Trotzdem möchte ich das Ministerium gerade aufgrund der aktuellen Situation noch einmal bitten, von den Ausnahmeregelungen weitestgehend Gebrauch zu machen und dies im jeweiligen Fall zu prüfen, zumal – das habe ich heute Vormittag bereits erwähnt – zwei Bedingungen besonders zu bedenken sind: Zum einen kann es sein, dass die Mindestschülerzahlen nur temporär nicht erreicht werden. Das heißt, beispielsweise in diesem Schuljahr findet eine Unterschreitung statt und ansonsten setzt wieder eine Stabilität ein. Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass wir gestern über eine neue Bildungsempfehlung gesprochen haben, wodurch auch Schulstandorte – dabei denke ich insbesondere an Mittelschulen – erhalten bleiben können.
Zum anderen ist die Nähe von freien Schulen zu staatlichen Schulen zu bedenken. Es muss dafür Sorge getragen werden, dass dort, wo freie Schulen existieren – möglicherweise außerhalb des Schulnetzplanes –, staatliche Schulstandorte in absehbarer Entfernung weiterhin vorgehalten werden können.
Grundsätzlich muss man feststellen, dass bei der Schulnetzplanung zwei strukturelle Aspekte zu berücksichtigen sind. Sicherlich geht es einerseits um den Erhalt von Standorten in einer vertretbaren Entfernung zum Wohnort. Hierbei muss schulartspezifisch differenziert werden. Ein Grundschulstandort muss anders bedacht und behandelt werden als ein Gymnasialstandort. Andererseits ist es wichtig, dass wir beim Erhalt von Schulstandorten die landesweite Chancengleichheit für unsere Schülerinnen und Schüler wahren. Dies betrifft sowohl das Profilangebot, den Sachunterricht als auch den Erwerb von möglichst differenzierten Abschlüssen.
An dieser Stelle möchte ich noch einmal nachdrücklich darauf hinweisen, dass sich die Vorgabe einer Zweizügigkeit von Mittelschulen und einer Dreizügigkeit von Gymnasien letztlich auf das qualitative Angebot der Schulen auswirkt. Ich erinnere dabei die Kollegen, die im Schulausschuss vertreten sind, an die letzte Anhörung zur gymnasialen Oberstufe. Dort beklagte der Vertreter des Schülerrates, dass an seinem Gymnasium nicht ausreichend Wahlmöglichkeiten für die Leistungskurse vorhanden sind. Als man das hinterfragte, musste er feststellen, dass er an einem zweizügigen Gymnasium lernt. Hier wurde offensichtlich und plastisch vermittelt, wohin eine zu geringe Zügigkeit führen kann.
Herr Colditz, stimmen Sie mir zu, dass dieses Problem eventuell durch einen Schulverbund mit einer Schule in unmittelbarer Nähe sowohl beim Gymnasium als auch bei der Mittelschule gelöst werden könnte?
Frau Stange, wir haben auch über die Frage der Außenstellen und der Schulverbünde sehr breit diskutiert. Das bringt organisatorische Probleme mit sich, führt zu einem ineffizienten Einsatz von Lehrerinnen und Lehrern, weil gewährleistet sein muss, dass die Schüler zwischen den Schulstandorten problemlos hin- und hertransportiert werden können, um den einzelnen Fachunterricht zu besuchen. Ich halte das nicht für den Königsweg
Ich hatte bereits gesagt, dass auch mit Blick auf einen effizienten Lehrereinsatz die Regelung von Schul- und Klassengrößen durchaus sinnvoll ist. Ich wiederhole meine Ausführungen von heute Vormittag, dass die zurzeit existierenden Vorgaben wirklich an die Grenzen des Machbaren stoßen und dass wir uns, die Vorgaben betreffend, deutschlandweit sehen lassen können.
Fazit. Meine Damen und Herren, gegenwärtig findet das Anhörungsverfahren bei den betroffenen Schulträgern, deren Schulen die Mindestschülerzahlen nicht erreichen, statt. Dabei muss die Vielschichtigkeit der entstandenen Probleme des Schülerrückgangs differenziert und standortbezogen bewertet werden, bevor eine Entscheidung fällt. Ich gehe davon aus, dass eine weitere Verdünnung des Schulnetzes, wie es der Antrag möglicherweise unterstellt, nicht stattfinden wird.
Vielen Dank, Herr Colditz. – Meine Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE erhält nun die Gelegenheit, zu diesem Antrag Stellung zu nehmen. – Frau Abg. Falken, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema „Wohnortnahe Schulen“ hat in diesem Hohen Hause schon sehr häufig eine Rolle gespielt. Frau Dr. Stange hat es benannt.
Dieser Antrag gibt die Grundlage und die Sicherheit für Schulträger, Eltern und Schüler. Herr Colditz, wenn dieser Antrag heute eine Mehrheit findet, dann gäbe es für die Betroffenen an den Schulen – und zwar nicht nur für jene, die heute Vormittag zur Debatte gestanden haben, sondern grundsätzlich auch für die zukünftigen – eine Sicherheit.
Das Schulnetz im Freistaat Sachsen ist extrem ausgedünnt. Es gibt Regionen, in denen wirklich nicht mehr davon gesprochen werden kann, dass es eine wohnortnahe Schule gibt. Das bezieht sich auf fast alle Schularten, insbesondere auf Mittelschulen und Förderschulen, die zum Teil Schulwege haben, die nicht mehr vertretbar sind – auch wenn der Antrag nicht speziell auf die Förderschule eingeht.
Die Aussage, dass einzügige Mittelschulen und zweizügige Gymnasien in der pädagogischen Arbeit nicht mehr die Leistung bringen können wie zweizügige Mittelschulen und dreizügige Gymnasien, ist mit nichts belegt. Diese Aussage ist eindeutig mit nichts belegt.
Schauen Sie sich die Schulen in freier Trägerschaft an, die hervorragende Ergebnisse haben! Dort gibt es einzügige Mittelschulen, zweizügige und sogar einzügige Gymnasien. Schauen Sie sich diese konkret an!
Herr Colditz, Sie brachten das Beispiel des Schülers, der uns in der Anhörung zur gymnasialen Oberstufenreform als Sachverständiger zur Verfügung gestanden hat. Das ist doch eine Konsequenz aus der Verwaltungsvorschrift, die der Zusammensetzung von Leistungs- und Grundkursen zugrunde liegt. Wenn man diese verändern würde, dann hätten natürlich auch die Schüler an diesem Gymnasium die Möglichkeit, anders zu wählen. Wenn Sie eine Sondergenehmigung erteilen oder wenn eine erteilt worden ist, dann gehe ich davon aus, dass die Schüler an diesem Gymnasium, natürlich auch bezogen auf die Verwaltungsvorschrift, eine gesonderte Regelung bekommen müssen, weil sie sonst genau die Möglichkeit aushebeln. Das ist für uns keine Begründung dafür, dass es zwingend eine Dreizügigkeit sein muss, zumal es genügend andere Beispiele gibt.
Ich möchte ausdrücklich den Änderungsantrag von den GRÜNEN hervorheben, denn ich will nachher nicht noch einmal etwas dazu sagen. Wir begrüßen das sehr, denn das ist seit Langem eine Forderung von uns. Wir haben gesagt, der Antrag ist sehr schön, wir sollten ihn beschließen. Aber das in einer gesetzlichen Grundlage zu verankern ist natürlich ein Rechtsanspruch für die entsprechenden Kommunen, für die Schulen und die Eltern. Hier ergeht ganz klar unser Appell, diesen Antrag zu unterstützen und ihn in einen Gesetzentwurf münden zu lassen, damit er dann auch beschlossen werden kann.
Es tut sich für mich nicht nur der Verdacht, sondern auch die Tatsache auf, dass Herr Flath 2007 die Schulschließungspraxis der Staatsregierung klar benannt und gesagt hat, es wird durch das Ministerium keine mehr geben. 2009 hatten wir Wahlen. Jetzt sind die Wahlen vorbei, und die Bürger des Freistaates Sachsen haben 2010 wieder die Situation, dass Schulschließungen erfolgen. Ich prophe
zeie, dass das Kultusministerium zu den nächsten Wahlen keine Schulschließung mehr durchführen wird, mindestens ein Jahr zuvor nicht mehr.
Zur Problematik der Schulen in freier Trägerschaft haben wir heute früh schon gesprochen, und Frau Dr. Stange hat vorhin die Zahlen noch einmal genannt, die ich jetzt nicht wiederholen möchte. Ich gehe davon aus, dass der Staatsminister heute in dieser Runde dazu noch einmal Stellung nimmt.
Vielen Dank, Frau Falken. – Meine Damen und Herren! Von der FDP spricht der Herr Abg. Bläsner. Bitte, Herr Bläsner.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wieder einmal schlägt uns die SPD Lösungsansätze vor, die sie in den vergangenen fünf Jahren in der Regierungsverantwortung selbst nicht umsetzen konnte. Vielleicht ist das ihre Form der Vergangenheitsbewältigung, aber sie hatte fünf Jahre Zeit, ihre Vorschläge umzusetzen. Sich jetzt hier als Retter aufzuspielen, wird der Sache nicht gerecht.
Nehmen Sie bitte einfach einmal zur Kenntnis, dass in Ihrer Amtszeit mehr als 100 Schulen von der Bildfläche verschwunden sind. Sie haben so gern Herrn Herbst oder Herrn Zastrow zitiert, ich habe einmal gesucht, was die SPD dazu gesagt hat. Mir ist ein Protokoll vom 21. April 2005 in die Hände gefallen, damals wirklich die Hochzeit der Schulschließungen, ein Antrag der PDS – so hieß sie damals noch –, und ich habe überhaupt keinen Redebeitrag der SPD gefunden. Sie haben sich damals gedrückt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute früh über die aktuelle Situation gesprochen. Uns als FDP, aber auch der CDU und dem Kultusminister ist der Erhalt von Schulstandorten wichtig. Deshalb gibt es schon jetzt eine Reihe von Ausnahmen. Es haben nicht 70 Mittelschulen einen Anhörungsbogen bekommen, bei dem sich weniger als 40 Schüler angemeldet haben, sondern nur 17. Bei einigen von denen ist schon auf kommunaler Ebene die Schließung beschlossen worden. Wir wollen, dass diese Ausnahmetatbestände, bei denen es sich lohnt und sich neue ergeben, dazu führen, dass die Schule erhalten bleibt. Dafür setzen wir uns als FDP ein. Das ist das Ergebnis einer verantwortungsvollen Politik.
Sie sollten ehrlich sein und die Situation erkennen. Es gibt, wie Sie hier anführen, einzügige Mittelschulen. Das ist natürlich die Ausnahme, aber eine Ausnahme dort, wo es gerechtfertigt ist, nämlich besonders im ländlichen Raum. Im Übrigen geht es anders als früher nicht mehr um die Richtwerte zur Klassengründung, wie Sie im
Antrag geschrieben haben, sondern nur noch um die Mindestschülerzahlen. Das heißt, es hat sich schon etwas verändert. Der Richtwert ist wichtig, das gebe ich zu, aber nicht bei der Frage der Einrichtung von Schulklassen und bei Mitwirkungsentzügen.
Sehr geehrter Herr Bläsner! Sie geben mir doch wohl recht, dass der Richtwert nach wie vor eine sehr zentrale Rolle spielt, und zwar bei der Frage, ob dieser Schule überhaupt Fördermittel zugewiesen werden.
Er spielt bei der Förderrichtlinie eine Rolle, das ist richtig. Er lässt auch Ausnahmen zu, aber er spielt keine Rolle, wenn es um das Thema Mitwirkungsentzüge geht, und darum ging es heute Morgen und im Wesentlichen auch jetzt.
Sie haben in der letzten Sitzung der letzten Legislaturperiode angemahnt, kreative Lösungen zu bringen. Diese sehe ich in dem jetzigen Antrag nicht. Wir müssen überlegen, was man jetzt und in Zukunft machen muss. Jetzt – das ist ganz klar – müssen wir schauen, welche und wie viele Schulen wir erhalten wollen. Wir brauchen ein ganz klares Bekenntnis zum ländlichen Raum, zu Ausnahmetatbeständen und ob es Gründe gibt, die eine Unterschreitung der Mindestschülerzahl rechtfertigen, beispielsweise lange Schulwege sowie die regionale Bedeutung des Ortes.
Neben der Lösung unserer Hausaufgaben sind auch kreative Ideen gefragt, und zwar zur Finanzierung und zur Organisation des Schulwesens insgesamt. Das wird spätestens dann dringend notwendig, wenn in zehn Jahren, wie prognostiziert, die Schülerzahlen erneut teils massiv absinken werden.
Durch mehr Verantwortung und Entscheidungsbefugnisse könnten die Schulträger in die Lage versetzt werden, flexibel auf die Anforderungen der Region zu reagieren. Mit mehr Autonomie und einer anderen Finanzierungsform könnte beispielsweise der Wettbewerb mit freien Trägern verbessert werden. Hier darf es keine Denkverbote geben.