Protokoll der Sitzung vom 30.03.2010

(Beifall der Abg. Eva Jähnigen, GRÜNE)

Machen Sie einen wirklichen Staatsumbau und keine Deckmäntelchen, um zu verbrämen, dass Ihnen nichts einfällt, wie Sie Sachsen umbauen können, damit Sie mit weniger Geld ein gutes Land schaffen; denn das ist nicht in Ordnung.

(Beifall bei den GRÜNEN, der Linksfraktion und der SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sprach die Abg. Frau Hermenau. – Als Nächster spricht für die Fraktion der NPD Herr Storr.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was wir heute wieder einmal erlebt haben, war eine inhaltsleere Ankündigungsrhetorik der Regierungskoalition. Man fragt sich in der Tat, welche Standards nun abgesenkt werden sollen.

Wir wissen alle, dass die Einnahmen sinken. Sie, Herr Flath, sind uns im Grunde genommen aber einige Antworten, was die Ursachen angeht, schuldig geblieben. Deshalb werde ich einige Dinge hinzufügen.

Wir müssen uns anschauen, wann Standards gesetzt und ausgeweitet wurden. Das war im Jahre 1969 mit dem Antritt der sozialliberalen Koalition unter Willy Brandt. Man wollte nicht nur mehr Demokratie wagen, sondern man hat mehr Aufgaben erteilt. Diese Reformprojekte in den Siebzigerjahren waren letztlich der Beginn des Schuldenstaates. Nicht nur die sozialliberale Koalition, sondern auch die christlich-liberale Koalition hat weiterhin den Weg in den Schuldenstaat beschritten. Es erscheint mir mehr als unglaubwürdig, wenn eine FDP, die mehr als 30 Jahre in der Bundesregierung vertreten war

(Antje Hermenau, GRÜNE: Das ist schon eine Weile her!)

und dort Zeit genug hatte, ihre Herzensanliegen zu verwirklichen, wie Steuersenkungen und Ähnliches – – Aber die FDP hat zusammen mit der CDU in den Neunzigerjahren die Mehrwertsteuer erhöht. Insofern wird die FDP das, was sie vollmundig verspricht, nicht halten können.

Es zeigt sich, dass wir mittlerweile in einer politischen und finanziellen Sackgasse angelangt sind.

Es bleibt festzustellen: Es sind immer wieder nur Ankündigungen. Das passt zum Beispiel zu der Pressemitteilung des Vorgängers von Herrn Martens, Herrn Mackenroth, der in dieser am 20.06.2006 erklärte – ich zitiere –: „Wir müssen von der Vollkasko-Mentalität wegkommen und größere Freiräume schaffen. Die ausufernde Bürokratie baut immer mehr Rädchen in das Laufwerk unserer Rechts- und Wirtschaftsordnung, die dadurch immer schwerfälliger und störanfälliger wird. Mein Ziel ist es, in Sachsen fühlbar Bürokratie abzubauen. Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften haben wie alles Staatliche letztlich dienende Funktion, sie sind für den Bürger da und nicht umgekehrt.“

Genau das hätte heute auch gesagt werden können.

(Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

Man kann also feststellen: In den fast vier Jahren hat sich nichts geändert. Das wird auch so weitergehen. Nein, ich bin mir sicher, die Dinge werden sich erst unter dem Druck der Verhältnisse ändern.

Ich möchte auch Folgendes sagen: Ein Staat hat gewisse Aufgaben. In der Tat steht die Frage im Raum, welche Standards denn nun gesenkt werden sollen. Sind damit die sozialen Standards gemeint? Natürlich ist es richtig, dass die Bürgerinnen und Bürger Selbstverantwortung bzw. Eigenverantwortung übernehmen sollen, denn die Politik kann nicht alles regeln und lösen. Aber man muss den Bürgerinnen und Bürger auch die Möglichkeit geben, eigenverantwortlich für ihr Leben zu handeln und Selbstverantwortung zu übernehmen.

Diesbezüglich gibt es heute das Problem, dass wir in einem System leben, in dem der Bürger gar nicht mehr in der Lage ist, sich zum Beispiel eine selbstständige Existenz aufzubauen, er auch nicht in der Lage ist, einen Arbeitsplatz mit einem Lohn zu bekommen, von dem man vernünftig leben kann.

Insofern ist die Politik aufgerufen, in diesen Bereichen ordnungspolitisch aktiv zu werden und die Voraussetzungen zu schaffen, um dem Bürger die Möglichkeit der Selbstbestimmung zu geben. Jetzt zu sagen, wir sparen hier und da Geld ein und überlassen den Bürger ohne Alternativen sich selbst, ist keine Politik.

Liebe Bürgerinnen und Bürger! Liebe Landtagsabgeordnete! Ich glaube, ein Problem der Politik besteht heute darin, dass sie nicht mehr gestaltet und keinen Gestaltungswillen mehr formuliert, sondern letztlich die Verhältnisse nur verwaltet und anpasst.

Herr Flath, Sie sagten, wir müssten der Demografie folgen und sozusagen aufgrund des Bevölkerungsrückgangs verwaltungsmäßige Anpassungsprozesse machen.

Ihre Redezeit, Herr Kollege!

Ja, ich habe noch 23 Sekunden Zeit!

Ich glaube, eine Politik, die nur anpasst, hat letztlich jeden Gestaltungswillen verloren und wird scheitern. Wir haben nicht die Möglichkeit, unendlich viel Geld auszugeben; denn das Geld, das wir in den letzten Jahrzehnten ausgegeben haben, hatte der Staat noch nicht einmal vollständig zur Verfügung, sondern er hat Schulden gemacht, um das Geld, das er nicht hatte, ausgeben zu können. Diese Politik, die in den letzten Jahrzehnten betrieben worden ist, wird scheitern.

Danke schön.

(Beifall bei der NPD)

Für die NPD sprach der Abg. Storr. – Ich frage die Staatsregierung, ob sie schon in dieser Runde das Wort nehmen möchte. – Das ist nicht der Fall.

Dann beginnen wir mit der nächsten Rednerrunde. Für die Fraktion der CDU spricht der Abg. Frank Heidan.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrte Damen und Herren der Opposition! Ich finde es ein wenig schade, dass wir die Aktuelle Debatte – –

(Zuruf des Abg. Klaus Bartl, Linksfraktion)

Bleiben Sie ruhig; Sie wissen doch noch gar nicht, worüber ich sprechen will.

(Zurufe von der Linksfraktion und der SPD)

Ich finde es schade, dass Sie diese Aktuelle Debatte nur zum Schlechtreden benutzen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Klaus Tischendorf, Linksfraktion: Wir haben sie nicht beantragt! – Weitere Zurufe von der Linksfraktion, der SPD und den GRÜNEN)

Sie haben ja noch nicht einmal begriffen, worum es geht.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Eine Aktuelle Debatte muss man führen, um etwas anzustoßen.

(Thomas Kind, Linksfraktion: Erzählen Sie was anderes!)

Ich hätte mir von Ihnen gewünscht – das habe ich von keinem Redner hier erfahren können –, dass Sie sagen, welche Vorschläge Sie denn zum Standardabbau haben. Das habe ich nicht verstanden.

(Lachen bei der Linksfraktion und der SPD – Christian Piwarz, CDU: Außer Gelächter nichts zu bieten! – Zurufe des Abg. Klaus Bartl, Linksfraktion – Weitere Zurufe von der Linksfraktion)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Für die Aktuelle Debatte gibt es verschie

dene Instrumentarien. Es gibt die Anfrage, die Kurzintervention und Sie können auch einen Zwischenruf machen. Ich bitte aber darum, dass wir den Geräuschpegel bei einer Aktuellen Debatte senken.

(Klaus Tischendorf, Linksfraktion, steht am Mikrofon.)

Ich sehe am Mikrofon 1 Herrn Tischendorf stehen.

Ich gestatte keine Zwischenfrage, weil ich noch kein inhaltliches Thema angesprochen hatte. Ich weiß gar nicht, worauf Sie, Herr Tischendorf, eingehen wollen. Entschuldigen Sie mal bitte.

(Lachen bei der Linksfraktion und bei der SPD – Klaus Tischendorf, Linksfraktion: Das stimmt allerdings, da haben Sie recht! – Andreas Storr, NPD: Wo nichts gesagt wird, kann man auch nichts fragen!)

Meine Damen und Herren! Ich hätte mir schon etwas mehr Gelassenheit und Sachlichkeit in diesem Raum gewünscht.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Andreas Storr, NPD: Fang mal damit an!)

Schauen wir einmal in die Vergangenheit – ich bin der Meinung, dass wir hier nicht stehenbleiben dürfen –: Wir als Sachsen haben die Standards schon in vielen Bereichen gesenkt. Ich möchte es hauptsächlich im Wirtschaftsbereich deutlich machen. Wir haben die Standards gesenkt, zum Beispiel beim Autobahnbau. Wenn wir alles von den alten Bundesländern übernommen und dies hier nicht durchgesetzt hätten, wären wir heute noch nicht so weit.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Unruhe bei der Linksfraktion)

Aber, meine Damen und Herren, die Zeit geht weiter und wir dürfen nicht stehenbleiben. Das ist der Punkt, den Sie als Opposition gar nicht realisiert haben. Wir dürfen nicht stehenbleiben und müssen Dinge ansprechen, bei denen Veränderungen notwendig sind.

(Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion: Welche?)

Das sage ich Ihnen. Sie haben mich jetzt herausgefordert; ich wollte zwar noch etwas mehr ausholen, aber ich mache es an dem Beispiel des Straßenbaus fest. Wir haben heute die Situation, dass wir Bundes- und Staatsstraßen mit ordentlichen Standards bauen. Das geht bei der Beleuchtung los, mit den Abständen der Revisionsschächte weiter usw. usf. Das geht so weit, dass wir Brücken über Autobahnen bauen, worüber noch nie ein Reh gelaufen ist. Aber nur für diese Tiere haben wir letztendlich diese Brücken gebaut.