Wenn man gestern „Tagesschau“ oder „Tagesthemen“ gesehen hat – hat doch Herr Solms erklärt, dass sie gegen eine europäische Transaktionssteuer sind und eine andere Bankenabgabe wollen.
Aber es wird so getan, als hätte sich Schwarz-Gelb geeinigt. Das ist Sand in die Augen der Leute gerieben. Damit muss wirklich Schluss sein! Das Ziel von Politik in dieser aktuellen Krise muss sein, die richtigen Konsequenzen daraus zu ziehen.
Die richtigen Konsequenzen heißen: endlich Spekulationen eindämmen und verhindern und die Verursacher der Krise an den Kosten beteiligen. Sie müssen die Kosten übernehmen und nicht der Sparer, nicht der einzelne Bürger, die einzelne Bürgerin.
Deshalb brauchen wir als ersten Schritt eine europäische Transaktionssteuer. Ich sage bewusst „als ersten Schritt“, weil wir wissen, dass internationale, globale Weltmärkte sich nicht in geografischen Grenzen bewegen. Aber ich glaube, dass der Finanzmarkt in Europa so stark ist, dass er durchaus den Impuls für internationale Regelungen setzen kann. Da sollte man, bitte schön, nicht das Licht unter den Scheffel stellen.
Wir brauchen einen Finanz-TÜV. Wir brauchen andere Regulierungen. Wir müssen die Ratingagenturen kritisch hinterfragen. Jetzt müssen den Ankündigungen tatsächlich konkrete Taten folgen. Denn Ankündigungen hatten wir in der ersten Finanzmarktkrise auch schon, aber es folgten eben nicht die richtigen Konsequenzen. Das können wir uns schlichtweg nicht noch einmal leisten. Ich möchte nicht, dass wir in eine Demokratiekrise hineinschlittern. Wir müssen Demokratie stärken, und das bedeutet, wirklich Konsequenzen zu ziehen.
Für die SPD-Fraktion sprach der Abg. Dulig. Als nächste spricht die FDPFraktion mit Herrn Kollegen Biesok.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die letzten Tage haben gezeigt, wie notwendig es ist, den vor der Einführung des Euro geschlossenen Stabilitätspakt konsequent umzusetzen.
Er hat gerade das Ziel gehabt, die jeweiligen Nationalstaaten zu einer soliden Haushaltspolitik anzuhalten. Die Erste, die diesen Stabilitätspakt gebrochen hat, war die rot-grüne Bundesregierung unter Bundeskanzler Schröder mit Außenminister Fischer.
Sie waren sich nicht zu schade, die Kriterien des Stabilitätspaktes aufzuweichen, um ihr eigenes Versagen in der Haushaltspolitik zu kaschieren. Unter Rot-Grün lag der Eurokurs drei Jahre lang unter einem Dollar, zum Teil bei 85 Cent. Heute liegt er bei rund 1,25 Dollar, und das wird als Krise angesehen.
Herr Dulig, ich darf noch einmal daran erinnern: Die Hedgefonds wurden von Rot-Grün zugelassen. So liberal waren damals nicht mal die Liberalen.
Die Aufnahe von Griechenland in den Euroraum erfolgte übrigens auch gegen den Widerstand der FDP. Es war damals ebenfalls Rot-Grün, die gegen den Rat von Fachleuten Griechenland mit in die Eurozone aufgenommen haben.
Hier stellt sich die Frage, was die damaligen Minister der rot-grünen Bundesregierung gemacht haben und welche Verantwortung Herr Bundeskanzler Schröder an dieser Entwicklung mit trägt.
Vor diesem Hintergrund verwundert es mich schon, wie Ihre Fraktion in der letzten Woche im Bundestag abgestimmt hat, als es darum ging, die Folgen dieser Politik zu bereinigen.
Kurzum: Der Stabilitätspakt ist ein zahnloser Tiger geworden. Die Lockerungen, die Rot-Grün vorgenommen haben, haben die heutige Situation mit herbeigeführt.
Wir müssen zu einer effektiveren Überwachung und einer Stärkung des europäischen Stabilitätspaktes kommen.
Wir müssen zu Sanktionen kommen, die richtig wehtun. Ich denke an die Sperrung von EU-Mitteln oder die
Suspendierung von Stimmrechten von Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die den europäischen Stabilitätspakt brechen. Diese Mechanismen müssen automatisch wirken. Es darf kein Ausweichen mehr geben, wenn die Kriterien nicht eingehalten werden. Das gilt für Griechenland. Das gilt für Spanien. Aber das gilt auch für Deutschland.
Wir müssen auf europäischer Ebene die Lehren aus der griechischen Haushaltskrise ziehen. Wir müssen an die Wurzel des Übels herangehen und zurückkehren auf den Pfad der Haushaltskonsolidierung. Erst eine miese Haushaltsdisziplin hat Griechenland für Spekulanten anfällig gemacht. Jetzt brauchen wir konkrete Maßnahmen zur Vermeidung ähnlicher Krisen. Dabei reicht es nicht aus, mit dem Finger auf Griechenland zu zeigen oder Spanien und Portugal zu ermahnen. Wir müssen uns erst einmal an unsere eigene Nase fassen. Deutschlands Staatsverschuldung liegt im Mittelfeld der Eurozone.
Sowohl das Budgetdefizit als auch die Gesamtverschuldung liegen weit über den Maastricht-Kritierien. Herr Tillich hatte es schon erwähnt. Um Strafzahlungen zu vermeiden, haben wir die Kriterien aufgeweicht. Da waren wir an vorderster Front dabei. Athen und Madrid beginnen derzeit wenigstens zu sparen. Davon sind wir in Deutschland noch ein großes Stück entfernt.
Deutschland ist also bei Weitem kein Musterknabe. Wir müssen den Weg der Haushaltskonsolidierung weitergehen, und wir müssen damit beginnen, unsere Ausgaben, die wir als Staat haben, nachhaltig zu konsolidieren. Alle Ausgaben, Steuerausnahmen und staatlichen Aufgaben müssen auf den Prüfstand. Nur so können wir die Staatsausgaben senken und nur so schaffen wir Spielraum für ein einfaches, niedriges und gerechtes Steuersystem, das wieder zu mehr Wachstum führt.
Sonst müssen wir eines Tages solch drastische Maßnahmen ergreifen, wie sie jetzt in Spanien eingeführt wurden, wo die Höhe der Beamtenbesoldung um 5 % gesenkt worden ist. Das ist das Gegenteil dessen, was wir hier in Sachsen im letzten Jahr erlebt haben. Aber wenn wir so weitermachen, müssen wir auch zu solchen Maßnahmen greifen. Wenn wir im Bund den Weg der Haushaltskonsolidierung nicht einschlagen, wenn wir so weitermachen wie bisher, werden wir die Griechen von morgen sein.
Oft wurden in den letzten Tagen die sogenannten Spekulanten gescholten. Wenn die Fundamentaldaten der Volkswirtschaft stimmen, gibt es für Spekulanten keinen Ansatzpunkt, sie können ihrem Handwerk nicht nachgehen. Darauf hat der Ministerpräsident hingewiesen.
Wir müssen prüfen, wie wir dagegen angehen können und da müssen wir uns auch unserer Verantwortung als Politiker bewusst sein. Politiker haben die gigantischen Defizite aufgetürmt, nicht Spekulanten. Politiker haben die
Defizite nicht richtig bescheinigt – insbesondere in Griechenland, aber auch wir hatten Schattenhaushalte –, nicht Spekulanten waren es.
Politiker haben sich entschieden, jedes Land, das ein hohes Defizit hat, dort herauszuholen, nicht Spekulanten. Sie haben damit für Spekulanten auch die Möglichkeit geschaffen, derartige Spekulationsgewinne zu realisieren. Auch damit muss Schluss sein.
Letztlich waren es die Kapitalmärkte, die durch ihre hohen Risikoprämien, auch Credit Default Swaps genannt, Griechenland erst zum Sparen gebracht haben. Es war für Griechenland einfach derart teuer geworden, neue Kredite aufzunehmen, dass sich das Land das nicht mehr leisten konnte. Damit ist es auf den Weg der Haushaltskonsolidierung zurückgekehrt. Das darf so nicht mehr sein,
es muss der Stabilitätspakt sein, der zur Haushaltsdisziplin führt. Das ist die eine Seite der Medaille.
Andererseits müssen wir die Krisenresistenz der Finanzmärkte stärken, Spekulationen gegen einzelne Länder oder einzelne Währungen müssen unterbunden werden. Es ist richtig, dass sich Unternehmer und Investoren gegen Währungsrisiken und Kreditausfallrisiken absichern können. Wer aber Finanzderivate ohne ein zugrunde liegendes Geschäft erwirbt, geht eine Wette ein und gehört ins Kasino und nicht in eine Bank. Hierfür darf es keinen staatlichen Schutz mehr geben. Das gilt insbesondere für ungedeckte Leerverkäufe, und deshalb wollen wir diese dauerhaft verbieten. Die BaFin hat heute eine erste vorläufige Regelung vorgelegt, wir müssen das aber auf europäischer Ebene insgesamt durchsetzen.
Auch nach unserer Auffassung brauchen die Finanzmärkte klare Spielregeln, jedoch lehnen wir eine Finanztransaktionssteuer ab. Sie würde alle treffen, die an den Börsen Umsätze veranlassen: private Altersvorsorger, die in Wertpapiere investieren, mittelständische Exporteure, die ausländische Umsätze in Euro tauschen müssen, oder große Industrieunternehmen, die sich Rohstoffe für ihre Produktion beschaffen müssen. Während diese Steuer von den kleinen Sparern mitbezahlt würde, würden die großen Akteure an unregulierte Finanzmärkte ausweichen. Damit würde Deutschland als Finanzplatz nachhaltig geschädigt. Die europäischen Banken könnten weiter an unregulierten Finanzmärkten die gleichen Kreditrisiken eingehen,
die sie im Moment an den europäischen Börsen eingehen, und würden weiterhin ein hohes Risiko innehaben. Die Finanztransaktionssteuer reduziert somit nicht die Risiken, sondern sie schafft lediglich Geld in die Kassen.
Meine Damen und Herren! Nicht nur Athen, Madrid und Lissabon können sich ein Beispiel an Sachsen nehmen. Wir halten am Neuverschuldungsverbot fest. Damit erhalten wir uns den politischen Handlungsspielraum, den andere längst verloren haben. Wir lassen nicht unsere Kinder die Zeche für eine verfehlte Hauhaltspolitik in Sachsen zahlen.
Es führt kein Weg daran vorbei: Auch die Länder des Euroraums müssen sich zu einer soliden Finanzpolitik für ganz Europa bekennen.