Nach diesen eher allgemeinen Ausführungen nun zu dem Antrag selbst. Die Regierung des Freistaates Sachsen ist in der Gemeindefinanzkommission nicht vertreten. Die ostdeutschen Flächenländer werden durch den Innenminister Brandenburgs vertreten. Ebenfalls sitzt der Oberbürgermeister von Bautzen, Christian Schramm, auf kommunaler Seite in der Gemeindefinanzkommission. Beide Seiten, Kommunen und Staatsregierung, sind gut
Meine Damen und Herren! Die Gewerbesteuer hat sich in den letzten Jahren unzweifelhaft zu einer wichtigen Einnahmequelle für die Kommunen entwickelt. Aber sie ist natürlich von mehreren Einflussfaktoren abhängig, besonders von der Konjunkturentwicklung. Eigentlich hätte ich erwartet, dass die Antragstellerin nach der letzten Anhörung im HFA ihren Antrag heute ändert oder zurückzieht; denn auf die meiner Meinung nach fachlich gute Frage von Kollegin Meiwald in der Anhörung zu den Auswirkungen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes antwortete der Sachverständige Leimkühler, immerhin stellvertretender Geschäftsführer beim SSG, dass die kommunalen Spitzenverbände der Ostländer für die Fortschreibung der Gewerbesteuer eintreten. Dieser Ansicht war auch der Geschäftsführer des Sächsischen Landkreistages. Der Gemeindefinanzbericht Sachsen 2008/2009 verweist auf die ständig steigende Bedeutung der Gewerbesteuer.
Sehr geehrte Damen und Herren, gestatten Sie mir nun noch einige Ausführungen zum Vorsorgevermögen. Es wurde mit dem Sechsten Gesetz zur Änderung des FAG angelegt. Das Vorsorgevermögen besitzt eine Höhe von rund 372 Millionen Euro. Dieser Betrag setzt sich aus einem Vorsorgefonds in Höhe von 194 Millionen Euro und der dezentralen Vorsorgerücklage der Kommunen in Höhe von 178 Millionen Euro zusammen. Als das Vorsorgevermögen eingeführt wurde, gab es schon einiges Murren bei den Kommunen. Heute ist man sehr froh, dass das angelegte Vorsorgevermögen vorhanden ist. Ob die Vorsorgerücklage, wie bisher vorgesehen, in fünf gleichen Jahresscheiben aufgelöst wird oder eher, darüber wird in den FAG-Verhandlungen zu sprechen sein. Diese beginnen bekanntlich Mitte Mai.
Ich zitiere nochmals Herrn Leimkühler, der in der schon angesprochenen Anhörung im HFA sagte: „Es ist so, dass das Sächsische FAG, auch wenn es immer wieder einmal in die Diskussion gerät, das FAG in Deutschland ist, das am geringsten mit Zweckbindungen befrachtet ist. Das ist positiv und wird deutschlandweit als vorbildlich hingestellt.“
Trotzdem bin ich persönlich überzeugt, dass Zweckbindungen eine Stellschraube für die anstehenden FAGGespräche sind. Doch diese stehen eben erst an.
Erstaunt bin ich über das Verhältnis von Punkt II.1, Auflösung des Vorsorgefonds ohne Zweckbindung, und Punkt II.3 in Ihrem Antrag, Auflegung einer Investitionspauschale.
Da ist es doch viel einfacher, gleich einmal neues Geld für das System zu fordern, nicht an einer Stelle eine Zweckbindung abzulehnen und an der anderen Stelle eine neue Investitionspauschale einzufordern. Für mich wäre übrigens auch interessant, wie viel Geld Sie in das System einspeisen wollen. Wie hoch soll Ihre Investitionspauschale sein?
Es ist am Ende wie immer mit Ihren Anträgen: Sie sind teilweise zu unbestimmt, wie die Forderung nach einer angemessenen Investitionspauschale. Wir lehnen den Antrag deshalb ab.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Michel, in Anbetracht der Zahlen, die auch zur Anhörung im HFA auf den Tisch gelegt worden sind, macht mich ihre Nonchalance bedrückt. Ihre Ausführungen sind dem Thema nicht so richtig angemessen.
Wir haben das Problem, dass sich die Kommunen nicht den Aufgaben entziehen können. Ich habe es schon einmal in einer Rede gesagt: Erst kam die Gemeinde, dann die Herrschaft. Das ist originärer Bestandteil dieses Freistaates. Die Kommunen sind die Letzten in der Kette, die in der Aufgabenvollziehung vor den Bürgern in der Pflicht stehen. Sie haben sicher natürlich auch enorme Risiken für die Zukunft zu tragen. Ich erinnere nur noch einmal an die steigenden Soziallasten, an das Thema Altersarmut – ein Thema, das auf die Kommunen dramatisch zuschlagen wird, wenn die Altersrentner aus den Erwerbsbiografien in den Sozialhaushalten der Kommunen zur Wirkung kommen. Die Themen Demografie und Stadtumbau stellen enorme Anforderungen an die Kommunen, was das gesamtgesellschaftliche Leben in der Gemeinde betrifft. Da ist es schon scheinheilig, wenn der Freistaat auf der einen Seite als Vertreter der Kommunen im Bund Einnahmenausfälle für die Kommunen neuerdings in Höhe von 56 Millionen Euro beschließt, mit FAG-Berücksichtigung. Hier sind falsche Zahlen durch das Finanzministerium im HFA genannt worden, und zwar 42 Millionen Euro.
Wenn die Kommunen dasselbe tun, zum Beispiel Kindergeld zahlen und investieren, schreitet der gleiche Freistaat mit Verweis auf die Kassenlage als Rechtsaufsicht ein und verbietet. Das ist schizophren. Das ist auch nicht gut für die Kommunen.
Wir wissen auch, dass die Stellschrauben begrenzt sind. Umso wichtiger ist der Kampf für auskömmliche Kommunalfinanzen. Ich bin schon einmal gespannt, Herr Michel, wie Sie auf die Rede Ihres Koalitionspartners reagieren werden, der mit der Gewerbesteuer überhaupt nichts am Hut hat und das überall artikuliert.
Natürlich sind die Forderungen der Kommunen nach allgemeinen Deckungsmitteln nachvollziehbar; denn erst wenn ich die entsprechenden Verwaltungshaushalte ausgeglichen habe, kann ich für den Bereich Investitionen etwas tun. Das ignoriert der Freistaat Sachsen vollkommen. Dazu komme ich noch im übernächsten Tagesordnungspunkt.
Die Kommunen haben das Problem, dass sie durch die Investitionen im Zusammenhang mit dem Konjunkturpa
ket II mit Eigenmitteln ausgebrannt sind. Sie benötigen schlechthin Unterstützung des Freistaates. Deshalb wäre es eigentlich hilfreicher, wenn der Ministerpräsident etwas für die Kommunen tun würde, statt über das Thema Griechenland zu philosophieren. Das erzürnt mich sehr.
Ich stelle auch noch einmal heraus, was in der Anhörung insbesondere in Richtung FDP herausgekommen ist. Herr Zastrow stellt sich hier hin und sagt, die Kommunen lebten über ihre Verhältnisse. Die Kommunen haben das Gros des Personalabbaus in ihrem Bereich im Freistaat geleistet. Sie haben das Gros der Entschuldung geleistet und leisten auch das Gros der Investitionen. Dazu stehen sie noch in der Verantwortung für die eigentliche Daseinsvorsorge vor Ort. Das kann ich als Stadtrat und als Kreistagsmitglied sagen: Die Kommunen machen in dieser schwierigen Lage ihre Hausaufgaben. Ich wäre froh, wenn sie dafür ein wenig Unterstützung von den Koalitionsfraktionen bekommen würden.
Wir werden zu dem Thema Geld auch im übernächsten Tagesordnungspunkt zum Antrag der GRÜNEN sprechen.
Das durchschnittliche Defizit der Kreishaushalte über alle zehn Kreise beträgt circa 35 Millionen Euro pro Jahr ab 2011. Das heißt, wir brauchen in diesem Bereich circa 400 bis 500 Millionen Euro, um den Kommunen und Kreisen sowie damit auch unmittelbar den Gemeinden, weil dadurch die Kreisumlage entlastet wird, finanziell über die Runden zu helfen. Wenn Sie die Vorsorgerücklage abziehen, dann sprechen wir über einen Betrag von 200 Millionen Euro. Wenn dieser Freistaat in der Lage ist, 400 Millionen Euro in die Rücklage zu pumpen, und 350 Millionen Euro im Grundstock und anderweitig 1,5 Milliarden Euro Reserven hat, dann kann mir kein Mensch bei 2 Milliarden Euro Ausgabenresten erzählen, dass dieses Geld für die nächsten Jahre nicht verfügbar ist.
Es bedarf dieser Anstrengung gemeinsam und ich fordere den Städte- und Landkreistag auf: Gehen Sie in die Öffentlichkeit und auf das Parlament zu! Verhandeln Sie nicht wie in der Vergangenheit im kleinen Kämmerlein, um irgendwelche Kompromissergebnisse zu erzielen, bei denen Sie noch über den Löffel balbiert werden, und die Mittel reichen dann sowieso nicht aus. Beziehen Sie die Öffentlichkeit ein. Sie sind Ihren Bürgern in den Kreisen und Gemeinden einfach schuldig, herauszuholen, was zum Leben vor Ort notwendig ist,
weil die Kommunen dieses Zusammenleben organisieren, realisieren und sicherstellen. Sie tragen dazu noch das Gros der Investitionen. Das ist gut so, weil sie meistens alles näher für die Bürger leisten können. Im Übrigen haben sie ab 2013 mit Doppik das Instrument an der Hand, mit dem sie die Auswirkungen genau kontrollieren
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zwei Drittel der sächsischen Kommunen rechnen im Haushaltsjahr 2010 mit sinkenden Einnahmen aus der Gewerbesteuer. Dabei waren die Gewerbesteuereinnahmen sachsenweit schon im Jahr 2009 um 17 % eingebrochen. Was zeigt uns das? Das zeigt uns einmal mehr, dass die Gewerbesteuer kein solides Fundament für die Kommunalfinanzen ist.
Des Weiteren ist die im internationalen Vergleich völlig unübliche Steuer für die Gewerbetreibenden mehr als nur ein bürokratisches Ärgernis. Gerade in einer Wirtschaftsflaute kann die Substanzbesteuerung dazu führen, dass Unternehmen noch tiefer in die Krise und Insolvenzgefahr geraten. Das zeigt, wir brauchen ein neues Gemeindefinanzsystem. Gemeinden brauchen zur Sicherung ihrer Finanzautonomie eine breitere Steuerbasis. Auch die Gemeindesteuern müssen sich am Kriterium der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit orientieren.
Meine Damen und Herren der Linksfraktion! Sie haben die Zeichen der Zeit wieder einmal nicht verstanden.
Eine gute Kommunalsteuer, die unabhängig von der Ertragslage eines Unternehmens ist, gibt es nicht und wird es niemals geben können. Sie fordern die Ersetzung der Gewerbesteuer durch eine sogenannte Gemeindewirtschaftssteuer.
Schauen wir uns doch Ihre Pläne genauer an. Sie fordern eine neue Sondersteuer für Unternehmen und Selbstständige und die Verbreiterung der Bewertungsgrundlage. Meine Damen und Herren, das ist doch nichts anderes als die altbekannte Gewerbesteuer beim Maskenball.
Wir freuen uns, dass die Gemeindefinanzkommission den wirklichen Ersatz der Gewerbesteuer prüfen und damit eine langjährige Forderung der FDP aufgreifen wird.
Die Gemeinden müssen stärker an der Umsatzsteuer beteiligt werden und sie brauchen eigene Anteile an der Einkommen- und Körperschaftsteuer, und zwar mit eigenem Hebesatzrecht.
Nur das sichert die Finanzautonomie der Gemeinden und stärkt die Demokratie vor Ort. Denn auch so wird den Bürgern klarer, dass alles, was verteilt werden soll, vorher erst einmal erwirtschaftet werden muss. Ich weiß, dass Ihnen das völlig unbekannt ist.
Meine Damen und Herren von den Linken! Sie wollen uns weismachen, dass die Gründe für die Einnahmenaus
Niemals! Der Bund der Steuerzahler hat in diesem Saal vor zwei Wochen bestätigt, dass die Ursache dafür in der Abhängigkeit der Gemeinden von der Gewerbesteuer liegt und dass es gerade die Lobby der großen Städte ist, die seit Jahren eine Reform der Gewerbesteuer verhindert. Schaut man sich die Stellungnahme des Bundes der Steuerzahler genauer an, so findet man weitere Ursachen für die finanzielle Lage der sächsischen Städte und Gemeinden: kommunale Prestigeobjekte, wie der Leipziger City-Tunnel und die sächsischen Spaßbäder, Missmanagement und unzureichende Aufsicht, wie im Fall der Leipziger Wasserwerke, und schließlich die Tarifanpassung im öffentlichen Dienst auf 100 % West.
Während einige Kommunen wie die Stadt Dresden einen Weg aus der Schuldenfalle gefunden haben, müssen andere wie die Städte Chemnitz oder Leipzig erhebliche Mittel für die Zinszahlungen aufwenden. Sehen wir uns den Haushaltsbescheid an, den die Stadt Chemnitz im März von der Landesdirektion erhielt. Herr Bartl, Sie kennen ihn vermutlich, so sieht er aus. Darin heißt es, „dass bisher bei der Haushaltskonsolidierung erzielte Erfolge durch Nichtumsetzung oder gänzliche Aufgabe von Konsolidierungspotenzialen gerade im Bereich der freiwilligen Ausgaben leichtfertig preisgegeben wurden.“ Und weiter: „Auch sollte sich die Stadt dabei mit Blick auf die nunmehr dringend einzuleitenden Konsolidierungsbemühungen bewusst sein, dass sie angesichts der mittelfristig avisierten Fehlbeträge schon im vergangenen Jahr über ihre Verhältnisse gelebt hat
und nun aufgrund der mehrjährigen Stagnation der Konsolidierungsbemühungen, vor allem bei den freiwilligen Aufgaben im kulturellen Bereich, umso schmerzhaftere Einschnitte hinnehmen muss.“
Woran liegt das? Man hat in der Vergangenheit schlichtweg geprasst. Gleichzeitig verlangt der Kämmerer der Stadt Chemnitz vom Freistaat die Aufnahme von neuen Schulden, um die Kommunen zu entlasten. Das kann wohl nicht sein Ernst sein.