Protokoll der Sitzung vom 30.03.2010

Sie sprachen von Details; ja, es mag ein Detail sein, aber ich denke, behinderte Menschen haben auch Anspruch auf die Höhe des Lichtschalters. Es sind keine Peanuts. Was Sie hier dargestellt haben, hielte ich, wenn Sie es denn so deutlich gesagt haben, zumindest für behindertenunfreundlich.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Das war die erste Kurzintervention der Fraktion DIE LINKE. – Herr Staatsminister, Sie können darauf reagieren, wenn Sie möchten.

Das mache ich. – Um auf Ihre Frage zu reagieren: Es muss doch erlaubt sein, in der politischen Diskussion technische Details anzusprechen, von denen man überlegen kann, ob sie im Einzelnen notwendig sind – nämlich dann, wenn bestimmte Einrichtungen nur geför

dert werden, wenn zum Beispiel zwei Lichtschalter vorhanden sind: einer in einer Höhe nach DIN und einer weiter unten –, oder ob man nicht eine Höhe finden kann, die selbstverständlich für Behinderte erreichbar ist.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Niemand möchte etwas anderes. Aber da geht es schon darum, dass Sie offensichtlich nicht bereit sind, über pragmatische Lösungen nachzudenken, ohne von vornherein die Unterstellung eines behindertenunfreundlichen Verhaltens zu haben.

Das ist das Problem und deswegen ist es so schwierig, sich in diesem Land über Fragen wie diese zu unterhalten.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Gibt es in dieser 1. Aktuellen Debatte weiteren Redebedarf? – Aus den Fraktionen? – Aus der Staatsregierung? – Das kann ich nicht erkennen. Damit ist diese 1. Aktuelle Debatte abgeschlossen und wir kommen zu

2. Aktuelle Debatte

Verhinderung des bürgerschaftlichen Engagements durch die Staatsregierung – die LandesSeniorenVertretung nur ein Beispiel von vielen!

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Als Antragstellerin hat zunächst die Fraktion DIE LINKE das Wort; Herr Pellmann, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, diese Debatte, die wir beantragt haben – wir werden im Verlauf darauf zurückkommen –, ist im Unterschied zur bisher abgelaufenen, zumindest was das Ergebnis betrifft, wirklich aktuell.

Mehrmals und immer wieder haben wir in diesem Hause – wir waren uns darin in manchen Punkten einig – deutlich gemacht, dass bürgerschaftliches Engagement zu den Grundwerten und Notwendigkeiten eines demokratischen Gemeinwesens gehört.

Aber das, meine sehr verehrten Damen und Herren, was die Staatsregierung in den letzten Wochen und Monaten durch die Mittelkürzungen – verbrämt als Haushaltssperre oder durch andere Begriffe – vorgeführt hat, das ist nicht, wie Sie in Ihrem Koalitionsvertrag angekündigt haben, Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements. Das ist nichts anderes als Behinderung des bürgerschaftlichen Engagements, und das muss angesprochen werden.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Ich weiß nicht, ob Sie nicht in dieser Welt leben, aber wir zumindest – und ich weiß, auch Sie bekommen das, erhalten täglich Protestnoten aus ganz Sachsen – sehen, dass Menschen, die sich seit Jahren bürgerschaftlich auf verschiedenen Ebenen engagieren, einfach völlig verwundert und frustriert sind, wie mit ihrem Engagement umgesprungen wird.

Wenn wir heute in unserem Thema die LandesSeniorenVertretung besonders hervorgehoben haben, dann ist es in der Tat eine von vielen. Aber es ist eine besondere Heraushebung nötig, denn wir haben hier – das ist vielleicht nicht bekannt – eine gänzliche Streichung der Mittel. Sie sorgen dafür, dass die LandesSeniorenVertretung nicht mehr arbeitsfähig ist.

Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um 16 000 Euro pro Jahr für eine Landesvertretung – nicht für irgendeinen kleinen Verein. Es kann nicht angehen – wahrscheinlich steckt das dahinter –, dass eine unliebsame Institution, die Vertreter aus ganz Sachsen, aus den Kommunen vereint, über den kalten Weg ausgeschaltet werden soll; nämlich dadurch, dass Sie ihr sämtliche Mittel entziehen. Das können wir nicht hinnehmen und das kann auch nicht in Ihrem Sinne sein.

Was uns die Sprecher mehrerer Fraktionen berichtet haben, wie mit diesem Ehrenamt, das die älteren Menschen unter Aufbietung vieler eigener Kräfte, auch mancher eigener finanzieller Mittel aufbringen, von einer speziellen Abteilungsleiterin im Ministerium umgesprungen worden sein soll, muss ich sagen, das bitte ich dann doch aufzuklären. Wenn es sich so darstellt, wie es uns glaubhaft berichtet wurde, dann erwarte ich von der Ministerin, dass sie hier zumindest eingreift, um Porzellan zu kitten.

Der letzte Punkt dazu. Wissen Sie, Sachsen – das ist eigentlich traurig genug – will immer das Vorzeigebundesland sein. Im Jahr 2020 wollen Sie die Zielmarke erreicht haben. Aber im Augenblick begeben wir uns durch die Streichung dieser Mittel und die Ausschaltung einer wichtigen engagierten Institution in diesem Lande auf den Weg, dass sich Sachsen vor allen anderen Bundesländern blamiert. Denn wir wären das einzige Bundesland, das dann in der entsprechenden Bundesarbeitsgemeinschaft nicht mehr vertreten wäre; in dem die Senioren keine Stimme mehr aus Sachsen hörbar machen könnten. Wenn Sie das wollen, dann müssen Sie weiter so verfahren. Aber das ist genau das Gegenteil von dem, was Sie im Koalitionsvertrag verankert haben, und das zeigt nichts anderes, als: versprochen und am Ende gebrochen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Herr Pellmann sprach für die einbringende Fraktion DIE LINKE. – Ich gebe

noch einmal die weitere Reihenfolge in der ersten Runde bekannt: CDU, SPD, FDP, GRÜNE, NPD; die Staatsregierung, wenn gewünscht. – Als Nächster spricht Kollege Krauß für die CDU-Fraktion.

Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Titel Ihrer Debatte, die Sie eingereicht haben, ist schon irreführend und abwegig, wenn Sie sagen, die Staatsregierung würde bürgerschaftliches Engagement verhindern.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Das ist die Wahrheit!)

Man muss zu Beginn erst einmal sagen, dass eine ehrenamtliche Tätigkeit dort stattfindet, wo der Staat nur am Rande gebraucht wird. Das ist in erster Linie keine bezahlte Tätigkeit. Zwei von dreien, die sich ehrenamtlich engagieren, bekommen dafür keinen Heller. Sie bekommen keine Fahrt- oder Telefonkostenerstattung und sie bekommen auch kein Porto erstattet. Das ist der Regelfall: dass man ehrenamtliche Tätigkeit macht und nichts dafür bekommt. Das meint auch das Wort „Ehrenamt“; ansonsten würde man von einer bezahlten Tätigkeit sprechen.

Wir haben auch Ausnahmen, die gut und richtig sind und die wir gewollt haben. Es gibt welche, die von ihrem Verein Porto und ihre Telefon- oder Fahrtkosten erstattet bekommen. Und wir haben einen gewissen Satz – das sind noch weniger von den ganz vielen Tausenden Menschen, die bei uns im Lande ehrenamtlich engagiert sind –, die zum Beispiel über „Wir für Sachsen“ bis zu 40 Euro im Monat bekommen, um ihre Monatskarte bezahlen zu können. Der Grundgedanke war einmal, dass man damit eine Monatskarte finanzieren kann.

Aber der Regelfall – das haben Sie durcheinandergebracht – ist, dass man für das Ehrenamt kein Geld vom Staat bekommt. Wir haben ein sehr großes ehrenamtliches Engagement bei Feuerwehren und Kirchen, Seniorengruppen usw. Dafür sind wir sehr dankbar und der Staat unterstützt das. Wir haben auch im Koalitionsvertrag gesagt: Wir wollen ehrenamtliches Engagement unterstützen.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Darüber haben wir schon gesprochen. Wir haben lange darüber diskutiert, was wir den Feuerwehren geben, weil wir sie in ihrem Ehrenamt unterstützen wollen. Wir haben die Jugendleiterpauschale bei den Sportvereinen, wir haben Steuerbegünstigungen für diejenigen, die ehrenamtlich tätig sind, und wir haben Sachsen in diesem Jahr mit 5 Millionen Euro ausgestattet, um Ehrenamtsförderung zu finanzieren. Sie sind leider etwas zu wenig darauf eingegangen, sondern zur LandesSeniorenVertretung geschwenkt. Ich hätte mir gewünscht, dass wir mehr über das Thema Ehrenamtsförderung sprechen; aber offensichtlich haben Sie daran nicht viel auszusetzen.

(Dr. Dieter Pellmann, Linksfraktion: Im Unterschied zu Ihnen …!)

Deswegen will ich zum Thema LandesSeniorenVertretung übergehen. Die LandesSeniorenVertretung wird ja, Kollege Pellmann, über die Richtlinie Soziale Arbeit gefördert bzw. sie wurde es im vergangenen Jahr. Die Altenverbände in diesem Bereich sind in diesem Jahr kaum von Kürzungen betroffen.

(Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion: Was?)

Voriges Jahr wurden 97 000 Euro ausgereicht. Dieses Jahr sind 95 000 Euro eingestellt, also 2 000 Euro weniger; das ist eigentlich überhaupt nichts.

Herr Kollege Pellmann, das Problem bei der LandesSeniorenVertretung ist doch folgendes: Wenn man Fördermittel erhalten will, muss man einen Antrag stellen, der ordentlich formuliert ist. Daran hat es bei der LandesSeniorenVertretung gemangelt. Der Antrag ist nicht ordnungsgemäß gestellt worden. Dabei gab es Hilfs- bzw. Beratungsangebote. Man hat gesagt: Stellt den Antrag so! Formuliert das ein bisschen anders! Ihr müsst überlegen, was ihr hineinschreibt, damit es mit den Vorgaben der Richtlinie übereinstimmt.

Das ist leider nicht geschehen. Ich bedauere es, dass die Hilfe, die von Amts wegen angeboten wurde, nicht aufgegriffen worden ist. Nichtsdestotrotz steht es der LandesSeniorenVertretung auch heute noch offen, einen ordentlichen Antrag zu stellen.

Ich halte auch den Vorwurf an das Ministerium für falsch. Wenn eine Referatsleiterin frühzeitig darauf hinweist, was in der Förderrichtlinie steht und wie man dementsprechend den Antrag formulieren sollte, dann kann ich nur sagen: Vielen Dank an das Ministerium, dass es diesen Hinweis gegeben hat! – Man sollte nicht den Überbringer einer schlechten Nachricht steinigen wollen.

Lassen Sie eine Zwischenfrage zu, Herr Kollege?

Ja, bitte schön.

Bitte, Herr Kollege Hahn.

Herr Kollege Krauß, ich möchte Sie gern fragen, woher Sie als Landtagsabgeordneter den Inhalt von bei der Staatsregierung eingereichten Anträgen von Institutionen kennen und weshalb Sie beurteilen können, ob diese Anträge korrekt oder nicht korrekt, vollständig oder unvollständig ausgefüllt sind. Ich habe noch nie einen Antrag, der bei der Staatsregierung eingereicht worden ist, im Formular und mit der entsprechenden Begründung gesehen. Wären Sie so nett, dem Hohen Hause zu sagen, woher Sie diese Kenntnisse haben?

Herr Kollege Hahn, ich habe die Anträge auch nicht gelesen. Die Staatsregierung muss sie mir nicht vorlegen, um sie bearbeiten zu können. Aber ich führe Gespräche sowohl mit Vertretern der Staatsregierung als auch mit Vertretern der Verbände, auch mit

der LandesSeniorenVertretung. Deren Vertreter waren auch bei anderen Mitgliedern des Hauses zu Gast. In diesem Rahmen haben wir über das Problem gesprochen, auch über die Hilfsangebote vonseiten der Staatsregierung. Ich danke der Staatsregierung noch einmal dafür, dass sie Unterstützung beim Ausfüllen der Anträge signalisiert hat.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Ob man die Gesprächsangebote wahrnimmt und sich beraten lässt, ist in das Belieben eines jeden Verbandes gestellt. Wenn man nicht hingeht, ist das auch in Ordnung. Man darf sich aber im Nachgang nicht darüber beschweren, dass man kein Geld bekommt, weil der Antrag den Förderbedingungen nicht entspricht.

Lassen Sie mich zusammenfassen: Sowohl die Staatsregierung als auch die regierungstragenden Fraktionen unterstützen das bürgerschaftliche Engagement. Das haben wir in den vergangenen Jahren getan; wir werden es auch zukünftig tun. Wir sind das Bundesland, das das Ehrenamt am meisten unterstützt. Ehrenamtsförderung in dieser Größenordnung ist nur in Sachsen vorhanden. „Wir in Sachsen“ gibt es nur in Sachsen. Kein anderes Bundesland finanziert ehrenamtliches Engagement mit so viel Geld, wie das bei uns der Fall ist. An der Ehrenamtsförderung wollen wir festhalten, auch wenn die Zeiten schwierig sind. Unterstützen Sie uns dabei, dass das bürgerschaftliche Engagement in Sachsen weiterhin so gut ausgeübt werden kann, wie es derzeit der Fall ist!

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsministerin Christine Clauß)