Protokoll der Sitzung vom 29.04.2010

Nach meinem Kenntnisstand sind die Verbände bestrebt, über trägerinterne Abstimmung die fiskalischen Veränderungen in den Griff zu bekommen. Details liegen aber derzeit noch nicht vor. Stellenstreichungen werden weder durch mein Haus noch durch die Bewilligungsbehörde vorgenommen. Die verfügbaren Mittel sind primär zur Sach- und Personalkostenförderung eingesetzt. Deshalb konnten beantragte Projektförderungen nur in Einzelfällen bewilligt werden.

Dieses Verfahren ist für 2010 noch nicht abgeschlossen. Meinem Haus und der Bewilligungsbehörde sind derzeit keine Einstellungen im Sinne der Frage zum 31.12.2010 bekannt.

Danke.

Der nächste Fragesteller ist der Abg. Heiko Kosel. Herr Kosel, stellen Sie bitte Ihre Frage Nr. 13.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Frage bezieht sich auf die Pflege religiöser Bräuche.

Das Osterreiten ist bei katholischen Sorben ein intensiv gepflegter religiöser Brauch. Nach aktuellen Informationen versuchen allerdings einige Arbeitgeber die Freistellung ihrer Mitarbeiter zur Teilnahme am Osterreiten zu verweigern bzw. verweigern diese.

Ich frage daher die Staatsregierung:

1. Wie wertet die Staatsregierung diese Verweigerung angesichts des Rechts der freien Religionsausübung und der mit der Sächsischen Verfassung geschützten Pflege sorbischer Traditionen?

2. Welche Möglichkeiten haben die Osterreiter (sorbisch: křižerjo), ihre traditionelle Teilnahme an den österlichen Prozessionen rechtlich zu erreichen?

Für die Staatsregierung antwortet Herr Staatsminister Prof. Wöller.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abg. Kosel, in Vertretung meiner verehrten Kollegin Frau von Schorlemer beantworte ich Ihre Fragen wie folgt: Der Staatsregierung ist kein konkreter Fall bekannt, in dem ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern die Freistellung von ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zur Teilnahme am Osterreiten verweigert hätte.

In meiner Bürgersprechstunde haben sich aber Betroffene gemeldet, denn sonst hätte ich die Frage nicht gestellt.

Herr Kosel, lassen Sie bitte den Herrn Staatsminister Ihre Frage beantworten. Sie haben danach sicherlich Gelegenheit, eine Nachfrage zu stellen.

Ohne nähere Angaben zum zugrunde liegenden Sachverhalt kann ich daher nur allgemein auf diese Anfrage eingehen.

Das traditionelle Osterreiten findet Ostersonntag statt. Die Sonntage und die gesetzlichen Feiertage sind als Tage der Arbeitsruhe und seelischen Erhebung durch das Gesetz über Sonn- und Feiertage im Freistaat Sachsen – hier § 4 – besonders geschützt.

(Beifall des Abg. Marko Schiemann, CDU)

An den Sonntagen und den gesetzlichen Feiertagen sind öffentlich bemerkbare Arbeiten und sonstige Handlungen, die geeignet sind, die Ruhe des Tages zu beeinträchtigen, verboten.

Selbstverständlich muss auch an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen die Gewähr gegeben sein, dass bestimmte Dienstleistungen erbracht werden können. Daher gelten

die Beschränkungen des Gesetzes über Sonn- und Feiertage im Freistaat Sachsen u. a. nicht für den Betrieb der Post, der Eisenbahn und sonstiger Unternehmen, die der Personenbeförderung dienen, sowie für unaufschiebbare Arbeiten.

Das Arbeitszeitgesetz legt in § 9 fest, dass Arbeitnehmer an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen nicht beschäftigt werden dürfen. In § 10 werden die Ausnahmen vom Verbot der Beschäftigung an Sonntagen und Feiertagen geregelt.

Nach § 13 Abs. 3 Nr. 2 Arbeitszeitgesetz kann die Aufsichtsbehörde in Einzelfällen Sonntagsarbeit bewilligen. Dies ist in Sachsen die Landesdirektion Dresden, Abteilung Arbeitsschutz.

Ordnet der Arbeitgeber abweichend von § 9 Arbeitszeitgesetz bewilligte Sonntagsarbeit zeitgleich zum Osterreiten an, kollidiert hier das Grundrecht der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit und der Gewährleistung der ungestörten Religionsausübung des Arbeitnehmers mit dem Recht des Arbeitgebers, im Rahmen seiner gleichfalls grundgesetzlich geschützten unternehmerischen Betätigungsfreiheit den Inhalt der Arbeitsverpflichtung des Arbeitnehmers näher zu konkretisieren und betriebliche Abläufe störungsfrei zu organisieren.

Dieses Spannungsverhältnis ist einem grundgesetzkonformen Ausgleich der Rechtspositionen zuzuführen. Dabei sind die kollidierenden Grundrechte in ihrer Wechselwirkung zu sehen und so zu begrenzen, dass die geschützten Rechtspositionen für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden.

Steht der Arbeitnehmer in einem Gewissenskonflikt, da er an dem Osterreiten teilnehmen möchte und ihn seine religiöse Überzeugung daran hindert, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, sollten vom Arbeitgeber Möglichkeiten geprüft werden, den Arbeitnehmer in Bereichen einzusetzen, in denen er zeitgleich zum Osterreiten nicht zu arbeiten hat, zumal es sich um lediglich einen Tag im Jahr handelt.

Herr Staatsminister, gestatten Sie noch eine Nachfrage?

Bitte sehr.

Herr Staatsminister, Sie haben die Rechtslage geschildert. Die Frage ist: An wen kann sich ein Betroffener wenden? Betroffene sind zu mir in die Abgeordnetensprechstunde gekommen. Welche Möglichkeiten gibt es darüber hinaus? Wo können Betroffene Unterstützung in dieser Frage erhalten?

Ich habe im Rahmen meiner Ausführungen darauf hingewiesen, dass die für Arbeitsschutz zuständige Landesdirektion diejenige in Dresden ist. Ich gehe davon aus, dass dem konkreten Fall, der Ihnen in Ihrer Sprechstunde im Abgeordnetenbüro bekannt geworden ist,

nachgegangen wird, wenn sie ihn an die Staatsregierung übermitteln.

Vielen Dank.

Bitte sehr.

Nächste Fragestellerin ist Frau Herrmann; Frage Nr. 10.

Danke, Herr Präsident! Es geht um Pflichtangebote für Jugendliche mit Hartz-IVBezug und Suchtproblematik. Die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen erklärte in der „Welt am Sonntag“ vom 18.04.2010, dass verstärkt Maßnahmen bei der Vermittlung Jugendlicher nötig sind mit dem Ziel, dass Jugendliche sich nicht an die Arbeitslosigkeit gewöhnen sollten. Deshalb soll allen Jugendlichen verbindlich Unterstützung und Beratung angeboten werden, um zu erreichen, dass sie entweder den Schul- oder Berufsabschluss nachholen, einen Arbeitsplatz erhalten oder große Probleme wie Sucht konsequent bearbeiten.

In Sachsen ist der Altersdurchschnitt beim Erstkonsum von Suchtmitteln niedriger als im Bundesdurchschnitt. Nur etwa ein Drittel der Suchtkranken in Sachsen ist erwerbstätig. Bei den Konsumenten von illegalen Drogen sind 10 bis 15 % ohne Schulabschluss und etwa 50% ohne Berufsausbildung. Auch Suchtkranke unter 25 Jahren sind in Sachsen überdurchschnittlich häufig auf Arbeitslosengeld II angewiesen. Dazu kommt, dass die sächsischen Suchtberatungsstellen bei den alkoholbezogenen Störungen eine stärkere Belastung in den Altersgruppen der 20- bis 24-Jährigen registrieren.

Die Fragen an die Staatsregierung:

Erstens. Wie beurteilt die Staatsregierung aktuell den Stand der Umsetzung der im SGB II verankerten Zusammenarbeit zwischen den Suchtberatungsstellen und den ARGEn bzw. optierenden Kommunen grundsätzlich und im Hinblick auf die Altersgruppe der unter 25-Jährigen?

Zweitens. Wie können die Suchtberatungs- und -behandlungsstellen angesichts der Bewirtschaftungsmaßnahmen im Haushaltsjahr 2010 und einer Mittelkürzung von 15 % in der laufenden Arbeit dieser von mir geschilderten Aufgabe gerecht werden?

Für die Staatsregierung antwortet Frau Staatsministerin Clauß.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Herrmann! Zur ersten Frage nehme ich wie folgt Stellung: Die Eingliederung des von Ihnen benannten Personenkreises in eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist besonders schwierig und kann in aller Regel nicht unmittelbar erreicht werden. Häufig muss der beruflichen Eingliederung eine umfangreiche und besonders zugeschnittene Förderung vorangehen. Die hier ansetzenden sozialen oder flankie

renden Leistungen gemäß SGB II fallen in die originäre Zuständigkeit der Kommunen. Diese Leistungen spiegeln sich jedoch nicht in der offiziellen Statistik der Bundesagentur für Arbeit wieder und können dementsprechend nicht regelmäßig abgerufen werden.

Deshalb hat mein Haus im Juni 2008 eine Fachtagung zum Thema „Kommunale Eingliederungsleistungen für Langzeitarbeitslose“ durchgeführt. Die damals noch 29 kommunalen Träger waren eingeladen und wurden im Vorfeld zu ihren Leistungen befragt.

Die Erhebungen der Fachtagung zeigten folgende Ergebnisse: Suchtberatung wird in der Eingliederungsvereinbarung zu 90 % berücksichtigt. Rückmeldungen von der Suchtberatung zu ARGEn oder zu Optionskommunen erfolgen regelmäßig. In 65 % der Fälle waren eine Sonderberatung und auch die Vornahme von Sanktionen angedacht, wenn denn die Suchtberatung nicht wahrgenommen worden war. Die Qualität der Zusammenarbeit zwischen Kommunen, SGB-II-Trägern und Leistungserbringern wurde von den Kommunen als gut oder sogar sehr gut bewertet.

Viele Kommunen, SGB-II-Träger und Leistungserbringer bilden Arbeitsgruppen zur Erbringung der kommunalen Leistungen. Vielfach sind es auch die Jugend-, Sozial- und Gesundheitsämter. Sie sind miteinander vernetzt.

Insbesondere im Bereich der Suchtberatung findet eine Vielzahl von Fortbildungen für Fallmanager statt.

Ergänzt werden diese Daten durch den aktuellen Jahresbericht der Sächsischen Landesstelle gegen die Suchtgefahren e. V. Dieser Bericht geht davon aus, dass die Möglichkeiten der Vermittlung zur Suchtberatung im Rahmen von Eingliederungsvereinbarungen im vergangenen Jahr verstärkt genutzt wurden. Etwa 11 % der Klienten und Klientinnen kommen über diesen Weg in eine Suchtberatungs- und -behandlungsstelle. Das ist ein deutliches Zeichen für eine sehr gute regionale Vernetzung zwischen ARGEn bzw. optierenden Kommunen und den Einrichtungen der Suchthilfe.

Zu Ihrer zweiten Frage: Es ist zutreffend, dass die Zuschüsse des Freistaates Sachsen im Bereich der Suchthilfe um 15 % sinken werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass auch die Budgets der Landkreise und kreisfreien Städte um den gleichen Prozentsatz abnehmen müssen. Wenn wir also davon ausgehen, dass dieser Teil des Gesamtbudgets stabil bleibt, dann führen diese Veränderungen zu einer Verringerung des Gesamtbudgets von rund 5 %. Trotzdem sind wir der Meinung, dass die Aufgaben der sächsischen Suchthilfe weiter erfüllt werden können.

Die Professionalität, mit der die Beratungsstellen bisher arbeiten, ist der Garant dafür, dass auch die Qualität der Arbeit weiter sichergestellt wird. Auch die engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Einrichtungen werden das Netz der Suchthilfe weiter festigen und ausbauen.

Betonen möchte ich hier noch einmal, dass diese Bewirtschaftungsmaßnahmen keine Bewertung der bisher

Für die Staatsregierung antwortet Frau Staatsministerin Clauß.

geleisteten fachlichen Arbeit darstellen. Sie folgen den Notwendigkeiten des derzeitigen und des prognostizierten Steueraufkommens.