheit stärker in den Mittelpunkt rücken soll.