Protokoll der Sitzung vom 10.07.2014

Durch die nach wie vor existierende Monopolstellung der Deutschen Bahn im Bereich von Netz und Betrieb werden innovative Eisenbahnverkehrsunternehmen in ihrem

Bestreben beschnitten, alternative und langfristig tragfähige Konzepte umzusetzen. Unterschiedliche Trassenpreise wirken wettbewerbsverzerrend, finanzielle Rahmenbedingungen, beispielsweise bei der Fahrzeugfinanzierung oder der Sicherstellung eines modernen Fahrzeugparkes, sind nicht vergleichbar und behindern besonders kleine und mittlere Eisenbahnverkehrsunternehmen.

In unserem heute zur Diskussion stehenden Antrag haben wir diese Situation noch einmal ausdrücklich festgestellt und weisen darauf hin, dass Wettbewerb, meine Damen und Herren, gerade auch im Interesse der Fahrgäste und eines leistungsfähigen und zukunftssicheren Schienenpersonenfernverkehrs aus unserer Sicht unabdingbar ist. Das bedeutet aber auch, dass wir uns gemeinsam darum bemühen müssen, diesen Wettbewerb unter gleichen Rahmenbedingungen für alle Nutzer der Infrastruktur „Schiene“ zu gewährleisten.

Auch mit Blick auf die weitere Ausgestaltung grenzüberschreitender Verkehre und die Schaffung eines europäischen Verkehrsmarktes sehen wir die Notwendigkeit, das bestehende System in Deutschland zu reformieren. Die Monopolkommission des Bundes wie auch die der Europäischen Kommission kommen in unabhängigen Gutachten zu dem Schluss, dass eine strikte Trennung von Netz und Betrieb und die schärfere Kontrolle der Trassenpreisbildung sowie der Trassenzuteilung notwendig sind, um die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene gegenüber dem Straßentransport und eine weitere diskriminierungsfreie Öffnung des Marktes für private Eisenbahnverkehrsunternehmen zu ermöglichen. Diesen Ansatz sollten wir verfolgen. Daher ist dies auch der Grundtenor unseres Antrages.

Wir sehen die strikte Trennung von Netz und Betrieb bei der Deutschen Bahn als den Weg, um eine Marktöffnung und den diskriminierungsfreien Zugang von privaten Eisenbahnverkehrsunternehmen grundsätzlich sicherzustellen. Auf dem Weg dahin sollte die Bundesnetzagentur die Regulierung der Bereiche des Schienenverkehrs stärker als bisher auf mögliche Benachteiligungen und Wettbewerbsnachteile für private Eisenbahnverkehrsunternehmen prüfen und Einfluss auf wettbewerbsverzerrende Regelungen nehmen. Wir haben das ja heute früh schon ausreichend diskutiert und Herr Stange hat es in seinem Redebeitrag ebenfalls hier kundgetan. Ich darf nur an die Preise erinnern von einer einstelligen Zahl für die Leipziger Bahnhöfe zu heute 26 Euro.

Wir sehen die Bahnreform als einen wichtigen und richtigen Schritt hin zur Öffnung des Marktes. Allerdings müssen wir konstatieren, dass wir hier auf dem halben Weg stehengeblieben sind. Unser Antrag soll dafür

sorgen, dass der begonnene Prozess stringent fortgesetzt wird. Mit unseren Forderungen stehen wir auch nicht allein auf weiter Flur – denke ich zumindest; wir haben es heute schon gehört –; auch in anderen Bundesländern mehrt sich der Ruf nach einem echten und konsequenten Richtungswechsel. Wir müssen unser Augenmerk stärker auf die Nutzer, die Fahrgäste, wie auch die Unternehmen richten und Möglichkeiten schaffen, durch alternative Anbieter für transparente Kostenstrukturen, bessere Verkehrsleistungen und eine höhere Auslastung der bestehenden Strecken zu sorgen. Damit gewährleisten wir eine bessere Entwicklung und Unterhaltung der Verkehrsinfrastruktur Schiene.

Mit den vorgelegten acht Punkten bitten wir die Staatsregierung, im Rahmen ihrer Möglichkeiten tätig zu werden und Anstrengungen zu unternehmen, eine tatsächliche Trennung von Netz und Betrieb bei der Deutschen Bahn AG zu erreichen.

Ich bitte daher um Ihre Zustimmung zu unserem vorliegenden Antrag.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Herr Herbst für die FDP-Fraktion, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sachsen ist traditionelles Eisenbahnland. Nicht umsonst ist die erste deutsche Ferneisenbahn, die Leipzig-Dresdner Eisenbahn, 1839 hier in Betrieb gegangen. Heute, 175 Jahre später, haben wir eines der dichtesten Eisenbahnnetze in Deutschland, und dennoch stehen wir vor einem großen Problem: der mangelhaften Fernverkehrsanbindung von weiten Teilen Sachsens – oder man könnte es kurz sagen: alle Städte außer Leipzig.

Unser Ziel ist, meine Damen und Herren, dass Sachsen von der bisherigen Eisenbahnrandlage perspektivisch wieder zum attraktiven Verkehrsknotenpunkt wird. Dafür müssen wir die Weichen stellen. Ich betone aber auch: Das braucht Zeit. Für uns stehen die Fernverkehrsanbindungen von Chemnitz und Südwestsachsen genauso im Vordergrund wie bessere Angebote in Dresden und Ostsachsen.

Meine Damen und Herren, erste Weichen sind gestellt. Der Ausbau der Sachsen-Franken-Magistrale ist abgeschlossen, Leipzig wird an die neue Schnellbahnstrecke Berlin – München angebunden. Das „Strategiekonzept Schiene“ ist mit der Deutschen Bahn auf den Weg gebracht. Es finden in den kommenden Jahren von 2012 bis 2016 Schieneninvestitionen in Sachsen von rund 2,3 Milliarden Euro statt.

Damit sind erste Weichen gestellt, aber – um in der Eisenbahnsprache zu bleiben – die Signale stehen noch längst nicht alle auf Grün. Was uns ernsthaft Sorge macht, ist die wirklich fehlende Wettbewerbssituation, die wir

haben – zum einen im Fernverkehr, dort hat die Deutsche Bahn einen Marktanteil von 98 %; aber wir beobachten auch im Nahverkehr, dass der Wettbewerb und die Wettbewerbsintensität abnehmen.

Welchen Vorteil ein funktionierender Wettbewerb den Kunden bietet, zeigt sich beispielsweise am liberalisierten Fernbusmarkt. Dort haben wir viele neue umsteigefreie Städteverbindungen, wir haben günstige Preise, wir haben viel Komfort – beispielsweise WLAN –, was die Bahn oft nicht zu bieten hat. Deshalb wollen wir im Interesse der Kunden auch auf der Schiene einen lebhaften Wettbewerb.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch der Schienennahverkehr hat vom Wettbewerb dort, wo er gegriffen hat, profitiert; denn nach dem Ende des Bahnmonopols sind durch Ausschreibungen attraktivere Angebote zu günstigeren Kosten entstanden. Dennoch sehen wir, dass es auch dort Probleme gibt, denn die Infrastrukturkosten steigen unaufhörlich. Sie machen mittlerweile bis zur Hälfte der gesamten Bestellkosten aus, und darüber freut sich eigentlich nur einer: die Bahn-Holding.

Deshalb befürworten wir eine stärkere Trennung zwischen Netz- und Bahnverkehrsunternehmen. Wir wollen einen diskriminierungsfreien Zugang aller Bahnunternehmen zum Schienennetz, zu Bahnhöfen und Haltepunkten und zu Serviceeinrichtungen.

Gleiches hat auch die Deutsche Monopolkommission mehrmals in Stellungnahmen angeregt. Durch die Organisationsstruktur der DB AG als Holding mit fünf Tochtergesellschaften wird der Wettbewerb auf der Schiene nicht befördert, sondern behindert.

Wir müssen auch am Thema Transparenz arbeiten, denn solange die Deutsche Bahn nicht alle Kosten und Berechnungen gegenüber der Bundesnetzagentur offenlegen muss, gibt es auch keine effektive Wettbewerbskontrolle.

Meine Damen und Herren, außerdem sind wir der Auffassung, dass Mitbewerber der Deutschen Bahn im Schienenverkehr weder bei Energiekosten noch bei Vergabeverfahren benachteiligt werden dürfen.

Sie sehen, Wettbewerb und das Bekenntnis des Landes zum Ausbau der Schieneninfrastruktur hängen zusammen. Wir gehen jetzt mithilfe von Landesgeldern die Elektrifizierung von Dresden nach Görlitz und von Chemnitz über Geithain nach Leipzig an, auch wenn diese Investitionen eigentlich ureigene Aufgabe des Bundes sind.

Staatsminister Morlok und der tschechische Verkehrsminister haben in der vergangenen Woche eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet, die die Gründung einer Projektgesellschaft für eine Neubaustrecke mit Untertunnelung des Erzgebirgskamms vorsieht. Ich weiß, die GRÜNEN sehen das kritisch. Aber ohne dieses Projekt werden wir es strategisch nicht schaffen, aus der eisenbahntechnischen Randlage Sachsens herauszukommen.

Wir wollen zu einem strategischen Eisenbahnverkehrsknoten werden: zum einen für den Nord-Süd-Verkehr von

Berlin in Richtung Prag, zum anderen für den West-OstVerkehr in Richtung Breslau. Deshalb setzen wir Landesmittel für Elektrifizierungsmaßnahmen ein. Deshalb machen wir beim Bund Druck für mehr Investitionen in die Schiene in Sachsen. Deshalb unterstützen wir alle Maßnahmen, die zu mehr Wettbewerb auf der Schiene führen.

Das alles, meine Damen und Herren, ist kein Selbstzweck, sondern wir wollen, dass die Fahrgäste von attraktiveren Angeboten und guten Preisen profitieren können.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Herr Stange für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Heidan, ich lasse mich gern zitieren, aber nicht gleich in Mithaftung nehmen. Bringen wir also etwas Ordnung hinein, wenn es um die Frage des Wettbewerbs geht.

Wir als LINKE sind bei den Kollegen der FDP oftmals als wettbewerbsfeindlich verschrien. Das sind wir nicht. Allerdings bin ich sehr wohl der Auffassung: Wenn wir den Begriff „Wettbewerb“ verwenden, müssen wir genau hinschauen, was wir damit meinen und auf wessen Kosten der Wettbewerb gestaltet wird.

Lassen Sie mich eingangs einen weiteren Gedanken äußern. Lieber Kollege Heidan, Sie sagten, unterschiedliche Trassenpreise wirkten wettbewerbsverzerrend. Ich bitte Sie, mir nachher beim Sommerfest zu erklären, was Sie damit meinen. Ich glaube, wir müssen einiges trinken, um das zu verstehen. Den Preis für einen Streckenabschnitt zahlt Wettbewerbsunternehmen A genauso wie Wettbewerbsunternehmen B. Insoweit gibt es keinen Unterschied. Deshalb können Sie das wohl nicht gemeint haben. Erklären Sie mir das bitte; Sie können das auch hier machen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, ein Hinweis noch: Unsere Geschäftsordnung sieht zwar kein solches Verfahren vor, aber wir müssten eigentlich beschließen, diesen Antrag der Bundestagsfraktion der CDU zuzuleiten, da es sich in Gänze um eine Aufforderung an den Eigner des Konzerns Deutsche Bahn, den Bund, handelt. Etwaige gesetzliche Veränderungen müssen dort vorgenommen werden. Insoweit ist die Handlungsmöglichkeit der Staatsregierung etwas eingeschränkt.

Andererseits glaube ich, dass der Minister – egal, wer dann diesen Platz besetzen wird – große Probleme mit dem ersten Punkt haben wird. Jetzt gibt es ein Gutachten – ich setze einmal voraus, es wird so umgesetzt –, in dem steht: Handlungsempfehlungen 1 bis 20 – sollte man machen. – Dann steht der Minister wieder da und sagt: Ich wende mich an den Bundesrat.

Ich schlage vor: Leiten Sie das Ihrer Bundestagsfraktion zu! Auf Bundesebene ist man dafür zuständig.

Nächster Punkt: CDU und FDP hatten bis zum Herbst 2013 gemeinsam im Bund regiert. Da haben Sie das alles nicht angefasst.

(Staatsminister Sven Morlok: Das stimmt ja nicht!)

Da haben Sie das alles nicht angefasst.

(Staatsminister Sven Morlok: Das stimmt nicht!)

Zum dritten Mal: Da haben Sie das alles nicht angefasst.

Jetzt, kurz vor der Wahl, versuchen Sie, werbewirksam so zu tun, als ob man da etwas erledigen könne.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich komme zur Wettbewerbsfrage; wir haben das bei der ÖPNV-Fachtagung hier in Dresden gemeinsam erörtert. Sie formulieren in Ihrem Antrag verschiedene Prüfaufträge, auch zur Fahrzeugfinanzierung. Wir haben mit Interesse zur Kenntnis genommen, welche Lösung der Zweckverband Verkehrsverbund Mittelsachsen für den Fahrzeugpool gefunden hat. Die Schwierigkeit tritt dann auf – ich wiederhole es –, wenn man aus dem Wettbewerbsverfahren alle Risiken für die Unternehmen weitgehend herausnimmt und auf den Zweckverband ablädt. Dann bleibt am Ende nur eine große Stellschraube für den Wettbewerb: die Höhe der Einkommen der Beschäftigten des Verkehrsunternehmens.

Wenn Sie einen solchen Wettbewerb wollen, können Sie von uns nicht verlangen, dass wir dem zustimmen. Das geht einfach nicht.

(Beifall bei den LINKEN)

In Ihrem Antrag fehlt auch ein Hinweis darauf, welche Kriterien Sie sich für „optimale Ausschreibungsverfahren“ – so formulieren Sie es – vorstellen können. Welche Kriterien sollen das sein? Spezifizieren Sie das doch einmal! Für mich gehört zum Beispiel ein Sozialstandard in Bezug auf die Beschäftigten auf jedem Fall hinein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann es kurz machen.

(Rolf Seidel, CDU: Das wäre ganz schön!)

Du verstehst doch hiervon sowieso nichts, Rolf. Das ist doch nicht dein Thema.

(Patrick Schreiber, CDU: Deswegen sollst du es ja kurz machen!)