Protokoll der Sitzung vom 31.03.2010

Der Landesbeauftragte ist mit dieser Arbeit ein wichtiges Bindeglied zwischen Schule, Sozialarbeitern und Zeitzeugen. Neben den bereits erwähnten Ausstellungen und Theaterprojekten sind es gerade auch die authentischen Berichte der Opfer der DDR-Diktatur, die junge Leute zum Nachdenken über das Unrechtsregime anregen können.

Ab dem 1. Halbjahr 2009 wurde die Aufklärung über die Instrumentalisierung des Rechtes und der Justiz in der DDR auch in die Ausbildung der Rechtsreferendare aufgenommen. Das Sächsische Staatsministerium der Justiz hat zusammen mit dem Landesbeauftragten ein Fortbildungsseminar für Rechtsreferendare konzipiert, das sowohl in Leipzig als auch in Dresden und Chemnitz angeboten wurde. Im Hinblick auf das positive Echo soll das Angebot künftig ein fester Bestandteil der Referendarausbildung werden. Das von Herrn Beleites vermittelte

Hintergrundwissen wird also für die künftigen Rechtsanwälte, Verwaltungsjuristen und Richter zum wichtigen Baustein ihrer Ausbildung. Auch 20 Jahre nach der Friedlichen Revolution gehört die juristische Aufarbeitung der Folgen der Diktatur nach wie vor zum Justiz- und Verwaltungsalltag. Das ist eben nicht nur zu historisieren, es ist nicht nur abzulegen, sondern es ist nach wie vor tatsächliches Geschehen in der Justiz und in der Verwaltung, mit dem wir uns auseinandersetzen müssen.

(Beifall bei der FDP, der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

An den Gerichten selbst wurde die Ausstellung „Im Namen des Volkes“ über die Justiz im Staat der SED gezeigt – ein Gemeinschaftsprojekt des Bundesjustizministeriums, des Landesbeauftragten und des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Europa. Die Ausstellung widmet sich der Justizgeschichte im Osten Deutschlands in den Jahren 1945 bis 1990.

Dass es eben nicht nur um die historische Aufarbeitung der SED-Diktatur geht, sondern auch auf gesetzgeberischer Seite weiter etwas getan werden muss und die Staatsregierung dies tut, mag an einem angefügten Beispiel deutlich werden: Der Bundesrat hat erst im Februar auf Initiative Sachsens mit anderen Bundesländern die Einbringung eines Gesetzentwurfes zur Änderung des strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes in den Deutschen Bundestag beschlossen. Opfer politischer Verfolgung in der ehemaligen DDR erhalten seit September 2007 eine monatliche Zuwendung in Höhe von 250 Euro, wenn sie eine mit der rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbare Freiheitsentziehung von mindestens sechs Monaten erlitten haben und wirtschaftlich beeinträchtigt sind.

Mit der jetzt vorgelegten Gesetzesinitiative werden diese Vorschriften modernisiert. Bei der Anwendung des Gesetzes hat sich beispielsweise gezeigt, dass Anspruchsberechtigte mit Kindern benachteiligt werden, da das Kindergeld bei der Feststellung der Bedürftigkeit auf die Leistungen angerechnet wird. Das ist eine Ungerechtigkeit, die es zu beseitigen gilt, meine Damen und Herren. Mit der Gesetzesinitiative sind wir dabei sicher ein großes Stück vorangekommen; aber – das sei auch gesagt – der Gesetzgeber kann das Unrecht des SED-Regimes nicht aufarbeiten, er kann es nicht wiedergutmachen. Das können wir nicht. Aber wir können gemeinsam mit dem Landesbeauftragten die Geschichte aufarbeiten, bewusst machen und das Bewusstsein für die Gefahren schärfen, die drohen, wenn man meint, Demokratie sei verzichtbar.

Die Arbeit des Landesbeauftragten wird von der Staatsregierung ausdrücklich weiterhin unterstützt und begrüßt. Es gibt noch viel zu tun.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Ich lasse nun über die Beschlussempfehlung des – – Herr Abg. Bandmann, eine Intervention?

Frau Präsidentin! Ich möchte als Berichterstatter noch eine Klarstellung vornehmen.

Das ist natürlich berechtigt.

Einer der Redner verwies darauf, dass die Behörde fünf Stellen hätte: einen Behördenleiter und die entsprechenden Mitarbeiter. Es sind einschließlich des Behördenleiters lediglich vier Stellen. Es ist wichtig, dass dies nicht als Irritation im Raum stehen bleibt.

Gut. Das war eine Richtigstellung des Berichterstatters.

Meine Damen und Herren! Ich würde nun gern zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses in der Drucksache 5/1864 kommen und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Ich sehe eine Reihe von Stimmenthaltungen, keine Gegenstimmen und eine große Mehrheit von Dafür-Stimmen. Damit ist der Beschlussempfehlung zugestimmt worden. Ich schließe den Tagesordnungspunkt und rufe auf

Tagesordnungspunkt 6

Verhältnismäßigkeit von Umweltzonen gewährleisten – Umweltschutz und Interessen der Betroffenen in Einklang bringen

Drucksache 5/1869, Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP

Es beginnt in der Diskussion die CDU, danach folgen FDP, DIE LINKE, SPD, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Ich erteile nun der CDUFraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! „Kaum weniger Feinstaub, aber viel heiße Luft“, so schrieb die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ unlängst in Bezug auf den Ablauf des ersten Umweltzonenjahres in Deutschland.

Die auffallende Schweigsamkeit von Behörden und Umweltschutzorganisationen wird angesichts der mageren Resultate verständlich. Die Feinstaubwerte in den Umweltzonen gingen lediglich um circa 4 % zurück und liegen damit innerhalb des Messfehlerbereiches. Damit wir im Freistaat Sachsen nicht die gleichen Fehler wie andere deutsche Bundesländer machen, wollen wir als CDU/FDP-Koalition mit unserem Antrag zum Thema „Verhältnismäßigkeit von Umweltzonen gewährleisten – Umweltschutz und Interessen der Betroffenen in Einklang bringen“ einen Beitrag leisten.

Ich möchte zunächst auf die bisherigen Erfolge bei der Reduzierung der klassischen Luftschadstoffe hinweisen. Aufgrund der verantwortungsvollen Umweltpolitik unter Führung der CDU ist es in den vergangenen Jahren gelungen, eine deutliche Reduzierung der klassischen Luftschadstoffe wie Schwefeldioxid, Benzol, Arsen oder Blei zu erreichen, und das Niveau bei Stickstoff zumindest auf einem stagnierenden Niveau halten zu können – und das bei einer Zunahme des motorisierten Individualverkehrs im Freistaat Sachsen.

Im Mittelpunkt aller Luftreinhaltepläne und als Grundlage für eine derartige Entscheidung stehen die Gesundheits

vorsorge und vor allem die Schadensabwehr, das heißt, bei allen Diskussionen um das Wie und Warum muss man sich vor Augen halten, dass es um Leib und Leben unserer Bürgerinnen und Bürger geht. Es geht nicht darum, jemanden zu ärgern oder finanziell zu belasten, sondern es geht darum, Einwohner und Besucher unserer Großstädte vor den unverhältnismäßig hohen gesundheitlichen Belastungen durch Feinstaub oder Stickoxide zu bewahren.

(Beifall bei der CDU, der FDP und den GRÜNEN)

Jährlich sterben in Deutschland circa 50 000 Menschen und in der Europäischen Union circa 300 000 Menschen an den Folgen überhöhter Luftschadstoffe. Das sollte ein deutliches Signal dafür sein, dass hier Handlungsbedarf besteht.

Nach § 47 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der 22. Bundes-Immissionsschutzverordnung müssen Luftreinhaltepläne aufgestellt werden, wenn die Grenzwerte für Luftschadstoffe nach den Richtlinien der EU überschritten werden. Die EU-Richtlinie über Luftqualität und saubere Luft sieht die Möglichkeit vor, unter bestimmten Voraussetzungen eine Fristverlängerung bis Juni 2011 für die Einhaltung der Grenzwerte für PM10 zu beantragen.

Ich denke – um das noch einmal zu unterstreichen –, durch diese Zahlen wird deutlich, dass hier Handlungsbedarf besteht

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

und die Forderungen der Europäischen Union nicht aus der Luft gegriffen sind, sondern eine Berechtigung haben.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: So ist es!)

Durch den Feinstaub entstehen vor allen Dingen Gesundheitsrisiken im Bereich der Atemwegserkrankungen, chronische Bronchitis bei Kindern sowie Erkrankungen des Herz- und Kreislaufsystems.

Unser Antrag soll aber auch eine wissenschaftliche Betrachtung des gesamten Sachverhaltes der Luftschadstoffreduktion sein, weil wir verhindern wollen, dass die Städte im Freistaat Sachsen womöglich teuren und letztlich wenig wirksamen Instrumenten nacheifern, nur weil das bereits 40 Städte in Deutschland getan haben. Es fehlen dazu verlässliche Langzeitergebnisse. Aber auch aus den bisher vorliegenden Ergebnissen wird deutlich, dass das Instrument der Umweltzone nicht unbedingt zu den wirksamsten gezählt werden kann.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Welche denn dann?)

Die Wissenschaftler haben zum Beispiel anhand von Messungen in den Jahren 2003 und 2004 in Leipzig festgestellt, dass nicht der Autoverkehr der Feinstaubgenerator ist, sondern die Sonne. Das klingt zwar ein wenig seltsam, aber es ist nachgewiesen, dass an Tagen mit hoher Sonneneinstrahlung die Werte für PM10 deutlich über denen liegen, an denen die Sonne nicht scheint.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Herr Lichdi, wenn Sie eine Frage haben, können Sie diese gern stellen, aber wenn Sie bloß reinrufen, kann ich Sie nicht verstehen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

In größeren Städten liegen die Werte für Feinstaub deutlich über denen im ländlichen Raum – das ist logisch. Sie sind in den Städten ungefähr doppelt so hoch, sodass sich die Herausforderungen im Freistaat vor allem auf die großen Städte wie Dresden, Leipzig und Chemnitz konzentrieren. Auch dort differieren die Werte. In Dresden sind beispielsweise 21 000 Einwohner betroffen, die an stark befahrenen Straßen leben. Demzufolge ist Handlungsbedarf erkennbar.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Wie ich schon sagte, beträgt das für den Straßenverkehr nur einen Bruchteil und erreichen die Schätzungen – je nachdem, wie der ideologische Standort des Schätzers einzuordnen ist – 3 bis 20 % des gesamten Feinstaubaufkommens. Von daher ist die bisherige Aussperrung von circa sieben Millionen Fahrzeugen in Deutschland – was einer Reduktion im Promillebereich entspricht – durchaus kritisch zu hinterfragen.

Herr Lichdi hatte auch nach anderen Möglichkeiten gefragt. Dazu möchte ich ein paar nennen: Das ist zum einen die Umweltzone. Ich will sie gar nicht verdammen, denn sie ist ein Instrument, das man durchaus nutzen sollte. Aber es gibt noch andere Möglichkeiten. Ich möchte auf die Tempo-30-Zonen verweisen. Man muss wissen, dass zum Beispiel in Dresden die durchschnittliche Geschwindigkeit, die man mit dem Auto zurücklegen kann, bei circa 24 km/h liegt

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Bei 27!)

und eine Tempo-30-Zone, wenn sie verhältnismäßig und ausgewogen eingesetzt werden kann, ein alternatives Instrument darstellen könnte.

Erhöhte Schadstoffemissionen treten bei Beschleunigungsvorgängen auf. Wenn man einen konstanten Verkehrsfluss erzeugen könnte, ließen sich dadurch auch die Feinstaubemissionen reduzieren. Wissenschaftler haben das ausgerechnet und sehen die maximale Minderungsmöglichkeit bei rund 40 %. Eine deutliche Reduzierung ist also möglich.

Wir wollen mit unserem Antrag aber auch die Unterstützung für zukünftige Mobilitätskonzepte erzeugen. Dabei spielen vor allen Dingen moderne Fahrzeugflotten der Unternehmen eine wichtige Rolle, aber auch die Elektromobilität wird künftig vor allem in den Städten eine viel zentralere Rolle einnehmen können. Das ist keine Zukunftsmusik. Ich konnte mich daran erst kürzlich bei einem Besuch mit Kollegen von Breitenbuch beim Rektor der Bergakademie in Freiberg, Herrn Prof. Meyer, überzeugen, der uns seinen neuen Dienstwagen, einen kleinen Elektroflitzer, gezeigt hat. Man sieht daran, dass es heutzutage schon möglich ist, sich mit Elektrofahrzeugen fortzubewegen.

Wir möchten die Mobilität unserer Bürgerinnen und Bürger nicht durch Aktionismus einschränken und auch nicht den Unternehmen die Chance verwehren, ihre Fahrzeuge mit umweltfreundlichen Technologien auszurüsten. Es ist aber bei einigen Dieselfahrzeugen technisch kaum möglich bzw. nur mit wirtschaftlich nicht vertretbaren Kosten zu machen, wodurch die Sinnhaftigkeit einer solchen Zwangsmaßnahme kritisch zu hinterfragen ist.

Generell sollte es das Ziel der Stadtverwaltungen sein, gemeinsam mit den Verkehrsunternehmen eine Umverteilung des Individualverkehrs hin zu umweltverträglicheren Verkehrsmitteln zu erreichen, die für die Bürgerinnen und Bürger bezahlbar und gleichzeitig flexibel sind.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Es geht dabei in erster Linie um die umfassende Beschleunigung des öffentlichen Verkehrs durch ein intelligentes und flexibles Verkehrsmanagement und den Einsatz neuer Technologien. Es geht dabei um die Fahrplantreue, um eine Verdichtung der Taktzeiten und um die Verbesserung der Anschlussqualität bei gleichzeitigem Verzicht auf eine Verlangsamung, denn die Qualität soll auf diesem hohen Niveau beibehalten werden.