Protokoll der Sitzung vom 31.03.2010

Umweltzonen sind auch für mich das letzte Mittel, um die Belastung durch Feinstaub und Stickstoffdioxid zu senken. Wenn allerdings wie in Leipzig kein anderer Weg zum Erfolg führt, dann muss die Kommune über solche Maßnahmen reden und sie letztendlich auch in den Luftreinhalteplan aufnehmen.

Umweltzonen treffen dann im Gegensatz zu drastischen Maßnahmen wie City-Maut und kompletten Fahrverboten nur Fahrzeuge mit hohen Schadstoffemissionen.

Meine Damen und Herren! Umweltzonen sind wirksam. Die Auswertung der ersten Stufe der Berliner Umweltzone zeigt: Der Dieselrußausstoß sank um 24 %. Die Stickstoffoxidemission ging um 14 % zurück. 2007 und 2008 hatte Berlin keine PM10-Grenzwertüberschreitung. 2009 hatte Berlin lediglich an einer von 13 Messstellen eine geringe Überschreitung. Wenn ich gering sage, meine ich, dass nicht an 35 Tagen, sondern an 39 Tagen der Grenzwert überschritten wurde.

Zum Vergleich: In Leipzig war das 2009 an 51 Tagen und in Dresden an 42 Tagen der Fall.

Sollten sich die Kommunen für diese Lösung entscheiden, empfehle ich, rechtzeitig den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern sowie mit Vertretern der Wirtschaft zu führen, und das insbesondere, um Ärger zu vermeiden.

Das ist auch ein Argument der Handwerkskammer in Leipzig gewesen, die sich mit Recht besonders darüber mokiert hat, dass von der Stadt nicht schon frühzeitig auf die Wirtschaft zugegangen wurde, sondern die Wirtschaft jetzt innerhalb von wenigen Monaten gezwungen ist zu reagieren. Ich darf das auch noch einmal sagen: Leipzig war die einzige Stadt in Deutschland, die ihren Luftreinhalteplan noch nicht auf dem Stand hatte, der hätte sein müssen – die einzige Stadt in Deutschland.

Meine Damen und Herren! Es gibt 40 Städte in Deutschland, die Umweltzonen haben. Die Erfahrungen dort zeigen, dass die Auswirkungen für Handel und Gewerbe durchaus beherrschbar sind, natürlich vorausgesetzt, man redet frühzeitig mit den Betroffenen. Der Handlungsspielraum der Kommunen ist groß. Wichtig ist, dass die Kommunen aktiv werden und nicht – wie in Leipzig – erst handeln, wenn das Vertragsverletzungsverfahren von der EU bereits angedroht ist.

Das Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft und das sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie beraten die Kommunen gern zu den Erfolgsaussichten ihrer Maßnahmen. Dabei stehen Umweltzonen – ich darf das noch einmal betonen – nicht an erster Stelle, aber ausschließen können wir sie eben auch nicht. Die Kommunen sollten dieses Instrument vielmehr bewusst nutzen, und zwar dann, wenn es keinen anderen Weg gibt, um die Luftqualität zu verbessern.

Insofern, meine Damen und Herren, darf ich Ihnen empfehlen, dem Antrag der Koalitionsfraktionen zuzustimmen. Wir werden, wenn wir den Bericht geben, noch Gelegenheit haben, über das Thema vertieft zu diskutieren.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wird von der Koalition das Schlusswort gewünscht? – Bitte, Herr Abg. Heinz.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Idee ist natürlich grundsätzlich richtig. Gegen das Ziel, gesunde Umweltbedingungen, Gesundheitsvorsorge und Schadensabwehr zu betreiben, kann niemand etwas haben, obwohl sich natürlich gelegentlich der Verdacht aufdrängt, dass die Gefährlichkeit parallel mit der Entwicklung der technischen Messmöglichkeiten verläuft.

Gut gemeint ist bei dem Ziel natürlich nicht auch gleich gut gemacht. Erste Erfahrungen zeigen uns ja, dass die tatsächlich eingetretenen Verbesserungen – falls es überhaupt welche gibt – im Toleranzbereich der Messgeräte liegen. Die Hauptursache für die Erhöhung der Feinstaubkonzentration, die meteorologischen Bedingungen, können wir leider nicht abstellen. Wir können und wollen die Kommunen auch zu nichts zwingen, wollen aber mit diesem Antrag noch einmal darauf hinweisen, dass es vielleicht wirksamere Maßnahmen als Fahrverbote in Umweltzonen gibt, welche in der Regel zweifelhaften Nutzen und hohen wirtschaftlichen Schaden bedeuten. Solche Maßnahmen könnten sein: Lkw-Routen-Konzepte, Straßenausbau, attraktiverer ÖPNV, grüne Welle, Kreisverkehr, verkehrsberuhigende Maßnahmen, wobei ich darunter kein Fahrverbot verstehe.

Generell wäre es auch klug, weg von Tagesmittelmesswerten hin zu Mittelmesswerten über größere Zeiträume zu gehen. Wenn man sich die Messwerte ansieht, können wir feststellen, dass wir die höchste Belastung zu Silvester zu verzeichnen haben. Also müsste eine logische Konsequenz sein, dass in Umweltzonen zu Silvester keine Knaller mehr gezündet werden dürfen. Die nächsthöheren Belastungen haben wir am 30. April, wenn die Hexenfeuer angezündet werden. Die wiederum nächsthöhere Belastung gibt es am 24. Juni, wenn die Sonnenwendfeuer angezündet werden.

(Zuruf der Abg. Dr. Jana Pinka, Linksfraktion)

Die werden natürlich zugegebenermaßen am wenigsten in den Umweltzonen der Innenstädte angezündet. Das will ich gern zugestehen.

Noch nicht statistisch abgesichert ist, ob in der Weihnachtszeit, wenn die Räuchermänner qualmen, auch die Feinstaubbelastung in den Umweltzonen dramatisch ansteigt.

Ich will damit darauf hinweisen, dass das eigentliche Problem bei der Feinstaubbelastung meiner Meinung nach nicht im Außen-, sondern im Innenbereich liegt. Das sind Räume, in denen geraucht werden darf, in denen diverse Laserdrucker oder andere technische Geräte stehen. Das geht bis hin zu den berühmten Räucherkerzen.

Ich möchte damit um Zustimmung für unseren Antrag werben und Sie auffordern, in den Kommunen, falls Sie dort in den Parlamenten verankert sind, dafür zu sorgen,

dass wirklich nur sinnvolle und wirksame und keine hochplakativen, aber mit wenig praktischem Nutzen versehenen Maßnahmen in die Pläne zur Luftreinhaltung eingebracht werden.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie uns jetzt abstimmen über den Antrag in der Drucksache 5/1869. Es ist punktweise Abstimmung beantragt worden.

Ich beginne mit dem Abschnitt I Punkt 1. Wer möchte die Zustimmung geben? – Die Gegenstimmen, bitte? – Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Stimmenthaltungen und Stimmen dagegen wurde Punkt 1 dennoch mit Mehrheit zugestimmt.

Ich rufe auf Punkt 2. Die Zustimmung, bitte? – Und die Gegenstimmen? – Und die Stimmenthaltungen? – Auch hier gleiches Abstimmungsverhalten, Punkt 2 wurde mit Stimmen dagegen und Stimmenthaltungen mehrheitlich zugestimmt.

Ich rufe auf Punkt 3. Wer möchte die Zustimmung geben? – Die Gegenstimmen, bitte? – Die Stimmenthaltungen? – Auch hier wieder gleiches Abstimmungsverhalten, Punkt 3 wurde mit Mehrheit zugestimmt.

Ich rufe auf Punkt 4. Wer möchte die Zustimmung geben? – Die Gegenstimmen, bitte? – Die Stimmenthaltungen? – Auch hier wurde wieder mit Stimmenthaltungen und Stimmen dagegen Punkt 4 dennoch mit Mehrheit zugestimmt.

Ich komme zu Punkt 5. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Und die Stimmenthaltungen? – Auch hier wieder gleiches Abstimmungsverhalten, Punkt 5 wurde mit Mehrheit zugestimmt.

Ich rufe auf Punkt 6. Wer möchte die Zustimmung geben? – Die Gegenstimmen? – Die Stimmenthaltungen? – Auch hier Stimmenthaltungen und Gegenstimmen, dennoch wurde Punkt 6 mit Mehrheit zugestimmt.

Ich komme zu Punkt 7. Wer möchte die Zustimmung geben? – Die Gegenstimmen? – Die Stimmenthaltungen? – Auch hier wieder gleiches Abstimmungsverhalten, Punkt 7 hat die Mehrheit erreicht und ist damit angenommen.

Ich rufe auf Abschnitt II. Wer möchte die Zustimmung geben? – Die Gegenstimmen, bitte? – Und die Stimmenthaltungen? – Auch hier wurde mit Stimmenthaltungen und Stimmen dagegen dem Abschnitt II mit Mehrheit zugestimmt.

Ich lasse noch einmal über den gesamten Antrag in der Drucksache 5/1869 abstimmen und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Die Gegenstimmen? – Und die Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und einer ganzen Reihe von Stimmen dagegen wurde der Antrag dennoch mit Mehrheit angenommen.

Meine Damen und Herren! Damit ist dieser Tagesordnungspunkt beendet.

Ich muss jetzt noch einmal auf den Tagesordnungspunkt 4 zurückkommen.

Fortsetzung Tagesordnungspunkt 4

(Unruhe bei den Fraktionen)

Meine Damen und Herren! Ich würde Sie sehr darum bitten, hier weiter konzentriert zu arbeiten. Es hat Irritationen zur Überweisung des NPD-Gesetzentwurfes gegeben. Ich möchte deshalb noch einmal diese Abstimmung zur Überweisung wiederholen. Wir haben nämlich neue Regelungen in der Geschäftsordnung, von denen ich eine übersehen habe. Ich bitte dafür um Entschuldigung. Ich möchte, dass das korrekt ist. Deshalb wiederhole ich jetzt diese Abstimmung zur Überweisung des Entwurfs zum Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaates

Sachsen, eingebracht von der Fraktion der NPD in der Drucksache 5/1879.

Es ist vorgeschlagen worden, an den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss zu überweisen. Wer dieser Überweisung zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Da es mehr Stimmen dafür als Gegenstimmen gegeben hat, ist die Überweisung beschlossen.

Damit schließe ich diesen Tagesordnungspunkt 4.

Wir gehen wieder nach vorn zu

Tagesordnungspunkt 7

Senkung des Mehrwertsteuersatzes für verschreibungspflichtige Medikamente sowie für Heil- und Hilfsmittel auf sieben Prozent

Drucksache 5/821, Antrag der Fraktion DIE LINKE, mit Stellungnahme der Staatsregierung

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen, und zwar in bewährter Reihenfolge: DIE LINKE, CDU, SPD, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn sie das wünscht. Ich erteile der Linksfraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Das Grundprinzip der Preisbildung ist jedem bekannt: Es ist Angebot und Nachfrage. Bei verschreibungspflichtigen Medikamenten ist die Sache etwas komplizierter. Der Arzt verordnet, der Patient/die Patientin geht mit dem Rezept in die Apotheke. Der Preis spielt für den Patienten, den Arzt oder den Apotheker erst einmal keine Rolle. Die Krankenkasse begleicht die Rechnung, bezahlen müssen es alle Versicherten. Über 30 Milliarden Euro haben die gesetzlichen Krankenkassen im Jahr 2009 für Arzneimittel ausgegeben. In Sachsen ist das die Rekordsumme von 1,8 Milliarden Euro.

Deshalb bringen wir heute unseren Antrag zur Senkung der Mehrwertsteuer für verschreibungspflichtige Medikamente sowie für Heil- und Hilfsmittel von 19 auf 7 % ein. Ich denke, Sie, Frau Ministerin, sind da mit im Boot. Lassen Sie uns gemeinsam beim Finanzminister, der sehr weit weg von Ihnen sitzt, im Bundesrat eine Gesetzesinitiative erwirken, die darauf abzielt, den Mehrwertsteuersatz zu senken. Denn Medikamente sind der zweitgrößte Kostenfaktor im Gesundheitswesen. Das ist ein wesentlicher Grund dafür, dass die Kassen Zusatzbeiträge verlangen müssen.

Bisher hat die Politik nur an den Problemen herumgedoktert: preisgünstige Nachahmerprodukte, Zuzahlungen, Rabattverträge. Das eigentliche Virus, die explodierenden Kosten für innovative Medikamente, hat die Politik nicht in den Griff bekommen. Begründet wird das mit notwendigen Forschungsausgaben. Doch die wenigsten deutschen Pharmafirmen forschen noch.

Viel schwerer fällt die freie Preisbildung ins Gewicht, die es so nur noch in Deutschland gibt. Nirgendwo sind die Arzneimittelpreise so hoch wie in Deutschland. Sie liegen 30 % höher als im europäischen Durchschnitt. Von den 27 EU-Staaten verlangen nur zwei einen höheren Mehrwertsteuersatz als Deutschland. Das sind Bulgarien und Dänemark. 23 der 27 EU-Staaten erheben keine oder eine ermäßigte Mehrwertsteuer. In den meisten EU-Ländern bestimmen nationale Behörden die Preise für Arzneimittel. Dabei ist der Prozess der Preisbildung bei erstattungsfähigen Medikamenten gesetzlich geregelt.

Werter Herr Staatsminister Unland, das Mehrwertsteuersystem ist vom Grundgedanken her entsprechend dem steuerfreien Existenzminimum sozial gestaltet. So werden lebenswichtige Güter und Leistungen entweder von der