Protokoll der Sitzung vom 09.07.2014

versprochen hat, und die Staatsregierung, die dann ein Jahr später mit der „Verwirklichung“ dieses Versprechens in Form eines Sicherungsvertrages kam, den die Kommunen – auf eigene Kosten natürlich – abschließen könnten, um eine kleine Absicherung für die Kameradinnen und Kameraden zu erhalten. Nicht nur die freiwilligen Feuerwehren in Sachsen waren sehr enttäuscht, wir waren das auch und haben uns gefragt: Das soll wirklich alles gewesen sein, was aus dem großen Versprechen herausgekommen ist?

Aufgrund dieser Enttäuschung haben wir uns gesagt: Wir zäumen das einmal andersherum auf. Nicht von ganz oben wird etwas versprochen, sondern wir fragen einmal ganz unten: Was braucht ihr eigentlich? Wir haben in ganz Sachsen, in allen sächsischen Landkreisen Feuerwehrforen veranstaltet. Dabei sind wir mit vielen Kameradinnen und Kameraden ins Gespräch gekommen und haben aus dem, was gesprochen worden ist, aus dem, was vorgeschlagen worden ist, Ideenpapiere erstellt, die wir ständig fortgeschrieben haben.

Drei Ideenpapiere sind es insgesamt geworden. Schwerpunkt in unserem Ideenpapier im Jahr 2010 war das Thema „Einheitliche Ausbildungsunterlagen für die Standortausbildung“. Es hat sehr viel Energie gefressen, dass jede Feuerwehr ihre eigenen Ausbildungsunterlagen anfertigen musste, wo doch im Grunde in ganz Sachsen der gleiche Stoff zu behandeln ist. 2010 haben wir das zum Schwerpunkt gemacht. 2012 hat es die Staatsregierung geschafft, solche einheitlichen Ausbildungsunterlagen einzuführen.

Schwerpunkt unseres Ideenpapiers 2011 war die katastrophale Ausbildungssituation. Es gab nicht genügend – nicht genügend ist eigentlich ein Euphemismus –, es gab viel zu wenige Lehrgangsplätze an der Landesfeuerwehrschule, die von Beginn an zu klein geplant war. Das führte zu einem riesigen Ausbildungsstau in allen Landkreisen. Wir haben mit einer Anhörung 2012 hier im Saal nachgelegt, in der die Probleme, die daraus entstehen, noch einmal sehr drastisch geschildert worden sind. 2013 hat sich dann die Staatsregierung dazu durchgerungen, die Kapazität der Landesfeuerwehrschule zu erweitern.

Schwerpunkt unseres Ideenpapiers nach 2010 „Ausbildungsunterlagen“ und 2011 „Ausbildungssituation“ war dann 2012 das Thema „Tageseinsatzbereitschaft“. Herr Löffler hat es bereits angesprochen.

Wir haben nicht mehr nur an einigen, sondern an vielen Stellen Sachsens das Problem, die Tageseinsatzbereitschaft zu sichern. Unser Vorschlag – wir haben ihn mit einem Antrag untermauert – war, dieses Problem mit der Hilfe von Kooperationen der Wehren anzugehen. Das hat überhaupt nichts mit Kommerzialisierung zu tun, sondern es hat etwas damit zu tun, dass Feuerwehren zusammenarbeiten und dabei unterstützt werden müssen, um die Tageseinsatzbereitschaft zu sichern.

Unser Antrag in der Debatte zum Haushalt 2012 war, den Kommunen ein Budget zu geben, um die Entwicklung regionaler Brandschutzbedarfspläne zu unterstützen, weil

der Brandschutz eben keine rein kommunale Aufgabe mehr sein kann, sondern die interkommunale Zusammenarbeit passieren muss.

2014 – vor wenigen Wochen – hat der Innenminister endlich von einer Arbeitgruppe ein Papier erarbeiten lassen, in dem das ein ganz wesentlicher Punkt ist: Wir brauchen eine überregionale, eine überörtliche Brandschutzbedarfsplanung.

Mein Lob also: Die Staatsregierung und die CDUFraktion haben gezeigt, dass sie durchaus lernfähig sind. Aber sie handeln immer erst fünf nach zwölf. Das ist schlecht. Warum ist es schlecht?

(Eva Jähnigen, GRÜNE: Weil es brennt!)

Nicht nur, weil es um den Brandschutz in Sachsen geht, sondern weil es auch um Ehrenamt und Motivation geht, und weil man alles dafür tun muss, dieses Ehrenamt und diese Motivation zu unterstützen.

Damit bin ich beim Dauerbrenner Rauchmelderpflicht. Auch diese ist nicht nur dazu da, um frühzeitig Brände zu signalisieren, sondern um die Arbeit der Kameradinnen und Kameraden zu unterstützen. Wir haben jedes Jahr einen Antrag zur Einführung der Rauchmelderpflicht eingebracht. Wir werden es weiterhin tun.

Eine Bitte nach dem Lob – und der Kritik, dass Sie viel zu spät handeln: Falls Sie weiterhin ab Herbst in diesem Land Verantwortung tragen, dann verbessern Sie Ihre Lernfähigkeit. Erhöhen Sie die Lerngeschwindigkeit, und bitte beginnen Sie die neue Legislatur nicht erneut mit einem enttäuschenden Wahlversprechen. Sie schreiben in Ihrem Regierungsprogramm –

Bitte kommen Sie zum Schluss.

– ich komme zum Schluss –: „Wir wollen den Dialog mit den freiwilligen Feuerwehren intensivieren und ihre Ideen umsetzen.“ Das ist ein guter Anspruch. Wir haben diesen Dialog fünf Jahre lang geführt. Einen herzlichen Dank an alle Kameradinnen und Kameraden, die sich daran beteiligt haben! Hoffen wir, dass die nächsten fünf Jahre schneller und besser werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und der Abg. Eva Jähnigen, GRÜNE)

Leider sind die 5 Minuten eben auch nur 5 Minuten. – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Abg. Jähnigen. Bitte, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Gut, dass es die AG Feuerwehr des Innenministeriums gab. Allein wenn man auf ihre Zusammensetzung schaut – sechs Leute aus der Verwaltung, zwei Leute aus einer Hochschule, fünf Leute aus der Feuerwehr und davon, wenn ich es richtig sehe,

niemand, der rein ehrenamtlich tätig ist –, dann tun sich die ersten Fragen auf. Das spricht für sich. Wenn man tiefer hineinschaut, dann sieht man, dass die konkreten Problemstellungen und Fragen vor Ort wenig konkret reflektiert werden, um es vorsichtig auszudrücken. Ich werde dann noch einige Beispiele nennen.

Wir GRÜNE meinen, dass die Situation der freiwilligen Feuerwehren und des Brandschutzes im ganzen Land – und gerade im dünn besiedelten, aber flächengroßen Raum – ständig evaluiert werden muss, und zwar unter direkter Beteiligung der Ehrenamtlichen, von denen hier so viel die Rede ist.

Der Bericht zeigt die Lücken in der Vorgehensweise des jetzt CDU-geführten Innenministeriums deutlich: So fehlt ein Blick in andere Bundesländer, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, die sich durchaus mit den Fragen der zentralen Beschaffung befassen, mit deren Realisierung wir Geld sparen können, das wiederum unmittelbar den Feuerwehren zugute kommen kann – und dort besteht Bedarf.

Unbeantwortet bleibt aber vor allem im Bericht – so wie heute von Ihnen – die Gretchenfrage des Ganzen: Können die freiwilligen Feuerwehren in Zukunft auch dort, wo wir Bevölkerung verlieren, aber die Fläche des Landes vorhanden ist, den Brandschutz vollständig ehrenamtlich abdecken? Diese Frage beantworten Sie nicht. Stattdessen schieben Sie mit vorgeschobenen Argumenten die Diskussion um das interessante Modell der Stützpunktfeuerwehren vom Tisch.

Selbst von Ihnen, Herr Kollege Löffler, hätte ich an dieser Stelle mehr Sachlichkeit erwartet. Es geht doch nicht darum, berufliche Feuerwehr und ehrenamtliche Feuerwehr gegeneinander auszuspielen. Die ehrenamtlichen wie die Berufsfeuerwehrleute machen keine kommerzielle, sondern gute Arbeit im Dienst der Öffentlichkeit und der Menschen.

(Jan Löffler, CDU: Und das soll so bleiben!)

Es geht hier um den Schutz der Menschen. Deshalb finde ich es wichtig, dass Sie sich mit den Erfahrungen anderer Bundesländer auseinandersetzen – zum Beispiel Mecklenburg –, die feststellen mussten, dass der Brandschutz im ländlichen Raum nicht mehr allein durch Ehrenamtliche abgesichert werden kann. Das Modell der Stützpunktfeuerwehren ist ja gerade durch Ehrenamtliche ins Spiel gebracht worden. Setzen Sie sich doch einmal damit auseinander.

Sicher, dabei geht es um die Frage der Strukturen und wie diese zusammenwirken können. Sicher, es geht auch um Fragen von Investitionen, die dann vom Land getragen werden müssen. Seien Sie doch ehrlich. Machen Sie hier keine Vorbehalte auf. Das Argument der Kommerzialisierung fand ich sehr ärgerlich.

Wir als GRÜNE möchten, dass die reale Entwicklung in Sachsen und in anderen Ländern genau beobachtet und geschaut wird, ob der Brandschutz so noch abdeckbar ist. Wir denken, dass zumindest mittelfristig die Einführung

von Stützpunktfeuerwehren geprüft werden muss. Handeln Sie nicht so spät wie bei der Polizei; handeln Sie rechtzeitig!

Aufhorchen lassen die Ergebnisse der AG in Bezug auf die den Gemeinden nun empfohlene Standortanalyse für Umbau und Neubau von Standorten und eine Regionalisierung der Bedarfsplanung – nachzulesen auf den Seiten 32 und 35.

Ist das bisher nicht genügend geschehen? Was hat der Innenminister unterlassen? Was müssten zukünftige Regierungen tun? Diese Fragen werden nicht beantwortet.

Interessant ist auch die vorgeschlagene Einführung der Erfassungs- und Analysesoftware zur Planung der Einsatzbereitschaft und für neue Einsatzkonzepte. Gut. Aber was soll sie kosten? Wer trägt diese Kosten? Warum wird denn überhaupt nicht analysiert, welche Lücken es beim Einsatz dieser Software in der Referenzregion Sächsische Schweiz–Osterzgebirge gab? Auch dabei bleiben alle wesentlichen Fragen offen.

Insgesamt müssen wir konstatieren: Die AG Feuerwehr beantwortet – ebenso wie die amtierende Regierung, die Vertreter der Koalition – die zentrale Frage des Brandschutzes nicht: Wie ist der Brandschutz im ländlichen Raum abzudecken, wo wir Bevölkerung verlieren, aber große Fläche haben? Sie drücken sich davor. Ihr Bericht, die Debatte weist viele offene Probleme auf. Sie bleiben ungelöst nach fünf Jahren Ihrer Regierungsarbeit, und eine neue Regierung im neu gewählten Landtag wird sie auf dem Tisch haben. Schade! Das wird den Problemen des Brandschutzes und dem Engagement der ehrenamtlichen Feuerwehrleute nicht gerecht.

Danke schön.

(Beifall des Abg. Michael Weichert, GRÜNE, und vereinzelt bei der SPD)

Das war Frau Jähnigen für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Die NPDFraktion ist an der Reihe. Herr Abg. Storr. Sie haben das Wort, Herr Storr.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema der Aktuellen Debatte „Für leistungsfähige Feuerwehren in Sachsen – Professionalität stärken, Ehrenamt unterstützen“ kommt für mich ein wenig überraschend, weil in der Tat die Staatsregierung und auch die Koalitionsfraktionen hier relativ wenig vorzuweisen haben, was sie in den letzten fünf Jahren zuwege gebracht haben. Herr Karabinski hat zwar das Wenige, das man an Verbesserungen nennen konnte, aufgelistet. Aber an dieser Stelle müsste man eigentlich eingestehen, dass die Probleme in keiner Weise wirklich angepackt und gelöst worden sind. Man hat nur versucht, an einigen wenigen Stellschrauben zu drehen, ohne die Probleme wirklich anzupacken.

Ich kann mich noch gut an eine Anhörung im Innenausschuss 2012 erinnern, in der es um die Ausbildungssituation bei den freiwilligen Feuerwehren ging. Dabei wurde

die Gesamtlage geschildert. Insbesondere gibt es Schwierigkeiten bei der Tageseinsatzbereitschaft oder dabei, die notwendigen Mannschaftsstärken überhaupt zusammenzubekommen. Ich bin mir sicher, dass die Probleme bis heute nicht nur nicht gelöst wurden, sondern sich wahrscheinlich sogar verstärkt haben. Das ist nach meiner Auffassung das Problem.

Der gerade gelieferte Abschlussbericht der Arbeitsgruppe „Freiwillige Feuerwehren in Sachsen 2020“ ist an sich sehr löblich, weil darin durchaus einmal ein sehr umfassender Überblick gegeben wird und fachliche Einschätzungen und Handlungsempfehlungen formuliert sind, die sicherlich die Politik in der kommenden Legislaturperiode aufgreifen muss, vielleicht auch gleich zu Beginn.

Wir sollten uns hier nicht der Illusion hingeben, dass wir mit diesen Stellschrauben – wie sie in dem Bericht vorgeschlagen werden – des Problems wirklich Herr werden können.

Denn man muss natürlich sehen: Hinter diesen Problemen, die wir bei der freiwilligen Feuerwehr, insbesondere im ländlichen Raum, haben, stehen viel größere, umfassendere Probleme, die zwar immer mal am Rande erwähnt werden, die aber aus meiner Sicht von der Politik – auch wenn es um die freiwilligen Feuerwehren in Sachsen und ihre Handlungsfähigkeit geht – mit angepackt werden, und die größeren Fragen sind eben die demografische Schrumpfung und diese nicht etwa als Faktum hinzunehmen und zu sagen, jetzt müssen wir Anpassungsstrategien entwickeln, sondern wir müssen schauen, dass wir die demografische Schrumpfung, insbesondere im ländlichen Raum, umkehren. Das ist eine Frage, die man nicht auf organisatorischer oder planerischer Ebene im Zusammenhang mit den freiwilligen Feuerwehren lösen kann, sondern hier ist die Politik gefragt.

Es ist aus unserer Sicht zwingend notwendig, dass die Demografie nicht etwa als unabwendbares Schicksal hingenommen wird, sondern Gegenstrategien entwickelt werden, gerade am Beispiel der Problemstellungen, wie sie die freiwilligen Feuerwehren im ländlichen Raum immer wieder schildern.

Das Problem der Tagesbereitschaft zum Beispiel ist, dass viele Mitglieder der freiwilligen Feuerwehren überhaupt nicht mehr vor Ort arbeiten, sondern weit fahren müssen, um ihren Arbeitsplatz aufzusuchen, oder – dies hängt ebenfalls wieder mit dem Thema Arbeit zusammen – junge Leute, die vielleicht schon bei der Jugendfeuerwehr sind, dann aber auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz feststellen müssen, dass sie vor Ort nicht den Ausbildungsplatz bekommen, den sie sich wünschen, sondern weiter wegziehen müssen, nach Dresden oder gar in ein anderes Bundesland – was nach der Ausbildung vielleicht auch dazu führt, dass man den Arbeitsplatz nicht in Sachsen, sondern woanders bekommt. Das heißt also, die Versorgung mit heimatnahen Arbeitsplätzen ist ein Handlungsfeld der Politik, was beim Thema dieser Aktuellen Debatte, eine leistungsfähige Feuerwehr in Sachsen aufrechtzuerhalten, ebenfalls eine Rolle spielt.

(Beifall der Abg. Gitta Schüßler und Holger Szymanski, NPD)

Insofern, denke ich, müssen wir dieses Thema viel, viel größer fassen, als nur an einzelnen fachlichen Stellschrauben zu drehen und zu meinen, dadurch könne man das Grundproblem im ländlichen Raum lösen. Wir müssen darüber hinausdenken, und das ist meiner Meinung nach eine Aufgabe der kommenden Staatsregierung: Lösungen zu erarbeiten, die auch jenseits dessen liegen, was im Abschlussbericht an fachlichen Empfehlungen ausgeführt worden ist und von der Politik aufgegriffen werden muss, aber auch den größeren Handlungsrahmen zu erkennen.

Vielen Dank.

(Beifall der Abg. Gitta Schüßler und Holger Szymanski, NPD)

Meine Damen und Herren, das war die erste Runde in der Aussprache. – Gibt es weiteren Redebedarf aus den Fraktionen? – Für die CDU-Fraktion Herr Abg. Hartmann. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, herzlichen Dank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nun, die Debatte ist schon sehr spannend, und dann wird uns vorgeworfen, dass Herr Löffler wenig von dem Thema verstehen würde, obwohl er hier der einzige Feuerwehrmann ist, und uns wird vorgeworfen, wir würden sehr wenig mit den Feuerwehren sprechen.