Protokoll der Sitzung vom 28.04.2010

Herr Ulbig, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Sonst hätte ich nicht unterbrochen.

Bitte, Frau Jähnigen.

Danke schön. – Ich hatte das Problem der zu langen Einsatzzeiten bei Gefährdung von Leib und Leben angesprochen. Wird es eine Definition solcher Einsatzzeiten als Maßstab für eine Personal- und Einsatzortbemessung geben?

Ja, daran bin ich selbst interessiert. Denn ich denke, es sollte den Menschen über solche Einsatz- und Interventionszeiten zukünftig vom Grunde her eine Aussage gemacht werden können.

Jetzt noch ein paar Worte zu dem, was in der Debatte eine Rolle gespielt hat und derzeit in den Medien kursiert. Sie werden Verständnis dafür haben, dass ich mich an diesen Spekulationen nicht beteilige.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Aber auch nicht dementiere?!)

Wir sind derzeit in den Haushaltsverhandlungen. Wir haben einen Eckwertebeschluss und arbeiten an diesen Projekten. Spekulationen sind aus meiner Sicht überhaupt nicht hilfreich und der Sache zuträglich. Heute berichtet die Zeitung über dieses Projekt, morgen wird vielleicht jenes Modell in den Mittelpunkt gestellt.

Sie haben völlig recht, dass dadurch eine Verunsicherung in der Polizei eintreten könnte. Vor diesem Hintergrund haben wir ja diese offene Projektarbeitsgruppenarbeit gewählt, um die Möglichkeit der Einbeziehung der Argumente auch aus dem Bereich der Kolleginnen und Kollegen zu berücksichtigen. Auf dieser Grundlage werde ich

dann den Innenausschuss und selbstverständlich auch den Landtag über die Ergebnisse unterrichten. Vor diesem Hintergrund halte ich jetzt einen separaten neuen Bericht, der an dem alten Auftrag von 2009 orientiert ist, nicht mehr für erforderlich.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Frau Friedel, Sie stehen schon bereit für das Schlusswort für die einreichende SPD-Fraktion. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Karabinski, ich möchte mich in meinem Schlusswort gern mit Sachargumenten auseinandersetzen und bitte Sie daher um Verständnis, dass Ihr Beitrag dabei nicht vorkommen wird.

(Beifall bei der SPD)

Herr Bandmann, Sie haben gesagt, die SPD hat den Stellenabbau mit beschlossen. Da haben Sie recht. Natürlich, den haben wir mit beschlossen. Herr Jurk hat auch erzählt, wie es dazu kam. Der Berichtsauftrag des Landtages ist genau eine Folge dessen, dass wir gesagt haben: Wenn wir das mittragen – mit etwas Bauchweh –, dann möchten wir sichergehen, dass diese Entscheidung vernünftig ist. Wie können wir dabei sichergehen? Indem wir feststellen: Lässt sich dieser beschlossene Stellenabbau im Hinblick auf die neu hinzukommenden Aufgaben nach dem Wegfall der Schengengrenzen aufrechterhalten oder nicht? Das ist der Kern des Berichtsantrages gewesen. Der lautet wörtlich: „Im Jahr 2009 ist die Stellenausstattung der Polizei erneut einer Überprüfung zu unterziehen.“ Das bezieht sich auf den Wegfall der Schengengrenzen. Das ist die neue Aufgabe, die hinzukommt. Aber es ging darum, generell die Stellenausstattung der Polizei einer Überprüfung zu unterziehen. Das leistet der Bericht eben nicht.

Herr Staatsminister, wenn Sie meine Anfrage zitieren, um den geforderten Bericht vorzulegen, dann werden Ihnen die fünf Fragen, die danach kommen, nicht entgangen sein. Die machen eben genau auf die Lücken aufmerksam, die der Bericht zurücklässt.

Die Anhörung im Juni wird sich deshalb wie der Bericht auch auf ausgewählte Bereiche beschränken, auf Episodisches. Das wird nicht weiterhelfen.

Sie haben beim Thema Aufgabenkritik auf die von Ihnen eingesetzte Projektgruppe verwiesen. Das ist etwas Gutes. Deren Ergebnisse sind aber schon angesprochen worden. Ich habe jetzt verstanden, dass die Projektgruppe der Aufgabenkritik dient. Die Ergebnisse dazu werden im vierten Quartal vorliegen. Wie wollen Sie Haushaltverhandlungen ohne die Ergebnisse dieser Projektgruppe, ohne einen konkreten Stellenbedarf bestehen?

(Beifall bei der SPD)

Ich kann es mir nicht vorstellen.

Ich ärgere mich auch ein bisschen darüber, dass diese Diskussion sehr oft auf das Thema Grenzkriminalität und Kfz-Diebstahl verengt wird. Natürlich sind das wichtige Handlungsfelder. Hier versucht die Staatsregierung auch, etwas zu tun. Aber es geht doch um viel mehr. Es geht um Präsenz. Es geht um Prävention. Es geht eben nicht zuletzt auch um die Situation der Beschäftigten in der Polizei. Wir müssen uns auch einmal überlegen, in welcher Situation die Frauen und Männer bei der Polizei arbeiten müssen, und zwar unter dem Stellenabbau und den sich gleichzeitig entwickelnden Aufgaben. Der demografische Wandel musste als Stichwort herhalten.

Ein guter Bekannter sagte einmal – und da hat er sehr recht –:

Frau Friedel, ich bitte Sie, langsam zum Schluss zu kommen.

– Ich habe noch 21 Sekunden.

„Der demografische Wandel ist kein geografischer Wandel.“ Sachsen bleibt so groß, wie es ist, und die Wege bleiben so weit, wie sie sind. Das muss man berücksichtigen. Jetzt bin ich doch bei Herrn Karabinski. Da reicht es eben nicht mit Blick auf die Beschäftigten, mal schnell deren Arbeit zu loben, dafür Beifall zu holen und dann zu glauben, man habe den Beschäftigten geholfen.

(Beifall bei der SPD und der Linksfraktion)

Meine Damen und Herren! Das war das Schlusswort von Frau Friedel für die SPD-Fraktion.

Ich stelle nun die Drucksache 5/2090 zur Abstimmung. – Ich sehe noch Herrn Gerstenberg am Mikrofon.

Herr Präsident! Unsere Fraktion beantragt die Einzelabstimmung über die beiden Punkte des Antrages.

Damit liegt der Antrag vor, dass wir über die Punkte 1 und 2 einzeln abstimmen.

Ich stelle jetzt den Punkt 1 der Drucksache 5/2090 zur Abstimmung. Wer für diesen Punkt ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Punkt 1mehrheitlich abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über Punkt 2 des vorliegenden SPD-Antrages. Wer für diesen Punkt 2 ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Bei einigen Stimmenthaltungen und einigen Stimmen dafür ist mehrheitlich der Punkt 2 auch abgelehnt.

Damit erübrigt sich eine Gesamtabstimmung über den vorliegenden Antrag der SPD-Fraktion. Damit ist die Drucksache 5/2090 nicht beschlossen und der Tagesordnungspunkt beendet.

Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zu

Tagesordnungspunkt 10

Kein Anbau der gentechnisch veränderten Kartoffel Amflora in Deutschland

Drucksache 5/2089, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Fraktionen können zu diesem Antrag Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde: GRÜNE, CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, NPD und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Für die einreichende Fraktion spricht der Abg. Michael Weichert.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 19. April wurde in MecklenburgVorpommern, in Bütow an der Müritz, unter Polizeischutz auf circa 20 Hektar die genveränderte Kartoffelsorte Amflora ausgebracht. In Deutschland ist das der erste und bisher einzige Standort.

In einer normalen Kartoffel sind zwei Stärkekomponenten vorhanden, nämlich Amylopektin und Amylose. Während Amylose geliert, kann Amylopektin verdicken und kleben. Bei vielen industriellen Anwendungen, beispielsweise in der Papier-, Garn- und Klebstoffindustrie, will man entweder die eine oder die andere Stärke verwenden.

Meine Damen und Herren! Bei Amflora wird Amylopektin gewonnen. Die Stärkeproduzenten erwarten einen zusätzlichen Marktwert von 100 bis 200 Millionen Euro im Jahr. Das verspricht die BASF Plant Science, die die Patentrechte auf Amflora hält. BASF erwartet Lizenzeinnahmen von 20 bis 30 Millionen Euro für jedes Anbaujahr. Nur darum geht es nämlich, meine Damen und Herren.

Wie anders ist es denn zu erklären, dass zwei der ganz großen Stärkeproduzenten, die Firma „Avebe“ und die „Emsland Group“, ganz deutlich sagen, dass sie nur gentechnikfreie Stärkekartoffeln in allen ihren Werken verarbeiten und auch selbst Kartoffeln anbauen, die durch traditionelle Züchtung einen hohen Amylopektinanteil haben? Warum also nutzen die, die professionell mit Kartoffelstärke arbeiten, nicht die angeblich so gewinnbringende genveränderte Amflora-Kartoffel, die unter anderem die Antibiotika Kanamycin und Neomycin enthält? Sie hören nämlich auf die Signale, die Experten weltweit senden:

Erstens. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat darauf hingewiesen, dass das betroffene Antibiotikum Kanamycin zu einer Substanzklasse gehört, die in der Behandlung lebensbedrohlicher Infektionen wie Tuberkulose eine wichtige Rolle spielt. Eine mögliche Übertragung der Resistenzgene von den Pflanzen auf Bakterien ist nicht auszuschließen.

Meine Damen und Herren! Dieses Risiko sollte man einfach nicht eingehen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Zweitens. Die Europäische Arzneimittelbehörde stellt fest, dass eine Antibiotikaresistenz eine negative Auswirkung auf Menschen haben kann, weil das Antibiotikum an Wirksamkeit verliert. Das in der Amflora enthaltene Marker-Gen nptII kann von der Kartoffel auf Bakterien im Boden übertragen werden und dazu führen, dass resistente Krankheitserreger entstehen.

Drittens. Artikel 4 der Europäischen Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EG fordert seit 2001 eine erhebliche Einschränkung des Einsatzes von antibiotikaresistenten Markern in gentechnisch veränderten Pflanzen, und – jetzt kommt’s! – ab Ende 2008 dürfen hiernach keine gentechnisch veränderten Pflanzen mit Antibiotikaresistenzen mehr eingesetzt werden. Das heißt, mit der Zulassung der Genkartoffel „Amflora“ Anfang März dieses Jahres hat die neue EU-Kommission gegen die eigene Freisetzungsrichtlinie und damit ganz klar gegen europäisches Recht verstoßen.

(Zuruf von der Linksfraktion: Hört, hört!)

Viertens gibt es noch jede Menge Kontaminationsquellen, zum Beispiel gemeinsam genutzte Maschinen, Verschleppung durch Wildtiere, im gesamten Produktionsprozess der Stärkehersteller und bei der parallelen Erzeugung von Stärke, Pflanz- und Speisekartoffeln.