„Gemeinsam“ heißt für mich, die bisherigen Finanzierungsleistungen des Bundes in der Bildung anzuerkennen; aber diese dürfen auch nicht eingeschränkt werden. Auch der Bund wird von einer Stärkung der Finanzkraft der Länder für die Bildung profitieren, weil gut ausgebildetes Personal ein wichtiger Standortvorteil für Deutschland ist und überdies zum Beispiel weniger Geld für Nachqualifizierung oder Arbeitslosigkeit bedeutet.
Die Regierungschefs der Länder erwarten deshalb zu Recht vom Bund, dass die Länder mit zusätzlichen Umsatzsteuermitteln unterstützt werden. Die Bundesländer würden sich dann verpflichten, diese zusätzlichen Mittel ausschließlich für die Umsetzung auf dem Gebiet des 10-%-Ziels des Bildungsgipfels zu verwenden. Nun sollten wir aber die momentanen Gespräche und Verhandlungen abwarten und nicht aus dem Schnell-ThemenBesetzung-Spielchen heraus einen Schnellschuss starten.
Auch führen die Antragsteller jetzt die vermeintliche Sorge vor Kürzungen im Rahmen des Doppelhaushalts an. Die Haushaltsverhandlungen laufen noch. Sie laufen
im Moment auf Abteilungsleiterebene innerhalb der Staatsregierung, aber noch lange nicht im Landtag. Erst wenn die Staatsregierung den Haushalt verabschiedet und dem Landtag übersandt hat, ist der richtige Zeitpunkt zur Beratung im Plenum. Nun sage ich einmal: Manchmal sind die GRÜNEN ihrer Zeit voraus, doch hier wollen sie einen Beschluss vor Ende der Verhandlungen auf Bundesebene – im Juni ist Termin – und sie wollen Festlegungen in Bezug auf den sächsischen Doppelhaushalt, den wir hier im Plenum im Dezember beschließen werden.
Dieses Vorauseilen ist dann doch zu groß. Wir machen nicht mit bei dem Spiel des schnellen Themenbesetzens und werden den Antrag ablehnen.
Das war Herr Michel von der CDU-Fraktion. – Ich rufe nun die Fraktion DIE LINKE auf. Das Wort hat Herr Prof. Besier.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Aus dem zur Debatte stehenden Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Sorge um die künftige Finanzierung von Bildung und Forschung in diesem Land. Meine Fraktion DIE LINKE teilt diese Sorge. Das Ziel von Bund und Ländern, bis 2015 10 % des Bruttoinlandsproduktes – 3 % für Forschung, 7 % für Bildung – auszugeben, erscheint doch angesichts der gegenwärtigen finanziellen Lage mehr als gefährdet, denn das entspräche einem prognostizierten Gesamtetat von rund 282 Milliarden Euro. Aber diese Steigerung ist nötig, um zu jenen OECD-Ländern aufzuschließen, die bei Bildungsausgaben im oberen Bereich liegen.
Eine Studie im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung vom Dezember 2009 hat ergeben, dass jährlich etwa 32,3 Milliarden Euro investiert werden müssten, um dieses Ziel zu erreichen. Nach Anwendung aller statistischen Tricks – ich will diese nicht wiederholen, Frau Giegengack hat sie erwähnt – in den Finanzministerien kommen Bund und Länder aber nur auf einen Investitionsbetrag von 13 bis 16 Milliarden Euro pro Jahr.
Im Juni 2010 findet das nächste offizielle Treffen, der nächste Gipfel von Bund und Ländern in dieser Sache statt. Ich nehme an, Sie nehmen diesen Termin noch wahr. Ich bin durch den Vorredner jetzt etwas verunsichert. Aufgrund der Wirtschaftskrise ist das BIP wahrscheinlich auch geschrumpft. Aber was bedeutet das für die getroffenen Vereinbarungen und wie gedenkt der Freistaat, seinen sich daraus ergebenden Verpflichtungen gerecht zu werden? Das Vertrackte auf diesem Sektor besteht doch einerseits darin, dass sich die Nichteinhaltung der vereinbarten Größenordnungen nicht sofort für jedermann sichtbar auswirken wird. Andererseits lässt sich das jetzt Vernachlässigte, das jetzt Versäumte in absehbarer Zeit
kaum mehr aufholen. Die nächsten Generationen werden im internationalen Vergleich unweigerlich ins Hintertreffen geraten, wenn wir jetzt nichts tun.
Dazu trägt ein weiteres Problem bei, auf das die Studie der Böckler-Stiftung ebenfalls verweist. Aufgrund der beschlossenen Schuldenbremse muss in den Ländern bis 2020 die Neuverschuldung auf null reduziert werden. Ich zitiere aus der Studie: „Die Schuldenbremse führt dazu, dass Ländern und Kommunen die finanzielle Grundlage für eine gestaltende Bildungspolitik entzogen wird.“
Je nach Wohnort dürften sich die Unterschiede in den Bildungs- und damit in den Lebenschancen in Deutschland nochmals verstärken. Diese Unterschiede werden sich verschärfen. Es spielt dann schon eine Rolle, ob man in Stuttgart groß wird oder in irgendeiner Stadt im östlichen Deutschland.
Dass die Opposition angesichts dieser verfahrenen Lage darauf wartet, endlich über die Lösungsstrategien der Staatsregierung informiert zu werden, ist meines Erachtens mehr als verständlich. Das nächste Mal treffen wir uns hier Ende April, und dann ist es bis Juni nicht mehr weit. Daher stimmen wir dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu.
Vielen Dank, Herr Prof. Besier von der Fraktion DIE LINKE. – Die SPD-Fraktion ist an der Reihe. Frau Dr. Stange, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin erst einmal sehr dankbar für diesen Antrag, auch dafür, dass dieser Antrag noch rechtzeitig gekommen ist und nicht, wie Herr Michel sagte, als populäres und schnelles Thema. Immerhin war der erste Bildungsgipfel – das muss ich nicht wiederholen – im Jahr 2008. Meine Frage zielte vorhin genau in die Richtung, dass bis Ende 2009 bereits das vorliegen sollte, was wir jetzt im Juni 2010 vielleicht präsentiert bekommen, nämlich, wie diese 10 % erreicht werden sollen.
Ich möchte mich erst einmal ganz herzlich bei den noch anwesenden beiden Fachministern bedanken, die es offenbar erreicht haben – nicht nur diese beiden, sondern die Fachminister aus den Ressorts Wissenschaft und Kultus –, dass nicht die Finanzminister in dieser Diskussion die Oberhand gewonnen haben und wir am Ende vielleicht noch etwas aus den Bildungsetats hätten herausgeben müssen, weil das Bruttoinlandsprodukt gesunken ist und weil gegengerechnet wurde, sondern dass wir wenigstens auf der Linie von 13 Milliarden Euro plus gelandet sind. Dafür meinen herzlichen Dank. Ich hoffe, Sie können es bis zur Ministerpräsidentenkonferenz durchhalten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Bildung kostet, keine Bildung kostet mehr“, das ist kein Spruch der SPD gewesen, auch kein Spruch der Linken, sondern es war eine Studie der Bertelsmannstiftung vor nicht allzu langer Zeit, die nachgewiesen hat, welche Kosten bzw. welche Ausgaben auf das Land zukommen, wenn es nicht gelingt, die Gruppe der Risikoschüler, der Kinder und Jugendlichen, die nicht einmal auf Grundbildungsniveau ausgebildet sind – das ist in Deutschland jeder fünfte Jugendliche –, endlich aus diesem Loch herauszuholen.
Bis zum Jahr 2090 werden dem Land 2,8 Billionen Euro entgehen, wenn im Bildungssystem nicht bald umgesteuert wird. Das bedeutet für Sachsen unter anderem: Pro Kopf der heutigen Bevölkerung entgehen einem heute geborenem Kind über die nächsten 80 Jahre – das ist etwa das Lebensalter – aufgrund unzureichender Bildung 16 000 Euro. Da ist Sachsen noch gut dran, denn im Durchschnitt sind es 34 000 Euro an zusätzlichem Bruttoinlandsprodukt. In Hessen und Nordrhein-Westfalen sind es pro Kopf 35 000 Euro Bruttoinlandsprodukt.
Also Bildung kostet, keine Bildung kostet deutlich mehr. – Es ist hier nicht der Ort und die Zeit, auf die einzelnen Punkte einzugehen. – Deswegen hat es übrigens beim Bildungsgipfel, der leider wie ein Tiger startete und dann wie ein Bettvorleger landete, auch einige inhaltliche Leitsätze gegeben – nicht nur die 10 %, die angestrebt werden, sondern auch inhaltliche Punkte, die die Länder abarbeiten sollen.
Der erste Punkt hieß: Bildung soll in Deutschland höchste Priorität haben. Der zweite Punkt: Jedes Kind soll bestmögliche Startbedingungen bekommen, jeder soll einen Schul- und Berufsabschluss schaffen können, jeder soll eine Chance auf Aufstieg durch Bildung haben, mehr junge Menschen sollen ein Studium aufnehmen, mehr Menschen sollen für naturwissenschaftliche Berufe begeistert werden und mehr Menschen sollen die Möglichkeit zu einer Weiterbildung nutzen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit diesem Antrag geht es nicht nur darum, wie wir es schaffen, diese 13 Milliarden Euro umzusetzen, sondern es geht darum, womit wir sie füllen. Frau Giegengack hat vorhin einige inhaltliche Punkte genannt, und die Linien aus dem Bildungsgipfel sind vorgezeichnet.
Mich würde interessieren, was vonseiten der Staatsregierung, insbesondere vonseiten der Fachressorts, eingebracht wird, um anschließend diese zusätzlichen Mittel zu rechtfertigen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Deutschland hat seit vielen Jahren – nicht erst seit dem Jahre 2008 und nicht erst, seitdem die Bundeskanzlerin die Bildungsrepublik ausgerufen hat – einen enormen Nachholbedarf in der Finanzierung der Bildung. Andere Länder haben uns im OECD-Vergleich längst überholt und schon vor etlichen Jahren begonnen, die Bremsen zu lösen und wesentlich mehr in Bildung zu investieren.
Ich erinnere an den Ausbau des frühkindlichen Bereichs, aber auch an die Hochschulen, bei denen wir Nachholbedarf haben, was unsere Studierenden angeht. Wir liegen heute bei circa 8,6 % des Bruttoinlandsprodukts für Bildung, Forschung und Entwicklung. Bei Bildung sind es im Jahre 2007 gerade einmal 6 % gewesen; also unter dem Strich – die Zahlen wurden bereits genannt – 60 Milliarden Euro unter dem Durchschnittswert der OECD-Länder, von dem wir uns noch weit entfernt sehen.
Meine Frage an die Landesregierung ist konkret: Es wird derzeit darüber diskutiert, ob es eine Umsatzsteuerregelung gibt und der Bund durch Umsatzsteuerpunkte dem Land entsprechend Geld zur Verfügung stellt oder ob der Bund die Finanzierung über Programme übernimmt. Ich halte die Finanzierung über Programme, zum Beispiel das Schulsozialarbeiterprogramm oder den Ausbau der Kindertagesstätten, sicherlich für eine kurzfristige, aber keine dauerhafte Lösung, denn Programme – siehe Hochschulpakt 2020 – sind immer zeitlich befristet.
Herr Michel, wenn Sie sagen, dass der Bund bis zum Jahr 2015 12 Milliarden Euro mehr ausgibt, dann müssen Sie genauer hinschauen. Es sind insgesamt über die Jahre gerechnet 12 Milliarden Euro. Wir sprechen aber über jährlich plus 13 Milliarden Euro. Um diese Herausforderung geht es.
Für Sachsen würde das bedeuten, wenn der Königsteiner Schlüssel angewendet würde und sich der Bund bereit erklärte, 40 % der Mittel zu übernehmen, dass wir unsere Bildungs- und Forschungsausgaben um 400 Millionen Euro aufstocken müssten. Ich bin gespannt, wie dies in die Haushaltsverhandlungen – die Zeit bestünde jetzt gerade noch – aufgenommen wird, um das Ziel von 10 % für Sachsen zu erreichen.
Ich danke Ihnen, Frau Dr. Stange. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Prof. Dr. Schmalfuß. Bitte, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Kein Talent soll unentdeckt bleiben, kein Schüler, kein Student oder Nachwuchswissenschaftler soll auf der Strecke bleiben. Genau deshalb sind Investitionen in Forschung und Bildung Investitionen in die Zukunft.
Bereits auf dem Dresdner Bildungsgipfel im Jahr 2008 haben Bund und Länder vereinbart, die Ausgaben für Bildung und Forschung auf 10 % des Bruttoinlandsprodukts bis zum Jahre 2015 zu steigern. Nach dem Bildungsgipfel im Dezember 2009 im Kanzleramt wurde die Finanzierungslücke auf circa 13 Milliarden Euro beziffert, um die vom Bund und den Ländern festgelegten Bildungsziele zu erreichen. Der Bund ist bereit, davon 40 % zu übernehmen. Dazu leistet die aktuelle schwarz-gelbe Landes- und Bundesregierung einen wichtigen Beitrag.
Allein der Bundeshaushalt für 2010 sieht vor, zusätzlich 750 Millionen Euro in Bildung und Forschung zu investieren: ein erster Schritt bei der Umsetzung des Koalitionsvertrages, der vorsieht, dass der Bund in dieser Legislaturperiode insgesamt 12 Milliarden Euro mehr für diese zentralen Zukunftsfelder zur Verfügung stellen wird.
So sind im aktuellen Haushalt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung bereits der Ausbau des BAföG und der Aufbau eines nationalen Stipendienprogramms berücksichtigt. Mit diesem Stipendienprogramm soll jungen Menschen die Aufnahme eines Studiums erleichtert werden. Ziel ist es, dass 10 % aller Studierenden – das sind allein im Freistaat Sachsen circa 10 000 Studierende – ein monatliches Stipendium unabhängig vom Einkommen der Eltern erhalten.
Im Fokus stehen dabei die Studenten mit guten Noten. Dort setzt das Stipendienprogramm, das auf Leistungsbereitschaft und Chancengleichheit orientiert, an. Das Stipendienprogramm ist ein wichtiger Schritt in Richtung der 10-%-Marke. Es wird eine gemeinsame Initiative von Bund und Land sein, und es wird dazu beitragen, dass sich die Wirtschaft an Investitionen in Bildung beteiligt, also eine Initiative, meine Damen und Herren, die ganz dem Anliegen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN entspricht.
Des Weiteren haben sich CDU und FDP in Sachsen für die Einführung von Innovationsgutscheinen ausgesprochen. Damit setzen wir auf eine innovative Forschungspolitik, die gezielt auf eine stärkere Kooperation und den Austausch zwischen Wirtschaft und sächsischen Forschungseinrichtungen setzt. Diese haben wir mit einem entsprechenden Antrag bereits auf den Weg gebracht.
Auch auf Bundesebene hat sich Schwarz-Gelb darauf verständigt, speziell im Forschungsbereich die HightechStrategie weiterzuentwickeln, um verstärkt Innovationen in Zukunftsbranchen zu fördern. Das spiegelt sich auch im aktuellen Haushalt der Bundesregierung wider.
Herr Schmalfuß, ich knüpfe an das zuletzt von Ihnen Gesagte an. Der Aufwuchs im Bereich Forschung und Entwicklung plus 5 % für außeruniversitäre Forschungseinrichtungen bedeutet nicht nur für den Bund, dass er zum Beispiel mehr in die Leibniz-Institute zu finanzieren hat, sondern auch für das Land. Welche Vorstellungen sind diesbezüglich in Ihrer Fraktion entwickelt worden, um diesen Aufwuchs, der bisher lediglich 3 % betragen hat, in den nächsten Jahren auf 5 % umzusetzen?
Frau Stange, Sie sprechen die aktuelle Diskussion an, die auch schon im Plenum stattgefunden hat, obwohl wir den Haushalt 2011/2012 noch nicht vorliegen haben. Im Rahmen dieser
Haushaltsverhandlungen wird es darauf ankommen – natürlich auch für meine Fraktion –, dass die Koalition die Bereiche Innovation und Forschung stärkt. Es ist wichtig, dass wir trotz der zurückgehenden Haushaltsmittel – wir haben allein jährlich 200 Millionen Euro weniger Solidarpakt-II-Mittel zur Verfügung – die von Ihnen angesprochenen Felder Forschung und Innovation weiter stärken und das ehrgeizige Ziel von 5 %, also diese 10-%Marke, erreichen. Sie als Opposition sind eingeladen, diesen Kurs der schwarz-gelben Landesregierung zu unterstützen.
Ich komme zu meinem Redebeitrag zurück. Die Projektmittel in den Zukunftsbereichen Lebenswissenschaften, Klima, Umwelt und neue Technologien werden insgesamt auf 1,6 Milliarden Euro und damit um 13 % gegenüber dem Vorjahr erhöht. Die Stärkung von Spitzenforschung und Innovation ist ein Ziel eines Förderschwerpunktes für die neuen Länder. Mit zusätzlichen 21 Millionen Euro wird dieser Förderbereich auf 143 Millionen Euro ausgebaut. Darüber hinaus fließen erhebliche Fördermittel aus dem übrigen BMBF-Förderprogramm in Zukunftsprojekte in den neuen Ländern.
Werte Kollegen der Fraktion GRÜNE, Sie sehen, die schwarz-gelbe Regierung hat den richtigen Kurs eingeschlagen.