Protokoll der Sitzung vom 10.07.2014

(Patrick Schreiber, CDU: Deswegen sollst du es ja kurz machen!)

Also: Wir sind davon überzeugt, dass man Wettbewerb vernünftig organisieren muss. Man muss tatsächlich die Handlungsweise der Infrastrukturunternehmen der Deutschen Bahn überprüfen. Man muss bei der Bundesnetzagentur wesentlich mehr Handlungsfreiheit – „Beinfreiheit“ hat einmal jemand gesagt – schaffen. Auch dafür bin ich, völlig klar. Aber mit diesem Antrag werden Sie das nicht erreichen. Deshalb werden uns an dieser Stelle wohlwollend der Stimme enthalten.

Danke schön.

(Beifall bei den LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Herr Heidan, eine Kurzintervention?

So ist es, Herr Präsident.

Bitte.

Herr Stange, es gilt immer noch das Sprichwort: „Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps.“ Wir werden das also nicht draußen, sondern hier in der Debatte klären.

Es gibt natürlich unterschiedliche Trassenpreise, und es gibt auch unterschiedliche Stationspreise. Sie haben bemängelt, dass ich das in meinem Diskussionsbeitrag vorhin genauso dargestellt habe. Wir haben zwar auf allen Bundesstraßen gleiche Mautgebühren für Lkws, bald vielleicht auch für Pkws; aber es gibt unterschiedliche Trassenpreise. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis!

Herr Stange, Sie entgegnen.

Es bleibt Heidans Welt.

(Heiterkeit bei den LINKEN)

Wenn es tatsächlich Wettbewerb ist, bewerben sich mehrere Eisenbahnverkehrsunternehmen gleichzeitig um eine Strecke. Wenn Unternehmen X sich um Strecke C und Unternehmen Y um Strecke A bewirbt, dann ist das kein Wettbewerb. Die Unternehmen bewerben sich für ein und dieselbe Strecke – sind wir insoweit einig?

(Frank Heidan, CDU: Da sind wir uns einig!)

In dieser Konstellation gibt es keine unterschiedlichen Trassenpreise. Deshalb kann es auch keine Wettbewerbsverzerrung durch unterschiedliche Trassenpreise geben. Das sollte auch im Vogtland nachvollziehbar sein.

Danke schön.

(Heiterkeit und Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Enrico Stange, DIE LINKE: Das sollte nicht diskriminierend sein!)

Frau Apostel für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Während der letzten Tage ihrer Regierung versuchen CDU und FDP, den Anschein zu erwecken, sie kümmerten sich um die Belange des Schienenverkehrs. Die Koalition wünscht sich in ihrem Antrag mehr Wettbewerb auf der Schiene. Wie dieser Wettbewerb aussehen soll, das sagt der Antrag nicht.

Dafür will sich der Freistaat nun offensichtlich in Belange einmischen, die auf der Bundesebene angesiedelt sind. Das ist im Grunde nicht einmal verwerflich. Aber warum

es gerade Aufgabe der Sächsischen Staatsregierung sein soll zu prüfen, wie eine striktere Trennung zwischen Eisenbahninfrastruktur und Fahrbetrieb erreicht werden kann, ist wenig nachvollziehbar.

Wesentlicher ist doch die Aufforderung des Antrags, die Wettbewerbssituation im Bereich des Schienennah- und -fernverkehrs in Sachsen darzustellen. Meiner Meinung nach braucht es diese Aufforderung durch den Landtag. Das zuständige Ministerium hat davon offensichtlich wenig Ahnung.

(Enrico Stange, DIE LINKE: Die Hausspitze!)

Das zeigt sich in den Antworten auf viele unserer Kleinen Anfragen. Auf unsere Frage, wie sich die Trassen- und Stationspreise in Sachsen in den letzten Jahren entwickelt haben, antwortete das SMWK: „Der Staatsregierung liegt keine Übersicht im Sinne der Fragestellung vor.“ Dabei ist die Kenntnis dieser Faktoren entscheidend für den Wettbewerb auf der Schiene.

Bevor also die sächsische CDU und die sächsische FDP auf Bundesebene über die Zerschlagung der Deutschen Bahn diskutieren, sollten sie erst einmal ihre Hausaufgaben in Sachsen erledigen; denn CDU und FDP haben es geschafft, dass das Bahnland Sachsen immer mehr abgekoppelt ist. Das gilt für den Nahverkehr wie für den Fernverkehr. 1995 gab es in Sachsen noch 21 Bahnhöfe, an denen Fernverkehrszüge gehalten haben. Heute sind es nur noch fünf. 2008 wurden noch rund 80 % der Regionalisierungsmittel an die Aufgabenträger des SPNV weitergeleitet. Heute sind es keine 70 % mehr.

Wir wollen mehr Wettbewerb auf der Schiene. Wie denn, wenn der Fernverkehr mittlerweile an Sachsen vorbeirollt und die schwarz-gelbe Regierung den Zweckverbänden mehr als 132 Millionen Euro kürzt? Fakt ist: Während die Zuweisungen an die Zweckverbände massiv zusammengestrichen werden, haben sich die Preise für Trassen, Stationen, Fahrzeuge und Energie von Jahr zu Jahr erhöht. Die einzige Möglichkeit, die in diesem Fall noch bleibt, um mehr Wettbewerb zu ermöglichen, sind die Personalkosten. Das heißt, wer billiger anbietet, erhält den Zuschlag. Wer seinen Mitarbeitern keinen Tariflohn zahlt, gewinnt die Ausschreibung. Das ist der Wettbewerb à la FDP. Immer auf dem Rücken der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen!

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Wir als SPD sind für einen gesetzlichen Mindestlohn und für ein Vergabegesetz, das auch beim Schienenverkehr auf Tariftreue achtet.

(Zurufe von der CDU)

Ein letztes Wort noch zum kürzlich vorgestellten „Strategiekonzept Schiene“: Zu Recht sprach die „Sächsische Zeitung“ von einer Mogelpackung, garniert mit vielen bunten Bildern, die zumeist gar nicht aus Sachsen waren; denn der Hauptakteur, der Bund, war in die Erarbeitung gar nicht einbezogen. Der Bund als Eigentümer der

Deutschen Bahn und Geldgeber für die Eisenbahninfrastruktur hätte aber unbedingt einbezogen werden müssen.

Dafür will man jetzt laut Antrag mit dem Bund über Markteintrittsbarrieren und Wettbewerbshindernisse

diskutieren. Das zeigt doch ganz deutlich: Dort, wo es nötig ist, wird der Bund außen vor gelassen; dort, wo es nicht nötig ist, will der Freistaat verhandeln.

Deshalb betrachten wir den Antrag der Koalition weder als zielführend noch als entscheidend für die Zukunft des Schienenverkehrs in Sachsen. Solange die Staatsregierung also ihre Hausaufgaben in Sachsen unerledigt lässt und es offensichtlich mit ihrem Einsatz für den Schienenverkehr nicht ernst meint, lehnen wir diesen Antrag ab.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Frau Jähnigen für die GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Selbstverständlich stimmen wir diesem Antrag zu. Er entspricht grundsätzlich grüner politischer Zielstellung, und er zeigt, Herr Kollege Heidan, wie unzufrieden Sie mit dem sogenannten strategischen Konzept des DB-Konzerns für Sachsen sind. Da kann ich wirklich nur sagen: Guten Morgen! Schön, dass Sie jetzt auch aufgewacht sind.

Nur, warum haben Sie das in vier Jahren gemeinsamer Bundesregierung von FDP und CDU nicht vorangebracht? Warum haben Sie es nicht danach in die Koalitionsverhandlungen der nächsten Regierung Merkel eingebracht? Ich weiß, jetzt verstecken Sie sich hinter Ihrem Koalitionspartner. Die CDU versteckt sich immer hinter dem kleineren Koalitionspartner. Aber Fakt ist doch: Die CDU im Bund blockiert jetzt gemeinsam mit der SPD die Trennung von Infrastruktur und Transport. Der integrierte Bahnkonzern ist im Koalitionsvertrag jetzt noch einmal zementiert worden. Während ich häufig aus Sachsen abweichende Stimmen der CDU zur Bundespolitik hören durfte, aktuell immer wieder zum Mindestlohn, scheinen Sie das Thema Wettbewerb auf der Schiene bisher nicht für sich entdeckt zu haben. Zumindest kenne ich keine öffentlichen Statements oder gar Bundesratsinitiativen zu diesem Thema.

Wir GRÜNEN unterstützen den Wettbewerb im Eisenbahnverkehr mit Tariflöhnen, wie bekannt ist, liebe Sozialdemokraten, nicht als Selbstzweck, sondern weil er nachweislich für mehr und bessere Angebote sorgen kann und weil die Einnahmen aus Netz und Station wieder in Netz und Station reinvestiert werden müssen, und zwar hier in Sachsen und nicht irgendwo in Stuttgart oder sonst wo in der Welt. Dann hätten wir es leichter, neue Fahrgäste zu akquirieren, dann hätten wir auch Chancen, neue überregionale Angebote zu machen und natürlich das Bahnnetz in der Fläche des Landes auszubauen.

Schade, dass Sie das jetzt in der allerletzten Plenarsitzung dieses Sächsischen Landtages so verhalten thematisieren

und nicht auf Bundesebene und eben auch nicht gegenüber dem DB-Konzern. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Das gilt für die Verkehrspolitik von CDU und FDP allemal.

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Dr. Müller für die NPD-Fraktion als abschließender Redner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit Jahren wird darüber diskutiert, ob zum Beispiel die striktere Trennung von Eisenbahninfrastruktur und den Transportsparten der Deutschen Bahn AG mehr Wettbewerb auf die Schiene bringen könnte. Genauso lange werden Bundes- und zahlreiche Landesregierungen von eben den Parteien gebildet, die genau darüber zu einer Entscheidung kommen könnten, wenn sie es nur wollten.

Sie reden aber auch über die weitere Infrastrukturentwicklung, so unlängst wieder bei der Vorstellung des Strategiekonzepts Schiene. Man redet von der besonderen Bedeutung und einer besseren Anbindung sächsischer Städte und Regionen an das Fernverkehrsnetz. Dabei weiß mittlerweile fast jedes Kind, dass es auf diesem Gebiet seit 20 Jahren eher bergab ging. Die Elektrifizierung der Bahnstrecken Leipzig – Chemnitz und Dresden – Görlitz/ Landesgrenze wurde immer wieder einmal genannt. Wie oft eigentlich noch bis zur Realisierung? Und das Großprojekt einer Hochgeschwindigkeitsstrecke für Schienengüter- und -personenverkehr von Dresden nach Prag steht als Vision im Raum.

Wir fordern die Fraktionen, die auch die Regierung stellen, auf: Reden Sie nicht länger, sondern handeln Sie! Aber auch im Bahnbereich ist eben leider bisher keinerlei Abkehr von Ihrer gescheiterten Leuchtturmstrategie erkennbar. Milliarden sollen für Prestigeobjekte in den Sand gesetzt werden, die an anderer Stelle fehlen, und insgesamt ist halt zu wenig Geld im System.

Erst letzte Woche kritisierte die Allianz Pro Schiene die im Vergleich zu vielen europäischen Nachbarn zu geringen Mittel für das Schienennetz. Zum Beispiel investierte 2013 die Schweiz 366 Euro pro Bürger, Schweden 160 Euro pro Bürger, die Niederlande 139 Euro pro Bürger und Deutschland gerade einmal 54 Euro pro Bürger.

Aus Sicht der NPD-Fraktion sollte also nicht länger darüber diskutiert werden, wie irgendwie mehr Verkehr auf die Schiene gebracht werden könnte, sondern es muss endlich mehr Geld in die Hand genommen werden. Das Schienennetz gehört dabei ganz klar in staatliche Hände und darf nicht zum Spekulationsobjekt verkommen. Hier läuft die aktuelle Entwicklung leider ins Gegenteil. Ich erinnere nur an die Bahnstrecke Meißen–Döbeln. Anstatt hier notwendige Investitionen vorzunehmen, will die DB

die Strecke für weniger als 1 Million Euro verscherbeln. Das ist der falsche Weg.