Protokoll der Sitzung vom 09.07.2014

Der Hort ist Lebens- und Lernort für die Kinder. Mit ihrer täglichen Arbeit entwickeln die Erzieherinnen in Sachsen die Persönlichkeiten unserer Kinder mit. Diese Arbeit der Erzieherinnen und Erzieher in Sachsen kann man an dieser Stelle gar nicht hoch genug schätzen.

(Beifall bei der FDP)

Die Große Anfrage hat uns in den Fragen 25 und 26 aber auch gezeigt, dass es auch im Schulalter nicht so einfach ist, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf tatsächlich zu leben; denn nur in Dresden und Leipzig bieten Horteinrichtungen eine Betreuung nach 17 Uhr an. Das ist eine große Schwierigkeit. Das mag für den Viertklässler im Übergang zur Oberschule sicherlich möglich sein. Einem Erst- oder Zweitklässler ist es aber nicht zumutbar, sich dort nach 17 Uhr allein bewegen zu müssen, da nun einmal die Berufstätigkeit unserer Mütter und Väter im Freistaat eine solch große Rolle spielt. Sie sind es, die in Form von Steuern Mehrwert für unseren Freistaat schaffen, um letzten Endes wieder Sozialausgaben tätigen zu können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte noch auf das Thema Integration eingehen und nicht verschweigen, dass diese bei allen wirklich ernsthaften Bemühungen der Staatsregierung hinsichtlich der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention weiter fortgesetzt und intensiviert werden muss. Inwiefern hier spezielle Weiterbildungsangebote des Freistaates für die sächsischen Erzieherinnen und Erzieher zu einer Verbesserung beitragen können, werden wir in den kommenden Jahren prüfen müssen.

Frau Stange, ich muss Ihnen an dieser Stelle leider wiedersprechen – wir haben die integrativen Horte, auch wenn wir sie jetzt nicht explizit plakativ aus der Großen Anfrage heraushören. Mein Sohn besucht eine Schule, in der eine Grundschule und das Förderschulzentrum Sprache integriert sind, und die Kinder begegnen sich am Nachmittag im Hort. Dort haben wir Synergien, die für beide Seiten sehr erfolgreich sind. Das Sozialgesetzbuch XI ist tatsächlich keine sächsische Angelegenheit, sondern eine Frage, die auf Bundesebene zu regeln ist. Dafür haben Sie jetzt die besten Voraussetzungen in der Regierungsverantwortung in Berlin.

Es gibt noch einen weiteren Aspekt, den wir uns für die Zukunft mit vornehmen müssen. Es steht außer Frage, Kindertageseinrichtungen müssen von Bürokratie befreit werden. Es kann nicht sein, dass wir Berichtspflichten und andere bürokratische Aufwendungen haben, denen sich Erzieherinnen und Erzieher noch nebenbei widmen müssen, ohne ihren eigentlichen pädagogischen Auftrag erledigen zu können. Hier wollen und müssen wir mehr zeitliche Freiräume für unsere Kinder schaffen.

Bei allem, was sicherlich noch zu verbessern ist, sollten wir nicht vernachlässigen, dass die sächsischen Erzieherinnen und Erzieher einen tollen Job machen, denn es ist zum großen Teil ihr Verdienst, dass Sachsen bei den Bildungsvergleichen auf Spitzenplätzen abschneidet. Denn für PISA in der 6. Klasse wurden die Grundsteine bis zum sechsten Lebensjahr gelegt.

Für die ehrliche und sehr ausführliche Beantwortung der Großen Anfrage möchte ich mich bei Ihnen, Frau Staatsministerin Kurth, noch einmal sehr ausdrücklich bedanken. Es gibt einen sehr guten Einblick und Überblick über die Situation in unseren sächsischen Horteinrichtungen.

Ich hoffe, dass wir auf diesem Weg erfolgreich weitergehen können.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Abg. Giegengack. Sie haben das Wort, bitte.

Danke, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist von Annekatrin Klepsch und Eva-Maria Stange schon viel zu den Inhalten und auch zu den Kritikpunkten gesagt worden, was die Große Anfrage angeht. Deshalb würde ich gern nur noch zwei Dinge ansprechen, die mir besonders am Herzen liegen.

Obwohl der Bereich Kindertagesstätten – und der Hort gehört dazu, das haben wir auch schon gehört – beim Kultusministerium angesiedelt ist und das Landesjugendamt beim Sozialministerium, existieren nach meiner Meinung wenig fundierte Daten und Einschätzungen zur Situation und möglichen Problemlagen beim Hort. Das hat mich sehr erschreckt.

Ich habe unabhängig von der Großen Anfrage im Dezember 2013 angefragt, für welche Horte in Sachsen Anträge auf Betriebserlaubnis gestellt wurden und wo es zu Ausnahmegenehmigungen gekommen ist, weil die Platzkapazität überschritten wurde. Die Antwort lautete nach zwei Monaten – ich bin noch einmal gebeten worden zu warten –, dass man mir keine Auskunft darüber geben kann. Ich muss sagen, das finde ich sehr erschreckend. Auch in der Großen Anfrage wird das Thema angesprochen. Dort heißt es: „Die Unterlagen lassen eine Auswertung in dieser Detailliertheit nicht zu.“ Eine Behörde, die unmittelbar einem Ministerium unterstellt ist und Betriebserlaubnisse erteilt, kann nicht sagen, wie viele Betriebserlaubnisse sie erteilt. Ich finde, das geht überhaupt nicht!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Allein die Zahl der laufenden Verfahren lässt die Dimension erahnen, um die es geht. So liegen dem Landesjugendamt inzwischen 3 421 Anträge vor. 2013 gab es in zwei von drei Kindertageseinrichtungen Veränderungen bezüglich Personal, Kapazität oder der Räume. Neben den neun Personen des Amtes, die mit der Bearbeitung betreut sind, sind zusätzlich vier Personen bis Jahresende befristet eingestellt, um diesen Verfahrensstau zu beseitigen. Allerdings – und das ist die Krux, deshalb konnte man mir nichts sagen – weiß man nicht, wie viele Horte dabei sind, weil Kindertagesstätten eben Krippen, Kindergärten und Horte sind. Ich finde, man sollte vielleicht doch noch einmal versuchen, der Sache auf den Grund zu gehen, damit man selbst auch durchblickt, worum es geht.

Die fehlenden Daten sind das eine. Ich finde, die Antwort der Staatsregierung auf die Große Anfrage dokumentiert manchmal fast ein gewisses Desinteresse für die Proble

me des Hortes. So gibt es angeblich keine Informationen, wie viele Schüler einer Schule in mehreren Horten betreut werden, wie der Transfer dieser Schüler geregelt ist, wie weit die Entfernungen zwischen den Standorten sind, wer die Aufsichtspflicht trägt – das wurde schon genannt – und wie die Finanzierung geregelt ist. Die Staatsregierung weist in diesem Zusammenhang einfach darauf hin, dass es zu den jeweiligen Verantwortungsbereichen Grenzen gibt. Dass dazwischen aber eine Lücke entsteht, scheint kein großes Problem für sie darzustellen.

Das ist vielleicht mit ein Punkt, weshalb der Hort bei uns in Sachsen weder Fisch noch Fleisch ist. Ich denke, die Etablierung der Ganztagsangebote hat diese Problematik noch verschärft. Auch wenn mir im Ausschuss immer widersprochen wurde, wenn ich die Problematik angesprochen habe, die an uns herangetragen wurde, dass Horterzieherinnen zunehmend zu Dispatchern degradiert werden, die Kinder zu irgendwelchen Ganztagsangeboten schicken, ist es eine Tatsache, dass der Hort häufig gar nicht die Möglichkeiten hat, die Bildungsarbeit zu betreiben, die er eigentlich betreiben soll. Hort ist bei uns im Bildungsplan vorgesehen. Ich glaube, dass wir im Freistaat unbedingt die Rolle des Hortes zwischen Grundschule und Ganztagsschule neu bestimmen müssen, dass wir sozusagen nicht den Problemen hinterherlaufen können. Wenn wir uns mit dem Bildungsplan selber ernst nehmen wollen, dann ist es eigentlich unsere Pflicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Für die NPD-Fraktion Herr Abg. Löffler. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich bitte zu Beginn meiner Ausführungen festhalten, bevor ich auf die Große Anfrage eingehe, dass es uns wichtig ist, dass die Familien in Sachsen die Wahlfreiheit haben und selbst entscheiden können, wie sie ihre Kinder erziehen und betreuen wollen. Derzeit erleben wir, dass der Lebensentwurf vieler Familien und insbesondere der unserer sächsischen Frauen von linken Gender-Ideologen verächtlich gemacht wird. Ja, wir müssen dafür sorgen, dass es in Sachsen flächendeckend ein qualitativ gutes Angebot an Kinderbetreuung gibt. Wir müssen Familien aber auch die Möglichkeit bieten, selbst zu entscheiden.

Das bedeutet auch, die Erziehungs- und Lebensleistung von Frauen endlich anzuerkennen und nicht ständig herabzusetzen. Der Hort ist ein bewährtes und unterstützenswertes Betreuungsinstrument. Wir werden dennoch weiterhin dafür werben, den Wunsch vieler sächsischer Frauen zu unterstützen, um auch über die frühkindliche Bildung hinaus eine Erziehung in der Familie zu ermöglichen und anzuerkennen.

Unsere Initiativen und Konzepte für die intensivere und realitätsnahe Unterstützung von Frauen und Familien

kennen Sie bereits und wissen, dass wir gern mehr tun wollen. Uns als NPD-Fraktion geht es nicht nur um finanzielle Unterstützung, sondern auch um eine Anerkennung durch Politik und Gesellschaft. Auch aus diesem Grund hätten wir uns gewünscht, dass DIE LINKE bei ihrer Fragestellung in der vorliegenden Großen Anfrage etwas konsequenter gewesen wäre.

Die Frage nach der Verbesserung der Betreuungsschlüssel wollte und musste die Staatsregierung nicht beantworten. Dabei ist dies für alle Bereiche der Kinderbetreuung die entscheidende Frage der nächsten Jahre. Wir hätten gern mehr über mögliche Konzepte zur kostenfreien Kinderbetreuung erfahren. Hier bleibt die Große Anfrage leider zu oberflächlich.

Uns hätte auch interessiert, welche Konzepte vorgesehen sind, um die Löhne und Gehälter der Erzieherinnen und Erzieher zu verbessern. DIE LINKE hat viele richtige Fragen zur Aus- und Weiterbildung gestellt. Doch was fehlt, ist die Thematisierung der derzeitigen Abwanderung von Fachkräften aufgrund der besseren Arbeitsbedingungen in andere Bundesländer.

Was nützt es dem Freistaat, in eine gute Ausbildung unserer Fachkräfte zu investieren und diese immer weiter zu spezialisieren, wenn wir sie nicht im Land halten können? Hierzu hätten uns genauere Fragen interessiert, die sicherlich auch Einfluss auf die weiteren Fragestellungen und auf die Antworten der Staatsregierung genommen hätten.

Auch in diesem Themenbereich hat DIE LINKE ihre eigenen Ansätze nicht konsequent zu Ende gedacht. Schockiert, aber leider nicht überrascht waren wir, dass Gender- und Inklusionsideologen auch unsere Hortkinder ins Visier nehmen, wie aus der Fortbildungsübersicht des Landesjugendamtes hervorgeht. Was unseren Kindern durch realitätsfremde Dogmatiker zugemutet wird, ist erschreckend. Man kann nur auf die Vernunft vieler Erzieherinnen und Erzieher vertrauen, nicht jeden von oben verordneten Blödsinn mitzumachen.

Lassen Sie mich abschließend sagen, dass auch die Hortbetreuung nicht nur im ländlichen Raum ein Standortfaktor ist. Die Qualität der Kinderbetreuung ist heute einer der wichtigsten Gründe für junge Menschen, wenn es darum geht, verschiedene Regionen miteinander zu vergleichen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren, das war die erste Runde. Gibt es Redebedarf für eine weitere Runde? – Für die Fraktion DIE LINKE Frau Abg. Klepsch. Bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wollte es eigentlich bei einer Runde bewenden lassen, aber der Kollege Schreiber hat eine Reihe von Fragen gestellt und

Antworten eingefordert. Ich bin natürlich bereit, diese Antworten zu geben.

Ich will mich aber zunächst für die weitgehend sachlich geführte Diskussion über unsere Große Anfrage bedanken.

Zu den Fragen von Herrn Schreiber. Ich sage ganz klar, ich will heute keine Finanzdebatte führen. Wir haben die Große Anfrage gestellt, um der fachlichen Weiterentwicklung des Horts im Gefüge zwischen Schule und Ganztagsangeboten neue Impulse zu verleihen.

Was die Debatte über den Betreuungsschlüssel betrifft: Natürlich spielt sie hinein, aber wir sagen ehrlich, dass die schrittweise Verbesserung, die wir wollen, für den ganzen Kitabereich, also für alle Kinder bis zum elften Lebensjahr, 90 Millionen Euro pro Jahr kosten würde. Wir wissen, das Geld ist da.

Warum wollen wir einen Rechtsanspruch? – Es geht um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wenn ich als Staat die Frauen und Männer ganztägig als Arbeitskräfte gewinnen will, dann muss ich die Betreuung der Kinder absichern. Das ist am besten mit einem individuellen Rechtsanspruch zu regeln.

Jetzt hat Patrick Schreiber kritisiert und weit ausgeholt, dass wir für die freien Schulen und für andere Dinge mehr Geld haben wollten. Dazu sage ich zwei Dinge: Erstens. Die freien Schulen haben ihre Existenz über das Grundgesetz und über die sächsische Landesverfassung garantiert.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Zweitens. Warum wird es so teuer? – Es wird unter anderem deshalb so teuer, weil der Zulauf zu den freien Schulen durch die CDU-Schulschließungspolitik der letzten 25 Jahre bedingt ist. Hätten wir nicht so viele Schulen im ländlichen Raum geschlossen, wären nicht so viele freie Schulen aus dem Boden geschossen. Wäre die staatliche Schulpolitik des Landes etwas offener, auch konzeptionell offener, würden sich nicht so viele Eltern für alternative pädagogische Ansätze an freien Schulen entscheiden. – Das nur zu den Punkten von Patrick Schreiber.

Worüber reden wir eigentlich? – Wir reden über die Rolle des Hortes. Der Hort ist in Sachsen in einer Zwitterrolle. Das ist historisch bedingt. Man muss wissen, als das Kinder- und Jugendhilfegesetz in den Achtzigerjahren geschrieben wurde, war der Hort in der West-Bundesrepublik eine Nischenerscheinung für Kinder, deren Eltern beide ganztägig berufstätig waren. Man ist nicht davon ausgegangen, dass es eine flächendeckende Einrichtung sein könne, wie sie schon im Jahr 1911 das erste Mal angedacht war, wie es sie in der DDR gab und wie auch wir sie heute noch haben. Damit haben wir eine Zwitterrolle, weil zwei Systeme aufeinandertreffen: die Schule als System und der Hort als System der Kinder- und Jugendhilfe.

Nun ist es aus unserer Sicht die Aufgabe von Politik und auch von einer Kultusministerin, die Konflikte zwischen

diesen beiden Systemen, die aufeinandertreffen – wobei die Schule naturgemäß das stärkere System ist, weil es mit mehr Ressourcen ausgestattet ist –, zu moderieren.

Ich bin dem Landesjugendamt dankbar, dass es im vergangenen September eine Tagung durchgeführt hat zur Arbeit im Hort, zur Standortbestimmung für den Hort. Dort war es so, dass ein Drittel der Interessentinnen weggeschickt werden musste, weil viel zu viele Tagungsanmeldungen eingegangen waren. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn die Kultusministerin die Ergebnisse dieser Tagung als Impuls aufgegriffen und von sich aus gesagt hätte: Ja, wir sehen Diskussionsbedarf. Wir wollen es weiterentwickeln. Wir nehmen es uns als bildungspolitische Aufgabe vor. – Das ist nicht passiert. Deswegen stehen wir heute hier. Deswegen gab es die Große Anfrage. Wir werden das Thema weiter verfolgen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN – Unruhe)

Meine Damen und Herren, gibt es weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Fraktionen? – Das kann ich nicht erkennen. Ich frage die Staatsregierung, ob das Wort gewünscht wird. – Jawohl. Frau Staatsministerin Kurth, Sie haben das Wort.